Samstag, der 8. April 1978 bis Sonntag, der 9. April 1978

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Samstag 8. April, Sonntag 9. April 1978

Der ägyptische Vizeministerpräsident Sultan wollte unter allen
Umständen als strengst vertraulich und nicht offiziell empfangen
und betreut werden. Der ägyptische Botschafter hatte nur grosses
Interesse daran, dass die Sicherheit dieses Freundes Sadats gewähr-
leistet ist. Meine Bemühungen, ihm ein entsprechendes Programm
trotzdem anzubieten, waren erfolglos. Er liess sich ausschliess-
lich von den beiden Firmen Maculan und AEG betreuen. Der tiefere
Grund wurde mir nach einem Mittagessen im Imperial, das er doch
angenommen hat, und der anschliessenden Aussprache klar. Die
ägyptische Seite ist nämlich bereit, mit uns in konkrete Verhand-
lungen wegen Lagerung abgebrannter Brennstäbe und Atommüll einzutreten.
Im Golf von Suez gibt es unter 500 Meter Erdschicht bis 1.500 Meter
vollkommen trockene Salzlagerstätten. Dort fällt niemals auch nur
ein Tropfen Regen. Sultan hat über dieses Angebot, welches er mir
übrigens in Form einer Denkschrift auch schriftlich übergab, mit
Präs. Sadat gesprochen. Sadat hat ihm nicht zuletzt wegen der guten
freundschaftlichen Beziehungen zu Kreisky ermächtigt, mit mir in
Verhandlungen einzutreten. Dies Ganze muss aber strengst vertrau-
lich geschehen, vor allem wenn eine Lösung zustande kommen wird,
nur unter dem Schutz und Zustimmung der Internationalen Atom-
energiebehörde. SChef Frank konnte mitteilen, dass GD Eklund an
einer solchen Lösung selbst sehr interessiert wäre. Eklund wusste
allerdings nicht, als er dies gegenüber Frank äusserte, dass Ägypten
dafür in Frage käme. Da Sultan am Montag nach Rumänien fährt und
eine Woche später wieder 6 Stunden am Rückflug in Wien sich aufhält,
hatte Frank die Idee, Sultan könnte zu diesem Zeitpunkt vielleicht
mit Kreisky zusammenkommen. Mir erschien es wichtiger, ein solches
Zusammentreffen sofort zu arrangieren. Kreisky hat auf den NÖ
Parteirat in Gänserndorf nachmittags das Referat übernommen. Tele-
fonisch einigte ich mich mit ihm, dass wir versuchen, vor dem Referat
noch eine kurze Aussprache in Gänserndorf herbeizuführen. Durch
eine kleine Autopanne kamen wir gerade zu den Zeitpunkt, als ich im
Saal frenetischen Beifall hörte. Kreisky war eingetroffen, doch
dann letzten Endes doch auch bereit, da sowieso eine Pause eingeschoben
wurde, mit Sultan eine Besprechung zuführen. Da ich ihn wieder aus
dem Parteitag herausholte, wurde ich zwar auch von der Vorsitzenden
herzlichst begrüsst und wie das natürlich bei allen solchen Veran-


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staltungen ist, auch entsprechen beklatscht, doch merkten die
anwesenden Journalisten, dass hier irgend etwas im Gange sein
muss. Die Aussprache brachte das Ergebnis, dass Kreisky an Sadat
einen persönlichen Brief schreiben wird, wo er ihm dankt für das
Entgegenkommen und versichert, dass diese für uns so wichtige
Frage streng vertraulich, aber umso schneller in Angriff genommen
wird. Kreisky erklärte nämlich auch Sultan, seinem Staatssekretär
und dem ägyptischen Botschafter, dass wir diese Lösung viel lieber
haben als eine mit Iran. Dort erwartet Kreisky, wenn es tatsächlich
zu einem Abschluss käme, den gesamten Widerstand der Iraner in der
freien westlichen Welt, ja selbst in Iran gegen diese Unterstützung
des Projektes vom Schah. Den Journalisten, die sich nach der Aus-
sprache sofort auf Kreisky und auf mich stürzten, erklärten wir, es
handelte sich um einen üblichen Anstandsbesuch, den jeder, insbe-
sondere ägyptische Besucher Kreisky abstatten. Wäre die Autopanne
nicht passiert, wäre überhaupt nichts bekannt geworden, denn wir
hätten die Aussprache still und leise vor dem Eintreffen in den
Saal arrangiert gehabt. Sultan erklärte auf meine Anfrage mir gegen-
über, dass er keinerlei Schwierigkeiten mit Iran erwartet, obwohl
es sich hier eigentlich um ein Konkurrenzprojekt handelt. Die
Ägypter rechnen aber nicht nur allein die Lagerung Österreich durch-
zuführen, sondern wenn die technischen Voraussetzungen zutreffen,
was sie erwarten und wir zu prüfen haben, gibt es auch für die
Schweiz und Schweden eine solche Lagermöglichkeit. Sultan ersuchte
mich, so schnell als möglich das technische Team nach Kairo zu
senden. Ich versprach ihm, wenn er es wünscht, würden wir auf
seinem Rückflug mit derselben Maschine schon die Fachleute mit-
schicken. Sultan war über dieses schnelle Angebot sehr begeistert.

