Donnerstag, der 1. Dezember 1977

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Donnerstag, 1. Dezember 1977

Die Firma Jodlbauer mit der Fa. Taus, Bruder des Parteiobmannes,
und dem Möbelhaus Stockerau importieren aus der Schweiz die
teuren Ledermöbel de Sede. Diese international anerkannte teuerste,
aber auch als beste Qualität für lederne Sitzmöbel bekannte
Produktionsfirma lässt sich mit einem Werbeaufwand mit den drei
Firmen im Kurier eine ganze Serie kosten. Halbe Seiten bezahltes
Inserat, halbe Seite Interview mit Leuten, die irgendetwas über
Ledermöbel sagen. Sallinger und ich werden nun auch gefragt,
meine Einstellung war, dass diese teuren Möbel und die Werbe-
kampagne dafür dazu führen möge, dass wenn schon Leute Ledermöbel
kaufen, dann auch die österr. Ledermöbelerzeuger Dr. Wittmann z.B.
profitieren sollen. Taus sagte mir, wenn Leute zu ihm kommen,
um Ledermöbel sich anzusehen und von de Sede begeistert sind,
dann doch 8 von 10 Wittmann-Möbel kaufen. Nur zwei können sich
den Luxus de Sede leisten. Bisher wurde die Reklame gemacht,
1/3 der Möbel werden aus österreichischen Fellen und Häuten er-
zeugt. Jetzt hat man mit der Schweizer Firma vereinbart, dass
auch eine österreichische Gerberei eingeschaltet wird.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Achte bitte, dass der Artikel auch tat-
sächlich die Inlandsproduktion erwähnt.

Der neue Präsident der Triester Handelskammer Modiano kam mit
dem neuen Vizepräsident der österr.-italienischen Handelskammer
Pelikan und Strasser zu einem Antrittsbesuch. Im speziellen inter-
essierte er sich für die polnisch-österreichische Kohle-Pipeline.
Ich erklärte ihm, sowie seinem Vorgänger Caidassi, dass wir die
Italiener darüber auf dem Laufenden halten werden und sehr daran
interessiert wären, wenn sie sich tatsächlich daran beteiligen
würden. Da dieses Projekt ja sehr nebulös ist, wäre ich persön-
lich sehr interessiert, wenn sie bereits in der Studiengruppe mitwir-
ken würden.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Die OB soll die Italiener heranziehen.

Prof. Reimer, der Präsident der italienisch-österr. Handelskammer
und der ehemalige Vizepräsident Giuli kamen, um mich zu fragen,
wie sie die Aktivität dieser Kammer im Interesse eines grösseren
Warenaustausches vergrössern könnten. Sie beklagten sich, wenn


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auch nicht offiziell, dass die Botschaft einen Handelsdelegierten
Dr. Fleri hat, das Aussenhandelsministerium, die ICE – Instituto Commercio Este – Dr. Bosio, und als dritte Institution noch die
italienisch-österr. Handelskammer existiert. Ich empfahl ihnen,
sich mehr dafür einzusetzen, wie dies bei der deutsch-österr.
Handelskammer ist, grosse potentere Betriebe für ihre Tätigkeit
zu interessieren. Dies gilt ganz besonders für die italienische
Seite. Ausserdem sollten Geldinstitute wie bereits bei der letzten
Tavola rotonda begonnen, für die Handelskammer gewonnen werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Versuche über die ICE Kontakt aufzunehmen,
ohne dich auf diese Vorsprache zu berufen.

Ing. Gantner, Vorstand der Fachgruppe alkoholfreie Getränke
mit Dr. Gruber, Sekretär vom Nahrungs- und Genussmittelverband
diskutierten mit mir das Verbot des Einweggebindes. Durch Zufall
kam dann Dir. Walz und Dkfm. Wenckheim von der Ottakringer am Abend
ins Parlament, um ebenfalls dieses Problem mit mir zu diskutieren.
Derzeit beträgt die Kapazität aller schon aufgestellten Dosenapparate
bei Ottakringer, Brau AG, Schwechater, Schartner 100 Mill. Dosen,
wovon ca. 20 % genützt werden. Das Ganze ist aber noch ein Bruchteil
Kapazität ca. 300.000 hl, die man damit abfüllen könnte, gegenüber
den 7,5 Mill. hl. Bier, 3,2 Mill. hl alkoholfreie Getränke und
2,2 Mill. hl Mineralwasser, die einen interessanten Markt für die
Einweggebinde-Erzeuger bedeuten würde. Selbstverständlich
erklärte ich mich bereit, wenn es eine bessere Lösung gilt
als ein Verbot auszusprechen, immerhin wäre dies mein erstes aus-
drücklich als Verbot vorgeschlagene Gesetz, eine andere Lösung eben-
falls zu diskutieren. Ich erklärte, mir ist es in der Seele zuwider
etwas zu verbieten. 1970 hat man erwartet, dass ich mit Verboten
meine Regierungspolitik begründen werde. Genau das Gegenteil habe
ich getan, statt die Werbung z.B. zu verbieten oder einzuschränken,
habe ich einen Staatspreis für die Werbung geschaffen usw.
Hier aber sehe ich keine andere Möglichkeit und um nicht weitere
Fehlinvestitionen zu bekommen, muss ich klare Entscheidungen treffen.
Dies haben alle eingesehen und erwarten sie auch von mir.

ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte nach Fertigstellung unseres
Gesetzentwurfes auf breitester Basis mit allen diskutieren, gege-
benenfalls Enquete einberufen.



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Im Lebensmittelarbeiter-Vorstand habe ich dann dieses Problem
uns sehr direkt und indirekt berührt, über diese Frage eingehend
referiert und diskutiert. Allgemein hat man mir im Prinzip zugestimmt
doch auch darauf verwiesen, dass wenn die Flasche wieder kommt
oder beibehalten wird, dann die Arbeiter doch durch die schweren Gebin-
de gewichtsmässig stark weiterhin belastet werden. Aus der Praxis
berichteten mir die Kollegen, dass ein gewisser Zug zur Flasche,
ohne dass bis jetzt eine Entscheidung über das Einweggebinde
gefallen ist, festzustellen ist. In der Schweiz z.B. werden Spezial-
milchprodukte nur mehr im 1/4-l-Glas verpackt. Als zweites wichtiges
Thema besprachen wir die Konzentrationsbestrebungen, die gerade in
unserer Branche sehr stark waren und sind und natürlich zur
Freisetzung von Arbeitskräften führt. Bis jetzt waren davon meistens
Gastarbeiter betroffen. Für österreichische Arbeiter gab es noch
keine zu grossen Entlassungen wegen einer solchen Konzentration.
Wir kamen überein, dass die einzige Möglichkeit besteht für die
Betriebe Sozialpläne auszuarbeiten, damit die Arbeiter wenigstens
auf finanziellem Gebiet entsprechend entschädigt werden. Mehr denn
je konnte ich feststellen, dass eine Diskussion sofort zu er-
reichen ist, wenn man neben einer provokanten Berichtserstattung,
wie ich dies immer bei Wirtschaftsthemen mache, so wie diesmal
ein Problem zur Debatte stelle, welches die Kolleginnen und Kollegen
unmittelbar angeht. Die Lohnverhandlungen mit den Unternehmern
stellen sich als wesentlich schwieriger dar im Vergleich zu dem Vor-
jahr. Die Forderung unserer Kühl- und Lagerhausarbeiter von 9 %
wird vom Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie dazu
benützt, um bei der Paritätischen Kommission anzufragen, ob solch
eine hohe Forderung im Sinne des Mässigungsappells überhaupt erhoben
werden darf oder soll. Für mich ist es ganz klar, man will damit
eine Verzögerungstaktik einschlagen, wie dies ja auch bei den Han-
delsangestellten der Fall war. Diese haben dann mit 5,8 % Gehalts-
erhöhung abgeschlossen, zuzüglich allerdings einiger wesentlicher
sozial-, d.h. kollektivvertraglicher Verbesserungen. Ähnliche Ab-
schlüsse werden auch wir tätigen müssen. Die Tabakarbeiter, die
derzeit schon Wochen lang in Verhandlungen stehen, haben in den
letzten Jahren durchschnittlich 15 % Erhöhung pro Jahr erreicht.
Jetzt bekommen sie 4 % angeboten, obwohl sie 8 % verlangt haben.
Hier wird es, wenn man nicht sehr bald zu einer Einigung kommt,
durch eine Betriebsversammlung und letzten Endes Vollversammlungen
in den Betrieben zu Schwierigkeiten für die Direktionen kommen.



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Stansford Research Institute hat mit den Russen eine Arbeits-
gemeinschaft, Präs. ist Gwischiani, einer der Vizepräsidenten
Hendricks von der Warentreuhand der CA. Die Tagung sollte seit
Jahren irgendwo einmal in Amerika stattfinden, was die Russen
aber abgelehnt hatten und so einigte man sich letzten Endes
auf Österreich. Ich musste diese Institution, einige österr. Gross-
firmen haben daran teilgenommen wie VÖEST, Siemens, SGP begrüssen.
Ich musste frei sprechen und Frage beantworten, was für mich über-
haupt kein Problem wäre, wenn es nicht hätte in Englisch sein
müssen. So stotterte ich und schwindelte mich durch, war sehr
erstaunt, dass, wie Haffner mir dann sagte, die Leute über einige
witzige Bemerkungen oder besser gesagt auch in Englisch mit ein
bisschen Wiener Schmäh scheinbar die Leute wirklich zufrieden waren.
Aus dem Lachen konnte man es tatsächlich entnehmen. Ich kann mir sehr
gut vorstellen, wie einige ganz gute Bemerkungen in meinem radebrechen-
den furchtbaren Englisch sich für Amerikaner angehört haben müssen.
Hier haben sie sicherlich mehr den Willen anerkannt, in ihrer Sprache
zu sprechen, auch wenn sich dies sicherlich sehr komisch angehört
hat. Hauptfrage war immer, was profitiert man, wenn man Österreich
als Sitz bei Ost-West-Beziehungen benützt, wie verhält sich die
österr. Regierung zu Multis und welche steuerliche Belastung gibt
es. Sachlich fand ich die Antworten sehr leicht, schwierig war
es nur für mich annähernd nicht gerate die falschesten Worte
dafür zu finden.

