Freitag, 16. September 1977
Der Besuch in Brünn verlief wie erwartet. Zuerst besuchte ich
die Messe. Insbesonders zeigten mir die Tschechen den Skoda-Stand
wo Komponenten der Kernkraftwerksausrüstung zu sehen waren. Von
Woronesch gab es ein Modell, wo ein sowjetischer Experte Erklärungen
abgab. Im Detail dürfte er sich aber auch nicht ausgekannt haben,
denn meine Frage, wo die eigentlichen Schutzeinrichtungen zu sehen
sind, konnte er nicht befriedigend beantworten. Er sprach nur immer
davon, das Containment sei sicher, behauptete sogar eines aus
Stahl zu haben, meinte aber damit scheinbar nur die Reaktorumfas-
sung. Vielleicht aber ist es auch über die tschechische-russische
Übersetzung nicht so deutlich zu erklären gewesen, als ich es
gerne gewusst hätte. Skoda erzeugt jetzt einige Komponenten auch für
Sowjetunion und scheinbar auch für ihre Kraftwerke in Bohovice .
Ursprünglich wollte ich ja gar nicht zur Brünner Messe fahren, wenn
nicht gleichzeitig eine Möglichkeit des Besuches vom Kernkraftwerk
Bohovice eingeplant wird. Dort hätte ich so gerne unsere Fachleute
mitgenommen, damit sie ein konkretes Beispiel eines Woronesch
studieren können. Aus welchen Gründen konnte ich nicht erfahren,
aber auf alle Fälle waren die Besuche, die mir bereits zugesagt wurden,
abgesagt. Als Ausgleich nach Brünn einige Fachleute, vielleicht
sogar einen Vizeminister zu bringen, war für mich vollkommen unin-
teressant. Da werde ich lieber weiter insistieren um doch noch
einmal nach Bohovice zugelassen zu werden. Min.Präsident Štrougal
wollte angeblich mit mir auf der Brünner Messe zusammenkommen. Dies
hat mir Barčák in Warschau strengst vertraulich mitgeteilt. Štrougal
hat aber den ersten Sekretär nach Ungarn begleitet. Dies wurde mir
von der ungarischen Delegation, Staatssekretär Juhas bestätigt.
Barčák entschuldigte sich deshalb bei mir, wobei mir klar war, dass
er ja auch in diesem Fall nichts dafür kann. Am meisten begeistert
war Botschafter Pasch und unser HR Bittner, die uns an der Grenze
erwarteten von meinem Besuch. Beide meinten, dass es unbedingt
notwendig war, jetzt einen Minister nach der CSSR zu schicken, weil
damit das Klima wesentlich verbessert wird.
Bei dem Messebesuch besuchte ich vor allem auch unsere österreichi-
schen Firmen. Bei der VÖEST-Alpine erfuhr ich, dass im Vorjahr die
VÖEST für 1 Mia. Schilling Kohle und Koks importiert hat und für
523 Mio. Schilling exportieren konnte. Heuer wird eine wesentliche
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Reduktion der Kohle-Koksmengen eintreten, weil die VÖEST
unter Absatzschwierigkeiten leidet. Statt 660.000 Tonnen
Koks-Kohle, 650.000, statt 330.000 Hochofenkoks 280.000, statt
80.000 Tonnen Sinterkoks 60.000. Die angegebenen Bezugsmengen sind
für heuer Höchstmengen. Die anderen Firmen Edelstahl, Plasser &
Theurer, Andritz, Ruthner, die wir ebenfalls besuchten, hatten die
Hoffnung, wenigstens ihre Ausstellungsexponate zu verkaufen.
Andritz und Ruthner aber haben nur Bilder und Besprechungskojen.
Mehr brauchen sie auch in meinen Augen gar nicht. Bei den Ost-
staaten genügt meiner Meinung nach, wenn die dafür Verantwortlichen
oder mit einem Projekt beschäftigten zur Messe geladen werden, dort
womöglich gut bewirtet und man ihnen die Details erklärt. Da die Ent-
scheidung letzten Endes ganz oben fällt, ist es wichtig, die Unter-
läufer selbst bis zum kleinsten Referenten hinab entsprechend zu
beeinflussen. Im arabischen und afrikanischen Raum geschieht dies
mit entsprechenden Anbahnungsspesen. Im Osten ist es wenig kompli-
zierter.
Die Aussprache mit Barčák leitete ich, obwohl er daran gar nicht
interessiert war, wie ich aus einer Bemerkung entnahm, doch mit
meinem guten alten System ein. Ich überreichte der tschechischen
Delegation die Liste von Österreich-Exporten und Kooperations-
wünschen. Wir besprachen sie im einzelnen sogar durch, obwohl Barčák
nicht bereit war, eine konkrete Zusage, ja oder auch nur Bemerkung
dazu zu machen. Der zweite wichtige Punkt war die Frage des neuen
Handelsabkommens. Die Tschechen haben auf unseren Vorschlag bis
jetzt nicht geantwortet, Barčák erklärte sie würden dies noch genauer
studieren und wünschten in das neue Abkommen konkretere Aussagen.
Dies dürfte aber eine reine Ausrede sein, wie mir auch HR Bittner
versicherte. Die vom Aussenministerium vorgeschlagene Formulierung
ist für die Tschechen unannehmbar. Dafür habe ich sogar Verständnis.
Eine Rücksprache mit Aussenminister Pahr ergab, dass auch er die
Meinung vertritt, eine solche Formulierung könne man von Oststaaten
nicht erwarten. Das Aussenamt hat infolge von Helsinki Auskunfts-
pflicht, Unterstützung von österreichischen Organisationen usw. ver-
langt, die im Westen sicherlich selbstverständlich ,im Osten aber
absolut unmöglich ist. Barčák und ich kamen überein, dass jetzt
die Experten über diese Probleme verhandeln sollen, dass aber nicht
gleichzeitig wieder unzählige Sitzungen ablaufen müssen. Auch hier
ist es für mich klar, dass insbesondere die Ostbeamten sehr gerne
nach dem Westen fahren, weshalb sie langwierige Verhandlungen und Sitzungen
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sehr gerne haben. Barčák meinte zu seinem Sektionschef, er sorgte
für Tourismus, was diesen ein wenig erschütterte. Im September
wird noch die Gemischte Kooperationskommission nach Wien kommen,
im November hat man vorgeschlagen, soll die grosse Gemischte
tschechisch-österreichische Kommission des Aussenministeriums in
Wien tagen und zwischendurch soll man über den 10-jährigen Handels-
vertrag nach Wunsch der Beamten in Prag verhandeln. Ganz sinnlos
stellte sowohl Barčák als ich fest. Die Geschäfte werden von den
Firmen abgeschlossen und dort muss es einen besseren Kontakt und
mehr Initiative geben. Die Behörden sowohl tschechischer, als auch ganz
besonders österreichischer Seite, können ja nur immer dann den
Sanctus zu einer solchen Entwicklung aussprechen. Die Beeinflussung
ist minimalst, um nicht zu sagen, null.
In Wien erwartete Redakteur Swietly von mir eine Stellungnahme
für ZiB 2 zur Äusserung Amusegars, Persien würde österreichischen
Atommüll übernehmen, wenn ein diesbezüglicher Antrag käme. Re-
dakteur Mayer hat Amusegar in Teheran interviewt und dieser Teil
wurde im Fernsehen übertragen. Zum Glück konnte ich bei meiner
Antwort, was Österreich machen wird, sofort erklären, auch nach der
ersten Ankündigung des Schah, dass Persien den Atommüll Europas
nimmt, habe ich sofort den österreichischen Botschafter in Teheran
beauftragt zu recherchieren und mit dem persischen Botschafter in
Wien eingehend darüber diskutiert. Er versicherte mir, dass es sich
um ein Missverständnis gehandelt hat und dass nicht die Absicht be-
steht, wie das die deutsche Nachrichtenagentur mitteilte, dass
tatsächlich sofort ein Vertrag abgeschlossen werden kann, wo sich
Persien verpflichtet den Atommüll zu übernehmen. Der Schah hat
nur angedeutet, man sollte so etwas studieren und im Rahmen von
internationalen Verträgen versuchen zu regeln. Selbstverständlich
werde ich jetzt sofort auf diesen Hinweis Amusegar neuerdings
Recherchen anstellen. Abends rief dann noch Dir. Bandhauer an, um
mir mitzuteilen, dass es zweckmässig wäre, wenn jemand von der KKWP
Frau Minister Firnberg nach Teheran begleiten würde. Firnberg
fährt Dienstag zu einem offiziellen Besuch nach dem Iran.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Janitschek soll sich bereit halten.
