Mittwoch, 7. März 1979
Handelsdelegierter Kuzmich berichtet mir, dass die Ungarn
grössten Wert darauf legen würden, das Hotel den Österreichern
Universale und Porr zu geben. Da die ARGE nicht bereit war,
bis jetzt unter die 628 Mio. S zu gehen, sind die Ungarn jetzt
von ihrem Vorschlag 599 Mio. zu akzeptieren abgerückt und wieder
auf 560–580 zurückgegangen. Für ein anderes Hotel hat Mischek
jetzt mit 320 Mio. S angeboten, dass die Universale 580 kosten
würde. Die deutsche Firma Dywidag – Dyckerhoff & Widmann – hätte
468 Mio. S ein Anbot erstellt. Die ARGE berät jetzt und wird
nach Budapest fahren, weshalb ich Direktor Walter von der Porr
alle Unterlagen zur Verfügung gestellt habe.
Bei der Eröffnung der Wiener Frühjahrsmesse hatte Sallinger sich
wegen der steuerlichen Belastung der Klein- und Mittelbetriebe
beschwert, sonst aber zugeben müssen, dass die Unternehmer, wie
eine Umfrage der Handelskammer ergibt, optimistisch, wie er sich
ausdrückte – optimistischer in die Zukunft blicken. Bürgermeister
Gratz ist von seinen Ärzten dringend auf Urlaub geschickt worden,
weshalb Stadtrat Mayr auf die Investitionsunterstützung der Gemeinde
Wien bei den Unternehmen hinwies. Ich konnte auf die Arbeitsmarkt-
ergebnisse und die sonstigen wesentlich besseren Daten als die
anderen europäischen Länder sie haben verweisen und habe natür-
lich auch den optimistischen Grundton der Redner herausgestrichen.
Dass ich Optimist bin, brauchte ich ja nicht besonders zu erwähnen.
Der einzig schwache Punkt, erklärte ich, sei unsere Energiesituation,
da die Verbrauchsziffern ständig steigen und wir deshalb wegen
der 5-%igen Einsparung wie die internationale Energieagentur
vorschlägt, jetzt mit den Sozialpartnern mit allen sonstigen
Vertretern der Energieerzeuger und -träger sofort Verhandlungen
führen werden.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Frank soll Arbeitsgruppen einsetzen.
Kreisky hat anstelle des erkrankten Bundespräsidenten die Messe
eröffnet, wobei auch er, wie könnte es anders sein, auf dieselbe
Grundstimmung und insbesondere auch auf die Sozialpartnerschaft
verwies. Beim Rundgang, er besuchte die ÖIAG und die drei Kammern-
ausstellungen, hat er dann insbesondere beim Empfang in der Handels-
kammer den dortigen Vertreten ständig mitgeteilt, wie sehr ich
die Interessen der Handelskammer in der Regierung vertrete. Mit
seiner klugen und die anderen unsicher machenden Art versteht er
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seine Politik wirklich selbst dem Gegner bestens zu ver-
kaufen.
Präs. Seidl und Dir. Amon wollten bei einer Vorsprache mit
Dr. König, Satzinger und mir die Genehmigung nach § 5 E-Wirtschafts-
gesetz. König musste zugeben, dass er bereits vor längerer
Zeit mit einer Kapitalaufstockung, derzeit 31 Mio. auf 80 Mio.
innerhalb von 5 Jahren, einverstanden war. Jetzt wollte er aber
der Gesellschaft vorschreiben, sie müsste diese Aufstockung
mit Einzahlungen mit einem beträchtlichen Ausmass zugestehen.
Die Gesellschaft war bereit, 100 Mio. Eigenkapital zu bilden,
allerdings durch Auflösung der stillen Reserven und Investitions-
rücklagen usw. Da wir bei 700 Mio. m³ Gasumsatz von den Steirern
120 Mio. S Eigenkapital verlangten, war auch mein Bestreben
primär darauf hinzuzielen, die Oberösterreicher nicht besser
zu behandeln und beharrte deshalb auch auf 120 Mill. S Kapital.
