Samstag, der 24. März 1979 bis Sonntag, der 25. März 1979

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Sonntag, 25. März 1979

Die 50. Damenmodewoche war zwar eine grosse Jubiläumsveranstal-
tung, verlief aber genauso im hergebrachten Rhythmus. Komm.Rat
Elias forderte in seiner Ansprache, es sollte für die Beklei-
dungsindustrie die exportiert, die Lohnsummensteuer, die Gewerbe-
steuer und ich glaube noch eine andere ersetzt werden. Über-
rascht war ich, dass er für die Damenmodewoche, aber auch für
das Textilzentrum in St. Marx und für das Textilviertel, die
freien Verkaufsmöglichkeiten verlangte. Auf diese letztere For-
derung bin ich eingegangen, da ich mich genau über die Be-
schwerden der Textilviertler-Firmen erinnerte, habe ich erklärt,
dass hier keine einheitliche Auffassung innerhalb der Textil-
händler besteht. Ich kann mich natürlich nur nach der derzeitigen
Gesetzeslage richten. Die Damenmodewoche ist an diesem Sonntag
schlechter besucht gewesen. Viele führen dies auf die Tatsache
zurück, dass eben in Niederösterreich und Salzburg Landtagswahlen
stattfinden. Ein Vorarlberger Aussteller meinte ganz laut, dass
es alle hörten, "a, der Herr Handelsminister macht seine Ab-
schiedsrunde, das nächste Mal sind sie ja garantiert nicht mehr".
Ich habe genau so laut geantwortet "da möge er zuwarten, ich
bin fest überzeugt, dass er sich irrt, dies sei eine unbegründete
Hoffnung". Komm.Rat Elias meinte dann zu mir, er sei zwar auch
anderer politischer Auffassung, aber so etwas dürfe nicht passieren.
Er war sehr verwundert, dass ich gar nicht darüber verärgert
war, sondern ganz im Gegenteil erklärte, bei der Eröffnung der
Dornbirner Messe – wenn ich noch Handelsminister bin – werde ich
auf diesen Vorfall sicherlich zu sprechen kommen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mich dann unbedingt daran erinnern.

Wenn die Nationalratswahlen am 6. Mai genauso ausgehen, wie die
Landtagswahlen in Niederösterreich und Salzburg, ja sogar die
Gemeinderatswahlen in Kärnten, mit Ausnahme Klagenfurt, dann
bin ich sehr positiv überrascht, verwundert, aber ich muss auch
sagen, sehr glücklich. Aufgrund der Berichte auch der Meinungsfor-
scher hatte niemand gerechnet, dass wir in Niederösterreich
Mandate gewinnen können und dass wir sogar in Salzburg eines dazu
gewinnen. Die Prognosen haben dort eindeutig gelautet, dass die
ÖVP gewinnen muss und wird. Zentralsekretär Blecha, mit dem ich


