Montag, der 5. März 1979

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Montag, 5. März 1979

Die Besprechungen mit Minister Barcak und seinem Kollegen
zur Vorbereitung des Staatsbesuches von Kirchschläger in der
CSSR verliefen freundschaftlich, aber wenig ergiebig. Barcak
erklärte, dass es notwendig ist, einen neuen allumfassenden
Handelsvertrag zu schliessen. Dieser sollte ganz neue Ideen
beinhalten. Vor allem aber wandte er sich gegen die Zoll-
diskriminierung und das Vidierungsverfahren. Den einzigen Aus-
weg, den ich aus dieser Situation sah, war, dass ich vorschlug,
es sollten dann die Spitzenleute der Tschechen und Österreicher
jeweils 4 Personen eine Spezialberatung durchführen, um zu einem
Ergebnis zu kommen. Sowohl SChef Meisl als MR Fälbl, der für die
CSSR zuständig ist, meinten, ich hätte Barcak unbedingt sagen
müssen, dass wir den Wünschen der Tschechen nicht entgegenkommen
können. Dies halte ich für eine falsche Politik, denn wenn man
etwas nicht machen kann, was der andere unbedingt will, dann er-
klärt man eben, man erwartet Gegenvorschläge über die man jeder-
zeit bereit ist, zu verhandeln. Wie mir dann abends beim Abend-
essen der Andritzer Fälbl mitteilte, waren die Gespräche insofern
erfolgreich, als man ein gemeinsames Kommunique beim Staatsbe-
such dann machen könnte, wonach die Probleme eingehend disku-
tiert wurden und weitere Gespräche stattfinden werden.

Bei den Sitzungen wurde dann natürlich über die Einzelgeschäfte
gesprochen. Bitter beklagte sich Barcak, dass die Ethylenanlage
Litvinov, von den VEW zu spät den Betrieb aufnehmen wird. Geplant
war im Frühjahr, jetzt wird es nach Zusage von GD Apfalter, der
in Prag war, der Oktober sein. Die Zeichnungen wurden zu spät
geliefert, von 790 Positionen sind 51 Positionen um 3 bis 138
Tage später geliefert worden. Einige muss man überhaupt erst
suchen, da sie irgendwo falsch disponiert wurden. Barcak war hier
sehr exakt informiert. Zum Glück hatte ich noch vorher mit GD
Apfalter ein Telefongespräch und war daher auch einigermassen am
laufenden.



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Bei der Kohlenpipeline Polen durch die CSSR bemerkte ich neuer-
dings, wie die Tschechen zu allen Polenprojekten stehen. Durch den
Stromliefervertrag den Polen erklärte, sie werden alles mit Tschechen
regeln, bin ich hellhörig geworden. Ich habe deshalb Barcak sofort
zugesagt, wir würden, wenn es zu einer konkreteren Verhandlung über
die Kohlenpipeline käme, sofort mit den Tschechen Kontakt aufnehmen.
Ich selbst informierte ihm über den an und für sich unzulänglichen
Stand, nämlich, dass Österreich ja nur bereit ist, eine Studie mit-
zufinanzieren. Die österreichischen Firmen wollen nicht einmal eine
eigene Studiengesellschaft gründen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Wenn weitere Fortschritte gemacht werden, bitte
nicht vergessen, dass ich die Tschechen informiere.

Im Vidierungsverfahren konnte ich nachweisen, dass im Jahre 1978
Geschäfte für Neralid ?? 1 Mio. Schilling, Walzware aus Eisen 6 Mio.
Schilling und Elektromotore 3 Mio. Schilling abgelehnt wurden. Bei
3.5 Mia. Schilling Import ist dies wahrlich ein ganz geringer Anteil.

Interessant für mich war, dass die Tschechen mit Kohlenversorgung auch
grosse Schwierigkeiten haben. Ihre Schwarzkohlenproduktion wird nicht
höher als 24 Mio werden und wahrscheinlich in der Zukunft ständig ab-
nehmen. Bei Braunkohle sind sie mit der BRD einen grösseren Lieferver-
trag eingegangen, den sie jetzt nicht erfüllen können. Sie hoffen, dass
die DDR oder Polen einspringen.

Die Idee von Steyr-Daimler-Puch mit tschechischen Autowerken Koope-
rationen zu machen, hat wenig Aussicht. Skoda wird einen Dieselmotor
entwickeln und einbauen und anstelle einer Kooperation wird die CSSR
eventuell 200 Stück Dieselmotoren importieren. Allerdings für Trak-
toren. Auf dem Traktor und Nähmaschinensektor mit den Waffenwerken
Brünn gibt es eine grössere Kooperationsbereitschaft.

