Mittwoch, der 12. September 1979

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Mittwoch, 12. September 1979

Direktor Gmeinhart von der Tauernkraft mit dem ich auch über die
Erkrankung von Bandhauer gesprochen habe teilt mir mit, dass auch
in der Verbundgesellschaft schon Überlegungen angestellt werden,
wer Bandhauer folgen könnte. Einmal mehr versucht Ing. Perl oder
Betriebsratsfunktionäre die hinter ihm stehen, ihn aufzubauen. Ich
bin allerdings überzeugt, dass es sich hier um eines der vielen
Gerüchte und Kombinationen handelt, die stets bei solcher Gelegen-
heit entstehen.

Landeshauptmann Wallnöfer war auch jetzt in Osttirol bei den Kraft-
werksgemeinden für das Projekt Dorfer-Speicher und hat dort dezidiert
erklärt, es könnte sofort begonnen werden, wenn der Bund von seiner
Forderung abgeht, dass ein klares Mehrheitsverhältnis vorliegen müsste.
Eine Vergrösserung der Anteile der TIWAG oder des Landes Kärnten an
der TKW, Tauernkraftwerke, wird als unbefriedigt von Wallnöfer jetzt
abgelehnt. Der Einfluss den die Tiroler an der TKW erreichen könnten,
erscheint ihnen zu gering. Hier wird es noch schwierige Auseinander-
setzungen geben.

S.Chef Kazda hat sich jetzt im Bundeskanzleramt erkundigt und fest-
gestellt, dass man dort tatsächlich für Betriebsausflüge über 150
Schilling zugezahlt hat. Er schlägt vor, dass auch im Handelsmini-
sterium 50 Schilling pro Teilnehmer plus den Bus zugeschossen werden
sollen. Da ja gerade jetzt mit den Personalvertretern der ÖVP ein
kritisches Verhältnis besteht, bin ich sofort dafür, dass er dies
natürlich über die sozialistische Fraktion den Angehörigen des Mini-
steriums mitteilt. Überhaupt wird in Hinkunft er als Präsidialist
in Personalfragen noch stärker in Erscheinung treten müssen. Ich bleibe
nach wie vor bei meinem distanzierten Verhältnis. Nicht zuletzt wegen
der unqualifizierten Angriffe des ÖAAB. Der Buchhaltungschef Rössler
geht jetzt in Pension und muss ersetzt werden. Eine Verlängerung von
MR Ottahal oder Puffler kommt nicht in Frage.

Bezüglich der Beschuldigungen des Finanzministers und seiner Beamten
bei den Budgetverhandlungen konnte von Kazda folgendes festgestellt
werden. S.Chef Frank hat keinesfalls die 400 Mio. Schilling für Wärme-
dämmungsmassnahmen im Bautenministerium ohne Wissen des Beamten des
Finanzministeriums ins Budget eingeschleust. Das interministerielle
Komitee hat einen einstimmigen Beschluss gefasst, diese 400 Mio.



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Schilling als notwendige Budgetpost zu verlangen. Dass der
Finanzministeriumsvertreter zu Hause unzulänglich oder gar nicht
informiert hat, liegt nicht in unserem Verschulden. Bei dem Bauten-
budget hat dann der Finanzminister statt 100 150 Mio. Schilling für
1980 festgesetzt. Auch die Beschuldigung von MR Würzl, er hätte die
Finanzierungsmöglichkeit für die Staatsoper über das Budget des Handels-
ministeriums vereitelt, indem er den Rechnungshof fragte, trifft
auch das Finanzministerium. Bei mehreren Besprechungen wurde vom
Finanzministeriumsvertreter eine klare Auskunft und insbesondere
und insbesondere auf die Verantwortung für diese Finanztransaktion
verlangt. Der Vertreter des Finanzministeriums hat einige Male davon
gesprochen, aber niemals weder mündlich, geschweige denn schriftlich
die Verantwortung dafür übernehmen wollen. Würzl hat deshalb, um sich
als Beamter abzudecken, beim Rechnungshof rückgefragt und dort, wie er
wartet, die negative Antwort erhalten.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte dem Büro Androsch die Information ver-
traulich mitteilen.

Im Gewerkschaftskongress ging die Debatte über die Berichte den
ganzen Tag über fort. Eine härtere Diskussion mit Zwischenrufen
und dann sogar Kontraredner ergab sich nur bei Schulproblemen.
Obwohl die Antragsprüfungskommission noch versucht für dieses Ge-
biet eine einvernehmliche Lösung zu finden, wurde doch im Plenarsaal
bereits zwischen den einzelnen Fraktionen heftigst diskutiert. Während
die christlichen Gewerkschafter, wie mir der am Präsidiumstisch sitzende
KP-ler Hofer sagte, beim letzten Kongress noch für die Gesamtschule
eingetreten sind, hat jetzt die christliche Fraktion die ÖVP-Linie
voll akzeptiert und lehnt diese ganz entschieden ab. Der ebenfalls
neben mir sitzende Sekretär der christlichen Gewerkschaft meinte dazu
nur, sie hätten eben jetzt einen Lernprozess mitgemacht und die Linie
entspreche jetzt eben der ÖVP und nicht mehr den seinerzeitigen zu-
stimmenden Erklärungen der letzten Kongresse. Ich bin fast überzeugt,
dass es auch gelingen wird, in dieser Frage in der Antragsprüfungskom-
mission ein entsprechendes Kompromiss zu erzielen. Die breite Masse
der Bevölkerung und schon gar nicht der Arbeiter und Angestellten
kann diese Schuldiskussion integrierte Gesamtschule oder Ganztagsschule
überhaupt unterscheiden. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass es
durch den seinerzeitigen Beschluss im Nationalrat, Schulfragen nur
mit 2/3-Mehrheit ändern zu können, überhaupt jetzt zum Aufschaukeln


