Mittwoch, der 31. Jänner 1979

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Mittwoch, 31. Jänner 1979

Mit den Finanzausschuss-Genossen und vor allem denen des
Handelsausschusses wurde von Klubobmann Fischer eine Energie-
besprechung abgehalten. Ich erörterte die beabsichtigten Mass-
nahmen, da der Initiativantrag von Kurt Heindl im Unterausschuss
des Handelsausschusses liegt, besteht die Möglichkeit, dass
wie Heinz Fischer immer sagt, Transportlokomotive anderes
Gesetzesformulierungen daran aufzuladen. Die im Heindl-Entwurf
vorgesehenen gesetzlichen Möglichkeiten, nämlich Wärmeschutz
und Heizungsanlagen zu bestimmen und kontrollieren, werden von
der ÖVP kategorisch abgelehnt, da es sich hierum Gesetz mit
Verfassungsbestimmung handelt, besteht also keine Möglichkeit,
diesen Weg zu beschreiten. Die ÖVP hat noch die gute Aus-
rede, über diese Probleme wird ja jetzt mit den Ländern wegen
eines 15 a) Staatsvertrages verhandelt. Mit Hilfe dieses Ge-
setzentwurfes aber wollen wir jetzt eine Regelung bezüglich der
Freischwimmbäder anschliessen. Hier soll ein Verbot statuiert
werden, wenn das Schwimmbad nicht mit Solarheizung oder Wärme-
pumpen oder Wärmerückgewinnung ausgestattet ist. Dies gilt für
die zukünftig zu bauenden aber auch für die jetzt bestehenden
soll überprüft werden, ob nicht doch Auflagen ähnlicher Art
gemacht werden können. Da im 10-Punkte-Programm der ÖVP ein
Punkt Verbot von Freischwimmbädern, wenn sie nicht Solar-
heizung haben, enthalten ist, hoffen wir, dass die ÖVP mitgeht.
Denn auch dieser Gesetzentwurf hat eine Verfassungsbestimmung.
Ohne Verfassungsbestimmung daher eigentlich auf alle
Fälle möglich von uns zu beschliessen ist die Aufhebung der
Anschlusspflicht für Direktheizung und Klimaanlagen. Darüber
hinaus werden etliche Punkte vorgeschlagen, welche budgetäre Ver-
besserungen vorsehen und wie z.B. für Fernheizungen 10 Mio. S
ein Entschliessungsantrag zu prüfen, ob Diesel für Wärmepumpen
nicht mineralölsteuerfrei gemacht werden kann, wie Heinz
Fischer
mit dem Finanzminister besprochen und vereinbart hat,
vorgeschlagen. In der Debatte stellte sich dann heraus,
dass die Abgeordneten, aber natürlich ganz besonders die zwei
Vertreter der Energieverwertungsagentur Weiser und Fantl
nicht sehr zufrieden sind mit den Vorschlägen. Sepp Wille meinte,
die ganze Konzeption der Energieversorgung müsste nicht so
angelegt werden, wieviel braucht der Konsument und vor allem


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die österr. Wirtschaft, sondern wieviel werden wir haben.
Auch Weiser meinte, die Zielvorstellung müsste geändert werden.
Statt der jetzt vom Wirtschaftsforschungsinstitut errechneten
5,7 % Zuwachs an Elektrizität sollten wir dem Wifo die Ziel-
vorstellung mit 2,5 % geben. Ich griff diesen Vorschlag sofort
auf, denn mir erscheint es wichtig, allen zu beweisen, welche
verheerende Konsequenz dies in der wirtschaftlichen Entwicklung
und vor allem einmal in dem Verbrauch haben wird.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort veranlassen, dass die
2,5-%-Variante gerechnet wird.

Prof. Nowotny machte den Vorschlag, man sollte die Tarife
entsprechend erhöhen, um den Verbrauch einzuschränken. Ebenso
müsste man bei den Kraftfahrzeugen zur tatsächlichen Verbrauchs-
besteuerung kommen. Prof. Matzner wollte, dass Anschlussver-
weigerungen gegeben werden und gegebenenfalls Kontingentierungen
Platz greifen sollen. Wenn die EVUs durch weniger Abgabe von
Elektrizität, weil wir sie ihnen nicht ermöglichen, gegebenen-
falls in betriebswirtschaftliche Verluste kommen, macht dies
weniger, volkswirtschaftlich ergibt sich durch den geringeren
Verbrauch ein Gewinn. Wenn, wie ich dann sofort erweiterte,
die EVUs der Versorgungspflicht enthoben, theoretisch keine
neuen Kraftwerke mehr bauen oder zumindestens nicht so viele
wie wir für die Verbrauchsdeckung benötigen, sozusagen dann
auf ihren alten Kraftwerken sitzenbleiben, dann wird sich ihre
betriebswirtschaftliche Situation nur verbessern. Die alten
abgeschriebenen Kraftwerke bringen Gewinn, nur durch den Neubau
kommen die Elektrizitätsversorungsunternehmungen stets in höhere
Kosten und brauchen immer mehr Geld. Gegen die beabsichtigte
Tariferhöhung oder Kontingentierung haben sich dann sowohl
der Arbeiterkammer-Vertreter Mauerer als auch ÖGB-Vertreter
Tumpel ganz entschieden ausgesprochen. Die Kontingentierung
von Elektrizität für Mindestmengen, die zum alten Preis gelie-
fert werden, um dann für jede kWh, die mehr verbraucht wird,
einen höheren Preis zu verlangen, wehrt sich die AK in Wien
ganz entschieden. Im Prinzip wäre sie damit einverstanden,
da aber die Wiener 1.600 kWh pro Haushalt verbrauchen, die
Tiroler aber 3.500 ergibt sich, dass keine einheitliche Kontin-
gentmenge festgelegt werden kann. Den Wienern will man