Staatssekretär Löschnak teilte mir mit, dass er dringend einen
Personalisten sucht. Es gibt zwei Beförderungsabteilungen, eine
davon hat Min.Rat Knogler geleitet, der jetzt gestorben ist.
Ich empfahl ihm unseren Kieslich, mit dem er sofort Kontakt auf-
nehmen will. Bei unserer Fraktionszusammenkunft im Schweizer Garten
habe ich Kieslich, der dort war, und Plesch sofort informiert.
Vielleicht gibt es hier eine Möglichkeit, im BKA in der Personal-
abteilung endlich einen Mann von uns einzusetzen. Zur Fraktions-
zusammenkunft konnte ich leider nur sehr spät erst kommen. Noch
immer waren aber ein guter Teil beisammen. Was mich am meisten
freute waren sehr viele junge Leute dort. Ich glaube, dass wir
wirklich mit dieser Entwicklung zufrieden sein können. Im Parlament
wurde beim Kapitel BKA vom ehemaligen Gewerkschaftsobmann der
öffentlich Bediensteten Gasperschitz die Berufungspolitik des
Handelsministers bei Bestellung von Sektionschefs hart kritisiert.



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Natürlich ärgert sich die ÖVP masslos, dass die von mir berufenen
Sektionschefs, die ich allerdings nur auf Vorschlag von
Kommissionen durchführe, ausgezeichnete Fachleute und dabei
noch Genossen sind. Wieviel mehr würden sie sich ärgern,
wenn sie die immerhin sehr starke Fraktion sehen könnten.

Mit Minister Moser besprach ich die Berufung von Präsidial-
sektionschef Kazda. Moser denkt allen Ernstes, da er angeblich
überhaupt keine andere Möglichkeit hat, Kazda in das Zimmer
von Schipper zu setzen. Ich erklärte ihm sofort, dass dies
unmöglich sei, weil ich ihm seinerzeit mit aller Deutlich-
keit gesagt habe, dass wir diese Zimmer dringendst brauchen.
Sollte ich wider Erwarten nicht beide bekommen, so würde ich
auf alle Fälle das kleine Zimmer neben mir beanspruchen. Das
Sektionschefzimmer, das Kazda zusteht, wäre dann das grosse
Zimmer, wo jetzt zwei Sekretärinnen von Schipper drinnensitzen.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte besprich mit Kazda, ob er nicht
doch irgendwo anders andere Zimmer bekommen kann.

Heindl hatte die gute Idee, dass wir auf der Landstrasse
Sektionen zur Berichterstattung und Diskussion zusammenziehen.
Er bemerkte vor längerer Zeit, dass ein Informationsnotstand
besteht und hat diese Arbeit erfolgreich begonnen. Im Fasan-
viertel nun hatte ich Gelegenheit, als ich ihn wieder abholte,
doch noch ein wenig ebenfalls dort zu referieren und vor allem
den Wiener Schmäh rennen zu lassen. Der Vorsitzende, Sektions-
leiter Reviczky meinte, seiner Meinung nach wäre es zweckmässig,
zweimal im Halbjahr solche Veranstaltungen zu wiederholen.
Heindl und ich sagten dort gar nichts. Nachher aber waren wir
uns vollkommen klar darüber, dass wenn man diese Informations-
kampagne institutionalisiert also z.B. wirklich viermal im
Jahre einberuft, genau das Gegenteil erreicht wird, was Heindl
mit der spontanen Information erreichen will. Der grösste Fehler
wäre, sie nach irgendeinem Zeitplan automatisch abzuhalten. Der
wirklich grosse Erfolg besteht eben darin, dass wenn man fest-
stellt, dass eine solche Informationsnotwendigkeit besteht.
man dann sofort eine solche Kampagne startet. Heindl sagte mit recht
und ich teile diese Meinung, die Institutionalisierung in Form
eines Zeitplanes mit festen Veranstaltungen wäre in Wirklichkeit das
Ende dieser wirklich blendenden Idee.

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Tagesprogramm, 1.12.1977

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Beamter HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Möbelproduzent


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sts. BKA


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Vizepräs. ital. HK, Vertr. Hafen Triest


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: ital.-österr. HK


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        GND ID: 1017902909


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Dir. Z, Kassier SPÖ-Landstraße


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                            Tätigkeit: Präs. Handelskammer Triest


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                              Tätigkeit: Bautenminister


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                                Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                                  Tätigkeit: HM


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                                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                    GND ID: 102318379X


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                      Einträge mit Erwähnung: