Donnerstag, 10. Mai 1979
In der Fraktion des Gesamtvorstandes der Lebensmittelarbeiter
berichtete ich über die Nationalratswahlen und kommenden Arbei-
terkammerwahlen. Einleitend sagte ich sofort, es ist natürlich
nach diesem Wahlsieg leicht über das Ergebnis zu berichten. Wichtig
für unsere Genossen, insbesondere aus den Bundesländern war die
Analyse der Meinungsforschungsinstitute. Die Frauen als verläss-
lichste Wählerschicht der Sozialisten hatten wieder die Wahl ent-
schieden. Entscheidend war aber, dass die Jugend wider Erwarten
auch sozialistisch gewählt hatte. Für die Länder war von grosser Be-
deutung, dass in den kleineren und mittleren Gemeinden die Sozialist
überdurchschnittlich Stimmen gewinnen konnten. Interessant wäre
im Detail zu erfahren, ob es sich dabei ausschliesslich um Pend-
ler handelt, oder um Nebenerwerbsbauern, oder ob es doch geglückt
ist, stärker in die bäuerliche Struktur einzudringen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte versuche die Multivariantenanalyse zu-
mindestens in der Zusammenfassung zu bekommen.
Wichtig für die Sozialisten ist natürlich die Arbeiterkammerwahl.
Der ÖAAB wird alles unternehmen, bei dieser Wahl besser abzu-
schneiden. In diesem Fall wird er dann versuchen, innerhalb der
ÖVP zu beweisen, dass er der siegende Teil sein kann. Da Taus
und die gesamte derzeitige ÖVP-Führung in Wirklichkeit auf den
ÖAAB alles setzt, würde dies für diese Gruppe eine wesentliche
Stärkung bedeuten. Umso mehr müssten wir versuchen auch bei den
Arbeiterkammern gut abzuschneiden. Optisch wird dies äusserst
schwierig sein. In Wien gegen 13 Mandate von den Arbeitern zu den
Angestellten, wovon bei den letzten Stimmverhältnis der ÖAAB so-
fort 5 gewinnt. Es gab eine intensive Diskussion über meinen Be-
richt. Weniger über die technischen Details und die Mandatsauf-
stellung oder über die Delegation zum Gewerkschaftskongress, über
welche Blümel referiert. Von grösstem Interesse der Diskutanten war,
wie jetzt die Regierungsbildung erfolgen wird, ob wieder Null-
Blutgruppenleute von Kreisky berufen werden, wer der dritte Na-
tionalratspräsident wird, mit einem Wort Fragen, die ich auch nicht
beantworten konnte. Ich bin zwar für meine offene Diskussion und
für das Anfassen heisser Eisen bekannt, doch fürchte ich, dass
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einige der Genossinnen und Genossen glauben, ich will ihnen nicht
die Interna der Regierungsbildung verraten. Nicht dass sie mir
dies gesagt haben, aber ich kann mir denken, dass eine oder
der andere wirklich so denkt. Dabei weiss ich wirklich nichts.
In der LUGA-Gesamtvorstandssitzung wurde dann von mir der Wirtschafts-
bericht gegeben und Blümel referierte über die Delegation zum Ge-
werkschaftskongress sowie die Gruppen und Länder berichteten, soweit
sie seit der letzten Gesamtvorstandssitzung etwas neues gab In
diesem Jahr haben wir nämlich durch die verschiedensten Delega-
tionen bedingt, Arbeiterkammerwahlen, jetzt Gewerkschaftskongress,
wo ja nicht nur die Delegierten, sondern auch die Anträge der Ge-
werkschaft beschlossen werden mussten, bereits die dritte Gesamt-
vorstandssitzung. Normalerweise hätten wir nur eine gehabt. Die
Anträge selbst sind ja im Grunde genommen dieselben, die auch
bereits bei unserem letzten Gewerkschaftstag beschlossen wurden.
Meistens handelt es sich dabei um Probleme, die wir Lebensmittel-
arbeiter gar nicht lösen können, die auch für andere Gewerkschaften
von grosser Bedeutung sind, wie Begünstigung von Schichtarbeitern
bei der Pensionierung, Erhöhung des Kraftfahrzeugpauschales für
die Nachtarbeiter, weshalb diese, wenn sie überhaupt jemals erfüllt
werden, sicherlich nur vom Gewerkschaftskongress beschlossen werden
müssten. Hier gab es keine grössere Diskussion, ausser, dass unsere
Jugendvertreter verlangten, man sollte nicht nur höhere Strafen
für Verstösse gegen die Unternehmer verlangen, sondern auch vor
allem auch stärkere Kontrollen der Arbeitsinspektorate, wenn es
sich um Vergehen gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen handelt.
