Montag, den 9. Oktober 1978
Beim Jour fixe berichtet Mussil, der in Bagdad war, daß die
Iraker unbedingt die Gemischte Kommission 1979, die zwei Jahre
jetzt verschoben wurde erwarten.
Sallinger fragt, ob der Dienstpaß von Josef Haas, ein Waffenerzeuger,
der nach Kuba exportiert und daher dort hinfahren muß, verlängert
werden kann. Ich selbst stehe auf dem Standpunkt, daß jeder Unter-
nehmer, der in gefährdete Gebiete fährt, wenn die Handelskammer
vorschlägt, einen Dienstpaß bekommen kann. Auch der geringste
Schutz, der vielleicht davon ausgeht, ist mir für jedermann recht,
der dort hinfahren muß.
Nochmals beginnt Sallinger wegen der Besetzung von Verbundgesell-
schaft Generaldirektor-Stellvertreter mit Hermann. Er meint, daß
es damit dem Verbundvorstand Zach ein großes Problem gibt. Da dies
nicht mein Problem ist, sondern ganz im Gegenteil die ÖVP sich die
Ganze so ausgedacht hat, soll sie auch auslöffeln. Ich bleibe
bei dem Beschluß, den der Aufsichtsrat einstimmig bezüglich Nach-
folge Artholds getroffen hat.
Angeblich soll in Argentinien jetzt ein Weltbankauftrag von 3 Mrd
Schilling für Österreicher nicht erreichbar sein, weil die Sozia-
listische Internationale beschlossen hat, Montenero, das sind
Untergrundkämpfer gegen das faschistische Militärregime, anerkannt
werden. Einen diesbezüglichen Brief hat Sallinger Androsch und mir
geschrieben. Dieselbe Frage wird mir dann von einem argentinischen
Journalisten gestellt. Vorher hat mich aber dann doch noch die
Handelskammer verständigt, daß die ganze Angelegenheit so nicht
stimmen soll. Ich erkläre mich auch dem argentinischen Journalisten
gegenüber nicht als kompetent.
Mussil fragt, wer jetzt nach Thun-Hohenstein die Abteilung führen
wird und empfiehlt Ministerialrat Rameder. Ich verweise darauf,
daß ich Frau Min.Rat Rameder in jeder Beziehung unterstützt habe,
sie sogar gegen allen Widerstand zur Ministerialrätin gemacht
habe, dabei verschweige ich allerdings, daß der Widerstand
beim Bundeskanzleramt lag. Mussil nimmt an, daß es sich hier
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um einen internen Kampf handelte, denn er ist sehr erschüttert,
von mir nicht sofort eine Zustimmung zu bekommen. Er meint, dann
wird die Gemeinde Wien wahrscheinlich wieder einen Aufsichts-
behördenmann, die Kompetenz liegt nämlich auch in dieser Abteilung
Thun-Hohenstein, also wieder einen Roten bekommen. Ich erkläre, daß
die Personalvertretung primär wünscht, die Besetzung aus dem Handels-
ministerium zu machen. Abschließend erkläre ich, daß ich mich aus-
schließlich nach dem Vorschlag der Kommission richte. Mussil meint,
die könnten doch nur eben vorschlagen und ich könnte ja jedenfalls
gegen einen eventuellen Vorschlag der Kommission doch Frau Min.Rat
Rameder bestellen. Dies lehne ich deshalb ab, weil ich bis jetzt
auch immer die Kommissionsvorschläge letzten Endes dann akzeptiert
habe.
Mussil hat größte Bedenken, daß ein interministerielles Komitee,
welches im Bundeskanzleramt bestehen soll, einen Accordino-Vertrag
mit Slowenien ausarbeitet. Die Handelskammer ist strikt dagegen.
Auch ich erkläre, habe große Bedenken. Ich bespreche nachher
mit Sekt.Chef Meisl die ganze Frage und muß zu meiner Verwunderung
erfahren, daß tatsächlich im Außenministerium solche Absichten
bestehen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lasse klären, wie man dies am besten
verhindern kann.