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andererseits aber nicht zumuten, dass sie weniger als die
Hälfte zu billigen oder derzeitigen Preisen verbrauchen dürfen
als die Tiroler. Die Installierung von entsprechenden Zählern
würde auch einen Milliardenaufwand brauchen, um in jedes
Spezialgerät oder entsprechende Mehrverbrauchsgeräte einzeln
einfassen zu können.

Ich beabsichtige jetzt, um endlich diese Diskussion über den
Tarif alles regeln zu können, Preisgespräche neuerdings einzu-
leiten. Es ist zwar mit der E-Wirtschaft vereinbart, dass
bis Jahresende keinerlei Preiserhöhungen durchgeführt werden,
doch sollte unsere Vorprüfungskommission mit Min.Rat Burian
an der Spitze alle die jetzt herumgeisternden Ideen neuerdings
prüfen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es nicht möglich sein
wird, eine Vereinbarung auf Konsensbasis mit den Interessen-
vertretungen und den EVUs zu schliessen. Trotzdem sollte man
aber die Untersuchungen sofort einleiten, um dem Angriff der EVA
und sonstiger Gruppen und Grüppchen mit hieb- und stichfesten
Ziffern entgegentreten zu können. Immer wieder musste ich
auch bei dieser Enquete feststellen, dass romantische Ansichten
leicht unter das Volks zu mischen sind, diese dann auch geglaubt
werden und in der Praxis sich eine Durchführung als unmöglich
herausstellt. Dr. Kienzl hat nachgewiesen, dass in England
Elastizitätsberechnungen erstellt wurden, wo bei jährlichen
Preissteigerungsraten von oft über 50 % trotzdem die Elasti-
zität sich fast nicht geändert hat und 0,1 bis plus 0,2 betragen
hat. Natürlich wurden diese Abgaben von Nowotny und Matzner,
also wenn ich so sagen darf, den Theoretikern auf den Univer-
sitäten sofort als unzutreffend abgelehnt. Vielleicht ist es
auch zweckmässig, diese Wissenschaftler zu den praktischen
Gesprächen über die Tarifgestaltung heranzuziehen. Natürlich
müsste man dann auch noch ÖVP-Universitätsprofessoren bitten,
damit nicht uns sofort der parteipolitische Drive vorgeworfen
wird.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: ??



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Weiser behauptete bei der Enquete, dass die Aussagen von
mir, dass die Konsumenten zu wenig sparen, falsch ist. Nach
seinen Berechnungen, aufgebaut auf die Unterlagen des
Handelsministeriums, ist die Primärenergie von 4,6 auf
3,5 % Steigerung zurückgegangen. Durch den kalten Winter
im Jänner sei der Verbrauch bei Elektrizität mehr gestiegen,
aber auch hier in keinem Verhältnis zu den Aussentemperaturen,
hier gibt es so Kälteberechnungen, wonach nach seiner Meinung
um 30 % hätte der Verbrauch steigen müssen. Diese Relation
oder Korrelation besser, ist vollkommen falsch, doch hat sie
ihm niemand eindeutig widerlegt. Auch die Primärenergie-
Rückgänge im Jahre 1977 waren auch hauptsächlich darauf
zurückzuführen, weil die Konjunktur nicht den erwarteten
Aufschwung genommen hat, der Industrieverbrauch war wesentlich
geringer als die Prognose angenommen hat.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte sofort eine diesbezügliche Auf-
stellung machen lassen, damit ich sie Weiser schicke.

Weiser hat auf einen Hinweis Heindls, was er behauptet, die
Verhandlungen mit den Ländern jetzt flott zumachen und
durchzuführen, lächerlich ist, denn bevor sein Verein noch
gegründet war, hat das Handelsministerium schon die Be-
sprechungen mit den Ländervertretern geführt. Durch falsche
Angaben wird jetzt in den Zeitungen dies so dargestellt, als
ob das Handelsministerium nichts mache und alles die EVA.
Weiser entgegnete, dass er bei seinem Start in der Presse
lächerlich gemacht wurde, weil niemand angenommen hat, dass
er etwas erreichen wird. Jetzt hat sich das Blatt gewendet,
man gewinnt zu EVA Vertrauen, wenn der Bericht des Energie-
sparbeirates, der im Handelsministerium seit 1975 arbeitet,
umgesetzt wird, dann sei er damit sehr zufrieden. Was Weiser
dann wieder sehr geschickt machte, er griff einzelne Fälle
heraus. Er hat z.B. mit Städten verhandelt, ob sie nicht in
der Nacht das Licht ausschalten können. Dabei stellte sich
heraus, dass diese einen Pauschalvertrag mit den Elektri-
zitätsversorgungsunternehmen hat und nicht daran denkt.
Die Möglichkeit, durch dunkle Strassen Unfälle oder Krimi-
nalität zu fördern, lässt er vollkommen ausser Acht. Mit
Burgenlands Landesrat Vogl hat er wegen einer besseren Ver-
wertung von Erdgas verhandelt. In Neudörfl wollte er eine


