Donnerstag, der 3. Mai 1979

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Donnerstag, 3. Mai 1979

Die Überreichung des Dekrets zur Führung des Staatswappens
an Herrn Trunkenpolz von der Fa. KTM in Mattighofen gab mir
die Gelegenheit, den Betrieb zu besichtigen. Ich war überrascht,
dass diese Motorradfabrik so einen modernen Maschinenpark
hat. Keine Maschine war älter als 10 Jahre, wie mir Herr
Trunkenpolz versicherte. Leider hatte ich sehr wenig Zeit
und musste durch die Abteilungen rasen, konnte keinem einzigen
Arbeiter die Hand geben und nicht einmal mit ihnen einige
Worte wechseln. Dies war sicherlich sehr schlecht. Zum Glück
hat der Besitzer arrangiert, dass die Belegschaft oder zumin-
destens ein grosser Teil davon bei der Überreichung des Staats-
wappens im Kantinensaal anwesend war. Dadurch hatte ich die
Möglichkeit, mich dafür zu entschuldigen und zu erklären, dass
ich sofort zur nächsten Veranstaltung nach Salzburg weiterfahren
muss. Zum Glück hat mich Satzinger auf einen Rennfahrer aus
dem Stall KTM aufmerksam gemacht, bevor wir die Fabrik be-
suchten. Beim Durchgang nämlich habe ich ihn getroffen und konnte
so mein Interesse dokumentieren und ihm zu seinem letzten
Erfolg vor drei Tagen Glück wünschen. Solche Details brauche ich,
denn damit kann man etwas anfangen. Ich glaube, dass sowohl
Trunkenpolz als auch der Rennfahrer Sigi Lerner davon sehr
überrascht waren. Aufgefallen ist mir, dass die Arbeiter kaum
von ihrer Tätigkeit aufschauten, trotz meines lauten Grusses
kaum antworteten und natürlich zum Unterschied von allen anderen
Betrieben, die ich bis jetzt im Wahlkampf besuchte, kaum
Parteipropagandamaterial zu sehen war. Erklärlich ist das
Ganze, weil keine gewerkschaftliche Organisation dort existiert,
daher auch der politische Einfluss wahrscheinlich sehr gering ist.
Trotzdem hat aber die Parteiorganisation insbesondere Abg. Hell-
wagner
von Ranshofen und die Vizebürgermeister der Gemeinden
Braunau und Mattighofen darauf gedrängt, unbedingt der Firma
das Staatswappen zu überreichen. Einen krasseren Gegensatz
habe ich noch nie erlebt als SGP – KTM.

Bei der Eröffnung des Wiestalkraftwerkes zweimal 12 MW, also
ein mittelgrosses, welches bereits 1908 gebaut wurde und jetzt
nur modernisiert, hatte ich Gelegenheit, über die Energie-
politik Erklärungen abzugeben. Ich erklärte die Absicht, auch


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mittlere, selbst Kleinstkraftwerke zu fördern, denn meine
Energiepolitik war es, in allen Primärträgern, ob Öl, Kohle
oder Elektrizität mich nicht auf ein Bein sondern womög-
lich auf tausend Füsse zu stellen. Wichtiger noch aber war
für mich darauf zu verweisen, dass die Handelskammer eine
Meinungsumfrage in Auftrag gegeben hat und rein zufällig
wie ich sagte, gerade jetzt vor der Wahl publiziert, wonach
die Bevölkerung mit der Energiepolitik der Regierung nicht
zufrieden ist. Mehr als die Hälfte möchte, dass wir die österr.
Primärenergien mehr nutzen und womöglich importunabhängig
werden. Darauf ersehe ich, wie wenig informativ unsere
Tätigkeit bis jetzt gewesen ist. Bei einem 60 %-igen Import-
anteil der nur steigen kann und wird ist trotz rasanten
Ausbaues der österr. Energiequellen mit weiterer Importstei-
gerung zu rechnen. Dass trotz dreijähriger Fertigstellung
eine Donaukraftwerkes, trotz Ausbau der Draustufe und der
Speicher, trotz Erschliessung von neuen Kohlengruben wie
Köflach, trotz Bohrungen nach Öl und Gas die Bevölkerung das
Gefühl hat, wir tun zu wenig, zeigt, dass unsere Aufklärungs-
tätigkeit oder besser ausgedrückt unsere Propaganda total ver-
sagt hat. Kraftwerkseröffnungsreden genügen dazu scheinbar nicht.

