Donnerstag, der 15. September 1977

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Donnerstag, 15.September 1977

Die Ministerbesprechung, Vorsitz Aussenminister Pahr, Vorsitz
Haferkamp, brachte keine neuen Erkenntnisse. Das Wunder ist
nicht eingetreten, er hat wie gestern versprochen, heute keine
konkreten Zusagen machen können. Er erklärte nur dezidiert, er
wird sich immer für eine liberalere Handhabung einschalten.
Auch für Zuchtrinder soll keinesfalls administrative Hemmnisse,
wie Herdbuch, Tiereintragung usw. erfolgen. Bezüglich des Papier-
kontingentes wird er sich einsetzen, dass die jetzige Handhabung
nach überschreiten der Plafonds nicht Erhebung der erhöhten Zölle
Platz greift. Eine Erhöhung des Kontingentes um 5 % auch für Druckpapier
und Schreibpapier, das ich von ihm verlangte, wird er sich bemühen
durchzusetzen. Beim Stahlkontingent erklärt er dezidiert, die Kom-
petenz liegt bei der Kommission und nicht mehr in England. Wenn
ein Antidumpingverfahren eingeleitet wird hat er gestern seinen
Mitarbeitern geflüstert, müsste man dies wie die jetzige Regelung
vorsieht, an die Kommission ziehen. Offizielle hat er aber eine
diesbezügliche Erklärung nicht abgegeben. Androsch berichtete
dann über die Transitsteuer. Obwohl Haferkamp vorher Moser und
Lausecker zugesichert hatte, eine Studie solle jetzt die Möglich-
keit der Finanzierung der Gastarbeiterroute klären, meinte er auf
die Ankündigung Androsch von Einführung einer Transitsteuer, dass
nicht zweimal gezahlt werden kann. Da ich überzeugt bin, dass die
EG, auch wenn eine solche Studie vorliegt, eine Finanzierung der
Gastarbeiterroute ausserhalb der EG wahrscheinlich nicht – er meinte
nur es würde schwer sein – zu tragen kommt, wird die gute Ausrede
die Einführung der Transitsteuer sein. Androsch dürfte nämlich fest
entschlossen sein, sich diese Einnahmequelle zu erschliessen. Die
EG-Kommission wird keinesfalls zeitgerecht die Alternative, keine
Transitsteuer, dafür so und so viele Milliarden Mitfinanzierung der
Gastarbeiterroute stellen. Sie wird prüfen, untersuchen, keinerlei
konkrete Zusagen machen und Androsch wird deshalb die Transitsteuer
erlassen. Dann wird man erklären, zweimal zahlen – wie Haferkamp
das jetzt schon tat – kommt nicht in Frage und zum Glück ist dies
alles nicht mein Problem. Ich erwarte mir seit 1972 nach Abschluss
des Vertrages mit der EG keinerlei weitere Fortschritte. Ich kann
deshalb auch nicht enttäuscht werden.

Die Aussprache mit dem im ungarischen Schwerministerium, Bicat,
brachte den optisch erwünschten Erfolg. LH Kery, Finanzreferent


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Vogl, Wirtschaftsreferent Jachodolski waren neben Gen.Dir.
Erbacher, Verbundgesellschaft, Bergrat Juvancic, VÖEST-Alpine
Konzern, S.Chef Frank und etlichen anderen anwesend. Die Ungarn
haben in Wirklichkeit nur Interesse nur ihre Kohle zu verkaufen.
Da sie dieses Lignitfeld für sich selbst nicht abbauen werden.
Die Lignite sind zu schlecht, 1.600 bis max. 2.000 Kilokalorien.
Für Österreich hat Erbacher mir aber vorher dezidiert erklärt,
wäre dies ein interessantes Projekt Ende der 80er-Jahre. Unsere
50 bis 70 Mio Tonnen sollen unter der Erde als Reserve bleiben
und man sollte mit den ungarischen Kohlen zweimal 300 Me Blöcke
die Verstromung beginnen. Die 85 Schilling 10^6 Wärmeeinheit
die Frank mit den ungarischen Vertretern in Tatabanya vereinbart
hatten, hält nicht mehr. Der Staatssekretär erklärte dezidiert, sie
geben uns volle Bucheinsicht, man könnte also mit der Kooperation
auch die Kosten genau kontrollieren. Die Ungarn erwarten aber
einen Profit aus diesem Geschäft und glauben, dass der Preis der
seinerzeit eben genannt wurde, den nicht beinhaltet. Wir einigten
uns darauf, dass jetzt einmal die Techniker, Bergleute usw. die
Besprechung führen sollten, um festzustellen, wie und wo dieses
Kraftwerk errichtet wird, welche Kohle dafür in Frage kommt und wie
diese abzubauen sei. Bei der Besichtigung habe ich dann unter vier
Augen dem Staatssekretär erklärt, wenn sie auch jetzt sich nicht
an dem Elektrizitätswerk direkt beteiligen wollen, eine solche
Lösung für die Zukunft aber ins Auge gefasst werden soll. Er
hält dies momentan für ausgeschlossen, möchte aber für die
Zukunft nicht endgültig ablehnen. Für mich war diese Zusage des-
halb so wichtig, weil wir dadurch einen Grund haben, das Kraftwerk
ganz dicht an der Grenze zu bauen. Nur unter diesen Umständen würden
sie wahrscheinlich die Verschmutzung aus dem Kraftwerk, wenn sie
auch noch so gering sein wird, zur Kenntnis nehmen, Dies erklärte
ich auch unter vier Augen dem LH Kery. Kery meint momentan gibt es
noch Schwierigkeiten mit den Weinbauern der Gegend, weil diese
noch immer um ihre Rebstöcke fürchten. Wir müssen deshalb das
Kraftwerk so nahe wie möglich an die Grenze bringen. Für mich aus
der Karte und aus den beiden Besichtigungen, ergäbe sich die beste
Lage allerdings fast auf dem Kohlenflöz direkt in der Grenzaus-
buchtung nach Ungarn. Aus einer Nebenbemerkung des Staatssekretärs
habe ich entnommen, dass diese selbstverständlich wissen, dass
die Lokation des Kraftwerkes die Verschmutzung alle nach Ungarn
bringt. Ich erklärte allerdings, solange nur ein Westwind geht


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und manchmal weht auch ein Ostwind.

In Bad Tatzmannsdorf hat mich dann LR Vogl ersucht, wir sollten
den ERP-Ersatzkredit für das Kurbad Tatzmannsdorf AG, das dem
Land gehört, den ERP-Ersatzkredit nicht im November, wie jetzt
vorgesehen, sondern schon im Oktober ausbezahlen. Mag. Loibersbeck,
der neue Direktor, hat mich inständig darum ersucht. Da sie diesen
Kredit dringendst brauchen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte entsprechendes veranlassen und mit
Loibersbeck reden.

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Tagesprogramm, 15.9.1977


Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


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