Die von Österreich gewünschten Raketenlieferungen, die uns ja auch in
der Vergangenheit gewährt wurden, kommen nach Mitteilung von Barcak und
ganz besonders den tschechischen Botschafter in Österreich nicht infrage.
Sie wollen eine zweckmässig Ersatzlieferung als panzerbrechende Waffe
anbieten. Ich habe diesen Punkt ja nur erwähnt, weil Verteidigungs-


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minister Rösch mich immer wieder ersucht, bei den Oststaaten
anzufragen, ob wir nicht doch Raketen bekommen könnten, um auf
diese Art den Staatsvertrag zu unterwandern. Flugzeugabwehr-,
Boden- oder Luftraketen würde uns nämlich die Anschaffung von
teueren Abfangjägern ersparen.

Barcak beschwerte sich auch indirekt über die Polen, da ein
Donau-Oder-Kanal-Projekt keine Chance hat. Die Polen wollen die
Weichsel ausnützen.

Barcak informierte mich, dass die Atomkraftwerke planmässig weiter
ausgebaut werden. Ein Woronesch-Typ 440 MW in Borovice arbeitet,
der zweite wir heuer fertig, dann kommt als nächster ein grösserer
Typ mit über 1000 MW. Die Tschechen verfolgen auch nach wie vor den
Plan in Mähren, also nördlich Österreichs Kernkraftwerke zu er-
richten.

Die Elektrifizierung der Bahn nach Bratislava soll so schnell als
möglich erfolgen und die Tschechen haben grösstes Interesse daran,
dass Österreich seine Autobahnen mit der CSSR verbindet, z.B. eben
jetzt nach Bratislava eine errichtet. Wie weit dadurch der Verkehr
sich verstärken würde, ist fraglich. Die neu eröffneten zwei Grenz-
übergänge ergaben, dass in Studanky 100 Personen ein- und ausge-
reist sind. In Hevlin wenigstens 450 pro Monat. Die Zöllner ver-
dienen sich dort nicht einmal ihr Brot, war die Bemerkung von
Barcak. Die Tschechen wollen ihre LKW mehr einsetzen, weshalb sie
Holz auf zentrale Lagerstellen, entweder in der CSSR oder in Öster-
reich transportieren werden. Holz wird in Hinkunft von dort abver-
kauft. Dieses Problem hat sogar das Zentralkomitee beschäftigt, was
mich nicht verwundert, aber zeigt in welcher Detailfrage oft diese
höchsten Spitzen beschäftigt werden.

Das grosse Zellulose-Kombinat Paskov, an der sowohl die VÖEST-Alpine
als auch Maschinenfabrik Andritz interessiert ist, ist noch nicht
zuschlagsreif. Die Kanadier haben das Projekt in Rosenburg, Ost-
slowakei, bekommen, unser Handelsdelegierter Bittner sagt mir, da es
sich hier nur um ein Planungsunternehmen handelt, wird es grosse
Schwierigkeiten bei der Errichtung geben. Die Firma Simon hätte
auch von den Polen ein solches Projekt zugeschlagen bekommen, mit dem


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Ergebnis, dass jetzt grosse Durchführungsschwierigkeiten entstanden
sind.Mich stört bei diesem Projekt vielmehr, dass ich fürchte, die
VÖEST wird gegen Andritz ausgespielt werden. Beim Abendessen konnte
ich feststellen, dass die Andritzer verständlicherweise den Tsche-
chen die Leykam-Technologie Magnefite einreden wollen. GD Spiegel-
feld
von Leykam war deshalb sehr erpicht, die Vorzüge seiner Anlage
Barcak zu erklären. Die VÖEST hat wieder den Vorteil, dass sie
jetzt mit der tschechoslowakischen Aussenhandelsorganisation Stroj-
import ein gemeinsames Unternehmen mit Kapitalbeteiligung der VÖEST
in der CSSR errichten wird, die als Reparaturorganisation aber auch
insbesondere für Maschinenexporte auf Drittmärkte jetzt gegründet
wurde. Barcak behauptet zwar, er war bis 1975 gegen Gegengeschäfte,
begonnen hat in der CSSR die kapitalistische Welt mit dieser Methode
und jetzt müsste man sie halt auch übernehmen.

Bei der Enquete Industrie und Energie von der ÖIAG wurde einmal mehr
die Aktivität der verstaatlichten Betriebe auch bei Energiegewin-
nung und Energiesparen herausgestrichen. Mir gab es eine gewünschte
Gelegenheit, unsere Energiekonzeption zu erörtern und vor allem
aber auch anzuerkennen, dass selbst die Internationale Energieagentur
über den spezifischen Energieverbrauch unserer Industrie sich lobend
äusserte.