Die Handelskammer hat mit dem Rechnungshof-Präsidenten Kandutsch
über die Verrechnung von Repräsentationskosten gesprochen. Dieser
hat vorgeschlagen, entweder en bloc von Handelskammer an das
Handelsministerium einen Betrag überweisen, dies geht allerdings
dann ein beim Finanzminister und müßte von diesem in einem Budget-
ansatz als eine eigene Post bei mir aufscheinen. Diesen Vorgang
möchte die Handelskammer nicht, ich selbst bin auch der Meinung
daß er unzweckmäßig ist. Die andere Lösung ist, daß eine genaue
Einhaltung aller Punkte bezüglich Aufzeichnungen, Kontrollen usw.,
wie der Rechnungshof vorgeschlagen hat, gewährleistet wird.
Mussil erklärt, wenn dies nicht der Fall ist, werden sie gegenüber
dem Handelsministerium die Beträge nicht mehr anweisen. Dem muß
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ich und stimme ich gerne zu und verweise darauf, daß ich eigent-
lich fest angenommen habe, daß dies bis jetzt schon von Min.Rat
Ottahal gemacht wird. Mussil ist weniger erstaunt von mir zu er-
fahren, daß der Rechnungshof bei Ottahal etliche Beanstandungen
bezüglich korrekter Aufzeichnungen und aktenmäßigen Festhalten
kritisieren mußte. Wir einigten uns darauf, daß eine Kommission
bestehend aus Reiger, Weber und dem Sekretär von Sallinger, Oder,
vom Handelsministerium Kazda, Ottahal und Burian diese genaue
Festlegung und insbesondere die Kontrolle der Punkte vornehmen soll.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte unverzüglich diese Besprechungen auf-
nehmen.
Auf meine Urgenz bezüglich der Eröffnung der Hannover-Messe durch
einen Österreicher resp. eine Ansprache dort erklärt die Handels-
kammer, daß die Rednerliste für 1979 bereits fix ist und kein
Österreicher vorgesehen ist. Bei der Ministerratsvorbesprechung
mache ich Minister Pahr auf diese Tatsache aufmerksam, damit ist
auch für Pahr diese Angelegenheit erledigt.
Sallinger hat zwar keine Bedenken, wenn sich eine oman-öster-
reichische Handelskammer bildet, doch bezeichnet er dies als eine
reine Angelegenheit des scheinbaren Beraters von dem Prinz,
der eine Österreicherin geheiratet hat und gleichzeitig ein
Minister für Jugend und Sport ist, des Österreichers Hrabak.
Dieser wollte, obwohl er schon an die siebzig geht, auch Handels-
delegierter der Handelskammer in Oman werden.
Mussil beschwert sich auch bei mir, daß in den Getreideabkommen
durch die Oberösterreicher, d.h. Präsident Lehner von der Land-
wirtschaftskammer, Massenträger vor allem aber keine Qualitäts-
weizensorten ausschließlich aufgenommen wurden. Ich veranlasse
sofort, daß Pleschiutschnig dies prüfen läßt, es stellt sich
heraus, daß diese Behauptung von den Mühlenorganisationen nicht
stimmt.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte eine diesbezüglichen Brief an die
Müller schreiben und Mussil eine Kopie schicken.
Bezüglich der parlamentarischen Verhandlung vom Europäischen Patent-
übereinkommen und des Antidumping-Gesetzes fürchtet Sallinger und
Mussil, daß es im Parlament mit den Abgeordneten Fiedler und
auch mit dem Bundesrat Pisec, die primär nur Händler-Interessen
vertreten, große Schwierigkeiten geben wird. Ich bin neugierig,
wie Sallinger diese Probleme lösen wird. Mussil steht zu seiner
Zusage, daß sowohl dieses Europäische Patentübereinkommen jetzt im
Herbst beschlossen werden muß als auch im Antidumpingverfahren
keine Neunwochenfrist, wo noch ungehindert Waren einfließen könnten,
akzeptiert wird.