Da die Oberösterreicher 1,250 Mio. Gas im Jahr umsetzen. Der
Umsatz beträgt 1,7 Mia., die Investitionen heuer 150 Mio, insgesamt
hat die Gesellschaft bereits 1 Mia. S investiert. Wenn man bedenkt,
dass 1957 als Studiengesellschaft mit 110.000 S gegründet wurde,
so sieht man, welche kapitalmässige Transaktion aus Gewinnen,
die Gesellschaft erarbeiten konnte. Amon verwies darauf, dass
sie ein Zehntel des Personals der Niogas haben, d.h. 51 Be-
schäftigte und daher nur 12 Mio. S Personalkosten. Letzten
Endes einigten wir uns auf 120 Mio. S Eigenkapital, welches
über ein Holding-System, das die OÖ. Ferngas jetzt machen wird,
aufgebracht werden soll. Die Kapitalaufstockung muss bis 1985
abgeschlossen sein. Bezüglich der Preisbildung verwies ich
darauf, dass es jetzt grosse Schwierigkeiten mit ihren Eigen-
tümern, meistens sind es Industriebetriebe, geben wird. Die
Gesellschaft möchte Nordsee-Gas 100 Mio. m³ kaufen, welches
aber 1,60 bis 1.70 S kosten wird. Das Gas wurde sowohl
von der RAG als auch von der ÖMV angeboten. Über die Spannen-
preisregelung habe ich nur die Bemerkung gemacht, dass jetzt
die oö. Ferngas durch die Beibehaltung der absoluten Spannen
bei der Senkung des RAG-Einstandspreises eine neue Politik
eingeschlagen hat. Bis jetzt hatten sie nämlich immer perzentuelle
Spannen verlangt und auch bekommen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Neuhold soll beim Preisverfahren versuchen
eine Akkord zu erzielen.
Dir. Weiser von der EVA verwies auf die seinerzeitigen
Verhandlungen mit den Landeshauptleuten, wo Kreisky erklärte,
jedes Bundesland soll eine gewisse, für sie bedeutende Energie-
einsparungsmethode entwickeln. Salzburg, die Holzenergienutzung
für Wien hätte Weiser den Vorschlag, das Potential der erzeugbaren
Energie aus Industriestrom zu untersuchen. Bei Bürgermeister Gratz
hat er bei seinem Antrittsbesuch ein sehr grosses Interesse dafür
festgestellt. Man vermutet, dass ein Drittel des Industriestrom-
verbrauches gewonnen werden konnte. Dazu sollen die Wärmeverbrauchs-
daten, welche in der Industriesektion im Computer gespeichert
sind, herangezogen werden. Das Wiener Institut für Standortforschung
WIST hat eine Untersuchung über den SO2-Gehalt und die Schichtung,
woraus entsprechende Rückschlüsse auf die Abwärme der Industrie-
betriebe geschlossen werden können. Der Industrie-Konsumenten -
Verband, neuer Vorsitzender Gen.Dir. Weiser, mit dem EVA-Weiser
weder verwandt noch verschwägert, wird ebenfalls mitarbeiten, wenn
er sozusagen von seinen Mitgliedern die Genehmigung bekommt.
Auch Bandhauer von der Verbund soll nach Auskunft Weiser daran
sehr interessiert sein. Ein gewisser Dr. Kanjak ist von Prof.
Matzner Weiser empfohlen worden, er hat ihn aufgenommen und der
wird jetzt mit den erwähnten Stellen eine Studie ausarbeiten.
Weiser wollte mich informieren, damit ich ebenfalls meine Zustimmung
gebe. Dies habe ich rein aus optischen Gründen sofort getan.
Ich bin nur gespannt, was Reisinger von den Stadtwerken dazu
sagen wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Reisinger davon verständigen.
Weiser wollte auch wissen, ob ich irgendetwas dagegen einzuwenden
habe, dass er für Aufwendungen, die er in der Sparwoche im Oktober
haben wird, das Finanzministerium direkt angeht. Er war sehr
verwundert, auch hier auf keinen Widerstand zu stossen, da er
einmal, als er noch Konzerthausdirektor war, mit dem Unterrichtsmini-
sterium einen kleineren Wickel bekommen hat, da er für seine
Renovierung auch direkt das Finanzministerium angesprochen hat.
Auf meine Frage, ob er die Poster "nicht urassen" verlangt, zahlen
wird, erwiderte er selbstverständlich, denn solche Beträge kann
er in seinem Budget leicht unterbringen.
Nach seiner Information sind in einigen Ländern für den
Fremdenverkehr Nachtspeicheröfen durch Tarifpolitik der EVUs
besonders gefördert.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte prüfen lassen.
NR Leibenfrost hat sich bei mir noch besonders erkundigt,
wie die Kleinkraftwerke gefördert werden können. Er wird
jetzt in Oberösterreich eine grosse Aufklärungskampagne
starten, weshalb er auch aus der Schweiz einen Referenten über
Vorratspolitik eingeladen hat. Für Österreich ersuchte er mich,
ob Sekt.Chef Frank hinfahren darf. Ich habe dies selbst-
verständlich zugesagt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Frank ersuchen, dass er sich mit
Leibenfrost in Verbindung setzt.
Gen.Dir. Bandhauer ist wegen der Finanzierung von der Verbundge-
sellschaft gekommen und wollte mir Androsch und mir darüber
sprechen. Androsch ist leider erst fast vor Mitternacht ins
Parlament gekommen.
Die Betriebsräte der KKWP waren bei Benya und dieser hat dann
mit Bandhauer, Hofstetter und mir den Sozialplan und die
Überführung der Beschäftigten in die E-Wirtschaft besprochen.
Bandhauer und ich haben ihm auseinandergesetzt, dass keiner
auf die Strasse gesetzt wird, dass aber die verhältnismässig
gut bezahlten KKWP-Leute auf Teile ihrer jetzigen Benefizien
verzichten müssen. Benya war mit der Vorgangsweise einverstanden.
Im Parlament gab es dann spät abends eine Diskussion über die
Energiegesetze. Ein vollkommenen Wandel hat die Freiheitliche
Partei vorgenommen. Ihr Energiesprecher Stix hat vorher schon
Heindl angekündigt, dass sie dem Energiesicherungsgesetz zu-
stimmen würden, um zu beweisen, dass eine Bundeskompetenz
dringend notwendig wäre. Vielleicht haben sie dies nur aus
optischen und wahltaktischen Gründen getan. Auf alle Fälle
ist dadurch die ÖVP als einzige übriggeblieben, die eben
nicht bereit ist, dem Handelsminister entsprechende Ermächti-
gungen zu geben. König versuchte in seinem Diskussionsbeitrag
darauf hinzuweisen, dass sie ja bereit sind, jede konkrete
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Massnahme zu unterstützen. Als Beispiel führte er an, dass
die Forschungs- und Entwicklungsarbeit in der Internationalen
Energieagentur gerade am selben Tag mit 2/3-Mehrheit sogar
beschlossen werden muss. Ich verwies dann in der Antwort darauf,
dass in anderen Ländern für solche Massnahmen kein Parlament
gebraucht wird, sondern jeder Handels- resp. Energieminister
eine solche Ermächtigung automatisch hat, dabei fiel der
unglückliche Satz: Ich habe ja gar nichts dagegen, ins Parlament
zu gehen, was natürlich dann helle Empörung bei der ÖVP
auslöste. Ansonsten glaube ich aber war die Diskussion und vor
allem einmal hoffe ich in der Optik nach aussen, da die ÖVP
ja alles ablehnte, auf unserer Seite gut geführt. Der
einzig schwache Punkt war, dass die Formulierungen unserer
Initiativ-Anträge so schlecht waren, dass König hämisch in zwei
Wortmeldungen immer wieder darauf verweisen konnte. Heindl war
genauso erschüttert wie auch ich, denn dies hätte Zluwa resp.
die Energiesektion unbedingt bemerken müssen. Einem Jagoda
wäre dies sicherlich nicht passiert. Die anderen Gesetze ins-
besondere auch das Altölbeseitigungsgesetz und das neue Bergbau-
förderungsgesetz wurden einstimmig beschlossen. Hier hat sich
die alte Tradition des Handelsausschusses wieder einmal
bewährt, ausser auf dem Energiesektor, wo wir scheinbar nur
auf Konfrontationskurs arbeiten, haben wir auf allen anderen
Sektoren bis jetzt immer die Einstimmigkeit nicht zuletzt auch
durch die Vorarbeiten auf der Sozialpartnerebene erreicht.
Klubobmann Fischer verständigte mich, dass jetzt auch der
ÖVP-Klubobmann Mock mit ihm die Paarung für die Montagssitzung
Sallinger-Staribacher zugestimmt hat.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Puffler sofort davon verständigen.
Im Parlament in den Couloirs erzählt man schon wieder
blöderweise herum, dass ich Bürgermeister von Wien werden
sollte. Ich werde mich gegen diese Taktik, wenn es irgendwo
zur Sprache kommt, mit aller Entschiedenheit aussprechen.
Die oft so leichtfertig Personalpolitik machen, sollen
sich nicht wundern, wenn dann die Wahlen entsprechend aus-
gehen werden. In meinen Augen ist dies alles unverantwortlich.
Tagesprogramm, 7.3.1979
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)