Donnerstag, der 8. März 1979

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Donnerstag, 8. März 1979

Die deutsche Autozulieferfirma Ullmann hat, wie mir der Senior-
und Juniorchef bestätigte, grosses Interesse daran, Eisert zu
übernehmen. Entscheidend dafür war, dass der Einkaufschef des VW-
Werkes, Matousek, für VW die Bereitschaft gezeigt hatte, deren
Produkte zu übernehmen. Porsche Austria, Dir. Lenning, hatte schon
bei anderen zugrunde gegangenen österreichischen Firmen erfolg-
reich als Vermittler mitgewirkt. Das typischste Beispiel ist
Körting, Hallein. Wirklich überrascht war ich über die Flexibili-
tät des Masseverwalters Dr. Dachs. Die Firma Ullmann, wie er berich-
tete, hatte niemals in Deutschland eine Krise, selbst als einzelne
Autofirmen schwere Rückschläge erleiden mussten. Er produzierte
eben nicht für eine Firma und vor allem mal nicht nur ein Produkt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wieso hat Gröger nicht sofort bei der Rückkunft
mir telefonisch berichtet.

Im Energiesparbeirat haben der Leiter, Prof. Musil, und dann die 5
Arbeitskreisführer über ihre Tätigkeit referiert. Anschliessend sehr
umständlich und ausführlich SChef Frank über die Massnahmen, die
das Handelsministerium aufgrund der Erkenntnisse der Energiespar-
experten veranlasste oder setzte. Da dies alles furchtbar lang-
fristig wirkt, sind Ergebnisse eigentlich noch nicht zu bemerken.
Dazu kommt, dass viele Fragen, wie z.B. Wärmedämmung, Heizanlagen-
systeme mit den Ländern in Staatsvertragsverhandlungen abgeschlossen
werden müssten. Auch dort geht dies furchtbar langwierig.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wir sollten versuchen, Zeitpläne festzu-
legen.

Ich dankte den Mitarbeitern des Energiesparbeirates und verwies da-
rauf, dass unmittelbar die Besprechungen über die 5%ige Energieeinspa-
rung von der Internationalen Energieagentur, aber auch jetzt die
Planspiele mit der Wirtschaftlichen Landesverteidigung erfolgen
müssten. In der Diskussion stellte sich heraus, dass es grosse
Probleme gibt, wie die x-fache Einspeisung ins Netz durch Klein-
kraftwerke oder die Produktion von Energie durch Dieselmotoren,
die gleichzeitig dann auch in einer Kraftwärmekupplung durch Satel-
litenstädte bei entsprechender Wärmedichte verwendet werden könnten.



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Für Betriebe ergibt sich das grosse Problem, dass bewegliche
Kosten, die jetzt anfallen und eben leichter zu verkraften
sind, auch dann wenn sie höhere Energiepreise ergeben, dann
durch fixe Kosten, d.h. verhältnismässig grosse Investitionen
ersetzt werden müssten. Ich hoffe, dass diese Probleme bei
der Pressekonferenz entsprechend gewürdigt werden.

Die Firma Rhomberg hat in Tirol eine Weberei, welche in einem
Gebäude in Innsbruck untergebracht ist. Dieses ist bereits so
baufällig, dass die Firma selbst nach Matrei mit den 500 Be-
schäftigten ausweichen will. Für die 40 Mio. Schilling Bauinvesti-
tion bräuchte sie nun entsprechende zinsverbilligte Kredite. Die
einzige Möglichkeit die ich sehe ist der ERP-Fonds. Damit dies dort
schneller funktioniert, habe ich Rhomberg empfohlen mit NR Egg,
den ich dann auch im Parlament informierte, eine Bescheinigung des
Arbeitsinspektorates und der Baubehörde beizubringen, dass eben
der Betrieb tatsächlich schnell verlagert werden muss. Rhomberg
hat auch grosses Interesse an der Vöslauer Spinnerei im Wald-
viertel. Für die 25 Mio. Schilling würden sie 5 Mio. aufbringen und
für 20 Mio bekommen sie ein 20-jähriges Darlehen mit 7.5%. Darüber
hinaus erhalten sie für 200 Beschäftigte je 100.000 Schilling neue
Arbeitsplatzsicherung, 50.000 Bund, 50.000 Land Niederösterreich,
d.h. ebenfalls 20 Mio. Schilling Betriebsmittelkredit.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wem wurde schon so ein Betriebsmittelkredit
gegeben.