Beim Journalistenfrühstück wurde auch über die Erdölbevorratung
referiert. Natürlich wurde ich dann gefragt, welche Massnahmen ich
im Auge habe, um die 5%ige Öleinsparung, wie die Internationale
Energieagentur empfiehlt durchzusetzen. Zum Glück hatte ich vorher
gerade ein Schreiben an Kreisky unterschrieben, wo ich ihm vor-
schlug, dass jetzt eine Aussprache mit allen Interessensvertretungen
noch im März erfolgen muss, um den Wünschen der IEA zu entsprechen.
Vor den Wahlen werden wir kaum etwas machen, nachdem ja auch die
Versorgungslage bis dahin, selbst nach Auskunft der negativ eingestell-
ten internationalen Mineralölfirmen nicht gefährdet ist. Dies ist ja
auch ein Grund, warum die IEA nicht den Trigger Notstands- und Öl-
zuteilungssystem ausgerufen hat. Das Referat über Recycling, ja nicht
einmal über die ERP-Zuteilung für den Fremdenverkehr, ergab eine
Diskussion. Da wir jetzt mit den 27.2 Mio. Schilling im Budget und
den 80 Mio im BÜG vorgesehenen 634 Mio. Schilling ERP-Ersatzaktion
schon vergeben konnten und auch die 150 Mio schon vergeben sind,


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ersuchte ich Jagoda sofort Vizekanzler Häuser zu verständigen,
der als Vorsitzender der ERP-Kommission glaubt, dass wir vor den
Wahlen nichts mehr unternehmen. Diese von ihm mir mitgeteilte
Kritik und Stellungnahme stimmt insofern, dass wir keine neuen
Sitzungen mehr machen können, weil wir eben schon die gesamten
Mitteln vergeben haben.

Im Wiener Vorstand wurde nur über die Wahlvorbereitung diskutiert.
Zentrale Verteileraktionen in ganz Wien mit über 2.000 Mandataren
oder Kandidaten vom Bezirksrat bis zum Nationalrat sowohl op-
tisch grösser in Erscheinung treten. Der Bildungsreferent von Wien
Nedwed hatte die Idee, man sollte jetzt die Akademiker anschreiben
und erfassen. Da die Akademiker aber genau bemerken und kritischer
eingestellt sind, als vielleicht andere Wählergruppen, dass es sich
hier nur um eine Wahlaktion handelt, empfahl ich den anderen, es
ähnlich der Landstrasse zu machen, wo wir seit Jahrzehnten mit
den Akademikern auch zwischen den Wahlperioden ständig Kontakt
halten. Ich glaube nämlich, dass alle Aktionen vor den Wahlen
grösstenteils einen negativen Effekt haben.

Staatssekretär Beil von der DDR ist bei der Ost-West-Konferenz in
Wien und nützte die Gelegenheit, um mit mir Wirtschaftsgespräche zu
führen. Mit der VÖEST hat er jetzt eine Aussprache gehabt, denn
der 10-Jahres-Vertrag mit 800 Mio. Mark hat bereits im ersten Jahr
Geschäftsprojekte für 700 Mio- eingeleitet und teils abgeschlossen.
Es muss daher unbedingt aufgestockt werden. Neben Andritz, die auf
der Leipziger Messe unterschreiben werden, was mir übrigens der
Generaldirektor dann am Abend auch bestätigte, bekommt auch Waagner-
Biro noch einen Zuschlag. Beil hofft, dass es auch gelingt, mit
VÖEST-Alpine der DDR und Italien in Mosambik eine grössere Koope-
ration mit Anlagelieferung dorthin abzuschliessen. Dafür soll Mosam-
bik dann Kohle liefern. Die – und das war für mich genauso inter-
essant – auch in der DDR scheinbar knapp wird. Kaum rührt sich
irgendwo etwas auf einem Energiezipfel, wie z.B. Öllieferung aus Iran
und schon wird das gesamte Energiegebiet wackelig. Meine so felsen-
feste Überzeugung bei Beginn der Diskussion mit der Verbundgesell-
schaft – ob wir nicht doch ein Kohlekraftwerk anstelle von Öl-Gas
errichten sollen, wird schön langsam jetzt auch wieder problematisch.



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ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Die Energie- und Aussenhandelssektion soll
jetzt eine Studie über Kohlenliefermöglichkeiten erstellen.

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Tagesprogramm, 5.3.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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      Tätigkeit: Leykam


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: GD VÖEST


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          Tätigkeit: -min.


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            Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
            GND ID: 118723189


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              Tätigkeit: Bundeskanzler
              GND ID: 118566512


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                Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                  Tätigkeit: öst. Handelsdelegierter Prag


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                    Tätigkeit: CSSR-Außenhandelsminister


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                      Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                          Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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