Unter anderem wurde festgestellt, dass bei den Bäckern jetzt Frauen
vor 5 Uhr jetzt arbeiten müssen und es immer wieder vorkommt, dass
Lehrlinge vor 4 Uhr in den Betrieben angetroffen werden. Das Tollste,
was ich aber hörte, war, dass die in Salzburg zugrundegehende Brot-
fabrik Zrost die Arbeiter ersucht hat, sie sollen sich bei der
Raiffeisenkasse ein Lohnkonto anlegen und darauf sollen in Hin-
kunft die Löhne, welche der Betrieb kaum noch auszahlen kann,
überwiesen werden. Die Arbeiter waren nicht wenig überrascht,
als sie zwar tatsächlich dann den nächsten Lohn ausbezahlt bekommen
gleichzeitig aber dann in weiterer Folge eine Lastschrift-
anzeige, wonach ihr Lohnkonto entsprechend überzogen wurde und sie
dafür Zinsen zahlen müssen. Die Firma hat nämlich nur die Lohn-
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höhe der Raiffeisenkasse mitgeteilt, kein Geld überwiesen und
diese hat dann zwar den Lohn ausbezahlt, aber gleichzeitig
auch das Konto mit entsprechendem Zins für diesen Kredit belastet.
Ich habe von unserem Salzburger Sekretär eine genaue schriftliche
Stellungnahme verlangt. Wenn man weiss, dass Konsul Zrost ein
bedeutender Wirtschaftsbund-Funktionär und Handelskammermann war,
dann kann man sich nur über diese Vorgangsweise wundern.
Kollege Furch, der Betriebsratsobmann von der Fleischfabrik
Schachinger, der sich wirklich für seinen Betrieb sehr eingesetzt
hat, berichtete mir, dass Abg. Schwimmer, einer der radikalsten
ÖAAB-Vertreter, im zweiten Bezirk einen Betriebsbesuch machen
wollte. Schwimmer ist dort auch Bezirksobmann der ÖVP. Furch
hat seinem Chef mit Recht gesagt, die ÖVP hat sich nicht um ihn
gekümmert, als der Betrieb durch seine Inhaftierung in die grössten
Schwierigkeiten gekommen ist und daher sollen sie auch jetzt unter-
lassen, im Betrieb aufzutauchen. Schachinger hat dies eingesehen,
der Betrieb hat wirklich nur durch die Arbeitsmarktförderungsmittel
des Sozialministeriums überhaupt überstehen können. Jetzt hat er
die erwarteten Filialen von Meinl zur Belieferung bekommen und
es geht wieder aufwärts.
Verschiedenste Gruppen wie die Bäcker und die Müller, deren Lohnver-
trag mit Juli 1 Jahr läuft, erwarten, dass im Zuge der Getreide-
preisregelung, von der ich überzeugt bin, dass sie sicher kommt, dann
auch entsprechende Lohnverhandlungen freigegeben bekommen. Da ich
über die Energiesituation besonders berichtete und vor allem die
Möglichkeit, Agrarprodukte in Alkohol zu verwandeln, wurde von
den verschiedensten Gruppen natürlich darauf verwiesen, dass wir
an diesen Projekten sehr interessiert sind. Innerhalb unserer Ge-
werkschaft gibt es hier keinen Streit, ob der Benzin aus Getreide
oder aus Zuckerrüben verbessert werden soll. Natürlich rechnet aber
jede Gruppe, die Müller und Stärkearbeiter resp. die andere Gruppe
Zuckerwaren, d.h. die Zuckerarbeiter mit baldiger Erfüllung dieses
Projektes. Wir werden uns aber nicht einmischen, wer es bekommen
soll, resp. wenn diese Alkoholverwertung möglich ist, welche Sparte
zum Zuge kommen wird. Die Tabakarbeiter haben jetzt einen Vertrag
abgeschlossen, wonach Gehörschutztragen mit 1.40 Schilling
pro Stunde bezahlt wird. Angeblich wird diese Zulage wirklich nur
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dann ausbezahlt, wenn der Betreffende dieses Gehörschutzgerät
auch wirklich verwendet. Vorher hat die Tabakregie die Arbeiter
entscheiden lassen, welches Gerät er haben will. Ich bin, obwohl
das Gegenteil mir gesagt wurde, doch der Überzeugung, dass die be-
troffenen Arbeitsplätze mit den 1.40 Schilling pro Stunde bezahlt
einen grösseren Verdienst bringen, dass aber trotzdem die Geräte,
auch wenn es jetzt heisst, nur wer sie trägt bekommt den 1.40 Schil-
ling, dann früher oder später wieder nur bei der Maschine liegen
werden. Bei den Brauern gibt es nach wie vor das grosse Problem
des Verkaufes unter dem Einstandspreis durch die einzelnen Märkte,
Diskonter, Ketten usw. Die Gruppe möchte sehr gerne eine Regelung,
wo diese Zustände geändert werden. Ich konnte ihnen trotz der sicher-
lich zu erwartenden Verhandlungen über diese Probleme, Verkauf unter
dem Einstandpreis in unseren Ausschuss zur Strukturänderung des
Handels keinerlei Zusagen machen. Ich persönlich bin sehr gespannt,
welche Antrag die Handelskammer stellen wird. Der für die Händler
zuständige Kommerzialrat Zach hat ja im Wahlkampf entsprechende
Massnahmen angekündigt.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Was hört man von der Handelskammer darüber?