Beim Journalisten-Frühstück werde ich gefragt, wie es jetzt mit
dem Verbot der Einwegflaschen steht. Ich kann Gott sei Dank darauf
verweisen, daß jetzt das Institut für Verpackungswesen auch ein
Selbstbeschränkungsmodell ausarbeiten will. Die Zusage der Industrie,
daß sie ein solches mir vorlegen wird, wurde bis jetzt nicht ein-
gehalten.
Eine weitere Anfrage, ja fast eine leichte Kritik besteht darin,
daß jetzt scheinbar die vorgesehenen Rabatte für Ofenheizöl
20 Groschen und Heizöl schwer 30,– S pro Tonne nicht kommen, weil
die Regierung, sprich Androsch mit der Mineralölsteuererhöhung dies
torpediert. Ich gebe zu, daß die Ölindustrie eine solche Ver-
billigung jetzt ablehnt, wofür ich Verständnis habe, wenn sie jetzt
die neuzubeschließende Mineralölsteuererhöhung aus ihren bis-
herigen Preisen tragen muß.
Meisl berichtet über die Verhandlungen mit der Bundesrepublik,
d.h. eigentlich nur das Treffen mit der Gemischten Kommission,
das in Wirklichkeit auch so wie alle Gemischten Kommissionen
nichts bringt, Fälbl über die Tschechoslowakei, wobei er eine
Bemerkung macht, daß für eine Papierfabrik in Paskov um 4 Mrd S
zwei österreichische Firmen sich beteiligen, d.h. eigentlich
gegenseitig unterlizitiert, Fabrizii über die Technologie-
transfer, d.h. über unsere Tätigkeit in der Arbeitsgeminschaft
für Patentförderung. Diese ist sehr aktiv, kommt allerdings mit
ihrem Budget im nächsten Jahr nicht aus, was Fabrizii in der
Pressekonferenz nicht sagte. Mit der Handelskammer einigte ich
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mich, dass eine Budgetaufstockung im nächsten Jahr von meiner
Seite nicht mehr möglich ist, der Budgetansatz ist schon im
Detailheft gedruckt, die Handelskammer wird uns einen Brief
schreiben, wo sie ihrer Erhöhung nächstes Jahr ausnahmsweise
zustimmt und wir werden bestätigen, dass ab 1980 wir wieder
ebenfalls eine Budgeterhöhung durch Mitgliedsbeitragserhöhung
akzeptieren.
Bei der Überreichung des Staatswappens an die Fa. Schiedel
erklärt der Senator, er sei bereit, in Herzogenburg, der
Südsteiermark oder Oberösterreich eine Basaltschlacken-Schmelze
zu errichten, woraus Mineralwolle erzeugt werden soll.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte verfolg dieses Projekt.
Im Wiener Vorstand berichtet Gratz, dass eine genaue Analyse der
Wahlergebnisse erfolgen soll. Dies wird zwar immer wieder gemacht,
hat aber meiner Meinung nach noch niemals wirklich entscheidende
Ergebnisse resp. Änderungen ausgelöst. Entscheidend ist die
Grobanalyse bereits jetzt, dass nämlich 100.000, davon der
allergrösste Teil Sozialisten, nicht zur Wahl und die Mitglieder
oder zumindestens Sympathisanten von uns waren. Diese Einzel-
entscheidungen waren nicht organisiert, was uns die Hoffnung
gibt, dass wir sie doch wieder bei der nächsten Wahl mobili-
sieren können. Gegenüber der ÖVP wird festgehalten und beschlossen,
keine Koalition offerieren. Der Stadtsenat wird rasch bestellt,
der Bürgermeister dazu vom Vorstand und auch vom Wiener Ausschuss
aufgefordert, die Verhandlungen zu führen. Nächste Woche wird
am Montag bereits endgültig entschieden und am Dienstag ein
Landesparteitag dazu Stellung nehmen. Bezirksinterventionen sollten
womöglich unterbleiben, denn Gratz wird sein Team mehr oder
minder so wie Kreisky ausschliesslich allein bestimmen. Dieses
neue Team soll dann aber auch noch einmal den Budgetentwurf,
der auf Beamtenverhandlungsergebnissen beruht und vom alten
Stadtsenat nicht mehr genehmigt werden soll, sofort beschliessen.
Die Stadtsenat-Anzahl wird 10 plus 5 sein, also um eines mehr als
derzeit. Alle Stadtssenatsmitglieder incl. des Bürgermeisters
werden auf ihr Landtagsmandat verzichten. Dadurch wird es möglich,
die ansonsten zu reduzierende Gemeinderatsliste – vier Mandate
Verlust – noch über die Runden zu bringen. Gratz meinte, er hat
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sich alles genau überlegt und weiss auch, dass jetzt ein Vor-
sitzender des Gemeinderates sein wird, der nicht Bürgermeister
ist. Dies ist aber bereits jetzt schon der Fall, wenn es sich
um Fragestunden handelt. Dieser erste Vorsitzende des Gemeinde-
rats wird daher auch in Hinkunft Repräsentationsaufgaben über-
nehmen können und damit den Bürgermeister entlasten. Für mich ist
gar kein Zweifel, dass es sich hier um den ehemaligen Stadtrat
Hofmann handeln wird, obwohl überhaupt kein Namen in einer Be-
setzungsfrage genannt wird. Da ich mit dem System sehr einverstanden
bin, habe ich mich sofort ausnahmsweise als erster gemeldet und
darauf verwiesen, dass ich dies bereits bei der Bundesregierung
seit 1971 auf verlange, dort allerdings erfolglos. Da es nachher
tatsächlich Bedenken gibt, NR Schranz, die Stadträte Mayr und
Nittel und andere noch, bin ich sehr froh, dass ich sofort klar
und deutlich meine Meinung deponiert habe. Nach der Sitzung habe
ich noch mit Gratz und Edlinger das 6-Augen-Gespräch wegen
Gemeinderatsmandat Sevcik. Obwohl wir darauf keinen Anspruch
haben, die Vereinbarung lautete, wenn wir auf Grund des alten
Wahlsystems dieses 4. Mandat bekommen würden, welches wir
aber nicht erreichten, werden Gratz und Edlinger doch für Sevcik
Verbleiben im Gemeinderat stimmen.
Bezüglich Schiedsgerichtsverfahren Muchna wird Skritek als Vor-
sitzender vorgeschlagen. Ich bin sehr froh, dass dieser Auftrag
an mich, wie das Präsidium seinerzeit beschlossen hat, jetzt
nicht mehr zur Debatte steht. Ich hätte wirklich zeitmässig
nicht diese Aufgabe bewältigen können. In der Mitgliederbewegung
haben wir im August erstmalig 438 plus gehabt und damit 245.697.
Edlinger glaubt, dass jetzt eine Trendumkehr eingetreten ist.
Bezüglich der Mehrleistungen in den Bezirken wird jetzt, so wie bei
jeder Wahl, ein Monatslohn ausgezahlt. Auch im Wiener Ausschuss
gibt es natürlich dann wegen des Wahlergebnisses eine umfangreiche
und lebhafte Diskussion. Übereinstimmend wird festgehalten, dass
wir nicht kapitulieren und der Kampf gegen die ÖVP muss
verschärft werden und unsere Organisation insbesondere gestrafft.
