Dienstag, der 6. März 1979

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Dienstag, 6. März 1979

Beim Pressegespräch im Hilton über die Einführung des Innovations-
preises erfuhr ich einiges über die "Z"-Gründung der Innova. Diese
Gründung der Zentralsparkasse vom Mai 1978 hat derzeit ein Kapi-
tal von 5 Mio. Schilling, von der Gemeinde Wien gegründet und ge-
sponsert. Die "Z" ist mit 10% beteiligt. Jährlich gibt die Gemeinde
50 Mio. Schilling um Innovationsprojekte, derzeit 18, zu fördern.
Die Gesellschaft soll durch die Erste Sparkasse die Österr.
Investitionskredit und die ÖIAG, sowie durch die Wiener Handels-
kammer und Arbeiterkammer aufgestockt werden, sodass die Gemeinde
Wien nur mehr 51% Kapitalanteil dann hat. Unser Staatspreis und
der Marketingpreis, je 100.000 Schilling, sollen dazu beitragen
die Notwendigkeit der Innovation auch optisch und propagandi-
stisch stärker zu betonen. Ich forderte andere anwesende Banken-
und Kreditinstitutvertreter auf, sich mit ähnlichen Ideen an das
Handelsministerium zu wenden. Wir würden diese unterstützen.

In der Ministerratsvorbesprechung wurde vereinbart, dass die
Ministerien bei der Anfragebeantwortung von Lanner, was an Propa-
ganda und Information gemacht wurde seit 1970, alle Schriften,
Plakate, Annoncen usw. dem Klub der SPÖ gegeben werden, damit dieser
sie ausstellt. Die Abgeordneten und insbesondere aber die Presse
soll Gelegenheit bekommen zu sehen, was alles die Ministerien an
Sachinformation geleistet haben und wie wenig Regierungspropaganda
dahinter ist. Hier schneiden wir im Handelsministerium sehr gut ab.
Ich habe mich stets dagegen gewehrt, kostspielige und aufwendige
Publikationen zu machen. Ebenso habe ich stets darauf verzichtet
selbst Sachinformationen in die Presse als Annonce zu geben, da ich
mir davon sehr wenig versprochen habe.

Kreisky kam auf die Wahlkundgebungen zu sprechen, die bei ihm im
Waldviertel mit Versammlungen – wie er sie sonst nur in Industrie-
orte resp. Städte in der Vergangenheit verzeichnen konnte, ein-
malig stark besucht waren. Ein wenig erinnert mich dies auch an
den Wahlkampf 1966, wo wir ebenfalls dichtbesuchteste Versamm-
lungen überall hatten. Eine Meinungsumfrage von der IFES ergibt
eindeutig, dass er als Person den höchsten Wert erreicht, den er
jemals hatte, fast 2,6, dass aber die Partei ungeheuer schlecht


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liegt, von 46% auf 42%, allerdings nicht in der letzten Zeit,
gefallen. Die grosse Gefahr besteht, dass die Wähler sagen –
und es dürfte sich dabei sogar um eine Anzahl von SPÖ-Wählern
handeln – Kreisky bleibt sowieso in irgendeiner Form Bundes-
kanzler und will nur der Partei einen Dämpfer oder, wenn man
so sagen will, einen Denkzettel geben. Kreisky setzt daher
jetzt auch in seiner Überlegung alles auf die eine Karte. Wer
Kreisky will, muss auch Kreisky wählen. Seine Erklärungen ge-
gen die Koalitionen sind, wie er noch einmal ausdrücklich be-
tonte, nicht wahltaktischer Art. Immer wieder kann ich auch fest-
stellen, dass sich Ausländer, aber auch natürlich Österreicher
wundern, wie sehr Kreisky sich jetzt festlegt. Dies ist die Vor-
aussetzung, dass vielleicht dann wirklich die Bevölkerung glaubt,
dass er es ernst meint. Alle hoffen, dass sich nicht dasselbe
wiederholt, das bei der Volksabstimmung durch den persönlichen
Einsatz Kreisky's eingetreten ist. Da bei allen Meinungsumfragen
feststeht, dass die ÖVP gewonnen hat, ihr Wählerpotential auch
weitesgehendst ausschöpft, die Partei bei den Angestellten und
ganz besonders in Wien schlecht liegt, kommt es primär darauf an,
diese Gruppen resp. Gebiete zu gewinnen. Diese Diskussion haben
wir dann auch bei uns auf der Landstrasse im Bezirksausschuss,
nach einem umfangreichen Referat von Heindl und mir geführt. Die
Frage ist für mich wirklich, ob es gelingt, unsere Funktionäre und
Vertrauenspersonen zu mobilisieren.

Nach dem Ministerrat hat Kreisky mit Androsch, Haiden, Lausecker und
Stadtrat Mayr aus Wien die Autoprojekte besprochen. Ich habe mich
an dieser Diskussion gar nicht beteiligt, denn mein Prinzip ist und
bleibt zu versuchen, mit kleinen Schritten die Autozuliefererfrage,
vielleicht auch dann einmal eine Autoproduktion nach Österreich zu
bringen. Nach Informationen von MR Gröger, der mit den General
Motor Leute wegen der Produktion in den JUNIOR-Werken verhandelt und
sehr optimistisch ist, müsste es gelingen, dieses Projekt jetzt
unmittelbar zum Abschluss zu bringen. Kreisky selbst hat jetzt
andere Ideen. Ford erklärt sich erst im Mai oder Juni endgültig ent-
scheiden zu können. General Motors möchte aber jetzt bereits im
März eine Entscheidung. Diese Firmen sollen dieselben Konditionen
bekommen. Bei Ford hat Bund und Land Wien einen Zuschuss von 37.5%
in Aussicht gestellt. Derselbe Prozentsatz auf die wesentlich
grösseren GM-Objekte bedeuten 8 Mia. Schilling Zuschuss. Davon
schreckt Androsch mit Recht zurück. Kreisky musste ausserdem


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gleich anmerken, dass wenn jetzt die sehr gewaltige Menge
an Unterstützung dem GM gegeben werden auch die Zulieferer und
andere Betriebe kommen werden, um ähnliche Subventionen zu er-
halten. Genau dies habe ich seit eh und je gefürchtet und des-
halb war ich eigentlich sehr froh, bei den Verhandlungen mit
Ford nicht eingeschaltet gewesen zu sein. Androsch hat errechnen
lassen, dass ein Arbeitsplatz 600.000 Schilling dem Bund kostet
und er dadurch 3 Jahre keine Wertschöpfung für den Staat leistet.
Die bisherigen Sanierungsmassnahmen haben sich in wesentlich
anderen Rahmen abgespielt. Jetzt soll ja aufgrund der Regierungs-
klausur die Edelstahlwerke, die Textilindustrie einen Zinsenzuschuss
bekommen. Androsch erklärte auch, dass er bereit ist, 10 Mio. Schil-
ling für die Bekleidungsindustrie zur Verfügung zu stellen. Offen
sind noch 72 Mio., die EUMIG bekommt, dazu auch noch Bauknecht
für Aichfeld-Murboden-Region und 400 Mio. BMW für die Steyrer Motoren-
produktion. Mit den Autoprojekten kommen wir aber jetzt in die Milli-
ardenbeträge. Nachdem Kreisky ursprünglich alle Projekte von Gene-
ral Motors annehmen wollte, einigte er sich dann mit Androsch darauf
dass höchstens das Motorenwerk und noch ein zweites Projekt,
Karosseriepressen ?? infrage kämen. Das Assemblingwerk, welches
eventuell, wenn Ford abgelehnt hätte, nach Wien gebracht werden soll,
ist damit strittig. Wo General Motors hingeht, müssen sie selbst
entscheiden. Wichtig erscheint Kreisky, dass man den ÖGB infor-
miert und einbindet, denn er erwartet von anderen Betriebsräten
dann eine heftige Kritik, dass man alle Mittel nur für diese Pro-
jekte einsetzt. Die Förderungen im üblichen Rahmen, die man dann
in anderen Betrieben anbieten könnte, sind natürlich im Verhältnis
zu den hohen Zuwendungen für diese Projekte nicht attraktiv. Darüber
hinaus fürchte ich aber selbst noch, dass es kaum freie Förderungs-
mittel selbst im übrigen Rahmen geben wird.

Mit Minister Rösch besprach ich unter 4 Augen die Information des
tschechischen Botschafters bezüglich Waffenlieferung. Rösch ist nur
an Raketenlieferungen interessiert, weil er damit den Staatsver-
trag unterlaufen will. Die Sowjets haben sich bis jetzt zwar ge-
wehrt Luftraketen zuzulassen und vor allem Raketenabwehr gegen
Flugzeuge, waren aber bereit, den Tschechen Raketenlieferungen
älteren Typs nach Österreich zuzulassen. Rösch wird jetzt sofort
mit dem tschechischen Botschafter und Militärattache über die An-
deutung der Tschechen, sie könnten uns modernere Waffen zur Ver-


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fügung stellen, verhandeln. Rösch hat auch jetzt über die Bulgaren
erfahren und Gespräche geführt, um von dort eventuelle Waffen zu
übernehmen. Da die Bulgaren die treuesten Satelliten der Russen
sind, da scheinbar auch die Tschechen jetzt grünes Licht von
den Russen bekommen haben, sieht Rösch darinnen eine gewisse Auf-
lockerung des bis jetzt sehr starren sowjetischen Standpunktes.
Ich habe ihm dezidiert erklärt, wir hätten insbesondere vom
Handelsbilanzstandpunkt grösstes Interesse daran, aus Bulgarien
diese Waffen zu beziehen.

Beim Empfang in der tschechischen Botschaft für Minister Barcak
hatte er und ich dann noch ein Interview mit dem tschechischen
Fernsehen. Unwahrscheinlich wie der Gegensatz immer krasser wird
zwischen den Ostfernsehinterviews und den österreichischen. Aller-
dings muss ich zugeben, dass ich in der letzten Zeit überhaupt
nicht mehr vom österreichischen Fernsehen interviewt werde. Hier
hat man ja nur Interesse daran Sensationsberichte oder Negativ-
entwicklungen durch Fernsehinterview aufzunehmen.

Bei dem Empfang traf ich Sallinger und habe ihm vor Barcak erklärt,
dass jetzt der ÖVP-Klub entscheiden müsse, ob ich am Montag den
Bundespräsidenten zum Staatsbesuch nach Prag begleiten können.
Sallinger hat dann, wie er mir mitteilt, mit Taus gesprochen und
bei der Ordensverleihung im Handelsministerium mir mitgeteilt,
dass Taus selbstverständlich dieser Reise zugestimmt hat. Es wird
jetzt Mock mit Klubobmann Fischer, den ich davon verständigt habe,
die Paarung vereinbaren.

Die Ordens- und Dekretüberreichung für Staatswappenführung verlief
im üblichen Rahmen. Die Einladung muss aber zu knapp erfolgt sein,
denn noch niemals waren so wenige Angehörige resp. Zuhörer. Nicht
dass es mich stören würde, aber ich glaube wirklich, dass es zweck-
mässiger ist, wenn ich bei dieser Gelegenheit gleich die Betriebe
besuche. Die Überreichung der Orden an Siemens und Dr. Dax im
Palais Pallavicini war da schon wesentlich anders organisiert.
Auch dort wurde aber nicht Krethi und Pleti eingeladen, sondern man
würde fast sagen ein erlesener Kreis. Selbst Taus ist dann erschienen,
den ich allerdings wegen der Zustimmung, dass ich den Bundespräsi-
denten begleiten soll, kein Wort erwähnte. Auch er hat sich mir
gegenüber nicht geäussert.



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Bei einem Gespräch mit GD Buchner, Chemie Linz, und vor allem
dem Arbeiterkammervizepräsident von Oberösterreich Freyschlag,
verlangten diese von mir, ich sollte jetzt auf die OÖ Ferngas
Druck ausüben, damit sie auf der einen Seite mehr GAS der Chemie
Linz zur Verfügung stellt und auf der anderen Seite nicht so
hohe Spannen und damit Preise verrechnet. Da es uns gelungen ist
die RAG-Einstandspreise für die OÖ Ferngas zu senken, hat diese
ihre absoluten Spannen, die sie früher auf die höheren Preise
gehabt hat, beibehalten. Sie deckt damit, wie sie behauptet,
nicht einmal ihre Kosten. Die AK, aber auch die Chemie Linz
wünschen dagegen, dass jetzt die Spannen ebenfalls für die OÖ
Ferngas durch Preisbescheid gesenkt werden. Hier wird ein Preis-
verfahren abgewickelt und ich beabsichtige eigentlich nicht,
mich besonders einzumischen. Das soll die Arbeiterkammer versuchen.
Das wirkliche Problem ist die ständige Forderung Chemie Linz
höhere Gasmengen zu bekommen. Gegebenenfalls müsste man den Ausbau
der OÖ Ferngas ins Mühlviertel und andere Gegenden stoppen, um die
Gasmengen ausschliesslich der Industrie, in dem Fall Chemie Linz,
zur Verfügung zu stellen. Da OÖ Ferngas aus den Industriebetrieben
und nur einigen Stadtwerken sich zusammensetze, sehe ich meine Aufgabe
nicht darin, die Verteilung des Gases durchzuführen. Abgesehen
davon müsste ich mir hier erst die notwendigen verordnungsmässigen
Grundlagen schaffen.

Beim Abendessen für Siemens – im ganz kleinsten Kreis – Kreisky
war ebenfalls anwesend, kam die Sprache auf Subventionen der Ent-
wicklungsarbeiten für Mikroprozessoren in Villach zur Sprache. Siemens
will 30 Ingenieure und 30 Helfer, die dann in weiterer Folge 100
Beschäftigte zusätzlich auslösen würden, in Villach jetzt anstellen.
Investitionen von 40 Mio wurden durchgeführt. Für diese Ingenieure,
also für die Forschungsarbeit würde Siemens durch 5 Jahre hindurch
20 Mio. Schilling benötigen. Kreisky wollte wissen, wieweit wir dies
durch den gewerblichen Forschungsförderungsfond und durch die Ar-
beitsmarktförderung zuschiessen können. Da dafür Frau Minister Firn-
berg
zuständig ist, wird er sich mit ihr ins Einvernehmen setzen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Industriesektion soll dies jetzt weiter
verfolgen.

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Tagesprogramm, 6.3.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tagesordnung 153. Ministerratssitzung, 6.3.1979

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hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)


GND ID: 120934426


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    Tätigkeit: Verkehrsminister


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      Tätigkeit: CSSR-Außenhandelsminister


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        Tätigkeit: Finanzminister
        GND ID: 118503049


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          Tätigkeit: AR-Vors. Siemens Österreich


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            Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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              Tätigkeit: -obmann


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                GND ID: 118756265


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                  Tätigkeit: MR HM


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                    Tätigkeit: MR HM


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                      Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


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                        Tätigkeit: Abg. z. NR, Klubobmann, ÖVP


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                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


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                            Tätigkeit: Chemie Linz


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                              Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
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                                  Tätigkeit: oö. AK-Vizepräsident


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                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
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                                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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