Freitag, der 23. März 1979

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Freitag, 23. März 1979

Die Veranstaltung der Österreichischen Nationalbank über die
Frage, wie es im Fremdenverkehr weitergeht, war, so habe ich
den Eindruck ein voller Erfolg. Anstelle des erkrankten Schulmeister,
Wirtschaftsforschungsinstitut, ist es Heinz Kienzl gelungen, Prof.
Bernecker von der Welthandel zu gewinnen. Prof. Frisch, Universität,
hielt einen ökonomisch kurzen Einleitungsvortrag, dann hatte ich
Gelegenheit über die Erfüllung unseres 1971 vorgelegten 10 Jahres-
Fremdenverkehrsprogramm zu referieren. Statt 2,5 Mia. Schilling
wurden 3,2 Mia. Schilling in neun Jahren ausgegeben. Für die zukünftig
10 Jahresperiode der 80er Jahre legte ich ein neues Programm mit
8,2 Mia. Schilling vor.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl muss ganz vorsichtig auch Kaber vom
Finanzministerium informieren.

Die anschliessenden Kurzreferate in Form einer Podiumsdiskussion
brachten keinerlei besonders neue Erkenntnisse. Allgemein ver-
langte man nach mehr Qualitätsförderung, mehr Schulung und mehr
Propaganda. Wirklich beeindruckend war dann nur das Referat von
Prof. Bernecker. Dieser ist schon lange in Pension, hat aber noch
die alte Methode des Hochschullehrers. Er kategorisierte und ana-
lysierte die gesamten Fremdenverkehrstheorien. Sein Schlussatz
aber gipfelte dann aber darin, dass in unserer Fremdenverkehrspolitik
sich nichts ändern braucht, denn sie ist bestens. Ich schlug Dr.
Kienzl vor, die Nationalbank soll diese Enquete in Form einer Bro-
schüre herausgeben. damit man sie an den Fremdenverkehrsverant-
wortlichen verschicken kann. Ich bin sehr gespannt, welche Reaktion
in der Fachpresse und in den Fachgremien diese Enquete auslösen
wird. Wir hätten sicherlich noch einen grösseren Erfolg gehabt,
wenn es gelungen wäre, mehr Handelskammerleute in diese Enquete zu
integrieren. Trotzdem war die Enquete von Kienzl verhältnismässig
sehr gut vorbereitet. Es hat sich halt wieder einmal bewiesen, dass
wer Geld hat – und es ausgeben kann – imstande ist auch jetzt noch
vernünftige Vorschläge zeitgerecht in entsprechenden Foren zu ma-
chen. Die letzten Endes überraschend gut und reibungslos aufgenommen
werden.



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Beim Jour-fixe mit AK und ÖGB wurde über die Nettopreisver-
ordnung bezüglich Einbeziehung der Ski lange diskutiert. Alle
geben zu, dass die österreichische Skiindustrie in einer fatalen
Lage ist. Der ÖGB hofft nur, dass jetzt im Paritätischen Ausschuss
über die einzelnen Skifirmen genaue Unterlagen vorgelegt werden
und dass dann eine Preisbildung zweiter Hand auch von den Arbeit-
nehmern akzeptiert werden wird. Aus dem Kartellgesetz sind die Ge-
nossenschaften ausgenommen, weshalb die Intersport und Centersport
eine solche Konstruktion gewählt haben. Möbel bleiben aus der Netto-
preisverordnung ausgenommen.

Über die Preiserhöhung der Erdölprodukte gab es wie erwartet
den Konflikt zwischen Zöllner und allen anderen. Letzten Endes
gelang aber dann das Kompromiss, dass, wenn die Ölfirmen von
7.– auf 7.30 Schilling den Superbenzin erhöhen, wird die Handels-
kammer wahrscheinlich auch eine Erhöhung des Dieseltreibstoffes
von 6.10 auf 6.40 beantragen. In der Paritätischen Kommission
muss dann noch der Heizölpreis, derzeit 1.350.–, wahrscheinlich
um 200 Schilling erhöht genehmigt werden. Im Westen bezahlt man
jetzt bereit 1.900 Schilling für importiertes Heizöl schwer.
Die Sozialpartner treffen sich am 27. Mussil hat dazu eingeladen.
Am 28. soll dann bei mir mit den Ölgesellschaften die Finali-
sierung erfolgen. Zöllner hat recht, wenn wir zweckmässigerweise
diese Finalisierung gleich im Anschluss an das Sozialpartnerge-
spräch in der Handelskammer durchführen. Er wird veranlassen, dass
ich gegebenenfalls dazugerufen werde.

