Donnerstag, der 31. Mai 1979

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Donnerstag, 31.5.1979

Der Bürgermeister von Lunz mit seinen Fremdenverkehrsverant-
wortlichen überbrachte mir den Wanderstock für den Lunzer Drei-
Seen-Rundweg und Narzissen. Sie waren sehr überrascht von mir
sofort die Zustimmung zu bekommen, dass ich zu irgendeinem ihnen
genehmen Tag diesen Rundweg gerne marschieren werde, der 6 Stunden
dauert. Ich bin sehr gespannt, was sie an Propaganda mit meiner Zu-
sage herausholen werden. Alle glauben, dass es für mich eine Be-
lastung ist, ja sogar ein Opfer, wenn ich mich an solchen Wande-
rungen beteilige. In Wirklichkeit ist es für mich ein reines Ver-
gnügen. Hier kann ich so wie beim Besuch der Elektrizitätswerke
Pflicht als Vergnügen betreiben. Schade, dass es bis jetzt so wenig
Möglichkeiten dazu gegeben hat.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Vielleicht machst Du zu wenig Propaganda für
diese Möglichkeiten.

Der Verein für Konsumenteninformation hat jetzt eine Ausstellung
von Autoradio, Fernseher und Telefon vorbereitet, die ich eröffnen
sollte. Der Geschäftsführer Koppe und vor allem die Obmännin Dr.
Preiss versteht es sehr gut, wie sie bei der Eröffnung mir verriet,
mich auszunützen. Der Vertreter der Elektroindustrie fragte in
seiner Ansprache, ob auch ich ein Autotelefon schon besitze. Meine
Antwort war sofort 100.000 Schilling Investition, 1.800 Monats-
gebühr ist mir viel zu hoch. GD Übleis von der Post hat deshalb
auch angedeutet, dass sicherlich nicht wegen mir, aber weil,
wenn sie ein breiteres Publikum ansprechen wollen, die Gebühr
wesentlich gesenkt werden muss. Bis jetzt gibt es nur ein paar
Hundert Teilnehmer- Die Elektroindustrie wird sich auf diese neuen
Absatzmöglichkeiten einstellen müssen. Nach den Fernseh- und jetzt
Videorekorder-Rummel besteht derzeit sowieso grosses Bedürfnis
nach neuen Produktionsmöglichkeiten.

Dies konnte ich bei einer Aussprache mit ITT-Direktor Hainisch und
Philips, Dir. Koning, feststellen. Der Übergang von der elektrome-
chanischen Produktion in die Elektronik mit Mikroprozessoren sucht
neue Absatzgebiete. Die Chips werden sicherlich in Hinkunft
immer billiger produziert werden und in viele Möglichkeiten Ver-
wendung finden können. SChef Wanke glaubte, die Fernsehspiele sind


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eine zukunftsträchtige Produktion. Dies wurde nicht bestritten,
doch sind sie sehr wenig arbeitsintensiv. Ähnlich verhält es sich
mit den sogenannten new dater. ITT wird einen terminel von deut-
schen resp. englischen new dater bekommen. Dadurch wird man probe-
weise englische und deutsche Nachrichtenzeitungen, Auskünfte, In-
formationen, allerdings leider über die deutschen und englischen
Verhältnisse bekommen. Die Aussprache war aber von mir arrangiert
worden, um mit den beiden Generaldirektoren die Zusage von ITT
50.000 Laufwerke nicht bei Grundig in Deutschland, sondern bei
Philips in Österreich, für die Videorecorderproduktion zu kaufen,
endgültig zu vereinbaren. Tatsächlich haben Gespräche zwischen
den Fachleuten beider Firmen stattgefunden, die endgültige Ent-
scheidung ist aber noch nicht gefallen. Koning hat eine Angst
gehabt, dass ITT überhaupt aus den ganzen Unterhaltungsbranchen
aussteigt und daher auch keine Möglichkeit für ihn sein wird, in
Hinkunft solche Bestandteile zu liefern. Er war daher auf der
einen Seite sehr erfreut, jetzt, sozusagen unter meinen Vorsitz,
bestätigt zu bekommen, dass ITT tatsächlich diese Absicht weiter-
verfolgt und mit grösster Wahrscheinlichkeit es zu einem Abschluss
kommen wird. Voraussetzung meinte Hainisch sei allerdings, dass
jetzt Philips nicht die Zusage, die sie mir gemacht haben, dazu
nützt, um unverschämte Preise und Konditionen zu verlangen. GD Ko-
ning
erklärte sofort, dass auch Laufwerke für Videorekorder fast
einen Weltmarktpreis haben und niemand imstande ist, hier wirk-
lich seine Marktposition monopolartig zu nützen.

Hainisch teilte mir auch mit, dass sie in ihrem Werk in Strebers-
dorf 157 Gastarbeiter, meistens Jugoslawen, zu 2/3 Frauen, beschäf-
tigen. Er ist bereit, 50 bis 60 Frauen von Ingelen anstelle dieser
Gastarbeiter einzusetzen, wenn sie natürlich mit den dort gegebenen
Bedingungen einverstanden sind. Ich nehme nicht an, dass von diesem
Angebot, das optisch für den Betriebsrat sehr wichtig ist, eine
grosse Anzahl von Frauen nach Strebersdorf wechseln werden. Mit den
Sozialplan glaube ich aber ist jetzt insbesondere auch durch die
Zusage, die Laufwerke für die Videorekorder zu kaufen, eine opti-
male Lösung gefunden. SChef Wanke wird deshalb, wenn alle Details
geklärt sind, einen entsprechenden – und so hoffe ich einstimmigen
Beschluss – in der Wirtschaftskommission, die sich mit dem Fall
Stillegung Ingelen beschäftigt, fassen.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Betriebsräte von Ingelen verstän-
digen.

MR Pschorn meint bezüglich der Accordino-Besprechung, dass es
notwendig ist, ein Gipfel-Landwirtschaftsminister, Landwirt-
schaftskammer und ich, über die einzelnen Kontingente abzuhalten.
Nach wie vor möchte Pschorn die Fleischkontingente von 130 Tonnen
ein klein wenig erhöhen, wenn es auch nicht gleich 195 Tonnen sein
müssen. Besprechungen, die er interministeriell geführt hat, haben
ergeben, dass auch das Gesundheitsministerium einverstanden ist.
MR Smetka hat sich nur gegen Erhöhung der Salamieinfuhr ausge-
sprochen. Das Argument, es handelt sich hier um schlechte Qualität,
die dem österreichischen Lebensmittelrecht nicht entspricht, ist
für das Argument gegen eine Erhöhung unzulänglich. Entweder ist
die Salami sozusagen nicht dem Gesetz entsprechend produziert
und die Qualität entsprechend schlecht, dann darf überhaupt keine
in den Verkehr gebracht werden. MR Ettl von der Dependance des
Gesundheitsministeriums in der Ausstellungsstrasse nimmt deshalb
auch bezüglich der Kontrolle dieselbe Stellungnahme ein, wie MR
Pschorn. Trotzdem glaube ich, wäre es unzweckmässig, nachdem sich
auch die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund gegen eine Erhöhung
ausgesprochen hat, eine solche unbedingt durchzuziehen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Dr. Psota, Büro Leodolter, verständigen.

SChef Jagoda berichtet, dass das Arbeitnehmerinstitut für die Be-
rufsausbildung, ÖIBF, ein 85-Mio.-Schilling-Projekt vom Handels-
ministerium genehmigt und subventioniert bekommen will. Jagoda
meint, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen, die Leodolter
allerdings mit wesentlich grösseren Beträgen machen musste, dass
er sich ganz entschieden gegen einen solchen Zuschlag wehren würde.
Hier müsste entweder ausgeschrieben werden, oder was noch viel
besser wäre, die Subvention des Instituts über Mitgliedsbeiträge
abzuwickeln. Wenn die davon berührten Ministerien inklusive des
Finanzministerium Mitglieder des Instituts werden, so können diese
Beträge über die Mitgliedsbeiträge leicht aufgebracht werden. Nie-
mand, auch nicht der Rechnungshof kann sich dann darüber beschwe-
ren oder kritisieren.



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ANMERKUNG FÜR BURIAN: Jagoda wird mit Knapp diesen Vorschlag be-
sprechen.

MR Kurzel hat bevor er die Preiskommission zur Festsetzung des
Raffinerieabgabepreises für Benzine einberufen hat, bei mir be-
reits wegen der Tankstellenspannen interveniert. Den Ölhandel
möchte er keine Spannenerhöhung zugestehen. Dringend notwendig
erscheint ihm aber für das schwächste Glied von der Erzeugung bis
zum Letztverbraucher, nämlich den Tankstellenpächter und auch
Eigentümer eine kleine Spannenerhöhung zu geben und sie dadurch
gegenüber den mächtigen Internationalen aber auch ÖMV Konzern zu
schützen. Dr. Neuhold hat eine Bemerkung von mir, dafür müsste die
Handelskammer sorgen, so verstanden, dass er die Anträge, die nun
der Fachverband, Dr. Messinger, gestellt hat und wo keine Spannener-
höhung drinnen war, als Aufteilung der Handelskammer sofort
genehmigt. Kurzel hat ohne, dass er die Details kennt, darüber hat
er sich übrigens auch bei mir dann bitter beschwert, die Preis-
kommission, die letzten Endes diesen Beschluss fassen sollte, ent-
deckt, dass für die Tankstellen überhaupt keine Erhöhung drinnen
ist und sofort die Sitzung unterbrochen, um mir zu berichten. Ich
habe mit SChef Frank Kontakt aufgenommen und dieser meinte zu
Recht, es müsste unbedingt von uns aus, wenn der Bescheid für den
Raffinerieabgabepreis gegeben wird, für die Tankstellen eine kleine
Erhöhung drinnen sein. Kurzel wird sich mit Frank sofort ins Ein-
vernehmen setzen. Auf der einen Seite hätte ich es liebend gerne
der Handelskammer überlassen die exorbitanten Forderungen der Tank-
stellenbesitzer und -pächter, sie wollen 20 Groschen, bei einer 60
Groschen Benzinverbraucherpreiserhöhung, wurden von der Handels-
kammer auf 9 Groschen beim Preisantrag schon reduziert und müssen
sich sicherlich mit einem noch geringeren Groschenbetrag zufrieden
geben. Ich habe Kurzel erklärt, der ihnen wieder 5 Groschen geben
wollte, dass dies unmöglich sei. Bei der letzten Preiserhöhung
haben wir den Verbraucherpreis um 80 Groschen erhöht und da haben
sie ausnahmsweise auch für eine gewisse Nachziehung 5 Groschen er-
halten. 3.5 bar und 1.5 in Form eines Fonds, wo notleidende
Tankstellen entsprechende Zuschüsse bekommen sollen. Die Tank-
stellenvertreter haben mir nun mitgeteilt, dass diese 1.5 Groschen
vollkommen willkürlich und unsozial verteilt werden. So soll u.a.
AGIP den ganzen Betrag zur einem Zuschuss für ihre Tankstelle auf
der Autobahn am Brenner ausgeschöpft haben. Dort war es aber am
wenigsten notwendig. Ich habe Kurzel ersucht, er soll unverzüglich


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mit den Tankstellenvertretern nicht allein mit den offiziellen
Kontakt aufnehmen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte entsprechende Kontakte mit Frank
und Kurzel verfolgen.

MR Würzl hat mir sehr kurz, aber glaube ich sehr erfreut mit-
geteilt, ich bleibe im Ministerium. Damit sind alle seine Pläne
gescheitert, sich karenzieren zu lassen oder gar den Bundes-
dienst zu quittieren, um einen ertragreichen Posten in der Privat-
wirtschaft anzunehmen. Da ich ihm während der ganzen Verhandlungs-
dauer stets versichert habe, ich bin sehr froh, wenn er im Ministe-
rium bleibt, werde ihm aber in jeder Beziehung unterstützen, um
seine Loyalität mir gegenüber auch zu honorieren, glaube ich,
bin ich bei dieser Angelegenheit gut herausgestiegen. Für uns wäre
es gar nicht so einfach gewesen, jetzt einen Nachfolger von uns für
ihn zu finden. Würzl wird andererseits es hochachten, dass ich
seine Informationen strengst vertraulich behandelt habe und ausser
mit Jagoda, was er ja wollte, mit niemand anderem darüber gesprochen
habe. Da die Angelegenheit jetzt erledigt ist, braucht auch sonst
niemand anderer darüber auch nur ein Wort irgendwo verlieren. Alle
Beamten, die arbeiten und vor allem die loyal mitarbeiten, sollen
das Gefühl haben, dass ich sie jederzeit in jeder Beziehung, in
jeder Sache stets unterstützen werde. Nur so bin ich überzeugt,
entsteht auch mit politischen Gegnern ein gutes Vertrauensverhält-
nis. Dies wird sicherlich die Personalvertretung der ÖAAB im Mini-
sterium entsprechend spüren und ich hoffe, hat es auch schon gespürt.
Es muss – und ich glaube, es ist mir auch gelungen – als ein für
jeden Einzelnen zur Verfügung stehender Minister aufzutreten, der
jeden Einzelnen unabhängig seiner politischen Überzeugung in allen
seinen Sachen, soweit es irgend wie möglich auch unterstützt, zu
profilieren.

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Tagesprogramm, 31.5.1979


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: VKI


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      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


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        Tätigkeit: Sekr. Fachverb. Erdölind.


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          Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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            Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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              Tätigkeit: Gesundheitsministerin


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                Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                  Tätigkeit: GD Philips Österreich


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                    Tätigkeit: MR HM


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                      Tätigkeit: MR HM


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                        Tätigkeit: Leiter Öst. Inst. f. Berufsbildungsforschung (ÖIBF)


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                          Tätigkeit: GD Post


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                            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                              Tätigkeit: MR HM


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                                Tätigkeit: Konsulent Lebensmittelwesen, Gesundheitsministerium


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                                  Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                                    Tätigkeit: Beamter Energiesektion HM


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