Dr. Hlavac vom Fernsehen hat früher als wir im Handelsmini-
sterium erfahren, dass der Benzinpreisantrag heute kommen wird.
Er hat deshalb vorsorglich bereits, bevor die endgültigen Ziffern
vorliegen, mich um ein Interview gebeten. Interessant für mich war,
dass er nur falsche Ziffern, wenn auch nur mit wenig Differenz,
mitteilte. Er sagte zu den ursprünglichen Preisen, welche wir von
der Handelskammer unter der Hand erfahren hatte, sei noch eine
kleine Preiserhöhung für den sogenannten mittelständischen Handel
dazugekommen. Super hätte da nicht 8.33, sondern 8.40 Schilling
betragen sollen. In Wirklichkeit wurde dann ein Preis von 837.99
Schilling für 100 Liter eingereicht. Ich verstehe ja die Handelskammer
und das dort durchgeführte Abstimmungsverfahren, oder wie sie es
nennen, Koordinationsgespräch nicht. Wenn es darum ginge, einen
vernünftigen Preis festzulegen, hätte ich noch dafür Verständnis.
Ob aber der Traumpreis 8.33 Schilling oder 8.37, aufgerundet
8.38, oder 8.40 ist, ist wirklich vollkommen egal. Die müssen doch
wissen, dass es sich hier nur um ein Zahlenspiel handeln kann.
Nicht annähernd können die Benzinpreise oder Ofenheizölpreis,
ja selbst nicht einmal der Dieselpreis ihrer Grössenordnung nach
festgelegt werden.
Das Mittagessen im Bristol war nicht vom Bundeskanzler für die
General-Motor-Leute gegeben, sondern umgekehrt. Diese haben den
Bürgermeister und auch Stadtrat Mayr eingeladen. Die offenen Pro-
bleme wie Energieanschluss, Kanalisation usw. für Aspang sind
jetzt mit General-Motors bereinigt. Theoretisch könnte also tat-
sächlich jetzt der Betrieb jetzt dort unter – glaube ich – äusserst
günstigen Bedingungen errichtet werden. Da die Fläche aber wesent-
lich grösser ist, besteht 5 Jahre eine Option der General Motors,
wenn sie entsprechend die Motorfabrik, die sie jetzt nur beabsich-
tigen durch grössere andere Betriebsstätten ergänzen, dann kommt
es zum Abschluss dieser Vereinbarung. Das ganze ist mir eigent-
lich nicht vollkommen klar, denn wenn General-Motor jetzt den
Motorbetrieb dort errichten soll, dann wird es ja unmittelbar
mit Investitionen im Laufe der nächsten 2–3 Jahre beginnen.
Wie soll dann nach 5 Jahren festgestellt werden, ob der Vertrag
erfüllt ist, oder nicht. Vielleicht allerdings hat die Gemeinde
Wien eine ähnliche Konstruktion wie General Motors mit der stei-
rischen Landesregierung für Köflach vereinbart hat. Dort wird auch
der Kaufpreis für 100 Beschäftigte wesentlich höher festgelegt,
der sich dann pro Mehrbeschäftigte um 80.000 Schilling verrin-
gert. Ich hoffe noch immer, dass, wenn auch nicht das grosse
Autowerk nach Österreich kommt, wenigstens die kleine Produktions-
stätte im JUNIOR-Werk Köflach aufgenommen wird. Gen.Dir. Schimpf
meinte, er sei davon überzeugt, dass man irgend eine Produktion,
wenn es nicht mit den Bremsbacken geht, dorthin verlegen kann
und wird. Die Entscheidungen fallen aber im Finanzkomitee sowohl
für das grosse Projekt, als auch für Köflach erst im Juni.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Gröger soll den letzten Stand versuchen zu
recherchieren, auch für Aspang -Projekt.
Die Nachmittagsveranstaltung der Lebensmittelarbeiter zur
Arbeiterkammer war gut besucht. Ich hatte einleitend die Kandidaten
vorgestellt, Vizepräsident Mück der Arbeiterkammer ein Grundsatz-
referat gehalten und dann alle unsere Kandidaten, auch der der
christlichen Fraktion, ein Kurzreferat. Diskussion hat es leider
darüber keine gegeben. Vielleicht weil anschliessend daran ein
buntes Programm abgewickelt wurde. Ob die Betriebsräte und Funk-
tionäre wegen der Konferenz gekommen sind oder wegen des bunten
Programmes weiss ich nicht.
Tagesprogramm, 10.5.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)