Der spanische Staatssekretär für Tourismus hatte erklärt, er möchte
unbedingt noch das Abkommen, welches seine Leute und Würzl mit unse-
ren Leuten soweit fertiggestellt hatte, dass Würzl glaubte, es hat
jetzt die Zustimmung der spanischen Seite, unbedingt selbst
paraphieren. Zu diesem Zweck vereinbarten wir, dass ich am Flug-
hafen zeitgerecht eintreffe, damit wir noch eventuelle Besprechungen
und die Paraphierung vor Sonntag abends, vor dem Abflug also vornehme
können. Ich war sehr verwundert, dass ein Staatssekretär ein Abkom-
men paraphieren kann, das nicht einmal noch die spanische Regierung


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gesehen hat. Zu einem solchen Schritt würde ich mich im
Ausland niemals herbeilassen. Tatsächlich stellte sich dann
heraus, obwohl er Samstag abends noch in der Oper auf die Pa-
raphierung insistierte, dass er Sonntag abends dann dazu doch
nicht mehr bereit war. Der Text steht fest, er wird in Spanien
aber scheinbar doch noch etliche Instanzen befragen müssen und
dann wird der spanische Botschafter in Österreich und Würzl das
Abkommen paraphieren. Zur Unterzeichnung meinte er, möchte ich
dann unbedingt nach Madrid kommen. Ich habe ihm keine Zusagen ge-
macht, sondern nur angedeutet, dass wenn es jetzt zu einem Ab-
schluss der EFTA mit Spanien kommt, wir dann sicherlich in Madrid
einmal eine Sitzung haben werden. Der österr. Botschafter in Madrid,
Hinteregger, berichtete mir aber am Flughafen, dass jetzt die Ver-
handlungen wegen des EFTA-Beitrittes eine neue Schwierigkeit haben,
nämlich da die spanischen Fischer nicht mehr im Norwegen-Grenzgebiet durch
Ausdehnung auf 200 Meilen frei fischen können, kann die spanische
Regierung auch nicht den Norwegern eine liberale Einfuhr gewähren.
Dies würden die Basken, die insbesondere jetzt durch ihre Autonomie-
bestrebungen der spanischen Zentralregierung grosse Schwierigkeiten
bereiten, niemals akzeptieren. Ein weiterer schwieriger Punkt ist,
dass die Skandinavier, insbes. Schweden und auch Finnland eine
grössere Einfuhr von Zellulose, womöglich eine frei liberale Einfuhr
verlangen. Diese beiden Schwierigkeiten haben fast zu einem Abbruch
der Verhandlungen geführt. Wann also Spanien jetzt wirklich beitritt,
spanischer Seite wollte man unbedingt unter der Präsidentschaft
Österreichs, die bis zum Juli ds.J. im ersten Halbjahr besteht, vor-
nehmen, ist jetzt wieder ungewiss.

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Tagesprogramm, 8.4.1978


Tätigkeit: GD IAEO


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ägypt. stv. Ministerpräs., Energieminister


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Staatspräsident Ägypten


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: öst. Botschafter in Spanien, der Sowjetunion, ab 1981 GS im BMfAA


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Chef Energiesektion


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Bundeskanzler
              GND ID: 118566512


              Einträge mit Erwähnung: