Freitag, 1. Juni 1979
Staatssekretär Beil teilt mir mit, dass das Rostocker-Projekt
mit über 4,3 Mia. Schilling nicht Österreich bekommen kann,
weil die Finanzierungskosten mit 70 Mio DM höher liegen, als bei
vergleichenden Offerten. Die Preise und die Technik wäre genau so
gut, wie er behauptet. Ich erfahre es als ersters und ich ersuche
ihm, dass ich sofort mit GD Apfalter sprechen kann. Dieser ist
über die Absage nicht überrascht, denn dieses Projekt wurde den
Franzosen versprochen. Er ist fast davon überzeugt, dass wir das
Konverterstahlwerk um 5 Mia. Schilling bekommen. Wir vereinbaren,
dass er sofort mit Beil spricht und meine Enttäuschung zum Ausdruck
bringt, damit wir beim nächsten Projekt besser berücksichtigt wer-
den.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Was ist dabei herausgekommen.
Dir. Hübl, Entsorgungsbetriebe Simmering, legt eine Kalkulation,
wonach er 75 Mio Liter Ethanolalkohol für die Beimischung zum Ben-
zin erzeugen kann, ohne dass er eine besondere Stützung braucht. Da
wir insgesamt höchsten 150 Mio heimischen können, verbleibt für die
Agrarindustrie Gmünd resp. für die Zuckerindustrie nur mehr die zweite
Hälfte. Hübl dürfte es sich mit der Landwirtschaft, NÖ Verband, GD
Lunacek, bereits gerichtet haben. Was wir jetzt dringend brauchen
ist ein Gutachten über die Preise und vor allem aber auch über die
Möglichkeit den Bleigehalt im Benzin zu senken, wenn man eben 2.5%
reinen Alkohol beimischt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Goldmann soll beides sofort verschaffen.
Mussil kommt mit den von der Sektion Handel, Steidl für den Erdöl-
handel, und Vertretern der Tankstellen, Brunner ??, sowie mit Rief,
um die Handelsspannenregelung beim neuen Benzinpreis zu besprechen.
Überrascht bin ich, dass Mussil mitteilt, die Multis hätten ihm
gesagt, dass der Handel überhaupt nichts bekommen dürfe und dass
höchstens die Tankstellen 1.5 Groschen erhalten dürften. Im Prinzip
erkläre ich mich bereit, in der Preiskommission für eine Erhöhung
einzutreten. Die Handelskammer muss uns nur entsprechende Vorschläge
machen. Mir war von vorneherein klar, dass die Tankstellenbesitzer
und Pächter, aber vor allem auch der Handel eine vollkommene unzu-
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längliche Spannenerhöhung niemals akzeptieren werden. MR Kurzel
wollte mir gegenüber zumindestens auch den Handel vorerst über-
haupt keine Spannenerhöhung geben. Da ich ihm aber mit plein
pouvoir ausgestattet habe und gar nicht einen Kompromissvorschlag
den er mit Mussil besprochen hat, hören wollte, habe ich um den
Vorsitzenden und die Preiskommission nicht zu einer reinen Ja-
sagerfunktion abzuwerten, darauf bestanden, dass beides erst in der
Preiskommission besprochen und letzten Endes beschlossen wird.
Das Ergebnis war, dass die Tankstellen 4 Groschen und der Handel
1/2 Groschen bekommen haben. Damit möge gar niemand zufrieden ge-
wesen sein. Durch diesen Entscheid ist es aber geglückt, die Gefahr,
dass zu Pfingsten in grösserem Ausmass gestreikt wird, abzuwenden.
MR Mock teilt mir mit, dass er jetzt mit den Verträgen RAG und ÖMV
zu Ende kommen wird. Die RAG hat sich verpflichtet, dasselbe zu
machen, was die ÖMV an Aufsuchung usw. durchführt. Ein Mindest-
aufsuchungsprogramm von 5 Jahren wird jetzt vereinbart. Die Auf-
suchungsgebiete müssen nach Bundesländern geregelt werden und nicht
nach verschiedenen geologischen Einheiten. Wenn eine Aufsuchung
in der 5-Jahres-Periode nicht mehr durchgeführt werden kann, ist sie
in die nächste 5-Jahres-Periode automatisch aufzunehmen. Ich bin mit
dieser Lösung einverstanden. Das wichtigste erscheint mir, dass
es überhaupt zu einer einvernehmlichen Regelung zwischen Ministerien
und Ölgesellschaften kommt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Lass Dir mitteilen, wann endlich der Ab-
schluss erfolgt.
Das Gespräch über die weitere Arbeitsmarktaktivität bei Sozialminister
Weissenberg mit den Interessensvertretungen der Arbeitnehmer und
damit lauter Sozialisten ergab eine interessante Diskussion. Die
Arbeitsmarktmittel, 1,3 Mia. Schilling im vergangenen Jahr, die auch
heuer wieder aufgewendet werden müssen, sind durch Einnahmen aus
der Arbeitslosenversicherung nicht gedeckt. Die Arbeitslosigkeit
Ende Mai war zwar nur 47.000, um 9.000 weniger als im Vormonat,
aber doch um 1.000 mehr als im Vorjahr und liegt mit 1.6% noch sehr
günstig. Trotzdem reichen die Beiträge nicht aus. Die Referenten
der Arbeiterkammer stellen sich natürlich vor, dass weitere Leistun-
gen aus dem Budget erfolgen müssen. Dies halte ich für ganz unmöglich
Der Finanzminister kann in der jetzigen Budgetsituation nicht neue
Subventionen beginnen. Die einzige Möglichkeit für ihm ist, eine
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Erhöhung des Arbeitslosenbeitrages. Die Arbeitnehmerseite meint,
da müsste er aber unbedingt ein Solidaritätsbeitrag durch Prag-
matisierte, die ja auch aus der Vollbeschäftigung profitieren, he-
rangezogen werden. An den 1,3 Mia. könnte sich Weissenberg aus der
PAF, produktive Arbeitsmarktfürsorge 140 Mio. Schilling, die
er für das Baugewerbe ausgibt, manchmal wurden dort warme Unterhosen
angeschafft, zu einem beträchtlichen Teil ersparen. Die Bauarbeiter-
gewerkschaft hat dies aber alles genau entschieden kategorisch abge-
lehnt. Ich legte bei meinem Diskussionsbeitrag besonderen Wert darauf,
dass wir unbedingt bei der Art Finanzierung von Direktförderung,
sprich Investitions- und Betriebsmittelhilfe durch das Sozial-
ministerium bleiben müssten. Jedwede andere Lösung über Fonds
oder über sonst Selbstverwaltung oder über ein anders Ministerium
würde uns international nur Schwierigkeiten bereiten. Durch die
Umschulung, Warnung und was es sonst noch alles gibt, haben wir
international nicht den Ruf den die Schweden haben, dass wir unsere
Industrie direkt und indirekt subventionieren. Schwierig wird es,
wie Weissenberg ausgeführt hat dann, wenn, wie z.B. EUMIG 70 Mio.
Schilling für Fohnsdorf versprochen worden sind und er bei besten
Willen unter Ausnützung unter aller Gesetzesmöglichkeiten nicht
einmal die Hälfte zustande bringt. Noch schwieriger ist es aber, wenn
wie bei Ford und General Motors jetzt grosse Subventionen wie 1/3 der
Investitionssumme zugesagt werden ohne dass er dafür eigentlich
so leicht eine gesetzliche Deckung finden kann.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte lass Dich von der AK und ÖGB ständig am
laufenden halten.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB diskutieren wir über die Regelung des
Ofenheizöl-extraleicht-Preises. Schmidt ist der Meinung, es müsste
mit 1. Jänner 1980 eine zweckgebundene Energieabgabe für Förderungs-
massnahmen eingeführt werden. Zöllner stellt sich vor, dass ein So-
zialausgleich für die Rentner oder Kleinölmengenbezieher gefunden wird
Tatsache ist, dass wir mit dem jetzigen System und vor allem den Prei-
sen die Versorgung nicht einmal im Sommer, geschweige denn im Winter
garantieren können. Da ich mich sofort ausserstande erkläre über
Steuern zu verhandeln – ich will dies nicht und werde dies auch in
Hinkunft nicht tun – muss die ganze Frage mit dem Finanzminister
besprochen werden. Wir werden eine interfraktionelle Besprechung ein-
berufen und vom Finanzministerium einen Genossen beiziehen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN : Bitte mit Meszaros und Finanzministerium
Termin vereinbaren.
