Freitag, 17. bis Sonntag, 19. Feber 1978
Der gesamte Vorstand der Elin meldete sich zu einer Informations-
aussprache. Das war mir eigentlich seit 1970 noch niemals passiert.
Dr. Kohlruss leitete ein, ich hätte bei der Übergabe des Dekrets
zur Führung des Staatswappens im Vorjahr darauf verwiesen, dass
wegen der hochtechnischen Leistung auch mich am meisten überrascht,
dass sie so gut kommerziell abschneiden. Dies gilt auch jetzt noch.
Ich erwiderte sofort, dass in Altenwörth, aber selbst unter Anerkennung,
dass sie im technischen Grenzbereich immer mit ihren Leistungen sich
bewegen, doch auch Fehler geschehen sein müssen. Mit dem technischen
Vorstandsdirektor Sellner diskutierten wir dann die Ursachen dieses
Serienbruches. Eindeutig steht fest, dass die Eigenfrequenz und
die Anregerfrequenz durch Zufall gleich waren und dies den Serien-
bruch auslöste. Der für das Aussengeschäft zuständige Vorstands-
direktor Haindl meinte, dass sie von den 5,3 Mia S Umsatz 35 %
exportieren. Von 500 Mill. 1973 haben sie sich jetzt auf 1,8 Mia
Export hinaufgearbeitet. Auch er beklagte sich über die ständige
schwieriger werdenden Exportbedingungen. Die Italiener, so in einer
Studie der Industriellenvereinigung, zahlen 24.500 Lire pro Mann
und Monat Sozialversicherungsanteil vom Staat für die Beschäftigten,
die beim Export tätig sind.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diese Studie der Industriellenvereinigung
verschaffen.
Eine harte Auseinandersetzung gab es zwischen Sekt.Chef Frank und
dem soz. Vorstandsdirektor der Ill-Werke Dr. Peter. Dr. Peter hat
mir vor längerer Zeit im Auftrag der Soz. Partei Vorarlbergs die
Information zukommen lassen, dass Gen.Dir. Berchtold eine falsche
Zeugenaussage gemacht hat und gleichzeitig durch sein Verhalten die
Illwerke schädigte. Der neue Vorstandsdirektor Dr. Reich vom ÖAAB
hat mir dann nach einiger Zeit ebenfalls diese Mitteilung bei
seinem Antrittsbesuch zukommen lassen. Ich habe beiden damals
dezidiert erklärt, dass ich diese Unterlagen durch die zuständige Sek-
tion prüfen lassen muss. Sekt.Chef Frank steht nun auf dem Stand-
punkt, dass er keine Klärung herbeiführen kann und den ganzen Fall
dem Vorarlberger Staatsanwalt übergeben will. Jetzt bekommen die
Vorarlberger Angst, dass dies auf das Schiedsgericht mit den
42-0171
Deutschen, RWE, EVS, sich nachteilig auswirken könnte. Insbesondere
behauptet Peter, würden nach Auffassung des Rechtsanwaltes Dr. Schön-
herr unabsehbare Folgen entstehen. Peter ersuchte deshalb Frank,
er möge derzeit von einer Mitteilung an die Staatsanwaltschaft
Abstand nehmen. Das Schiedsgericht müsste ja bis spätestens
30.6.1979 beendet sein. Auch der Rechnungshof hätte seine Einschau
abgebrochen, um dieses Schiedsgerichtsverfahren nicht negativ zu
beeinflussen. Frank krachte mit Peter derartig zusammen, dass
sie nur mehr auf alemannisch sprachen, was ich sehr schwer ver-
stand. Einzelne Passagen überhaupt nicht. Als ich das Zimmer verlassen
hatte und dann wieder zurückkehrte, waren beide wieder verschwunden.
Am Gang konnte ich sie gerade noch erwischen und die Verhandlungen
fortsetzen. Wir einigten uns dann darauf, dass Schönherr, der mich
unbedingt sprechen wollte, zu einer Aussprache mit Frank und mir
eingeladen wird.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte Termin vereinbaren.