In der Ministerratsvorbesprechung analysiert Kreisky die Ergebnisse
in der Steiermark und in Wien. Da er sich bei seiner Prognose total
geirrt hat, er glaubte ja, in Wien kriegen wir eine kleine Schramme
und in der Steiermark ein schwere Niederlage, begründet er dies und
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meint, vor 10 Tagen war in der Steiermark wirklich alles
verloren. Nur durch die letzten Moment begonnene Methode,
die Folgen aufzuzeigen, was ein solcher Verlust an Mandaten,
Regierungsmitglied und Bundesrat bedeutet hätte, hat die Wahl
dann entsprechend beeinflusst. Dies glaube ich wieder überhaupt
nicht, denn für mich steht mehr oder minder fest, es müssten
ganz katastrophale Ereignisse eintreten, um 10 Tage vor der
Wahl noch etwas zu ändern. Die Analyse ergibt, dass die Verluste
in der Obersteiermark katastrophal insbesondere in Mürzzuschlag
angehalten haben. In Judenburg, in Fohnsdorf, insbesondere aber
in Kindberg, wo so viel Wirtschaftliches von der Bundesregierung
geschehen ist, waren schlechte Wahlergebnisse. Die Aussagen
Kreiskys erinnern mich an verlorene Wahlen, als noch Waldbrunner
Verstaatlichungsminister war, auch der hat immer im Bezirk auf der
Landstrasse dann bei uns geklagt, dass er sich so anstrengt
in Gebiete Hilfe zu geben und dass dort dann die Bevölkerung
nicht durch bessere Stimmenergebnisse für die Sozialisten
honorieren. Damals habe ich mich schon keiner Illusion hinge-
geben, Dankbarkeit gibt es nicht in der Politik und daher
schon gar nicht bei den Wählern. Wenn etwas falsch gemacht wird,
dann gibt es nur eine ganz harte Wahlauseinandersetzung. Dies
hat sich in der Steiermark und in Wien wieder einmal bewiesen.
Unsere Genossen denken nicht daran, und dies sogar zu recht,
aus Dankbarkeit Fehler in der Spitze zu überdecken. In Wien
muss nach Meinung von Kreisky der Parteiapparat mobilisiert
werden – wem sagt er das! 3 Prozent Stimmenverlust in Wien ist
ein Erdrutsch. Das Plebiszit über Kernkraftwerk muss ein
politischer Erfolg werden. Auch hier hat er grosse Bedenken,
denn in Wählerversammlungen hat die Junge Generation die Situation
benützt, um gegen das Kernkraftwerk Stellung zu nehmen. Durch
die Tatsache der Kernkraftwerksinbetriebnahme meint Kreisky
haben wir auch 1–2 Prozent mindestens soz. Stimmen verloren.
Lanc versuchte eine Analyse der Wahl und meinte, höhere Ange-
stellte und Akademiker, die beurteilen können, wie etwas gemacht
werden kann, sind mit der Gemeindeverwaltung unzufrieden. Des-
halb hätten in den Arbeiterbezirken 22. und 11. diese bei
der Wahlniederlage, d.h. Stimmenverluste nicht so schlecht
abgeschnitten wie in anderen Bezirken, wo eben die Arbeiter
weniger und die Angestellten und Akademiker überwiegen. Ziffern-
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mässig stimmt das aber nicht, z.B. in Favoriten, hier teilt
er aber gleich wieder den Bezirk unter und meint, Arbeiter
gibt es nur mehr bis zum Laaer Berg, unterhalb des Laaer Berges
seien schon immer neue Siedlungen, wo insbesondere die Angestellten
schon überwiegen. Kreisky kritisierte daran, dass es sich hier
nur um ein Faktum handelt und nicht um eine Analyse. Die Verwaltung
der Stadt sei aber nicht optimal, dies müsse man feststellen.
So wie in Kopenhagen beherrschen eigentlich die Kommunalbeamten die
Partei, weshalb auch im Norden nicht nur Kopenhagen, sondern
Stockholm und Oslo usw., d.h. die grossen Städte dort an die
Konservativen verloren wurden. Kreisky fürchtet auch dieselbe
Entwicklung in Österreich.
Androsch möchte die notwendigen Gesetzesbeschlüsse bezüglich des
Massnahmenpaketes mit Initiativanträgen, da er ansonsten nur
eine lächerlich kurze Begutachtungsfrist geben kann und trotzdem
ein Zeitverlust entstehen würde durch den zu erwartenden Einspruch
im Bundesrat. Androsch hat sich jetzt mit dem ÖGB geeinigt,
117.– S pro Monat Steuersenkung, für Alleinverdiener 183.– S.
Die Selbständigen bekommen die Erhöhung des Gewerbesteuerfreibe-
trages von 40.000 auf 60.000 S. Die Handelskammer hat bei den
Verhandlungen viel durchgesetzt und jetzt lehnt sie trotzdem ab.
Kreisky fragt, ob für die Selbständigen dasselbe heraus
kommt wie für die Unselbständigen, er ist wahrscheinlich sehr
verwundert zu erfahren, dass dies sogar mehr sein wird. Androsch
möchte auch noch den Kirchenbeitrag von 600.– auf 700.– Absatz-
betrag erhöhen, Kreisky meint, da die Kirchenvertreter derzeit
gegen uns überall Stellung nehmen, sollte man damit zuwarten.
Auch für die Kriegsopfer-Amtsbescheinigung und Nazi-Opfer usw.
werden die Absetzbeträge erhöht. Die Bundesmineralölsteuer soll
um 25 Groschen nur erhöht werden, dafür aber die ÖMV und die
Internationalen sich verpflichten, 1979 keine Preiserhöhung
durchzuführen, wenn nicht die Opec Rohölpreise oder der Dollar
sich wesentlich ändert. Bezüglich der Familienlastenausgleiche
wird neben der Erhöhung der Ausgleichszulage um 6,5 % wie die
Pensionen auch noch die Abgeltung mit 15.– S beschlossen, Androsch
wollte 10.– S, Schranz – der Rentnerverband – 20.- S. Das Kinder-
geld soll ebenfalls um 30.– S erhöht werden. Androsch wollte 25.–,
Staatssekretär Karl 40.– S, die 30.- S kosten 750 Mio. Der
Pensionsaufwand mit 6,5 %, ca. 5,2 Mia, ergibt im Durchschnitt 200.–
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15.- S ist jetzt die Abgeltung, die allerdings nur 75 Mio S
zusätzlichen Aufwand ausmacht. Die Schülerfreifahrten sollen
genau überprüft werden, die Mehrausgaben gehen nicht auf den
Gelegenheitsverkehr, sondern grösstenteils auf die öffentlichen
Verkehrsbetriebe, insbesondere die Gemeinde Wien. Letztere hat
von 444 Mio jetzt in diesem Jahr 563 Mio erhöhen können, die
anderen Gemeinden insgesamt von 252 incl. Wien vom Jahr 1972
auf 650 Mio S 1977. Eine genaue Kontrolle soll durchgeführt
werden.
Kreisky bespricht dann noch mit Rösch und Nussbaumer das Problem
von Radmer. Er meint, jetzt könne man gar nichts mehr ändern,
Assmann soll dort die Fabrik errichten und die 12,5 cm Granaten
erzeugen. Hirtenberg wird die 15 cm bekommen, wo sie auch um
29 % billiger ist. Rösch glaubt, dass es sich hier nur um ein
Dumpingoffert handelt, das sie auf die Dauer nicht halten
können.
Kreisky hat den Nullgruppen-Arzt Vogt, der sich in der Aktion
pro Kreisky für die SPÖ eingesetzt hat, versprochen, dass sie
nicaraguanische Flüchtlinge in Costa Rica usw. besuchen sollen,
um dort eventuell individuelle Hilfstätigkeit zu organisieren.
Pahr berichtet, dass der Rote Kreuz erklärt hat, sie brauchen
dort keine Unterstützung.
Beim Opec-Empfang treffe ich neben Pahr auch etliche österr.
Mineralölvertreter von den Internationalen Gesellschaften und
auch von der ÖMV. Alle sind sehr interessiert, so schnell wie mög-
lich eine Aussprache mit Androsch und mir zu haben, um die weitere
Vorgangsweise bei der Mineralölsteuer-Erhöhung zu besprechen.
Meszaros, ÖMV, ist der einzige, dem ich verrate, dass jetzt
die Regierung 25 Groschen beschliessen wird und erwartet, dass
die Preise für Superbenzin bei 7.– S verbleiben. Ich bin
sehr gespannt, wie sich die anderen Firmen bei der Aussprache
im Parlament mit Androsch und mir verhalten werden. Androsch hat
grössten Wert daraufgelegt, dass ich an dieser Besprechung teil-
nehme, weil er jetzt scheinbar als neue Taktik nicht mehr so
autonom mit Kreisky allein all diese Probleme entscheiden möchte.
Tagesprogramm, 9.10.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)