Im Vorstand der Lebensmittelarbeiter kam es wegen der Arbeiterkammer-
kandidatenliste zu einer heftigen Diskussion. Die Gruppe Bäcker
fühlte sich nicht entsprechend vertreten. Innerhalb der Gruppe
Bäcker konnte man sich aber auch wieder nicht auf einen Kandidaten
einigen. Das bisherige Arbeiterkammermitglied Deutsch ist ausge-
schieden, der zweite starke Mann Serini vom Konsum wird von allen
abgelehnt. Heftige Kritik musste er sich noch anhören von einigen
Vorstandsmitgliedern, weil er ständig mit der Beitragsabführung
im Rückstand ist und dies als eine Art Pfand zu verschiedensten
Erpressungen, wie der Obmann der Kontrolle bemerkte, benützt. Mich
wundert es, dass es trotz dieser heftigsten Kritik dann noch
immer zu keinem Eklat gekommen ist. Ich fürchte aber, nachdem ich


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nachher unter vier Augen mit Serini gesprochen habe, dass
er seine Drohung wahr macht und der Konsum überhaupt aus
dem Vorstand und der Gruppe ausscheidet. Ich versuchte ihm
davon unbedingt abzubringen.

Botschafter Bukowski berichtet mir, dass er jetzt von Sofia
auf Wunsch Pahr's nach Strassburg versetzt werden soll. Er
möchte am liebsten aber nach Bukarest kommen. Um diesen
Posten hat er sich auch beworben.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte für CSSR-Besuch Gespräch mit Pahr
darüber vormerken.

Die Bulgaren haben ein riesiges Handelsbilanzdefizit, Export von
Österreich 900 Mio, Import nur 500 Mio. Bukowski hofft, dass es
gelingen möge, von den Bulgaren Waffen für 150 Mio. Schilling
zu kaufen. Rösch bestätigt mir, dass Panzerabwehrraketen möglich
sind an denen er sehr interessiert wäre. Da die Tschechen auch
mir angedeutet haben, dass sie panzerbrechende Waffen zur Verfügung
stellen könnten, ist für Rösch und mich vollkommen klar, dass
die Russen die Genehmigung dazu gegeben haben.

Die Firma Schmid, Wilhelmsburg, hat jetzt durch entsprechende
Kredite, wofür sich der Besitzer bei mir herzlichst bedankt, einen
ungeheuren Produktionsanstieg und kann auch Exporte tätigen.
Er ersucht mich, ich sollte beim Exportfond intervenieren, damit
er dort entsprechende Exportkredite bekommen kann.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Dr. Gabrisch, Exportfonds, ver-
binden.

Die Besprechung über die Vorstellung unseres neuen Fremdenver-
kehrsprogrammes gibt wieder einmal mehrere Variationsmöglichkeiten.
Dr. Zolles wäre es am liebsten, wenn die Österreichische Nationalbank
die Einladung und nicht nur die Bezahlung der 30.000 Schilling
Spesen übernimmt. Da Dr. Kienzl nicht anwesend ist, nur eine Ver-
treterin von ihm, kann ein endgültiger Beschluss nicht gefasst
werden. Eher erscheint es mir schon möglich, dass die National-
bank die Ökonomische Konferenz, die sich eben Arbeitsgruppe


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Fremdenverkehr damit beschäftigen sollte, sponsert. Die
ökonomische Konferenz ist zwar keine reine Parteiveranstaltung,
doch fürchte ich, wird es, wenn sie der Träger dieser Konferenz
sein wird, nicht leicht möglich sein, neutrale, oder gar ÖVP
Exponenten zu bekommen. Heindl und auch ich dachten daran, dass
wir neben dem von Kienzl vorgeschlagenen Obmann der Gastarbei-
ter, Niemetz, den Direktor von Treibach, Mayer, den Hotelier und
Bürgermeister von Zell am See Latini und von der Technischen
Universität Prof. Fritsch einladen sollten. Heindl meint, er könne
übernehmen, dass Dr. Schachner, Österr. Reisebüroverband, und ich
sollte versuchen Hoteliervereinigungspräsident Skardarasy dazu
einzuladen. Von der Fremdenverkehrswerbung würden wir Dkfm. Kübler
und Dr. Zolles, von den Danken ebenfalls immer die ÖVP Direktoren
ebenfalls dazu laden. Da alle Art Personen eingeladen werden, gäbe
es vielleicht doch die Möglichkeit dies als eine Fachtagung, wo
der Minister Rechenschaft ablegt, über das 10 Jahresprogramm,
welches wir in 8 Jahren übererfüllt haben und über das neue
10 Jahresprogramm, gibt. Das wirkliche Problem ist nur, wie
können wir eine weitestgehend unpolitische Veranstaltung präsen-
tieren. Meiner Meinung nach wird dies im Wahlkampf vollkommen
unmöglich sein.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nach Rückkunft Kienzl's sofort end-
gültige Besprechung mit alle fixieren, sonst kommen wir zu spät.

Dir. Balogh von der Shell berichtet mir, dass er von der UdSSR
500.000 Tonnen Öl bekommen soll. Im ersten Quartal aber nur 90.000
erhielt und dies um 15% teurer. Vom Irak erhielt er 140.000 Tonnen,
aber auch um 19% teurer. Shell hat deshalb bis jetzt 30 Mio.
Schilling draufgezahlt und kann nicht länger mehr mit Preis-
korrekturen zuwarten. Balogh wird mit der Handelskammer darüber
reden. Ich selbst habe es übernommen, dieses Problem mit der
Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund zu besprechen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte auf Jour fixe AK und ÖGB setzen.