Ich hatte in der Ansprache selbstverständlich ans Energie-
sparen erinnert und meinte, ich wäre schon froh, wenn ein
Promille endlich gespart wird. Bei der anschliessenden
Pressekonferenz fragte man mich daher, ob ich hier nicht
doch einen zu kleinen Masstab angelegt hatte. Mein Gegenargu-
ment war, solange man Zuwachsraten von 5 % und mehr hat, ist
man als Energieminister froh, wenn diese Zuwächse unterblieben
und an dessen Stelle 1 ‰ von der Gesamtenergie eingespart
wird. Noch immer unterschätzen nämlich die Journalisten
und sicherlich auch die gesamte Bevölkerung, dass es gar
nicht so sehr darum geht, tatsächlich ein Promille einzu-
sparen, d.h. den geringsten Sparerfolg überhaupt zu haben,
sondern eben den Zuwachs, der sich Jahr für Jahr und jetzt
auch im ersten Quartal deutlich abzeichnet, zu stoppen.
Natürlich nahm auch bei diesem Pressegespräch mit den Salz-
burger Zeitungen und dem ORF die Frage der Benzinpreiserhö-
hung und der Heizölversorgung den grössten Teil in Anspruch.



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Wie ich dann in einem Informationsgespräch mit der
Salzburger Mineralölwirtschaft in Zell am See feststellen
konnte, ist die Versorgungssituation auch in diesem Land
äusserst kritisch. Sekt.Chef Frank hat, wie mir telefonisch
berichtet wurde, an den Bundeskanzler als Eigentumsvertreter
ein Schreiben gerichtet, damit dieser veranlasst, dass die
ÖMV 20.000 t Heizöl extra leicht jetzt sofort ausliefert.
Die ÖMV könnte dies durch ein anderes Produkt im Sperrlager
ersetzen. Angeblich hat die ÖMV sowieso gegenüber dem Vorjahr,
wo 100.000 t gelagert waren, jetzt durch den Lageraufbau
der allgemein notwendig ist, auch Heizöl extra leicht auf
160.000 t ca. erhöht.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Erkundige Dich was der Kanzler
und insbesondere die ÖMV gemacht hat.

Die Enquete über "Wanderbares Österreich" des Vereins zur
Weiterführung des österr. Fremdenverkehrs im Rathaus von
Zell/See war insoferne ein voller Erfolg, als dort Inter-
essensvertreter aber vor allem auch die alpinen Vereine
ihre Wünsche darlegen konnten. Interessanterweise hat weder der
Alpenverein noch die Naturfreunde im konkreten über unsere
Politik Beschwerde geführt. Sie haben sich auch die 8 Mio. S,
die wir jetzt zur Verfügung stellen, redlich aufgeteilt.
Natürlich ist dies im Verhältnis zu den Leistungen, welche
die alpinen Vereine jetzt zur Erhaltung und insbesondere Ver-
besserung ihrer Schutzhütten aufwenden mussten und noch müssen,
ein Tropfen auf den heissen Stein. Allein der Alpenverein
braucht bei einem 800 Mio. S Gesamtversicherungswert seiner
Hütten und einer 5 %-igen Reparaturquote im Jahr 40 Mio.
25 Mio. kann er nur aus eigenen Mitteln auftreiben. Den Rest
müsste er zumindestens teilweise vom Staat ergänzt bekommen.
Bei 1,7 Mio. Besuchern mit fast einer Million Nächtigungen,
die Dunkelziffern nicht inbegriffen, ist tatsächlich die Aktion
Wanderbares Österreich fast verpflichtet, den alpinen
Vereinen zu helfen. Wenn man bedenkt, dass auch 40.000 km
Wanderwege zu betreuen sind, so sieht man die Aufgaben
vor denen die alpinen Vereine stehen. Der AV-Verwaltungs-
ausschuss-Mann Kofler und der Naturfreunde-Mann Saftner haben daher
mit Recht entsprechende weitere Unterstützung verlangt, obwohl
sie zufrieden waren, dass ich ihnen die tatkräftigste Unter-


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stützung zusagte und keine konkreten Ziffern nennen konnte.

Dr. Klier verwies darauf, dass der Lawinenerlass für die
Stubaier Gletscherbahn ungeheuer hemmend ist. Die zweite zu
errichtende Bahn scheitert angeblich an einer einzigen bürokratisch
extrem ausgelegten Stelle. Ich versprach, mit dem Verkehrsminister
darüber zu reden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Details mit Büro Lausecker
erheben.

Dr. Pickl, Mitglied des Kuratoriums für alpine Sicherheit
und Mitschöpfer dieses Lawinenerlasses meinte hier sollte man
jetzt eine Reform vornehmen, obwohl natürlich das Kuratorium
für alpine Sicherheit, das er bei dieser Enquete vertrat,
sehr wohl grosse Aufmerksamkeit der Sicherheit auch in den
Kapruner Gesprächen der Wanderfrage insbesondere auch der
Haftungsfrage der alpinen Vereine verwendet. Bezüglich der
Haftungen müssen wir erst noch den richtigen Weg finden, denn
auch für mich ist es vollkommen unerträglich, wenn jetzt
die alpinen Vereine, wie ein Gerichtsurteil festlegt, für
alles haftet, was auf den Steigen geschieht.

Das fraktionelle Gespräch mit der EVU-Betriebsräten und Funktionä-
ren in Salzburg konnte leider durch die Verkehrssituation be-
dingt erst später beginnen und war verhältnismässig von mir
sehr prägnant geführt, um auch eine Diskussion doch noch zu er-
möglichen. Kritische Stimmen gab es wenige, alle erwarten
von mir, dass der Ausbau insbesondere auch der Salzach voran-
getrieben wird. Dies konnte ich tatsächlich mit ruhigem
Gewissen zusagen.

Trotzdem ich bestrebt war, die Verspätung einzuholen, kam ich
auch zur Staatswappendekretüberreichung des Möbelhauses
Harmath und Weilinger um eine Viertelstunde zu spät. Ich
war überrascht, dort nicht nur die gesamte Salzburger
Prominenz zu treffen, sondern auch Präs. Sallinger und den
ägyptischen Botschafter. Dieser eröffnete eine Nofretete-
Ausstellung. Der Herr Harmath, ein Achtzigjähriger Gründer
der Firma hielt eine Laudatio und schilderte die Entstehungs-
geschichte der Firma, die mich eigentlich sehr überraschte.
Nach dieser Rede muss er ein typischer Unternehmer der NS-Zeit


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gewesen sein, der behauptet, nur Pflicht, nur Leistung,
nichts fordern, alles sozusagen dem Betrieb geben, hätte
ermöglicht, aus 80 m² vor 30 Jahren jetzt dieses grosse
Möbelhaus – LH Haslauer behauptet, das grösste Österreichs –
zu schaffen. Die Leute fordern zu viel, der Fortschritt und
das Wachstum können nicht so weitergehen, man soll sich der
höheren Werte vergewissern und dies alles bei einem wirklich
gigantischen Aufstieg der Firma, noch dazu wie er behauptet,
ohne Beteiligung irgendwelcher Banken oder Stiller Teilhaber.
Alles von den beiden Familien, wie ich am liebsten bei meiner
Ansprache dann gesagt hätte aus den Spannen geschaffen. Da
ich zur nächsten Veranstaltung wieder in die Arbeiterkammer
zurück musste, konnte ich nur enige Redner abwarten und bin
dann sozusagen weggefahren. Dass keiner meiner Vorredner auch
nur den AK-Präsidenten bei der Begrüssung erwähnte, ist vielleicht
typisch, vielleicht auch wirklich nur ein Versehen. Ich habe
es auf alle Fälle dann nachgeholt und nicht nur den Erzbischof,
den Landeshauptmann und die anderen Präsidenten erwähnt.

Die Mitgliederversammlung der Gewerkschaft der Privatange-
stellten beschäftigte sich natürlich vornehmlich mit den
Gewerkschaftsproblemen. Ich hatte mein Referat, da es sich
ja dort um eine überparteiliche Organisation handelt, ins-
besondere auf Wirtschaftsfragen, Überschuss der Agrarier, Mangel
der Energie, aufgebaut. Interessanterweise gab es dazu
eine verhältnismässig grosse Diskussion. Im grossen und ganzen
bin ich aber mit dem Salzburger Tag mehr zufrieden als wenn
eine Parteiorganisation einen Tageswahleinsatz organisiert
hätte. Ich habe doch Möglichkeit gehabt, mit vielen Neutralen
zusammenzukommen und wahrscheinlich auch manchem Gegner einige
interessante Informationen zu geben, die ich bei Parteiveran-
staltungen sicherlich nicht getroffen hätte. Der einzige Nachteil
war, dass teils zu wenig Zeit zur Verfügung stand, wodurch ich
den Zeitplan gar nicht einhalten konnte und trotzdem nicht den
notwendigen persönlichen Kontakt herstellen konnte. Dies war
aber von vornherein für mich und für alle, die diesen Plan
erstellt hatten, vollkommen klar.

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Tagesprogramm, 3.5.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GS Naturfreunde


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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        Tätigkeit: KTM


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            Tätigkeit: Chef Energiesektion


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              Tätigkeit: LH Sbg.


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                Tätigkeit: Verkehrsminister


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                  Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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