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in der Löwelstrasse über dieses Problem gesprochen habe, kann
sich die Ergebnisse und vor allem mal die Meinungsforschungs-
analyse nicht erklären. Im NÖ Landhaus bei Czettel, den ich
auf alle Fälle besucht hätte, ganz egal ob er gewonnen oder
verloren hat, wurde dann das Niederösterreich-Ergebnis natürlich
entsprechend gefeiert. Anfangs bestand noch grosse Unsicherheit,
ob das zweite Mandat tatsächlich bei den Sozialisten bleibt, denn
15.000 Wahlkartenwähler wurden verzeichnet. Da ich aber sehr bald
feststellen konnte, dass von den einzelnen Wahlkreisen die Ge-
nossen mitteilten, dass nur 1.000–2.000, keinesfalls aber mehr
Wahlkartenwähler die Stimme abgegeben haben, die in andere Wahl-
kreise gehören, war ich dann sofort sehr beruhigt. Tatsächlich
hat sich dann herausgestellt, dass nicht einmal 5.000 Wahlkarten-
wähler, die in andere Wahlkreise zuzurechnen sind, noch offen
waren. Dies bedeutet, dass wenn ich selbst einen schlechten Ver-
teilungsschlüssel, 60% ÖVP und 40% SPÖ annehme, dann kaum mehr
das nicht sehr stark abgepolsterte 27. Restmandat der Sozialisten ver-
lorengehen kann. Darüber habe ich natürlich mit Rösch lang und breit
diskutiert. Ein bisschen habe ich zwar geblufft, da ich zwar, als
Optimist verschrien, meinem Namen auch in dieser Beziehung
Rechnung tragen musste. Czettel hat allen Mitarbeitern, die sich
dort versammelt haben, herzlichst gedankt und zu meiner grössten
Überraschung auch mich erwähnt. Spät abends ist Kreisky erschienen
und wurde natürlich auch entsprechend gefeiert. Die Behauptung von
Taus im Fernsehen, dass er, wenn man dies als Bundestrend gelten
lassen kann, gut abgeschnitten hat, ist vollkommen falsch. Bei
den letzten Landtagswahlen in Niederösterreich hat die Differenz
zu den Nationalratswahlen 70.000 Stimmen gebracht, wenn man die
Landtagswahlen 1974 mit den Nationalratswahlen 1975 vergleicht.
Jetzt ist dieser Vorsprung auf 38.000 Stimmen zusammengeschrumpft.
Hier von einem guten Bundestrend zu sprechen, ist mehr als gewagt.
Das Ganze führe ich auf die Propaganda und Aussage des Geschäfts-
führers Bergmann zurück. Dieser hat tatsächlich erklärt, dass
die SPÖ in Niederösterreich eine Niederlage erlitten hat, denn
sie hat ihr Wahlziel, Landeshauptmann Czettel, nicht erreicht.
Er sei durch Niederösterreich gefahren und hätte diese Plakate
gesehen. Jedermann, auch in der ÖVP, wusste, dass Maurer gerechnet
hatte, 31 Mandate zu erhalten und wenn, dann höchstens eines zu
verlieren. Bei 29 Mandaten, die er jetzt hat, hat er tatsächlich
immer von einer Katastrophe und einer Niederlage gesprochen.



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Dass Bergmann versucht in den ersten Aussagen dies umzumünzen,
hilft glaube ich wirklich weder der ÖVP noch den Funktionären
dieser Partei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man seine
eigenen Leute für so dumm verkaufen kann. Die Rückwirkung
dieser Wahl muss im ÖVP-Kader, insbesondere bei den Mitarbeitern
deprimierend wirken. Wenn man bedenkt, dass in der ÖVP-Alleinregie-
rung zwischen 1966 und 1970 fast alle Landtagswahlen für die
damalige Regierungspartei verlorengegangen sind, kann man sich
vorstellen, welche Wirkung es jetzt hat, dass knapp vor der
Nationalratswahl, wo die ÖVP schon so sicher sich gibt, gewonnen
zu haben, jetzt diese Verluste in Niederösterreich, Salzburg
und Kärnten zu verzeichnen sind. Die einzige Ausnahme ist Klagenfurt,
wo allerdings der Bürgermeister der ÖVP, Guggenberger, auf
Kosten der FPÖ 5 Mandate gewonnen hat. Die Sozialisten konnten
ebenfalls 1 zusätzliches erreichen, welches sie scheinbar der
KPÖ abgenommen haben. Auf alle Fälle war es, wie ich bei meinen
Wahlveranstaltungen immer sagte, für mich wirklich ein schönes
Geburtstagsgeschenk und mein Wunsch ist in Erfüllung gegangen,
dass ich abends am 25. nach der Auszählung der Stimmen wieder
Happy Pepi heissen möge. Pepi heiss ich – und happy war ich.

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Tagesprogramm, 24./25.3.1979


Tätigkeit: Bgm. Klagenfurt


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    Tätigkeit: MR HM


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      Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


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        Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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          Tätigkeit: GF ÖVP


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            GND ID: 129507873


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              Tätigkeit: nö. LH-Stv., SPÖ


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                Tätigkeit: Bundeskanzler
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                      Tätigkeit: Vors. Fachverb. Bekleidungsind.


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