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Mit Balogh bin ich hart zusammengekracht, weil die Mineralöl-
firmen jetzt ihre Zusage mit der Energiesektion und insbesondere
Wirtschaftliche Landesverteidigung, Oberst Fenz, ein Planspiel
über die Versorgung durchzuführen, mehr oder minder ablehnen.
Sie behaupten, es gäbe keine solche Zusage der Mineralölwirt-
schaft an mich, Dir. Hirnigel von BP hätte ihnen gegenüber er-
klärt, es müsse sich hier um ein Missverständnis handeln. Da
Oberst Fenz zufällig im Parlament anwesend war, habe ich ihn zu
der Besprechung sofort zugezogen und Balogh dezidiert erklärt,
ich verlange jetzt eine solche Sitzung. Balogh hat gesehen, dass
ich darüber sehr verärgert bin und übernommen, mit den Ölfirmen
darüber zu sprechen. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass die
Ölfirmen scheinbar nicht bereit sind mit der Sektion V zu koope-
rieren. Ihrer Meinung nach ist durch den Beitritt zur Internationalen
Energieagentur genau festgelegt, wann und wo etwas geschieht. Sie
wollen unter gar keinen Umständen scheinbar, bevor der Notstand nicht.
ausgerufen ist, irgendwelche Kontakte, sei es mit der Wirtschaftli-
chen Landesverteidigung und schon gar nicht mit SChef Frank von der
Energiesektion. Balogh betrachtet auch die gesamte Ölversorgung,
auch selbst die 5%ige Einsparung berührt ihn scheinbar nicht, als
gesichert und als ein ausgesprochenes Preisproblem. Dies gilt zu-
mindestens für das I.Halbjahr. Ich verlangte mit aller Entschieden-
heit, dass dieses Planspiel unverzüglich durchgeführt werden muss.

Da die Parlamentssitzung fast wieder bis Mitternacht dauerte waren
die Abgeordneten dann schon sehr gereizt u.a. haben sie jetzt immer
entdeckt, dass ich mich bei den Abstimmungen sehr wenig, um nicht
zu sagen, gar nicht daran beteilige, und meckern dann, der Stari-
bacher
stimmt nicht mit. Da ich gelesen habe, ist mir dies gar nicht
aufgefallen und auch gar nicht zu Ohren gekommen. Kreisky hat mir
nachher gesagt – scheinbar hat er sich umgedreht – sehr humorvoll
und freundschaftlich, Du stehst ja wirklich nicht auf, worauf ich
humorvoll erwiderte, ich bekomme auch keine Gage für meine National-
ratstätigkeit.

Mit Kreisky und Androsch haben wir dann Gott sei Dank das Problem der
Verbundgesellschaft gelöst. Zu meiner grössten Überraschung hat An-
drosch
in einer Besprechung vorher mit Bandhauer und mir diese Ent-


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scheidung nicht selbst gefällt, sondern meinte, wir sollten
zu Kreisky gehen. Kreisky war eigentlich sofort dafür, nachdem
ich ihm die Situation erörtert habe. Kreisky meint nur mit Recht
dass, wenn wir die 10-jährige Aufteilung des Kernkraftwerkbau-
verlustes, die über 7 Mia. den Ländern und damit auch der Ver-
bund zugestehen, dass dann der letzte Druck für diese Länder
zu einer Kompromisslösung zu kommen, wegfällt. Gegen die Quasi-
Konzernregelung, wie sie Bandhauer und ich besprochen haben,
hat er nichts einzuwenden. Verwundert war ich eigentlich, dass
Androsch dies nicht in eigener Regie erledigt hat. Je stärker
er scheinbar wird, indem er innerhalb der Partei als Fachmann un-
umstritten gilt, je mehr er aber durch kleinliche Angriffe, wie
Anzüge, Opernball usw. optisch geschwächt wird, umso enger möchte
er scheinbar mit Kreisky kooperieren. Mir war nur wichtig – und
Bandhauer hat dies auch entsprechend nachher mir gegenüber aner-
kannt – dass wir diese Lösung so schnell als möglich beschliessen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte alles vorbereiten, damit es
nächsten Dienstag im Ministerrat genehmigt wird.

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Tagesprogramm, 8.3.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Energiebeirat


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Dir. u. Gf. Österreichischer Exportfonds


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: BRO KGW


      Einträge mit Erwähnung:
        GND ID: 119100339


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Präs. Hoteliervereinigung


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD BP Österreich


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Leiter VW-Einkaufsorganisation Wien


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Finanzminister
                GND ID: 118503049


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                        GND ID: 118566512


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: GD Verbund


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Chef Energiesektion


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Wirtsch. Landesverteidigung


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: MR HM


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: MR HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                                    Einträge mit Erwähnung:


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        GND ID: 125942052


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Sekr. Verb. d. Reisebüros


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: BV Wien-Favoriten, Wr. SPÖ-GR-Abg., stv. LUGA-Vors., BRO Ankerbrot


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Shell Österreich


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: GF ÖFVW


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                    GND ID: 102318379X


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Straßburg


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