Mittwoch, 30. November 1977
Bei der Auszeichnung des Firmeninhabers Schrack und seiner
Betriebsräte hatte ich Gelegenheit, nicht nur den Betrieb zu
besichtigen, sondern auch nachher mit dem gesamten Vorstand und
Betriebsräten über ihre Probleme zu diskutieren. Bei einem Aktien-
kapital von 30 Mill. S haben sie in den letzten Jahren 200 Mill.
investiert. Dazu mussten sie natürlich Kredite aufnehmen. Schrack
als private österreichische Firma kämpft nun gegen die grossen
internationalen Konzerne Siemens, ITT, AEG usw. Im österreichischen
Wählersystem, welches jetzt von der Post umgestellt wird, gibt
es als zweite österreichische Firma nur Kapsch, die neben
Schrack gegen Siemens und ITT als Konkurrent auftritt. Schrack
fürchtet nun, dass die internationalen Multis der Post einreden,
wie dies auch teils in der Vergangenheit geschehen ist, nur sie
könnten das know how über diese Nachrichtentechnik liefern. Schrack
hat aber 100 Entwicklungsingenieure und Techniker arbeiten. Jetzt
seien sie in der Elektronik so gut, dass sie mit allen konkurren-
zieren können. Sie haben zeitgerecht die Systemfamilie auf Micro-
computerbasis mitentwickelt, was sie von meinem Besuch erwarteten,
ist, dass ich sie unterstütze zu allen Ausschreibungen mit
herangezogen zu werden. Bei Fernsteuerprozessen im Tunnelbau
Tauern, Katschberg, Arlberg sind sie zum Zuge gekommen. Beim
letzteren haben sie sogar 130 Mill. S Anbot gehabt, während
Siemens 220 Mill. verlangte. Durch geringere Overheadcosts sind
sie heute leicht konkurrenzfähig. In der Serienproduktion, Sicher-
heitsautomaten, Schaltgeräte werden 75 % importiert, wofür gar
keine Notwendigkeit bestünde. Im Energiebereich haben sie mit
KELAG und ÖDK gute Beziehungen und kommen auch durch ihre preis-
werten Offerte zum Zuge, bei den Illwerken und der Verbund, bei
der TIWAG und vor allem bei den Wiener Stadtwerken werden sie
nicht einmal zur Offerterstellung eingeladen. Ich versprach
mit Gen.Dir. Reisinger einen Termin ihrer Vorsprache bei ihm
zu vereinbaren. Dies habe ich dann auch sofort erledigt und am
Abend bei dem Empfang für den ITT-Präsidenten, den Amerikaner Hamil-
ton, konnte ich dem wahrscheinlich sehr überraschten Schrack mit-
teilen, dass ich ihm alle Unterlagen, die er gewünscht hat, schon
geschickt habe und ein Termin der Betriebsräte und des Vorstandes
mit Reisinger bereits vereinbart ist.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Schrack könnte als Beispiel für unsere
neue Ausschreibungspolitik dienen.
Die Nationalratssitzung begann in der Fragestunde mit Handels-
ministeriumsproblemen und endete dann spät abends mit der Beschluss-
fassung über uninteressante Novellen zum Aussenhandelsgesetz.
resp. Aussenhandelsstatistik, wo es sich nur um formelle Anpassungen
an internationale Neu-Einteilungen handelte. Bei der Fragestunde
hatte ich Gelegenheit, Attacken insbesondere der ÖVP entsprechend
abzuwehren. Ursprünglich hatte Gen.Sekr. Lanner die Frage gestellt,
wieso der Aussenminister in Aussenhandelsfragen tätig wird. Diese
Frage hatte dann interessanterweise der Abg. Burger übernommen.
In der nächsten Frage kam dann der ÖVP-Abg. Dipl.Kfm. Gorton und
fragte, was ich ihm Rahmen der EG gegen die Benachteiligung Öster-
reichs unternehme und warum die Regierung dau so wenig unternimmt.
Der ÖVP-Klub fällt gar nicht mehr aus, dass er zuerst Zustände
kritisiert und in der nächsten Frage dann dieselben Massnahmen
verlangt, die wir durch steten Einsatz aller Minister soweit sie
mit anderen Ministern Kontakt haben, stets zu ändern versuchen.
Der Gipfel war wirklich, als Abg. Riegler vom Bauernbund allen
Ernstes urgierte, ob ich den von Gen.Sekr. Lanner vorgelegten
Stufenplan nicht endlich durchführen möchte. Dort wurde seiner-
zeit vorgeschlagen, die drei Minister, die in der ÖVP-Zeit auch immer
stets zusammen nach Brüssel gefahren sind und nichts erreicht haben,
nämlich Äusseres, Landwirtschaft und Handelsminister, sollten in
alle EG-Landeshauptstädte reisen, dann alle österreichischen Bot-
schafter in diesen EG-Ländern gemeinsam mit den drei Ministern
nach Brüssel. Lanner ist sich vollkommen klar, dass damit ja gar
nichts in der jetzigen Phase zu erreichen ist. Sein Ziel kann ja
nur sein, dass er nachher sagen kann, die Minister sind solche Nieten
dass sie gar nichts zustandebringen. Bei der Anfrage Burgers wurde von
diesem sogar gesagt, es besteht der Verdacht, dass ich den Aussen-
minister nach Brüssel, Deutschland usw. geschickt habe, um dort
zu intervenieren, weil ich ihn reinlegen wollte. Da er natürlich
gar nichts erreichen kann und konnte. Hier war es wahrlich leicht,
zu erwidern und darauf hinzuweisen, dass damit nur Spesen von
ca. 650.000 S entstehen würden.
ANMERKUNG FÜR WAIS UND HAFFNER: Diesen Stufenplan Lanners muss man
sich genau merken, wir werden in der Einsparungsdebatte der nächsten
Jahre ihn gut brauchen können.
Schwieriger war es bei der Frage Stix's, wie der Zeitplan der
weiteren Bevorratung aussieht. Zum Glück funktioniert die Ölbevor-
ratung einigermassen, sodass ich an Hand dieses Modells sagen konnte,
jetzt muss man die Vorarbeiten leisten, um bei anderen Produkten
eine ähnliche Lösung zu erzielen. Zum Glück hat die ÖVP beim um-
fassenden Energiesicherungsgesetz abgelehnt, dass andere Energie-
träger wie Gas und Kohle einer solchen Bevorratung einbezogen werden
können. Zum Glück konnte ich dann auch noch darauf hinweisen, dass
jetzt eine ganz neue wirtschaftliche Landesverteidigungskonzeption
vom Handelsministerium entwickelt wird.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte Vorkehrung treffen, dass die
Abteilung Wirtschaftl. Landesverteidigung so schnell wie möglich mit
Degischer besetzt wird.
Die Frage über den Ausbau der Donau vom soz. Abg. Köck und natürlich
dann aggressiven Zusatzfragen von ÖVP-Abg. König konnte ich dazu
benützen, um der ÖVP berechtigt vorzuwerfen, dass sie den Donauausbau
seinerzeit verzögert hat, während wir jetzt alle drei Jahre ein Donau-
kraftwerk fertig machen. Eine längere und von mir nur mit halbem Herzen
geführte Beantwortung und Diskussion gab es über die Hochsaisonpreise
in Fremdenverkehrsorten während der Wintersemesterferien, die seiner-
zeitigen Energieferien. Ich sagte dem Abg. Schranz zu, dass ich im
Rahmen des Handelsministeriums Verhandlungen führen werde, um dieses
Problem genau abzugrenzen und vielleicht zu einer befriedigenden
Lösung dahingehend zu kommen, dass die Konsumenten besser zumindestens
informiert werden. Auf die Zusatzfrage des Abg. Westreicher, wird von
der ÖVP der die Anfrage als unnötig und provokant bezeichnete, ver-
sicherte ich ihm, dass er ja zu den von mir beabsichtigten Gesprächen
im Handelsministerium zugezogen wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Würzl soll eine grössere Aussprache mit
Interessensvertretern über Haupt- und Vorsaison einberufen.
Der Obmann des Freien Wirtschaftsverbandes Mühlbacher fragte, ob wir
irgendwelche Vorkehrungen wegen der Kennzeichnung österreichischer
Waren getroffen haben und ich konnte auf die Vorarbeiten verweisen.
die ganzen Fragen waren für mich kein Problem und ich brauchte
auch keinerlei Unterlagen zu benützen. Die Einzige Schwierigkeit,
um optisch zu zeigen, dass ich dieses Gebiet einigermassen beherrsche,
besteht darin, die Fragen alle sich im Kopf zu behalten, damit man
kein einziges Mal auf die Tagesordnung, welche die Frage gedruckt hat
39-1391
und die nicht mehr verlesen werden, zu merken, dann kann man so
bluffen, wie Wais mir nachher schilderte, nämlich die Zusatzfragen der
Abgeordneten werden teilweise von ihnen auf Papier heruntergelesen,
während die ganze Stunde fast, Androsch hatte eine einzige Frage
vorher, wozu allerdings 15 Minuten verstrichen, dann meine 6 Fragen,
ohne dass ich auch nur einen Blick auf eine Unterlage warf und die
vielen Zusatzfragen beantwortet wurden. Spät abends hat dann noch
Abg. Fiedler und Abg. Neumann, letzterer endend mit dem Slogan, die
ÖVP muss wieder her, verzweifelt versucht, die Aussenhandelspolitik
der Regierung und die gesamte Wirtschaftspolitik zu attackieren.
Am liebsten hätte ich mich natürlich zur Beantwortung gemeldet, doch
habe ich hier dem Grundsatz gehuldigt, spät abends hört Dir sowieso
niemand zu, der Wirtschaftsbundklubobmann Graf, der wahrscheinlich
der Nachfolger von Koren wird, meinte mir gegenüber, er hat nicht
verhindern können, dass die zwei überhaupt verzichtet hätten, sich
zu melden und wir einigten uns auf den guten österr. Grundsatz,
nicht einmal ignorieren.. Da ich mir ausserdem den so umstrittenen
Fernsehfilm Staatsoperette, zumindestens ein Stück davon, ansehen
wollte, war dies auch ein Grund, auf diese Attacken nicht zu
antworten. Spät nachts rief mich dann noch jemand zu Hause an
und fragte, ob ich dieses Machwerk gesehen habe und man müsse alles
unternehmen, dass so etwas nicht mehr vom Fernsehen gesendet wird.
Intendant Kreuzer hat mich nachmittags bereits darauf aufmerksam
gemacht, dass das Fernsehen eine heftige Reaktion auf dieses Stück
erwartet. Ich fand es geschmacklos, keinesfalls aber so aufregend,
wie es scheinbar bei der Bevölkerung oder zumindestens einem Teil
derselben angekommen ist.
Die Firma Sleepy hat eine grosse zusätzliche Halle gebaut, wahr-
scheinlich um die 50 %ige Abschreibung noch zu nützen, die sie
jetzt gar nicht mehr selbst gebrauchen kann. Sie hat deshalb den
grössten Teil davon vermietet. Zu ihrem Glück wird jetzt SCS weiter aus-
gebaut, sodass man doch verhältnismässig leicht Mieter finden kann,
wie mir der Sohn, der jetzt nach dem tragischen Tod seines Vaters
mit der Mutter das Geschäft führt, bei der Besichtigung erklärte.
Bei dieser Gelegenheit hat der Bürgermeister von Vösendorf mich
mit Frau Metzger, Autoschrotthändler und Nachbar von Sleepy, bekannt-
gemacht. Diese beschwerte sich bitter bei mir, dass die Händler
39-1392
ihr jetzt nicht mehr den Schrott abnehmen, weil sie ihn nicht
mehr exportieren dürfen. Ein gewisser Hübl, Inzersdorf, möchte
grössere Mengen Guss-Schrott exportieren und kriegt vom Handels-
ministerium über den Schrottverband keine Genehmigung. Ich erklärte
ihr, dass wir normalerweise immer Schrott zukaufen müssen und daher
keine Devisenerlöse, sondern auf lange Zeit gesehen sogar einen
Devisenverlust bei Schrott erleiden. Ich versprach ihr, mit den
zuständigen Stellen zu reden und sie dann zu verständigen.
Apfalter, der mich wegen des DDR-Vertrages anrief, erklärte, er
wird die Schrottfrage prüfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND WANKE: Bitte nach Recherchen Frau
Metzger durchschriftlich Bgm. von Vösendorf Antwortschreiben
Sachverhalt mitteilen.
Generalkonsul Klein, Vertreter den Ghana, hat jetzt eine Muster-
farm, 7,3 Mill. S, 8 Jahre Kredit, 2 Jahre Rückzahlungsfreiheit,
3 % Verzinsung abgeschlossen. 2 Wasserpumpen wurden seinerzeit
dem Botschafter als Entwicklungshilfe ebenfalls von Veselsky
versprochen. Die Ghanesen sind bereit, bei Schoeller-Bleckmann
gegebenenfalls 40 Pumpen, wenn sie die zwei als Demonstrations-
objekt geschenkt bekommen, zu kaufen. Ebenso könnte Steyr frei
Musterfarmen einrichten. Darüber hinaus hat Klein noch gigantische
Projekte für Eisenbahn-, Zement- und ich weiss nicht was noch
für riesige Investitionen, die er alle entrieren möchte. Ich
habe ihm sofort gesagt, daß ich an den kleineren Objekten sehr
interessiert bin, denn die können wir finanzieren und die
können vielleicht auch die Ghanesen bezahlen. Bei den Riesenpro-
jekten hat Klein gemeint, würde gegebenenfalls die Weltbank
Kredite geben. Er war sehr erstaunt, von mir zu erfahren, dass
in einem solchen Fall die Weltbank sofort eine internationale
Ausschreibung verlangt und wir dann kaum mehr konkurrenzfähig
sind.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Briefe und Probleme von unserer
Aussenhandelsabteilung beantworten lassen.
Dir. Hautzenberg von der ÖDK teilte mir mit, dass bei der zweiten
Maschine sich das Lager verrieben hat, weil die Kühlwassereinstellung
nicht richtig war. Zuerst wurde zuviel Kühlwasser verbraucht,
und bei der neuen Einstellung dann der Fehler gemacht. Trotzdem
werden die vier Maschinen heuer noch, wie er überzeugt ist, einsatz-
fähig sein und damit Malta der Verbundgesellschaft dem Bundes-
39-1393
lastverteiler voll zur Verfügung stehen. Bis zum nächsten
Jahr muss der gesamte Speicher gewehrt werden, die Stromkosten
sind rund 1,– S der Verbund will in der Anfangsphase nur 64 Gr.
für die kWh bezahlen. Dies ist aber ein internes Verrechnungs-
problem der Verbundgesellschaft mit seiner eigenen Tochtergesell-
schaft, welche wahrscheinlich keine Gewinne machen soll um nicht
zuletzt auch Steuern zu sparen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte versuche mit Bandhauer dessen Steuer-
Tarif- sowie Preispolitik zu klären.
Die ÖDK möchte so wie bisher ihre Kohle für Zeltweg, wenn Fohnsdorf
nicht mehr liefern kann, selbst aus Jugoslawien importieren.
Die VÖEST-Alpine aber hat grosses Interesse daran, dass diese
Importe nur über ihre eigene Kohlengesellschaft erfolgt. In
diesem Fall kann sie leichter auf die Jugoslawen drücken, damit
deren Kohlenreviere als Kompensation Bergbaueinrichtungen von
der Alpine kaufen. Dafür habe ich volles Verständnis, wenn garan-
tiert ist, dass durch die Einschaltung der Kohlengesellschaft
nicht zusätzliche Spesen entstehen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bei der nächsten Vorsprache Apfalter für
mich auf die Tagesordnung setzen.
Gen.Dir. Herbeck, Porr, und Rella, Nemetschke, kamen namens der
Arbeitsgemeinschaft Zillerüberleitung und ersuchten mich um
Intervention bei der TKW, Tauernkraftwerke. Bei einem Auftrags-
volumen von ca. 500 Mill. S haben sie einen Verlust von 107 Mill. S
erlitten. Dadurch dass zuerst die jetzt in die Arbeitsgemeinschaft
eingeschlossene Fa. Mayreder und Hinteregger mit Gegenofferten
versuchten, jeder den Auftrag zu bekommen, haben sie angeblich so
günstig angeboten. Jetzt hat sich herausgestellt, dass der Auf-
trag ein so riesiges Defizit für sie wird, dass sie es kaum verkraf-
ten können. Die glauben nun 75 Mill. S mir Recht von den 107 Mio.
von der TKW fordern zu können. Da nach ihrem Berechnungen 5 1/2
Monate früher als vereinbart das Wasser übergeleitet werden konnte
und dadurch ein Stromgewinn der TKW entstand. Die TKW hat allerdings
nur 2 1/2 Monate frühere Stromerzeugung errechnet. Dies bringt
ihnen 20 Mill. S Mehrerlös, wovon sie 50 % anerkennen, d.h. 10 Mio.
zu anerkannten höheren Kosten von 15 Mio. dazurechnen möchten,
39-1394
75 Mill. auf der einen Seite, 25 Mill. auf der anderen, was liegt
näher als zu rechnen, dass durch Intervention des Handelsministers
vielleicht 50 Mill. dabei herausschaut, womit die Arbeits-
gemeinschaft sehr zufrieden wäre. Ich habe keinerlei Zusicherung
gegeben, sondern darauf hingewiesen, dass ach zwei Seelen in
meiner Brust schlagen, auf der einen Seite als Industrieminister
die Bau-Industrie, auf der anderen Seite als Energieminister
die Elektrizitätswirtschaft. Ich versprach ihnen nur als ehrlicher
Makler aufzutreten und mich vorerst bei Dir. Gmeinhart genau
über den Tatbestand, wie ihn die TKW sieht, zu informieren.
Gen.Dir. Wolfsberger von Siemens hat mir beim ITT-Empfang mitge-
teilt, dass Bundeskanzler Kreisky mit Herrn Peter v. Siemens
über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Tullnerfeld gesprochen
hat. Kreisky dürfte dort unbedingt auf den Transport der Brennstäbe
per Flugzeug bestanden haben. Wolfsberger meinte, sie prüfen jetzt
ob man nicht tatsächlich mit Flugzeug diese Brennelemente einfliegen
kann, wofür nach seiner Mitteilung grosse Möglichkeit besteht.
Um die Strasse zu meiden, müsste dann allerdings mit Hubschrauber
vom Militärflughafen Langenlebarn nach Zwentendorf die Brenn-
elemente eingeflogen werden. Ich fürchte, dass diese neue Idee
Kreiskys neuerdings Verzögerungen bringen wird. Wolfsberger
fragte wieder an, ob er mir ernstlich die von der KWU vorge-
brachten Einwände, warum sie nicht ausschliesslich an der Bau-
verzögerung schuld ist, schreiben soll. Ich stellte einmal mehr
klar, dass solange ich nur allgemein höre, dass auch der TÜV und
die Behörde schuld ist, ohne dass mir konkret gesagt wird, wie
und wann und wo und wer und was, die berühmten fünf W, ich nach
wie vor annehmen muss, dass das Verschulden ausschliesslich bei den
Baugesellschaften liegt. Die Argumentation, es bleibt alles offen,
bis das Kraftwerk läuft und dann wird erst festgestellt, wer diese
Verzögerung verursacht, kann ich nicht akzeptieren. Ich bin allerdings
gerne bereit, eine Information strengst vertraulich zu behandeln,
damit nicht der TÜV und andere Behörde die weitere Genehmigung
geben müssen, dann womöglich einen Rechtsstreit über die Behauptung
der Bauunternehmungen beginnen. Ich erklärte einmal mehr dezidiert,
dass unwidersprochen bis jetzt von allen Seiten immer wieder be-
hauptet wird, die Bauunternehmer seien ausschliesslich für die
Verzögerung verantwortlich. Wolfsberger versprach mir eine dies-
bezügliche Gegenschrift.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Wir werden nicht urgieren, doch bin ich sehr ge-
spannt, wie Siemens das Problem sieht.
Die Personalvertretungswahlen bei den Eisenbahnern haben einen
weiteren Zuwachs von 1,7 % soz. Stimmen gebracht. Bei diesem
grossen sozialistischen bisherigen Anteil ist mir dies fast
unerklärlich. Tatsache ist, dass die Eisenbahnergewerkschaft,
und da sie unter soz. Führung steht kommt ihr doch die Erfolge
zugute, imstande war, gerade für die Eisenbahner in Regierungs-
verhandlungen viel zu erreichen. Früher sind die Eisenbahner alle
drei Jahre vorgerückt, jetzt wurde dies auf 2 Jahre reduziert.
Die Verringerung des Personalstandes, die in der letzten Zeit
noch fortschreitet und natürlich immer schwieriger wird, hat
scheinbar auf die Wahlen keinen Einfluss. Hier gibt die Überlegung,
die auch ich immer wieder in meiner Gewerkschaft predige, die
in den Betrieben verbleiben, sind nicht so erschüttert, wenn es
durch natürlichen Abgang zu einer Reduktion der Beschäftigten
kommt. Den Arbeitern erscheint klar und einleuchtend, dass eine
geringere Anzahl von Beschäftigten durch rationelleres Arbeiten
einen sicheren Arbeitsplatz haben als aufgeblähte grosse Ver-
waltungen und Betriebe. Trotzdem ist der Erfolg der Eisenbahner
gigantisch im Hinblick auf die Attacken, die die ÖVP, insbe-
sondere der ÖAAB, ständig gegen die Regierungspolitik und gegen
die Gewerkschaftspolitik – sie unterstützen ja angeblich nur die
Regierung – reitet. Die Meinungsumfragen, die politischen Wahl-
ergebnisse und jetzt auch noch die Betriebsratswahl-Ergebnisse
lassen doch mit Berechtigung den Schluss zu, dass abgesehen von
dem September-Tief, wo die ÖVP näher an die Sozialisten herangekommen
ist, jetzt wieder der alte Abstand besteht. Viel wird vom nächsten
Jahr insbesondere von den Landtagswahlen in Wien abhängen. Sollten
die für die ÖVP aus nicht befriedigend ausgehen, dann wird es
ihnen kaum gelingen, bis zu den Nationalratswahlen wirklich eine
Alternative zu präsentieren und sich mit Taus und Lanner zu
profilieren.
Tagesprogramm, 30.11.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)