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dieses Problemes kommt. Da die Schulversuche, welche eben die Än-
derung unseres Schulsystems experimentell vorbereiten sollen,
stets nur von der ÖVP befristet zugestanden werden, hat sie die
Möglichkeit immer nach den entsprechenden Ablauf dieser Frist neuer-
dings mit Idee zu kommen, ihr Schulkonzept vorzulegen und eben die
Sozialisten zu zwingen, mit ihr darüber zu verhandeln. Diese starke
Möglichkeit im Parlament nicht nur mit Reden, sondern auch dann
durch Zustimmung erzwingen der SPÖ zu Vorschlägen der ÖVP nützend,
hat sie gerade auf diesem Gebiet neben den Marktordnungen die
einzige Chance stärker in Erscheinung zu treten, als dies sonst eine
Oppositionspartei machen kann. Dass sie diese Chance nicht vorüber-
gehen lässt, ist für mich ganz klar. Interessant war eine Äusserung
von S.Chef Heller im Unterrichtsministerium, der einmal mir gegen-
über meinte, es bliebe wirklich zu überlegen, ob man sich ständig,
wie er sich ausdrückte den Erpressungen der ÖVP beugen sollen, oder
ganz einfach erklärt, dann lassen wir eben die ganzen Schulversuche
auslaufen und kehren zu den jetzt im Verfassungsrang befindlichen
Schulgesetz ohne diese Reformbestrebungen zurück. Er ist fest da-
von überzeugt, dass auch die ÖVP dies nicht will und gar nicht machen
könnte. Auf dem Schulsektor spielt sich also im umgekehrten Verhält-
nis dasselbe ab, wie bei den Marktordnungsgesetzen.

Da die Antragsprüfungskommission aus internen Gründen eine Trennung
der Anträge und Beschlussfassungen durchführen wollte, wurde über
die Anträge des Gewerkschaftsbundesvorstandes vorweg die Abstimmung
vorgenommen. Hier wurden lauter einstimmige Beschlüsse gefasst. Der
Antrag der Gewerkschaft öffentlicher Dienst, die Namensänderung
wurde jetzt neben anderen Gewerkschaftsnamensänderungen wie Metall-
arbeiter in Gewerkschaft Metall, Bergbau in Energie usw. von seitens
des Sekretärs der sozialistischen Fraktion beim öffentlichen Dienst
der Kongress darüber informiert, dass die sozialistische Fraktion,
die dort in der Minderheit ist, dem nicht zugestimmt hat. Mit der
Namensänderung wurde seinerzeit auf dem Gewerkschaftstag der öffentlich
Bediensteten auch die Wahl und Geschäftsordnung geändert, wodurch die
sozialistische Fraktion dort an Einfluss verloren hat. Darüber wollt
er nur den Kongress informieren, letzten Endes aber wurde natürlich
die Namensänderung mit den anderen gleichzeitig einstimmig beschlos-
sen.



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Eine differente Auffassung herrschte noch innerhalb der Fraktion
christlicher Gewerkschafter über die Erhöhung der Vizepräsidenten
von 3 auf 6. Der Leiter des FCG BR Hank ??, d.h. der Privatangestell-
tenfraktion erklärte warum sie gegen diese Änderung sind. Sie richten
sich nicht gegen die Personen die gewählt werden, sondern nur gegen
die Verringerung des Einflusses der christlichen Gewerkschafter. Da
sie früher bei 3 Vizepräsidenten einen gehabt haben und jetzt bei
6 Vizepräsidenten auch nur einen, sieht diese Gruppe eine Verschlech-
terung ihrer Position. Der Kompromiss dafür einen zweiten Kontrollmann
in das Präsidium mit beratender Stimme zuzuziehen, der der christlichen
Fraktion angehören wird, ist für sie nicht befriedigend. Da sie aber
nichts gegen die Personen sagen wollen, da sie andererseits aber auch
gar nicht haben wollen, dass irgend etwas anderes, wenn es zu keinen
einstimmigen Beschluss kommen sollte, dann hineininterpretiert werden
kann, haben sie sich entschlossen, bei der Abstimmung den Saal zu ver-
lassen. Der Vorsitzende des Kongresspräsidiums wartete daher einige
Minuten, bis die ca. 15 Mann aus dem Saal waren, liess abstimmen, stellte
die einstimmige Beschlussfassung fest und damit war auch dieses Problem
gelöst. Wenn es nicht die auch nur verbale Auseinandersetzung bis jetzt
über die Schulproblematik gegeben hätte, wäre der Kongress, fast würde
ich sagen, sang und klanglos, abgewickelt worden.

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Tagesprogramm, 12.9.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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