Botschafter Eiselsberg, der zuerst zu seinem Schwager Dr. Haffner
kommen sollte, dort aber nicht erschien, ist dann spät abends zu
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mir nach Hause gekommen. Er wollte mir unbedingt die Unterlagen
eines grossen Geschäftes der Firma Eisenberg geben. Eisenberg
war zweimal in Vietnam und hat dort für 500 Mio Dollar einen Rahmen-
vertrag abgeschlossen. Eiselsberg hat in der vietnamesischen
Botschaft in Paris mit einem Vize-Aussenhandelsminister diese
Geschäfte vorbereitet. Unter anderem würde Steyr-Daimler-Puch
für 100 Mio. Dollar in 5 Jahren Traktoren liefern können. Sogar
der Preis mit 185.000 Schilling cif Hainfong für den 768-er
und für den 988-er 278.000 Schilling wurde bereits fixiert. Im
November soll eine Vorführung in Vietnam stattfinden, da diese Trakto-
ren 50 cm unter Wasser im Reisfeld noch arbeiten müssen. Wenn diese
Bedingung erfüllt ist, steht dem Abschluss angeblich nichts mehr
im Wege. Eisenberg hat mit vielen anderen Staaten scheinbar auch
Vorgespräche, den alle wie Engländer, Italiener, Jugoslawen, Brasi-
lianer, Niederländer sind daran beteiligt. Voraussetzung, meint
Eiselsberg, wäre, dass man jetzt eine vietnamesische Delegation
für den 15. - 16. Oktober nach Wien einlädt. Details könnte man mit
dem Vertreter Eisenbergs, Hr. Dr. Swoboda, in Wien besprechen. Ich ver-
sicherte Eiselsberg, dass wir dieses Projekt sehr unterstützen
werden, ich den Vietnamesischen Aussenhandelsminister einlade,
wen er dann schickt bleibt ihm überlassen. Die ganze Angelegenheit
ist deshalb in meinen Augen in guten Händen, denn im Büro wird Dr.
Haffner sein Schwager, diese Frage im einzelnen weiter verfolgen.
Für mich ist nur eines unerklärlich, wie es Eisenberg gelingt,
diese Riesenprojekte ohne eine Ausschreibung durchzubringen. Die
Erklärung Eiselsberg, dass die Amerikaner in Vietnam noch keine
Chance haben, die Japaner mit 16 Mia Dollar alte Schulden, sich
noch nicht mit den Vietnamesen einigen konnten, die Deutschen dort
auch nicht sehr beliebt sind, die Franzosen als ehemalige Kolonial-
macht überhaupt in diesen Projekten nicht aufscheinen, ist für mich
noch keine Erklärung. Wenn z.B. allen Ernstes die Absicht besteht
Eisenbahnwaggons zu kaufen, dann könnte allein durch ein heranziehen
der indischen Lieferfirmen sofort ein derartige tiefer Preis von
den Vietnamesen erzielt werden, den wir kaum halten können. Eisen-
berg ist der Meinung, so sagte mir unser Botschafter, dass jetzt
in Vietnam dieselbe Situation wirtschaftlich ist, wie er sie vor
etlichen Jahren in Südkorea vorgefunden hat und dort die besten Ge-
schäfte machen konnte.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass dir Swoboda kommen und regle
deren Wünsche bezüglich der Einladung.
Tagesprogramm, 16.9.1977