Mittwoch, der 14. September 1977

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Mittwoch, 14. September 1977

Redakteurin Gibs macht jetzt für den ORF – Konsumentensendung
über Altrohstoff. Unwahrscheinlich, wie diese Materie jetzt ankommt.
Meiner Meinung nach müsste man diese Story in einer grossen
Public-relations-Aktion verbreitern, dies würde uns fast
nichts kosten und der Sache sehr nützlich sein. Ich kann mich
nicht erinnern, dass in den vergangenen sieben Jahren jemals
eine so günstige Situation für Recycling gewesen ist.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Besprich mit Koppe, wie wir hier vorgehen
sollen.

Die Vorbesprechung mit Vizepräsident Haferkamp, Haiden und mir
war zuerst rein SPD- und SPÖ-mässig. Leider kam dann verspätet
weil das Auto irgendwie steckenblieb auch der Gen.Direktor des
Brüsseler Aussenamtes und unser Botschafter Seyffertitz dazu.
Einleitend hatte ich nämlich klar und deutlich gesagt, dass
aus politischen Gründen es dringendst notwendig ist, dass wir
irgendwelche Erfolge in Brüssel erzielen. Beim Hinübergehen dann
in den Sitzungssaal klagte mir Haferkampf, dass es traurig sei,
aber in der EG gibt es Diskussionen, ob man Tomatenmark aus Portugal
importieren soll, auch dann wenn man dem entgegenhält, dass damit
vielleicht die portugiesische Demokratie gerettet wird. Dieses
Problem kenne ich aus der EFTA, wie wir den 100-Mill.-$-Kredit
den Portugiesen gegeben haben. Die Krämerseelen sind überall und
ich muss gestehen, ein wenig bin auch ich schon davon angesteckt.
Vielleicht gar nicht mehr er wenig, vielleicht sogar schon sehr
stark. In der offiziellen Aussprache hat dann LWM Haiden ganz be-
sonders auf die Wünsche der österr. Agrarier verwiesen. Was Haiden
befürchtet, ist, dass jetzt auch Zuchtrinder in der Regime einbe-
zogen von Seiten der EG-Agrarier dann Handelshemmnisse errichtet
werden. Jetzt beginnt man bereits zu verlangen, dass die österr.
Zuchtrinder, wenn sie nach Italien gehen, in die dortigen Herdbücher
eingetragen sein müssen. Von 50 – 60.000 sind es jetzt erst 3.000,
die eingetragen sind. Die weit grössere Gefahr aber ist, dass
man womöglich dann wieder in diesem Sektor auch Erstattungen und
Abschöpfungen einführt. Haferkamp erklärt immer dezidiert, dass
er sich für die liberale Regelung gegen jedwede protektionistische
Massnahme ausspricht. Ich glaube ihm dies auch, aber der Rat d.h.



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die Minister und dort ganz besonders die Agrarminister nehmen ausser
den deutschen meistens andere Stellungen ein. Der weitere Wunsch Haidens
war, dass auf dem Nutzrinder-Sektor der Rat der Erhöhung von 30 auf
38.000 zustimmen möge. Haferkamp versicherte, dass er sich nicht
nur dafür einsetzt und die ganze Kommission dies wünscht sondern
dass er fest davon überzeugt, dass der Rat dies auch in der Oktober-
oder spätestens November-Sitzung beschliessen wird. Bezüglich des
Importes von Qualitätsweinen und die Regelung von über 15 % Alkoholge-
halt, denkt Haferkamp, könnte in Verhandlungen positiv gelöst werden.
Dass wir hier schon jahrelang verhandeln, beeindruckt weder ihn
noch uns eigentlich, denn wir wissen, wie ungeheuer schwierig
auch nur die kleinsten Verbesserungen auf dem Agrarsektor für Österreich
zu erreichen sind. Ich verwies einleitend darauf, dass die EG
eine moralische Verpflichtung hat, Österreich aus dem Handelsbilanz-
defizit gegenüber den EG-Staaten herauszuhelfen. Die EG wehrt sich
gegen ihr Handelsbilanzdefizit gegenüber Japan, das allerdings branchen-
mässig besonders durch die Schiffsbau- und Stahlproduktion bedingt
ist, umso mehr kann Österreich, das dasselbe Handelsbilanzdefizit als
kleines Handelsland gegenüber der EG hat entsprechende Forderungen
stellen. Haferkamp hatte mir angedeutet, ich sollte ruhig ganz energisch
solche Forderungen vortragen, denn er braucht dies in der Kommission
und ganz besonders dann gegenüber den einzelnen Ländern. Als konkrete
Massnahme verlangte ich sofort, dass den sensiblen Produkten, die
Österreich schwer benachteiligen, eine besondere Aufmerksamkeit
zugewendet wird. Bei Stahl, wo wir ca. 50 Mill. S Zölle errichten
müssen, weil sich der Zollabbau entsprechend verzögert, wollen
insbesondere die Engländer jetzt weitere Stahlsorten in die automatische
Lizenzierung einbeziehen. Sie verlangen aber jetzt auch nicht nur
die Angabe der Menge sondern auf der Presse, bevor diese Importscheine
bestätigt werden. Dadurch wird in grösserem Ausmass die Möglichkeit
der Information der eigenen Stahlwerke über die Mengen- und Preis-
politik der österr. Stahlwerke gegeben. Insbesondere beschwerte ich
mich, dass die VÖEST-Alpine mich informiert, in Italien würden ihre
Preise der Konkurrenz bekanntgegeben. Haferkamp hat sofort erklärt,
dass dies zwar den Bestimmungen widerspricht, ohne weiteres aber möglich
ist und er wird sich einsetzen, dass dieser Zustand geändert wird.
Auf dem Papiersektor, wo die Zollbelastung 250 Mill. S der österr.
Papierindustrie kostet, wird insbesondere die bisher gehandhabte
Politik, wenn die Plafonds erfüllt sind, dann darüber hinausgehende
Mengen nicht sofort mit erhöhten Zöllen belegt werden, fortgesetzt.



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Sein Referent erklärte ihm, dass nur ganz kurze Zeit nach Überschrei-
ten der Plafonds-Grenze die EG dann die vollen Zölle eingehoben hat.
In der Vorbesprechung hatte ich Haferkamp bereits darauf aufmerksam
gemacht, dass dies zufälligerweise und daran glaubt doch niemand nach
der Einführung der Strumpfhosen-Mindestpreise der Fall war. Für alle
erkenntlich eine deutliche Retorsionsmassnahme, natürlich nicht
als solche deklariert. Haferkamp versichert mir, er wird alles unter-
nehmen, um diese Lage für uns positiv zu lösen. Vor allem hoffen
wir, dass wir eine Erhöhung der zollbegünstigten Lieferquoten er-
halten können. Unsere Wünsche sind in Wirklichkeit sehr bescheiden
und ich habe sie neuerdings in einem Schreiben, das ich ihm dann
zum Mittagessen mitbrachte schriftlich festgehalten. Er selbst hat
dieses Schreiben sofort gelesen, seinem Kabinettchef sofort gegeben
und ersucht, er soll sofort mit Brüssel Kontakt aufnehmen, ob man
uns nicht bei der morgigen Sitzung konkrete Zusagen machen kann.
Ich kann mir dies zwar nicht vorstellen, doch wäre dies in meinen
Augen eine Lösung, die die EG in einem ganz neuen Licht mir zeigen
würde. Dass ein Vizepräsident imstande ist, in der Kommission oder
besser gesagt in der Bürokratie in Brüssel von heute auf morgen
konkrete Zusagen durchzusetzen, die dann am nächsten Tag von ihm
offiziell bestätigt werden, grenzte meiner Meinung nach an ein Wunder.
Bei alle den Aussprachen und auch dann bei dem Mittagstisch konnte
ich bei seiner Begrüssung offiziell feststellen, dass der persönliche
Kontakt, das Verständnis für Österreich die menschliche Beziehung
die beste zwischen den beiden Vertragspartnern ist. Auch unsere Mission
wird bei allen ihren Wünschen und Gesprächen stets äusserst liebens-
würdig behandelt. Jeder einzelne hat für die österr. Situation ungeheures
Verständnis. Als Kommission oder gar als Rat aber ist die Bürokratie
sei es in Brüssel oder noch viel stärker in den einzelnen Staaten stark
genug, jedwede Zugeständnisse auf ein Minimum zu reduzieren oder
überhaupt jahrelang darüber zu reden und nichts zuzugestehen. Der Vertrag
wird bis zum letzten Beistrich eingehalten, aber an eine Verdichtung der
Integration, an eine liberalere Handhabung daran denkt man vielleicht
aber ist ausserstande sie durchzusetzen. Ich habe mich eigentlich
seit Vertragsabschluss 1972 keiner Illusion hingegeben und ich gebe
mich auch jetzt keiner hin, die EG ist viel zu verbürokratisiert,
ist viel zu sehr jetzt auf die Administration eingestellt, ist nur
bereit Vereinbarungen noch womöglich unter den geringstmöglichen
Zugeständnissen durchzuführen, aber keinesfalls zu verbessern.



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Heute kann man wirklich schon sagen, dass eine Abwicklung des
Vertrages die optimalste Lösung ist, wenn dabei nicht noch Ver-
schlechterungen eintreten. Es könnte nämlich z.B. die Papierindustrie
der EG-Staaten noch die Aufhebung der Plafondierung auch verlangen.
Was man zumindestens bis jetzt unterlassen hat.

Redakteur Swietly von ZiB II ersuchte mich, ich sollte darauf ein-
wirken, dass Haferkamp ihm ein Interview gibt. Tatsächlich ist es mir
dann geglückt, dass wir gemeinsam dann Swietly im Bristol, wo sich
Haferkamp dort ganz besonders für die dortigen Bilder und Ausstattung
der schönen Räume interessierte, Swietly zur Verfügung stand. Zuerst
wollte er keineswegs, denn er meinte, erst nach der morgigen Aussprache
könne man ein zusammenfassendes Bild geben. Dass er von diesem
Plan, den ihm sein Kabinettschef schon vereinbart hatte, abwich,
ist wirklich nur auf die guten persönlichen Beziehungen zurückzu-
führen. Für Swietly aber war es deshalb so entscheidend, denn das
morgige Pressegespräch wird sicherlich von ZiB I aufgenommen und
zuerst gesendet und dann wäre ZiB II leer ausgegangen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Swietly wird Dir diese Geste abgelten.

Dr. Schachter und Dr. Hellar vom ARBÖ teilten mir mit, dass das
Strafverfahren gegen Dr. Hellar wegen des unbefugten Kopierens
der Strassenverkehrsordnung eingestellt wird. Der ÖAMTC hat
darauf verzichtet, das Zivilprozessverfahren läuft weiter. Ebenso
läuft jetzt noch der Prozess wegen der unfairen Methode der Abwerbung
wo am 21. Sekanina und Hofstetter als soz. Gewerkschaftsfraktion
einvernommen werden sollen. Schachter wollte unbedingt eine
Vertagung erreichen und ich habe des Gen.Sekretär Veith vom ÖAMTC
angerufen. Mit wie man so schön sagt Wiener Schmäh und meinen guten
Beziehungen zu Veith gelang mir dies tatsächlich. Überhaupt hoffe
ich, dass sich jetzt schön langsam das Klima verbessert. Gefreut
hat mich, dass Hellar mir nicht lobhudelnd sondern ganz spontan
sagte, wie Du dies einfädelst kann man wirklich nur immer bewundern
und neu dazu lernen. Ich glaube der Erfolg liegt ausschliesslich darin,
dass man sich gegen alle ganz natürlich gibt, auch als Minister nicht
anders ist als man früher war und vor allem unter gar keinen Umständen
jemanden beleidigt. Wenn man differente Auffassungen hat, versucht man
diese menschlich zu bereinigen und vor allem immer dem anderen die
Möglichkeit lässt, seine Meinung nicht nur zu sagen, sondern ihm
auch einen Erfolg, wenn es auch nur ein Teilerfolg ist, ermöglicht.



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Sicherlich ist man dann kein starker und energischer Minister.
Vielleicht hat man dann auch noch den Eindruck, dass sich es der
sehr leicht macht, auf lange Sicht gesehen aber ist dies glaube ich
zumindestens in meinen Augen die bessere Lösung.

Dir. Haselbrunner, begleitet von LAbg. Sevcik wollte dringendst
eine Vorsprache. Neuerdings konnte ich feststellen, dass Sevcik
es sehr geschickt versteht, Problemchen von Firmen und Personen
an mich heranzutragen, damit als guter Manager zu erscheinen
und sich einen ganz guten Namen zu machen. Ich begrüsse solche
Initiativen, denn sie kommen letzten Endes auch unserem Bezirk
sehr zunutze. Haselbrunner befürchtet, dass bei einem Besuch
von Kreisky in der Brünner Strasse der deutsche Generaldirektor
und die anderen deutschen Herren ihn ganz an die Wand drücken
werden. Ich habe dann nach der Paritätischen Kommission mit
Gehart gesprochen und ihn festgelegt, dass er die AEG-Herren
fragen wird, wie sie sich den Ablauf des Besuches vorstellen.
Hier kann er dann entsprechend auftreten.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Haselbrunner soll sich sofort mit Gehart
in Verbindung setzen.

Die CA hat jetzt ihr Reise-Service ganz gross ausgebaut und
am Graben eine Zentrale mit Vortragssaal und Kino im Keller
im Parterre ein Dutzend Schalter mit Wechselstube, die auch am
Samstag offen ist und eine Boutique für 7 Mill. S eingerichtet.
Oben befichten sich die Büroräume, so dass fast 3 Dutzend Beschäftigte
dort für die Kunden zur Verfügung stehen. Die CA hat festgestellt,
dass 70 % ihrer Kunden reisen und nützt natürlich dieses Potential.
Der Umsatz ist von 1974 – 30 Mill. auf 200 Mill. jetzt schon ge-
stiegen. Bei meiner Eröffnung wies ich darauf hin, dass insbesondere
das Service, welches sie ihren Kunden geben, einmalig ist. Liegt
eine Beschwerde des Reiseteilnehmers vor, so wird sofort vom
IRS der Kunde finanziell entschädigt und IRS wird dann gegen den
Leistungsträger Regress nehmen. Dies kann sich im Grunde genommen
auch nur eine starke Organisation wie die CA es ist leisten.
Genau eine solche Regelung müssen wir auch im Interesse des
Schutzes des Konsumenten und Kunden im Reisebürogesetz, oder was
immer an dessen Stelle treten soll, erreichen. Darauf wies ich
ganz besonders hin>.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Dringe bitte darauf, dass es mit den Bespre-
chungen endlich weitergeht.



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Dr. Zolles, ÖFVW, teilte mir vertraulich mit, dass jetzt die
Werbung fast auseinanderfällt. Die Bundesländer aber auch die
Handelskammer beginnen, wie er glaubt, ein Kesseltreiben gegen
meine Person. Dies erschüttert mich sehr wenig. Nach wie vor stehe
ich auf dem Standpunkt, wenn die Bundesländer glauben, sie können
hier gegen den Handelsminister intrigieren, dann werde ich ihnen
mit aller Deutlichkeit sagen, dass der Bund vom nächstjährigen Budget
von 240 Mill. S 60 % davon bezahlt. Auf jedes Bundesland
entfällt ein Bruchteil, selbst wenn ich die 20 % aller Bundes-
länder zusammennehme, dieser Summe.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Besprich mit Zolles, wie die einzelnen
Länder und die einzelnen Kammerfunktionäre sich verhalten.

In der Paritätischen Kommission, die Kreisky zu meiner Überraschung
selbst leitete, gab es überhaupt nichts besonderes. Die Preiserhöhungs-
anträge wurden alle wieder dem Preisunterausschuss zurückgewiesen,
weil man sich in der Präsidentenbesprechung nicht einigen konnte.
Kreisky ist angeblich deshalb gekommen, weil er angenommen hat,
dass ich bereits im Kautsky-Kreis referiere, eher aber nehme
ich an, dass er wieder mehr Kontakt mit der Handelskammer sucht.
Er möchte demonstrieren, wenn auch der Wirtschaftsbund jetzt mit
ihm im Streit ist, er mit der Handelskammer um so mehr zusammen-
arbeitet. Interessanterweise denkt nicht einmal Mussil daran, die
Konfrontation weiter fortzusetzen. Unwahrscheinlich, wie
solche Institutionen doch auf ein gutes Einvernehmen mit dem Bundes-
kanzler grössten Wert legen. Hier glaube ich fürchten sie vor
allem, dass eine einfachgesetzliche Regelung ihr Aussenhandels-
system abändern könnte. Für mich wird es ein Testfall sein,
wie sich die Handelskammer bei der Regelung des Holzwirtschafts-
rates jetzt endgültig verhalten wird, wenn nach zwei Monaten Pause
– wie ich ihnen zwar nicht zugesagt, aber angedeutet habe – dann
die sehr harten Verhandlungen beginnen werden.

Im Kautsky-Kreis musste ich eine Tour d'Horizon wieder einmal
mehr machen und habe dort auf Grund der mir zur Verfügung stehenden
Daten und Informationen ein optimistisches Bild, wenn auch ganz
besonders auf die grosse Gefahr unseres Zahlungsbilanzdefizites
hinweisend, gegeben. Die Diskussion war sehr lebhaft und alle
sind der Meinung, dass unser Kurs der Hartwährung, der Preisdämpfung,
der Vollbeschäftigung, ja sogar der Einkommensteigerungsrücknahme
der richtige ist. Insbesondere das letztere musste ich den dortigen


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Genossen klar und deutlich vor Augenführen. Natürlich war
die Kollektivvertragserhöhung 1975 von 18,6 % zu hoch, wenn
man diese Ziffer allein sieht. Man müsste aber wahrscheinlich eine
Analyse machen, welche Branchen hier nachgezogen haben und wie
dort die absoluten Löhne aussehen. 1976 sind wir dann schon auf
10 % zurückgegangen und 1977 liegen wir jetzt insbesondere in
den letzten Monaten knapp über der Verbraucherpreissteigerung.
Die Lohnerhöhung z.B. in der Brauindustrie und jetzt in der
Zuckerindustrie von 7,5 % bringt eindeutig knapp eine Reallohn-
haltung, denn von diesem über den Verbraucherpreisen liegenden
Lohnerhöhungssatz muss man ja die Steuer und vor allem einmal
die Sozialversicherung abrechnen.

ANMERKUNG FÜR MARSCH: Bitte rechne mir einmal die globale Ein-
kommensverbesserung mit Abzügen durch.

Alle wendeten sich gegen eine Weichwährungspolitik ausser Milford,
der schon immer sich dadurch ausgezeichnet hatte, dass er prinzipiell
gegen die Mehrheit war, obskure Vorschläge machte und solange ich
ihn in der Arbeiterkammer noch zu betreuen hatte, überhaupt nichts
fertigbrachte. Vranitzky von der CA hat mit Recht darauf verwiesen,
dass er sich sogar gegen eine Surcharge aussprechen würde,
weil dies bereits eine Vorstufe der Abwertung ist. Die Betriebe
der verstaatlichten aber auch die privaten sind derzeit in
einer komischen Situation. Vranitzky bestätigte meine Aussage,
dass man früher von einer gespalteten Konjunktur geredet hat
z.B. noch Konsumgüterindustrie gut beschäftigt, Investitions-
güterindustrie schlecht, man dies aber jetzt auch nicht mehr machen
kann. Sepp Wille meinte, es sei eine zerrissene Konjunktur.
Ich selbst hatte nämlich in meinem Vortrag klar und deutlich
zum Ausdruck gebracht, dass es in einzelnen Sparten und Branchen
ganz verschiedene Situationen gibt. Betriebe, die noch gut
ausgelastet sind, ja selbst auch noch gute Gewinne erzielen,
während es andere gibt, die wirklich schon knapp vor dem Zu-
sperren stehen. Grünwald, ÖIAG, meinte, es müsste ein Bündel
von Massnahmen gefunden werden. Die Regierung ja die ganze
Öffentlichkeit zeigt eine gewisse Konzeptmüdigkeit, weil es
bis jetzt immer zum Konzipieren von Plänen gekommen ist, an der
Durchführung aber dann sehr gehapert hat. Wir stehen, wie er
sich richtig ausdrückte, vor einem Jahrzehnte-Problem, wenn
es uns nämlich nicht gelingt, diese Strukturschwierigkeiten zu be-
heben, die Wirtschaft wieder florierend zu machen, dann wird der


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alte Slogan: Die Sozi können höchstens das Geld ausgeben und
sind für die kleinen Leute, erwirtschaften, eine Wirtschaft
die Unternehmer führen, können sie aber nicht. Rieger meinte
zum Schluss dann, er sei für mehr dirigistische Massnahmen,
wovon ich mich ganz entschieden distanzierte, weil ich auf Grund
der siebenjährigen Erfahrung mit einer Bürokratie weiss, was man
damit wirklich erreichen kann, verlangte mehr Energiesparen,
wo ich ihm nachweisen konnte, dass wir sehr wohl schon einiges
getan haben. Dass aber auch hier wieder die Durchführung mangels
gesetzlicher Möglichkeiten scheiterte. Einen erhöhten Mehrwert-
steuersatz, Frankreich beträgt er 33 %, damit spekuliert übrigens
jetzt auch Androsch und vielleicht auch Kreisky, und insbesondere eine
Verschärfung der Devisenbestimmungen für Auslandsreisen. 26.000 S
sind zu viel, jedermann kann sie ja einige Male bei den verschiedensten
Banken ohne weiteres holen, weshalb wieder die Passeintragung kommen müss-
te und eine verschärfte Grenzkontrolle. 15.000 S kann jeder ausserdem
noch in Schilling ins Ausland mitnehmen, die nach Meinung Riegers
überhaupt nicht notwendig seien. Mit solchen Ideen spekuliert
übrigens auch Kreisky, ich bin sehr gespannt, ob Androsch dies
machen wird. In Wirklichkeit, bin ich fest überzeugt, wird es
kaum eine Kontrolle geben, weshalb alle solche Anordnungen nur Optik
sind. Eines, da hat Rieger vollkommen recht, ist notwendig, die
Regierung muss handeln und entscheiden. Dies wird sicherlich ge-
schehen, denn bis jetzt hat sie dies in den sieben Jahren stets ge-
tan, nur in der Sommerdiskussion war der Eindruck eines untätigen zer-
strittenen Regierungslagers.

Anschliessend diskutierte ich mit Lachs, Wille und Grünwald die
Frage der Wegwerfflaschen. Grünwald wollte von mir jetzt eine schnelle
Entscheidung über die Einwegflaschen, denn sonst wird Aluminium-
Ranshofen eine Dosenproduktion aufnehmen. Tommy Lachs verwies auf
die amerikanischen Erfahrungen, wo es verheerend ist, da dort zu
spät Massnahmen gesetzt werden. Ich habe ja mit meinem ewigen
Reden gegen die Einwegflaschen wenigstens erreicht, dass die Unternehmer
jetzt nicht Investitionen tätigen, die man dann kaum mehr zurück-
schrauben kann. Auf die Dauer allein kann es aber mit diesen Warnungen
nicht genügen. Grünwald und auch Wille verlangten eine Entscheidung
so schnell wie möglich. Ich habe sie auch an Sekt.Chef Wanke verwiesen,
weil dort die entsprechenden Vorschläge erarbeitet werden. Besonders
verwies ich natürlich auf die legistischen Schwierigkeiten, wie sie


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Wanke immer darlegt. Eigentlich bin ich aber fest entschlossen,
selbst ohne eine einwandfreie gesetzliche Deckung jetzt einen
entsprechenden Schlusstrich unter die Debatte zu setzen und ein
Gesetz vorzulegen.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte versuche eine endgültige Lösung mit
der Handelskammer und der Arbeiterkammer zu vereinbaren.

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Tagesprogramm, 14.9.1977

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: ORF-Wirtschaftsjournalist


Einträge mit Erwähnung:
    GND ID: 1017902909


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      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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        Tätigkeit: MR HM


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          Tätigkeit: AEG


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            Tätigkeit: SPÖ-GR-Abg. (Landstraße)


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              Tätigkeit: CR "Das Kleine Blatt"


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                  Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                    Tätigkeit: ÖAMTC


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                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ARBÖ


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                            Tätigkeit: Beamter HM


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                              Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


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                                  Tätigkeit: EG-Kommissar


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                                    Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                      Tätigkeit: SChef HM
                                      GND ID: 12195126X


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                                        Tätigkeit: RA, SPÖ


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                                          Tätigkeit: Büro Staribacher; ÖIAG
                                          GND ID: 1053195672


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                                            Tätigkeit: Botschafter


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                                              Tätigkeit: Ökonom wirt.-wiss. Abt. AK


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                                                Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                                GND ID: 136895662


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                                                    Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                    GND ID: 118566512


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                                                          Tätigkeit: Finanzminister
                                                          GND ID: 118503049


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