Die GATT-Kündigungen – in Genf nächste Woche verhandelt – werden
auf Schwierigkeiten stossen, da jetzt zwischen der Definition
von mineralischen Futtermittelmischungen mit Zucker und sonstigen
Zusatz innerhalb der Handelskammer keine Einigung erzielt werden
konnte. Die Landwirtschaftskammer nimmt noch immer eine unerklärlich
sture Haltung ein.



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Bei dem Bericht über die Firma Ullmann, die nach Heiden-
reichstein geht, hat Lachs als Mitglied der ERP-Kommission
mitgeteilt, dass die Grenzland-ERP-Förderung 1%, 3 Jahre, diese
noch tilgungsfrei, dann 5%, nur mehr 76 Mio. Schilling verfügbar
hat. Für die Aprilsitzung liegen aber bereits für 155 Mio. Schil-
ling Anträge vor. Wenn Ullmann sich entschliesst, nach Heiden-
reich zu gehen, dann glaube ich werden die notwendigen finan-
ziellen Mittel dafür zur Verfügung gestellt werden können.
Wenn ich bedenken, was Kreisky Ford und General Motors an Sub-
vention und Krediten zugesagt hat, dann müssten diese geringen
Beträge für Ullmann zur Verfügung gestellt werden können.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Industriesektion soll checken, wie
dies beim ERP resp. beim Bundeskanzleramt weitergehen wird.

Der Staatspreis für Innovation wurde zur Kenntnis genommen und
meine Mitteilung, dass die Banner-Batterie sich bewerben wird,
ebenfalls. Die Gefahr, dass sich bis Ende April niemand meldet,
ist damit auf alle Fälle gebannt.

Das Alkohol-Futterhefeprojekt würde auf eine Investition von
500 Mio. Schilling kommen. Derzeit bemüht sich Ing. Hübl, ESG,
da er entsprechende Abwärme aus der Schlammverbrennung in Sim-
mering hat. Gleichzeitig will auch Wohlmeyer eine solche Fabrik
entweder in Bruck – weil die Zuckerfabrik früher oder später
stillgelegt wird – oder in Aschach oder in der Steiermark er-
richten. Erste Berechnungen haben ergeben, dass wenn das Getreide
um 1 Schilling gestützt wird, der Alkohol um 4.10 Schilling er-
zeugt werden kann und bei 5% Zumischung beim Benzin dieser um
17 Groschen sich verteuern würde. Da wir in absehbarer Zeit mit
grossen Verteuerungen des Benzinpreises rechnen müssen würde
sich eine solche Beimischung ohne weiters verantworten lassen.
Mit dieser Methode könnten dann unsere Getreideüberschüsse aber
auch wahrscheinlich in weiterer Folge noch Zuckerüberschüsse
und sonstige Agrarprodukte verwertet werden. Wir werden im
Ministerium eine Aussprache mit Fuhrmann, Porsche, Bauer, ÖMV,
und anderen Fachleuten über diese Verwertungsmöglichkeiten durch-
führen.



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Die Forderung der Bekleidungsindustrie auf Einbeziehung in
eine Kreditaktion von 10 Mio. Schilling – die Textilindustrie hat
80 – wird im Finanzministerium im April verhandelt. Die Idee,
dass sich auf dem Textilsektor wesentlich weniger melden, als
erwartet, die Bekleidungsindustrie in diese Aktion einzubauen,
halte ich nicht für optisch sehr glücklich. Die Textillisten
werden dann sofort erklären, ihre Aktion wurde verkürzt. Wenn
sich niemand von dem Textilsektor meldet, dann braucht man nicht
erst viel darüber diskutieren, wo die 10 Mio. Schilling für die
Bekleidungsindustrie herkommen. Der Finanzminister könnte daher
ohne weiteres eine eigene Aktion starten und die nicht benötigten
Mittel von der Textilwirtschaft dann in die Bekleidungswirtschaft
transferieren. Die bis jetzt vorliegenden 7 Anträge mit einem
Investitionsvolumen von 100 Mio. Schilling ergeben laut Durch-
schnitt 10%iger Förderung Richtsatz 10 Mio. Auf die 80 Mio. ist
daher noch ein grosser Spielraum.

Der amerikanische Handelsrat Ambach hat bei MR Willenpart inter-
veniert und darauf verwiesen, dass wenn Sojabohnenschrot, der
bis jetzt durch Falschtarifierung, wie der Finanzbeamte sagt,
zollfrei ist, jetzt dann mit 30% Zoll belastet wird, die Amerikaner
darin einen unfreundlichen Akt sehen. Niemand wird den Amerikanern
klarmachen können, dass es sich hier nicht um eine Aktion der
Bundesregierung handelt. Die Amerikaner werden verständlicher-
weise annehmen, dass jetzt dieser Weg von der Regierung beschrit-
ten wird, um eine Zollbelastung der Schrottimporte, die sie bisher
erfolgreich abwehren konnten, durchzusetzen. Die Auswirkung bei
unseren GATT-Verhandlungen wegen der Käsekontingente würde ver-
heerend sein. Sowohl SL Steiner vom Landwirtschaftsministerium,
als auch unsere Abteilung hat beim Finanzministerium bereits
interveniert. Da der Finanzminister nicht anwesend ist, kann eine
Entscheidung bis jetzt nicht erreicht werden. Die einzige Mög-
lichkeit die es gäbe, ist, sofort die Zollbehörden anzuweisen,
dass wie bis jetzt Steuerschrott zollfrei hereinkommt und nur
überprüft wird, wie die Tarifierung richtig sein könnte.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Willenpart soll über seine Finanzministerium-
beziehungen den Fall klären.

Die Postdirektion gibt eine Briefmarke für das Energiesparmonat


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Oktober heraus. 3 Entwürfe wurden mir vorgelegt. Da ich mich
für solche Details überhaupt nicht interessiere, habe ich die
Entscheidung MR Obermair und Satzinger mit den MR Becker
von der Postdirektion überlassen. Ein abgebrannte Streich-
holz erscheint mir aber als die bessere Lösung gegenüber den
vorgeschlagenen Schlüssel, der als eine Kerze das Energiesparen
symbolisieren sollte. Alle Entwürfe waren in Wirklichkeit sehr
realistisch und meiner Meinung nach gar nicht revolutionär.
Da die Energiesparidee eigentlich auch nicht revolutionäres be-
inhaltet, charakterisiert es vielleicht am deutlichsten, die
Situation.

Die Bezirkskonferenz des burgenländischen Bezirkes Eisenstadt
fand nicht in Eisenstadt, sondern in Klingenbach in einer Jubi-
läumshalle statt. Ich war sehr überrascht über die ungeheure
Teilnahme. Noch vielmehr aber überraschte mich die phantastische
Stimmung, die ich im Burgenland feststellen konnte. Ich habe dem
Bezirksobmann Sinowatz und den Stellvertreter LR Vogl gesagt,
mir ist die burgenländische Organisation ein Rätsel. Ungeheuer
straff organisiert hat sie ständig gute Erfolge, obwohl – oder
vielleicht gerade weil – dort über Referate niemals diskutiert wird.
Die burgenländischen Funktionäre stehen auf dem Standpunkt, dass
es Aufgabe der Funktionäre ist zu hören was die Regierung – in
dem Fall ich – zu sagen habe. Sinowatz fasste dies dann im Schluss-
wort so zusammen, diskutiert wird im Bezirksausschuss und dort
oft über viele Probleme, aber vor der Wahl gibt es nur eines,
zu arbeiten, um zu gewinnen.