Ein gewisser Dozent Schiller hat behauptet, mich zu kennen und mit
mir unbedingt persönlich reden zu müssen, bei der Aussprache stellte
sich heraus, dass er etliche Vorschläge für eine Budgetsanierung,
100-%iger Zuschlag zur Mehrwertsteuer gegen die Wegwerfgesellschaft,
einige wichtige neue Erkenntnisse für die Inbetriebnahme des Kern-
kraftwerkes Tullnerfeld, wie er glaubte, und noch andere Probleme
gelöst hat. Wais hat sich dann mit ihm im Detail unterhalten.
Die Vertreter der Mühlviertler Weber teilten mir mit, dass die
Oberösterreichische Landesregierung bereits 1 Mill. S, das Sozial-
ministerium 1,2 Mill. S und auch das Handelsministerium etliche
hunderttausend Schilling für die 29 Firmen, ca. 600 Beschäftigte,
aufgewendet haben. Jetzt brauchen sie einen Geschäftsführer, der
1,4 Mill. im ersten Jahr, 1 Mill. im zweiten und 500.000 dann
auch noch im dritten Jahr Subvention kosten wird. Dieser sollte
mit der Hochschule in Linz eine neue Produktenlinie festlegen.
Die rustikale Produktion kann in den skandinavischen Ländern nicht
verkauft werden, weshalb jetzt ein modernes Design ebenfalls
aufgelegt werden soll. Mit Gröger, Fabrizii einigten wir uns dahin,
mit ihnen, dass sie letztmalig jetzt 200.000 S bekommen, die
heuer ein Teil und spätestens nächstes Jahr der zweite Teil ausbe-
zahlt werden. Wenn es sich nicht um eine so verdammt zurückgebliebene
42-0172
Gegend, wo keine anderen Arbeitsmöglichkeiten bestehen, handeln
würde, weder die Landesregierung noch der Bund würden in diese
Sparte doch verhältnismässig viel Geld investieren. Andererseits
gelang es den Haller Textilsorten-Produzenten mit der rustikalen
Produktion die Tiroler Volkskunst sogar weltweit zu verkaufen.
Vielleicht liegt es also wirklich nur an dem zukünftigen Geschäfts-
führer, den Verkauf besser zu organisieren.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Lass Dir bitte berichten, wie es dort weiter-
geht.
Der bulgarische Botschafter Georgiew urgierte bei mir die bulg.-
österr. Gemischte Kommission im April in Sofia. Ich erklärte mich
zu diesem Zeitpunkt ausserstande zu kommen und versuchte, auf einen
späteren Zeitpunkt zu verschieben. Die beste Idee hatte dann
Sekt.Chef Meisl, der vorschlug, nachdem wir erfuhren, dass am 18.9.
Präs. Schiwkow nach Wien zum Staatsbesuch kommt, ausnahmsweise
die Gemischte Kommission vorher in Wien in der Vorwoche abzuhalten.
Damit, so versuchten wir Georgiew einzureden, wären zwei Fliegen
auf einen Schlag erledigt. Schiwkow würde wahrscheinlich sowieso
von Christow begleitet werden, während des Staatsbesuches könnte
dann ein Wirtschaftsprotokoll unterfertigt werden und ich bräuchte
heuer nicht nach Sofia zu fahren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die September-Termine auf diesen Staatsbesuch
einstellen.