Die Getreidepreisverhandlungen müssten im Juni abgeschlossen werden.
Der bereits durchgeführte Stützungsabbau bei Getreide muss jetzt in
den neuen Preis, zuzüglich der neuen Preisforderung der Bauern ein-
bezogen werden. Dazu kommen auch noch Kollektivvertragslohnerhöhun-
gen und Produktionskosten und Spannenerhöhungen, sodass doch we-
sentlich mehr zusammenkommen wird, als man ursprünglich erwartet hat.
Das wirkliche Problem wird aber der Termin. Ein weiteres Verschieben,
obwohl dies mengenmässig möglich wäre, es liegen genug alte Vorräte
noch in den Lagern, wird aber nicht in Erwägung gezogen.
Die Milchpreisforderung und der Stützungsabbau soll mit 1.1.1980
erfolgen, verlangt Schmidt vom ÖGB. Ich bin nicht überzeugt, dass
es uns gelingen wird, eine Zwitdifferenz bei den jetzigen Belastungen,
die die Bauern erklären tragen zu müssen, unter anderem jetzt auch
die Dieselpreiserhöhung, verschieben zu können.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Die fraktionellen Besprechungen müssen auch für
diesen Punkt intensiviert werden.
Dr. Koppe, Verein für Konsumenteninformation, beschwert sich, dass
nur Lozelach jetzt überall wegen des Energiesparens angeregt und
koordiniert werden. Die wirklich grossen Probleme und Vorschläge
werden nirgends durchgezogen. Er kennt den Ministerratsvortrag
vom Bundeskanzler, dem der Vorsitzende der Koordinationsgruppe,
SChef Frank ausgearbeitet hat, noch nicht. Optisch wird nämlich
verhältnismässig sehr viel für das Energiesparen getan. Ich stehe mehr
denn je auf dem Standpunkt, wir dürften nur 1 oder 2 Schwerpunkte
setzen. Bis jetzt war der Schwerpunkt, Kohlekraftwerke anstelle
von Ölkraftwerken. Dies ist geglückt bei der Elektrizitätswirt-
schaft durchzusetzen. Der nächste Schwerpunkt muss jetzt sein,
den Staatsvertrag 15a wegen der Wärmedämmung und der Heizungsan-
lagenregulierung und Kontrolle durchzusetzen und dann auch tat-
sächlich zu kontrollieren. Der dritte Schwerpunkt wäre dann nach
-einem Vorschlag, wenn es gelänge, dass die Konsumenten die Fenster
dichten. In so einem Fall würden wir schon entsprechende Energie-
mengen sparen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wie weit steht es mit den Besprechungen
der Industrie wegen Wärmepumpen?
Die AK beschwert sich, dass Existenzgründungen lt. den Richtlinien
erfolgen, die wirklich kaum notwendig sind, u.a. wurden die Prä-
mie für Tabaktrafiken, für Boutiquen am Graben und in der Mariahil-
fer Strasse gegeben. Strittig ist schon, ob wir einem Friseur, der
in einem Nobelviertel aufmacht, eine solche Prämie vorenthalten
sollen. Wir einigen uns darauf, dass die Richtlinien neu überar-
beitet werden und vor allem solche Extremfälle ausgeschaltet werden
müssen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Sitzung mit Jagoda vereinbaren.
Die Nichtversorgung in einzelnen Gemeinden wird von Lachs dazu be-
nützt, um zu erklären, wenn die Kettenläden, der Konsum und andere
Diskonter und Märktebetreiber, die Möglichkeit bekommen von Be-
dienungs- auf Selbstbedienungsläden umzusteigen und dafür auch einen
Zuschuss zu erhalten, so würden sie die Versorgung in einzelnen Ge-
meinden aufrecht erhalten. Ich erkläre sofort aus optischen Gründen
kann ich mir nicht vorstellen, dass der Konsum, oder irgend eine
andere grosse Handelskette von der Bürges in irgend einer gearteten
Form einen Zuschuss bekommt. Mir erscheint es wichtig und als einzig
richtiger Weg, wenn eine Unterstützung auch der Grossen erfolgen
muss, damit sie in gewissen Gemeinden die Versorgung aufrecht er-
halten, dann müsste dies von der Arbeitsgruppe Strukturwandel im
Handel mir einvernehmlich vorgeschlagen werden.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte den Vorsitzenden des Ausschusses
Dr. Rauter informieren.
AK und ÖGB beschweren sich bitter, dass Chemie Linz den Kunst-
düngerpreis erhöht hat, ohne den Kompromissvorschlag des Preisunter-
ausschuss der Paritätischen Kommission mit 7% zu akzeptieren.
AK und ÖGB waren sehr grosszügig bei allen anderen Preisen, Poly-
ethylen, Polypropylen, Melanin, Kunstharz, Kunstlackstoffe usw.
Sie sind über GD Buchner sehr verärgert und erwarten, dass ich sofort
wenn § 3 Antrag kommt, die notwendigen neuen Preise festsetze.
Dies sage ich sofort zu. Ich bin gespannt, wie lange die Landwirt-
schaft dazu braucht, einen solchen Preisantrag zu stellen. Der
ÖGB hat sich sogar mit der Absicht getragen, er selbst wird einen
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solchen Preisantrag unmittelbar einbringen. Dies wäre aber
optisch und politisch nicht sehr günstig.
Eine Besprechung am Pfingstsamstag mit Blecha und Heindl ergab, dass
die Regierungserklärung sich noch einige Zeit hinziehen wird und
wir wahrscheinlich noch einige Male damit beschäftigt werden.
Blecha hat bereits einige Entwürfe ausgearbeitet aufgrund von
Unterlagen, die ihm die Ministerien geschickt haben. Jetzt hat
er eine neuerliche Formulierung versucht. Kreisky kommt aber erst
am Sonntag von Amerika zurück und erst dann wird man sehen, wie er
die Regierungserklärung sich überhaupt vorstellt resp. wie er sie
dann zum x-ten Male wieder umändert. Interessant für mich war, dass
alle anderen dort anwesenden Nichtgenossen wie z.B. Schranz,
Walter usw. gar nicht wussten, dass Kreisky in Amerika ist, sondern
glaubten, er sei noch immer in Mallorca. Allerdings muss ich zugeben,
auch durch einen Zufall davon erfahren zu haben. Kreisky tarnt ir-
gendwelche Auslandsbesuche, die zur Untersuchung sei es des Auges oder
seiner Gesundheit dienen, sehr geschickt.
Die Besprechung mit Kienzl und Heinz Fischer, später kam dann noch
Moser dazu, am Pfingstsonntag auf der Hohen Wand, hat mich bestärkt
dass es gar nicht so einfach sein wird, das Mandat wirklich zu-
rückzulegen. Zum Unterschied von anderen Ländern, wie z.B.Frankreich
wo man automatisch dann wieder das Abgeordnetenmandat erhält,
wenn man das Regierungsamt verliert, würde bei uns nur die Möglich-
keit bestehen. Es muss deshalb, wie Fischer richtig bemerkt, die
ganze Frage parteimässig geklärt werden.
Kienzl ist nach wie vor besorgt, dass der Devisenabfluss in den
letzten Wochen anhält und dann zu einer katastrophalen Situation
in der Nationalbank führen würde. Durch die Dollar-Aufwertung sind
jetzt die ganzen Spekulationsgelder, die letzten Endes doch nach
Österreich hereingekommen sind, wieder zurückgeflossen. Die Niedrig-
zinspolitik wirkt sich nach Meinung Kienzl jetzt sehr schlecht aus.
Ich bin immer sehr persönlich sehr froh, wenn ich auf diesem Sektor
keine Kompetenz habe, hier müssen sich die verantwortlichen Stellen
mit dem Finanzminister eben einigen. Die höheren Zinssätze sollen
dann im Herbst in Kraft gesetzt werden, damit es überhaupt möglich
sein wird, die entsprechenden Anleihenwünsche unterzubringen
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Mein Schwager Mayerhofer teilt mir mit, dass das Profil gegen
ihm recherchiert. Ich habe mit der ganzen Angelegenheit weder
direkt noch indirekt auch nur das Geringste zu tun. Trotzdem bin
ich sehr gespannt, ob sie mich hineinziehen werden.
Tagesprogramm, 1.6.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)