Wesentlich anders stellte sich dann am Samstag die nieder-
österreichische Wahlreise dar. In vielen, diesmal sogar sehr gros-
sen Orten wie Zwettl, Horn hatten bereits vorher entsprechende
Wahlkundgebungen stattgefunden. Darüber hinaus war die Zeit-
einteilung ganz unmöglich. In Heidenreichstein begannen wir
zwar pünktlich um 1/2 9 Uhr, doch hat der Bürgermeister ver-
ständlicherweise über das Eisert-Problem längere Zeit ge-
sprochen. Auch ich musste dann auf dieses Problem im einzelnen
eingehen, weshalb wir um 1/4 Stunde verspätet in Zwettl
eingetroffen sind. Die Kundgebung begann um 10 Uhr und um 10.30
sollten wir schon in Horn sein. Von Zwettl nach Horn fährt man aber


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über 1/2 Stunde. Das Ergebnis war, dass wir uns in Horn also
schon so verspätet haben, dass nicht einmal mehr die Musik
dort musizierte, sondern eben herumstand und wartete, bis wir
kamen. Ich hatte zwar veranlasst, dass man sofort in Zwettl
von der Gendarmerie die Gendarmerie in Horn verständigt, was
auch geschehen ist. Die Veranstalter haben aber nichts unter-
nommen, als eben nur gewartet, bis wir eingetroffen sind. Der
Gendarm hat meinem Fahrer Papacek gesagt, niemand wusste, was ge-
schieht, die wenigen Leute haben sich dann, glaube ich, auch
noch verlaufen. Am Vortag hat die ÖVP dort eine Veranstaltung
gehabt, wo mir gesagt wurde, Maurer war pünktlich und die
Leute waren nicht dort, die Gendarmerie aber sagte, es wurde
Wein ausgeschenkt und es war natürlich alles voll. Die Nachmit-
tagsveranstaltungen waren wesentlich besser besucht und da ich
viel Zeit hatte, konnte ich auch jeden Terminplan einhalten. Ich
bin fest davon überzeugt, dass wir ein anderes Werbesystem
brauchen. Die Parteienveranstaltungen bringen nichts. Diese Art
das Aufaddierens, wieviele tausend Menschen bei solcher Werbe-
kampagne mit den Funktionären in Kontakt kommen, ist in meinen
Augen sinnlos. Wirkliches Interesse findet maximal der Spitzen-
kandidat. Wieweit dies bei Czettel zugetroffen ist, kann ich
nicht beurteilen. Bei Kreisky ist es eindeutig. Meiner Meinung
nach sollte daher nur der Spitzenkandidat solche Wahlveranstal-
tungen im herkömmlichen Sinne machen. Die Fachminister sollten
dann über neutrale Organisationen versuchen in neutralen Ver-
anstaltungen aufzutreten. Nachmittags habe ich z.B. die Er-
öffnung einer Reithalle in Niederösterreich, wo MR Fälbl Mit-
glied ist, besucht. Dort habe ich zwar kurz gesprochen, Frau
Fälbl meinte, das war gekonnt, die Besucher sozusagen begrüsst,
dem St.-Petrik-Reitclub alles Gute gewünscht und zu den 130
Teilnehmern gratuliert. Dort habe ich sicherlich keine Wähler
gewonnen, aber gewisse Sympathiewerbung vorgenommen.

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Tagesprogramm, 23.3.1979

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hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Unterrichtsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


    Einträge mit Erwähnung:


      Einträge mit Erwähnung:
        GND ID: 119100339


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: GD ÖMV


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Ministerialrat Finanzministerium


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Handelsrat US-Botschaft


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Agrarindustrie Gmünd


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: AK


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: nö. LH-Stv., SPÖ


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR LWM; davor FAO


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                              Tätigkeit: Abteilungsleiter Energiesektion HM


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                                Tätigkeit: Inst. f. FV-Forschung WU Wien


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: bgld. Finanzlandesrat


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                                    Tätigkeit: Ökonom


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                                      Tätigkeit: Ökonom WIFO


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                                        Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


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                                          Tätigkeit: Beamter HM


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                                            Tätigkeit: Dir. EBS


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                                              Tätigkeit: Gewerkschafter?


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                                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                GND ID: 118566512


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                                                  Tätigkeit: MR HM


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