Die soz. Vorstandsdirektoren Bandhauer, Verbund, Horwath, BEWAG,
Göbl, Wr. Stadtwerke, teilten mir mit, dass ihrer Meinung nach
die Strompreisverhandlungen so weit gediehen sind, dass 4,2 % ohne
kalkulatorischen Zuschlag auch von den Interessensvertretungen
akzeptiert wird. Mit dem kalkulatorischen Zuschlag würden sie
unter 5 % Preiserhöhung abschliessen. Ich war über diese Mitteilung
sehr überrascht und schlug ihnen deshalb vor, gleich bei dem
anschliessenden Jour fixe mit AK und ÖGB zu verbleiben. Ich war
dann weniger überrascht, als die drei – sowohl Maurer von der AK
als auch Tumpel und Schmidt vom ÖGB – dezidiert erklärten, von
einem solchen Preiserhöhungsausmass kann überhaupt nicht die
Rede sein. Die Unterlagen, die sie vorgelegt haben, seien vollkommen
unzulänglich, die Prüfung müsse weitergehen und von einem Inkraft-
treten 1.3. könne keine Rede sein. Schmidt hat mir dann mitgeteilt,
42-0173
dass Präs. Benya beabsichtigt, frühstens am 1. Mai den Strompreis
zu erhöhen, um bis dahin die Landesgesellschaften zu zwingen, in
der Kernkraftwerksfrage eine deutliche Stellungnahme und vor allem
auch Unterstützung innerhalb der ÖVP zwecks Inbetriebnahme von
Tullnerfeld zu erreichen. Da sich diese Auffassung wahrscheinlich
konträr der soz. Fraktion der E-Werke befindet, stelle ich mich
noch auf längere und schwierige Verhandlungen ein.
Wanke berichtete beim Jour fixe, in der Papierförderung wird es sehr
schwer, zu einer einvernehmlichen Regelung kommen. Die Papierindustrie
erwartet sich grössere Unterstützung von der Bundesregierung. Vor
allem der Hinweis bei der letzten Sitzung mit Kreisky, auf dem Trans-
portsektor wird ihnen geholfen werden, war scheinbar ein Miss-
verständnis. Die ÖBB und der Finanzminister sind höchstens bereit,
wenn sie von der Strasse auf die Bahn umsteigen, eine kleine
Frachtrefaktie zu geben. Die Papierindustrie erwartet sich einen
riesigen Betrag für indirekte Exportförderung.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND HAFFNER: Wie weit stehen jetzt konkret die
Verhandlungen zwischen Papierindustrie, Bahn und Finanzministerium?
Bezüglich der Autopreise, Ende des Vorjahres und jetzt in den ersten
Monaten, hat die Arbeiterkammer festgestellt, dass im Jänner 8–10 %
Rabatt gegeben werden. Im Feber soll sich der Rabatt wesentlich bis
zu 25 % erhöht haben. Die AK wird diesbezügliche Erhebungen einleiten.
Leider ist es in diesem Fall unmöglich, die Gruppe Singer für
eine solche Arbeit heranzuziehen. Früher wäre es noch möglich ge-
wesen, den von der Polizei überstellten Müller, der jetzt in der
Energiesektion arbeitet, heranzuziehen. Jetzt würde ich, wenn ich
Singer damit beauftrage, nichts anderes erreichen, als dass sofort
die Wirtschaftspolizei zur Erhebung eingeschaltet wird. Genau dies
will ich aber nicht. Da Singer eine grosse Anzahl von Kolleginnen
und auch Kollegen beschäftigt, müsste es doch möglich sein, diese
zu Erhebungen auszuschicken, ohne dass es gleich heisst, die Wirt-
schaftspolizei macht umfangreiche Erhebungen, die letzten Endes
dann immer mit riesigen Berichten enden.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Gibt es eine solche Möglichkeit,
einen solchen Versuch zu starten?
Der Verein für Konsumenteninformation und angeblich auch die
Marktamtsabteilung haben für Radio, Stereo-Anlagen, Foto-Artikel
usw. entsprechende Erhebungen durchgeführt. Die Listenpreise wurden
dort im Prinzip um 10 %, also der neuen Mehrwertsteuersatz-Differenz
erhöht. Blaha behauptet allerdings, er verfolgt einen bestimmten
Foto-Apparat, den er sich kaufen möchte und der ist nicht nur nicht
teurer geworden, sondern wird sogar vereinzelt billiger angeboten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte unauffällig die Ergebnisse verlangen.
Bezüglich der Ölmühle nahmen die Kollegen zur Kenntnis, dass das
Handelsministerium jetzt seine Arbeit abgeschlossen hat. In Arbeits-
gruppen wurde sowohl der Schlaglohn als auch die notwendigen Inve-
stitionen und vor allem das Schutzsystem durchbesprochen. Ein
Abschlussbericht ist in absehbarer Zeit zu erwarten. Die Belastung
der Konsumenten, wenn sowohl die Fette als auch die Eiweissfutter-
mittel dafür herangezogen erden, wären 6–8 % oder ca. 350 Mill. S,
die mit 6–8 % auswirkende Abgabe sollte in zwei Etappen vom
Landwirtschaftsministerium und Finanzministerium festgesetzt werden.
Tumpel und Schmidt, aber auch Blaha sind überzeugt, dass es sehr
schwierig sein wird, diese Ölmühle tatsächlich zu errichten. Die
Konsumgenossenschaft möchte aussteigen, nur mehr einen Kredit, den
sie hoch verzinst abgegolten bekommt, in die Olioprot einbringen,
die Landwirtschaftsseite ist der Meinung, dass alles, was vorgesehen
ist, unzulänglich sei und Unilever hätte, so die übereinstimmende
Meinung, überhaupt nur ein Interesse gehabt, das Projekt zu
sabotieren. Schon allein aus diesem Grund habe ich mitgeteilt,
werde ich an alle Beteiligten und Interessensvertretungen und vor
allem an Olioprot und Unilever nach Vorliegen des Endberichtes in
der nächsten Woche ein Schreiben richten, wo ich sie auffordere,
jetzt endgültig die notwendigen Schritte zu setzen. Ich will mir
nicht immer vorwerfen lassen, dass das Handelsministerium hier
nicht expeditiv arbeitet.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte nach Vorliegen des Endberichtes sofort
die entsprechenden Briefe vorlegen.
Min.Rat Kurzel hat mir mitgeteilt, dass er jetzt Weisung braucht,
wie er mit den Milchpreisanträgen verfahren soll. Im Juni hat
der Allgemeine Bauernverband 1.55, im Juli der Freiheitliche
Bauernverband 1.15 und im Oktober die Landwirtschaftskammer 40.7 Gr.
beantragt. Wir stellten übereinstimmend fest, dass sich Kurzel
42-0175
wie bereits geschehen, nur ersuchen sollte, er möge mit dem Land-
wirtschaftsministerium als vornehmlich berührt, aber auch mit den
Interessensvertretungen versuchen, eine einvernehmliche Lösung
bis spätestens Juni erreichen. Früher kann allerdings auch kaum
eine Lösung zustandekommen, weil LWM Haiden mich ersuchte, die
Milchpreisregelung nur im Zusammenhang mit der Milchkontingentierung
durchzuführen.
Eine lange und hitzige Debatte entwickelte sich wegen der Einbe-
ziehung von Gas in die amtliche Preisregelung. Der ÖGB, Tumpel, und auch
die AK, Maurer, sind verärgert, weil die ÖMV jetzt eine Preis-
erhöhung durchgeführt hat, die von der Paritätischen Kommission
noch nicht genehmigt wurde. Bei der Vorsprache Gen.Dir. Bauer
und seinem Stellvertreter Feichtinger und Meszaros hat dieser
behauptet, und Min.Rat Singer bestätigte dies, dass die Paritätische
Kommission über das Erhöhungsausmass einig sei. Dies wurde von
ÖGB und AK nachher heftigst bestritten. Die Erhöhung der ÖMV ist
Meinung dieser Vertreter ungerechtfertigt. Was man von mir jetzt
erwartet, ist eine unverzügliche schnelle Preisfestsetzung, womög-
lich mit Rückführung dieser überhöhten Preise. Sekt.Chef Jagoda
erörterte dann den beiden Interessensvertretungen, welche schwierige
rechtliche Situation sich ergibt. Die ÖMV hat etliche Bescheide
oder das, was sie als Feststellungsbescheid betrachtet, beim Ver-
fassungsgerichtshof angefochten. Beide Male hat sie jetzt beim
Verfassungsgerichtshof verloren, trotzdem hat Jagoda vollkommen
recht, dass er äusserst vorsichtig und formell vorgeht. Die ÖMV würde
jeden kleinsten Fehler sofort dazu benützen, um nicht nur die Unter-
lagen nicht zu liefern, sondern neuerdings den Rechtsweg bis zu den ober-
sten Gerichten einschlagen. Ich glaube, dass selbst Dr. Schmidt sehr
überrascht war über die Vorgangsweise der ÖMV. Während die AK-Ver-
treter meinten, man sollte in der Öffentlichkeit diese Vorgangsweise
von meiner Seit anprangern, hat Schmidt erklärt, dies wäre sehr
schlecht, da die Verstaatlichte dadurch sehr diskriminiert wird.
Da ich selbst auch lieber eine einvernehmliche Regelung bevorzuge
als einen Streit mit der ÖMV, der sowieso jetzt zwischen Frank
und Bauer wegen Einsichtnahme in die Verträge verstärkt werden wird,
habe ich dann vorgeschlagen eine Aussprache zwischen allen Inter-
essensvertretungen und der ÖMV. Schmidt hat vollkommen recht, dass
wir lieber versuchen sollten, im neuen Entwurf zum Preisgesetz bes-
sere rechtliche und gesetzliche Formulierungen zu finden. Vielleicht
kann die Erfahrung, die wir jetzt in den letzten Jahren gemacht
42-0176
haben, auch die Handelskammer davon überzeugen und im Parlament
dann die notwendige Zweidrittel-Mehrheit bringen, dass hier
tatsächliche Änderungen unbedingt notwendig sind.
Die dritte österr. Ferienmesse dürfte ein grosser Erfolg werden.
Sehr grosse Beteiligung von den österr. Bundesländern und vor allem
auch von den anderen europäischen Staaten. Musikkapellen, Chöre
und sonstige reisserische Aufmachungen, Demonstrationen von Hobby-
Urlaubsmöglichkeiten, locken sicherlich hunderttausende Zuschauer,
so hoffen es zumindestens die Veranstalter und insbesondere die
ÖFVW. Dass ich bei jedem Spass dabei war, ist selbstverständlich,
das erwartet man von mir und entspricht auch meiner Mentalität.
Manchmal denke ich mir, ob man nicht als Bundesminister mehr Würde
spielen sollte. Dies entspricht aber nicht meiner Mentalität und
deshalb werde ich es sicherlich nicht machen. Ich glaube, dass
mit der Verbundenheit und dem ganz natürlichen Gehabe der Sache und
auch mir mehr gedient ist. Vielleicht aber täusche ich mich.
Mit Abg. Heindl besprach ich Sonntag unsere weitere Vorgangsweise
im Unterausschuss für Kernfragen. Heindl ist fest davon überzeugt,
dass es ihm gelingt, durch seine persönlichen Beziehungen zu Abg.
König und Wiesinger früher zu einer Entschliessung zu kommen, die
letzten Endes von allen akzeptiert werden kann, als ich derzeit
annehme. Voraussetzung dafür ist, und das hat Heinz Fischer, unser
Klubobmann, sozusagen auf den Weg gegeben, dass Heindl mit der ÖVP
vereinbaren kann, wie wir bei der Expertenfrage weiter vorgehen.
Es gibt dafür zwei Möglichkeiten: Wenn die ÖVP darauf besteht, die
Unzahl von Experten, die sie scheinbar aus politischen Gründen
nominieren will und muss, tatsächlich im Unterausschuss vorzuladen,
dann müsste man für jede Sitzung mit jedem Thema ein sogenanntes
Open end vereinbaren. Derzeit ist ja eben beabsichtigt, z.B. wenn
wir nachmittags um 13.30 beginnen, um 19 Uhr die Sitzung zu beenden.
Wenn tatsächlich viele Experten geladen werden, dann kann man sich
vorstellen, dass wenn man dieses Zeitlimit einhält, wir zwei
drei und mehr Sitzungen für jede einzelne Frage brauchen werden.
Unter diesen Umständen hätte die ÖVP dann erreicht, was Taus sozu-
sagen ihnen scheinbar vorgegeben hat, die ganze Problematik bis
über die Wahlen hinauszuschieben. Wenn die ÖVP kein Open end will,
dann muss unter allen Umständen nur eine kleine Anzahl von Experten,
die ohne weiteres die konträren Standpunkte haben können, von der
ÖVP akzeptiert werden. Nach wie vor vertrete ich die Meinung,
42-0177
wir könnten auch ohne weiteres, wenn wir Pro-Kernkraftwerks-
Experten nominieren, ÖVP-Nahestehende oder vielleicht sogar
ÖVP-Mitglieder nicht nur akzeptieren, sondern von uns vorschlagen.
Was soll schon ein kaufmännischer Direktor Staudinger von der GKT
anderes zum Problem Inbetriebnahme von Zwentendorf sagen als der
technische Direktor Nentwich. Heindl hofft ebenfalls, dass es
gelingt, die ÖVP dazu zu bringen, nach jeder Sitzung das behandelte
Problem gleich in Form eines kurzen Protokolls zu einer Aussage
zu zwingen. Diese paar Sätze sollten dann die Grundlage, womög-
lich schon die Formulierung für die letzten Endes zu formulierende
Entschliessung sein. Ich bin sehr gespannt, ob es uns gelingt, diese
Taktik durchzuziehen, d.h. die ÖVP für diesen Plan zu gewinnen.
Der Vorsitzende Staudinger, davon bin ich überzeugt, würde am
ehesten noch für eine solche Vorgangsweise zu gewinnen sein.
Schwierigkeiten erwarte ich nur von den anderen ÖVP-Mitgliedern,
von der FPÖ, Dr. Stix, ganz zu schweigen. Dieser wird zwar wenig
Schwierigkeiten machen, dafür aber umso deutlicher stets die ab-
lehnenden Standpunkte zu allen Problemen präzisieren. Heindl glaubt
nach wie vor, dass es ihm gelingen wird, schon in Vorbesprechungen
mit der ÖVP die Formulierung der Entschliessung zum frühest möglichen
Zeitpunkt in Angriff zu nehmen. Unsere Taktik müsste sein, dass
ohne von der soz. Fraktion ein konkreter Entschliessungsantrag
schon vorliegt, Formulierungswünsche von der ÖVP bereits in
unserem Sinne gefasst werden.
Bezüglich der Personalfragen, die Kazda jetzt zu lösen hat, gibt
es insoferne Differenzen, als auch Sekt.Chef Wanke seine Meinung
verständlicherweise geändert hat. Wanke braucht einen Juristen,
der als Legist endlich seiner Sektion zur Verfügung steht. Ob
die Konstruktion Min.Rat zu ihm hinüberzubringen, wirklich sehr
erfolgversprechend ist, weiss ich nicht. Vor allem glaube ich auch,
dass Wanke so lange nicht warten kann. Für die wirtschaftl. Landes-
verteidigung genügt Wanke aber nicht, wenn Degischer als Legist
zu ihm kommt. Abgesehen davon, dass jetzt erst Kazda prüfen muss,
ob Degischer tatsächlich bereit ist, diese Abteilung zu akzeptieren,
sagt Wanke, er braucht Min.Rat Winterleitner dann trotzdem für
die Wirtsch. Landesverteidigung, weil Degischer nicht die Detail-
arbeit machen wird. Heindl selbst musste mir zugeben, dass die ÖVP
dann zwei Abteilungen bekämen, wenn sie jetzt den Vorschlag Kazda
für seinen MKD zustimmt. Eine solche Lösung sollten wir uns wirklich
genau überlegen. Kazda soll und muss Verhandlungsspielraum bekommen.
Dafür bin ich, denn letzten Endes muss er mit der Personalvertretung
ständig verhandeln und vor allem einmal zeigen, dass wenn er einen
MKD vorschlägt, dieser Kanzleidirektor dann auch kommen muss.
An dieser Bestellung kann und wird sich nichts ändern. Wenn die
Personalvertretung aber glaubt, dafür riesige Geschäfte machen
zu können, so muss man ihr demonstrieren, dass dies so nicht geht.
Andererseits ist mir und vor allem auch Heindl vollkommen klar,
dass wir Wanke einen Legisten geben müssen. Wie weit auf diese
Art und Weise dann noch die legistische Koordination notwendig
und zweckmässig ist, müssen wir auch genauer untersuchen.
Tagesprogramm, 17.2.1978
Tagesprogramm, 18.2.1978