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diesbezügliche Regelung schliessen. Vogl hat aber ihm
glattweg erklärt, er ist interessiert, dass sein Gas ver-
braucht wird, das er eben auch als BEWAG-Vorsitzenden so
verwendet, wie es ihm lukrativ erscheint. Alles meint Weiser
will jetzt leitungsgebundene Energie, ich sollte verordnen,
dass 25 % feste Brennstoffe verwendet werden müssen, damit
auch in Notzeiten eine gewisse Energieversorgung gegeben ist.
Ich habe Weiser sofort gefragt, mit welcher gesetzlichen
Grundlage ich dies tun sollte und ob jemand verstehen würde,
wenn ich dekretiere, wer muss einen Kohlenofen oder eine
Holzheizung verwenden. Die Aussprache war sehr langwierig
und in Wirklichkeit für niemanden sehr fruchtbar. Die Abgeord-
neten wollen, dass spektakuläre Massnahmen gesetzt werden,
Abg. Teschl z.B. meinte, man müsste sich halt immer wieder
von der ÖVP ablehnen lassen, alle Gesetzesvorschläge, die wir
mit 2/3-Mehrheit machen müssten und die ÖVP niemals zustimmt.
Ich versuchte den Genossen klarzumachen, dass eine Politik
auch nicht darin bestehen kann, ständig im Parlament Niederlagen
zu erleiden.

In der anschliessenden Pressekonferenz haben Heindl und ich
über die acht Punkte, die in einem Papier festgehalten waren,
referiert, ein Interesse bestand dabei sehr wenig. Alles war
gespannt, was Klubobmann Fischer zur Aufhebung der Arbeiter-
kammernovelle zu sagen hat.

Bei Siemens wurden die ersten Teile der Fernsehschaltzentrale
für die Olympiade 1980 dem sowj. Botschafter übergeben. Da
ich in dieser Urkunde auch genannt wurde, musste ich blitzartig
hinfahren, dem Botschafter die Hand schütteln und dann wieder blitz-
artig ins Parlament zurück.

Die grosse italienische Klimafirma-Fabrik Hiross hat in
Gross-Enzersdorf eine neue Lagerhalle und Betriebsstätte
und vor allem auch ihr Zentralbüro errichtet. Ursprünglich ein
Drei-Mann-Betrieb haben die beiden Geschäftsführer sehr geschickt
durch Übernahme von Generalvertretungen letzten Endes Hiross
vor ein paar Jahren bekommen. Jetzt haben sie 48 % des österr.
Anteils und weiten sich gigantisch aus. Wie mir der Präsident
Rossi aus Italien erzählte, hat die Tatsache, dass wir in


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Österreich ein gutes soziales Klima haben und in Gross-
Enzersdorf mit Hilfe der Grenzlandförderung von NÖ und
vor allem einmal der Grundbeistellung durch die Gemeinde
die Firma, die Absicht, in Österreich mehr noch zu produzieren.
Derzeit wird für Klimakästen die für die Computer dringendst in
West- aber vor allem auch in den Oststaaten gebraucht werden,
nur assembliert. Trotzdem sind 60 Mann beschäftigt und ein
100-Mill.-Umsatz im vergangenen Jahr möglich gewesen.
Bei dieser Veranstaltung traf ich auch Dr. Sommerbauer von der
Verbundgesellschaft. Er bestätigte mir, dass jetzt die Schulden
von Pro-Zwentendorf endgültig bezahlt werden können. Damit sind
die gegebenen Versprechungen von Heindl, Kienzl und mir end-
gültig erfüllt. Wie der Nachfolgeverein, der jetzt unter
Führung von Prof. Klenner steht, finanziell weiterkommt,
ist noch nicht endgültig besprochen. Hier wird es, fürchte ich,
grössere Schwierigkeiten mit der Finanzierung geben.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächstes Jour fixe mit Kienzl bitte
besprechen.

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Tagesprogramm, 31.1.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Verbund, ÖVP


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    Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


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      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


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        Tätigkeit: Energieverwertungsagentur


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          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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            Tätigkeit: -obmann


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              Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Ökonom


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                  GND ID: 119100339


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                    Tätigkeit: Obmann Chemiearbeitergewerkschaft


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                      Tätigkeit: Ökonom


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                        Tätigkeit: AR-Vors. BAWAG, Gewerkschaft


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                          Tätigkeit: bgld. Finanzlandesrat


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                            Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                            GND ID: 102318379X


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                              Tätigkeit: Energieverwertungsagentur


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