Dienstag, der 19. Juli 1977

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Dienstag, 19. Juli 1977

Immer wieder muss ich feststellen, dass Kleinigkeiten zu grösseren
Auseinandersetzungen führen. Innerhalb der Regierung hat es eine
klare Entscheidung gegeben, als das Gebührengesetz wieder einmal
novelliert wurde. Vor Jahren hat der Finanzminister festgestellt,
dass Anfragen an den Minister und deren Antwort nicht zu verge-
bühren sind. Eine einzige Ausnahme war, wenn der Anfragende
damit eine sonst notwendige aktenmässige Erledigung durch die
normale Behörde umgehen wollte. Das typische Beispiel war, wie
Androsch damals demonstrierte, jemand sucht bei ihm um eine Steuer-
stundung oder Steuernachlass an. Würde er dies über das Finanzamt
machen müsste er vergebühren, wenn er es über ihn macht und nicht
vergebührt, so wäre dies eine ungerechte Behandlung. Sekt.Chef Jagoda
und auch andere weitblickende Beamte haben sich deshalb vom Finanz-
ministerium erlassmässig entsprechende Gebührenbefreiungen bestätigen
lassen. Die Abteilung III/1 hat nun ans Ministerbüro einen solchen
Erlass gerichtet und um weitere Veranlassung gebeten. Genau dasselbe
Schreiben, nämlich die Durchschrift nur Adressat Abteilung Schwarz
hat dazu geführt, dass er einen diesbezüglichen Erlass-Erläuterung
jetzt herausgegeben hat. Pleschiutschnig fühlte sich übergangen
prüfte den Tatbestand nicht im Detail und schon hat es einen Krach
gegeben. Mir ging es dabei weniger um die materielle Seite
dieser Angelegenheit als um die formelle. Materiell kann man näm-
lich sowieso nichts ändern. Obwohl die Lösung saublöd ist.Wenn
jemand um einen Kredit anfragt, wo er wirklich dann etwas vom
Staat bekommt, ist er gebührenfrei, wenn es über das Ministerbüro
abgewickelt. Fragt aber jemand an, warum auf Grund des Laden-
schlussgesetzes, wo er doch ein Fremdenverkehrsbetrieb ist und
im Interesse Österreichs länger offenhalten will und nicht darf,
dann muss er vergebühren. Diese materielle Entscheidung wird eigentlich
niemand verstehen, ich auch nicht. Sie ist rein aus der juridischen
Abgrenzung und wahrscheinlich aus verfassungsmässiger Sicht zu
begründen, aber für den Normalbürger nicht verständlich. Schlimmer
war aber der formelle Streit, der sich daraus ableitete und den
ich mit Ach und Krach beilegen konnte. Um solche Differenzen zu
vermeiden, muss ich mehr fraktionelle Sektionsleiterbesprechungen
machen, um erst gar nicht eine so schlechte Stimmung aufkommen
zu lassen. Ich fühle mich trotz meines Bemühens in dieser Frage
auch mitschuldig, dass sich das Klima im Haus eigentlich insbesondere
im Verhältnis zum Büro so verschlechtert.



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ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte fixe Termine für diese fraktionellen
Sektionsleitersitzungen vereinbaren.

Redakteur Luger von HELP, einer ORF-Sendung, die angeblich sehr
gut ankommt, ersuchte um ein Interview wegen des neuen Konsumenten-
schutzes gegen falsche Werbung. Materiell war die Sache für mich
eigentlich weniger interessant, denn ich konnte ihm keine Neuig-
keiten mitteilen als formell, dass er diese Sendung nicht
für den ORF aufgenommen hat sondern für den deutschen Rundfunk
Ich nehme an Luger ist ein freier Mitarbeiter im ORF, FS, und
deshalb auch so wie dies heute ja fast gang und gäbe ist, bei einem
zweiten nämlich beim deutschen Radio beschäftigt. Diese Entwicklung
greift immer mehr um sich, jedermann versucht Zweit- und Dritt-
beschäftigungen oder gar Anstellungen zu erreichen. Hier müsste man
nicht nur bei den Freischaffenden sondern wenn man so will ganz
allgemein einmal überlegen, wie weit solche Tätigkeiten sinnvoll
vom Einzelnen und noch viel mehr vom gesamtwirtschaftlichen Stand-
punkt aus sein.

ANMERKUNG FÜR MARSCH: Gibt es darüber Untersuchungen?

Der iranische Botschafter Namdar und sein Botschaftsrat Samii
kamen auf Vermittlung von Dir. Janitschek, der mit ihm wegen
der Atommüllagerung gesprochen hatte, um mir, wie er sagt, einen
entsprechenden Vorschlag zu machen. Einleitend verwies ich gleich
darauf, dass auf Grund einer Zeitungsmeldung wir unseren Botschafter
in Teheran ersucht haben, er möge Recherchieren, welche Möglich-
keiten es für die Atommüllagerung gibt. Namdar erklärte sofort, hier
handelt es sich um ganz grosses Missverständnis. Am 10. April 1977
hat Schiras auf Einladung der Internationalen Atomenergieagentur
irgendeine Sitzung stattgefunden. Ein Redakteur der Deutschen Presse-
agentur hatte den Schah in Teheran im Anschluss daran gefragt
was er zu einer Idee, in den Salzwüsten Irans Atommüll zu lagern,
sage. Dieser, so Namdar, hat nur gemeint, darüber müsse man sprechen.
In dem Sinne, dass man sich dies genau überlegen müsse. Der Redakteur
hat aber dann am 17. Mai, also einen Monat nach dieser Tagung, wann
dieses Gespräch stattgefunden hat, konnte ich nicht genau feststellen,
eine Meldung in die Welt geschickt, Schah ist bereit Atommüll
im Iran zu lagern. Ich wurde natürlich auch dann sofort vom ORF gefragt
was ich zu dieser Idee sage und habe richtig gefühlt und entschieden,
hier müsse man erst nachfragen, wie und was wirklich vorgeschlagen wird.



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Interessanterweise habe ich vom österreichischen Botschafter
bis jetzt überhaupt nicht gehört, denn wahrscheinlich stösst
er ebenfalls in Iran auf eine ablehnende Beurteilung. Namdar
sagte mir, dass der Schah sehr verärgert ist über diese Information.
80 ein Problem müsste man vom wirtschaftlichen und geologischen
aber noch viel mehr vom politischen Standpunkt aus betrachten.
Genau alles, was ich auch seinerzeit alles überlegt hatte,
als ich das erst Mal mit dieser Idee konfrontiert wurde. Namdar
hat nun einen Vorschlag, der gar nicht besagt, nämlich wenn
Frau Minister Firnberg im September nach Teheran fährt, man auf
wissenschaftlich-theoretischer Basis dieses Problem zwischen
den Fachleuten diskutieren solle und gegebenenfalls ein Atom-
spezialist sie begleiten sollte. Wenn eine positive Antwort kommt,
und man überhaupt über dieses Problem reden möchte, bin ich natürlich
gerne bereit, zu empfehlen, dass z.B. Janitschek mit Frau Minister
Firnberg mitfährt. Namdar, der bald Österreich verlässt, meinte,
er möchte noch schnell ein grösseres Stahlprojekt 500 Mill. S
mit der VÖEST und deutschen Firmen gemeinsam weiterbringen, wobei
er sich vorstellt, dass auch die ÖMV wahrscheinlich mit Ölbezügen
eingeschaltet wird.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass prüfen, was an diesem Export-
geschäft überhaupt dran ist.

In der Vorbesprechung zur Preiskommission habe ich, da ich der
einzige bei dem Bauerngipfel dabei war, die Mitglieder eingehend
informiert. Ich berichtete, was dort im Detail gesprochen wurde,
wie z.B. die Getreidepreiserhöhung und über was man im Detail
nicht gesprochen hat z.B. wann der Verbraucherpreis endgültig er-
höht wird, sicher nicht vor Feber 1978 und welche Vorfragen vorerst
noch mit dem Landwirtschaftsminister über Futtergetreidepreis-
erhöhungen usw. fixiert werden muss. Eindeutig war nur, dass
der Finanzminister keine Mittel zur Verfügung stellt, dort hat er
dies zumindestens erklärt, obwohl er nachher bei einigen Zeitungs-
interviews gemeint hat, nicht wesentliche Mittel, dabei meinte er
allerdings die notwendigen Viehexportstützungserhöhungen. Die Mittel
muss zur Überbrückung bis zur nächsten Ernte der Getreideausgleichs-
fonds aufbringen. Komm.Rat Bruck vom Getreidehandel aber auch
Dr. Maierhofer, ein ehemaliger AK-Angestellter, der jetzt im Verband
ländlicher Genossenschaften arbeitet, verlangten unisono die Er-
höhung ihrer Getreidehandelsspanne um 1.- S für 100 kg wie ihnen
schon bei der letzten Getreidepreiserhöhung im Vorjahr in Aussicht
gestellt wurde.



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Damals habe ich im letzten Moment eine Beschlussfassung ver-
hindert, weil ich nicht ganz überzeugt bin, ob diese Mittel
nicht vom Getreidefonds gebraucht werden, um die Überbrückung
zur neuen Ernte zu bewerkstelligen. Dr. Rief von der Handels-
kammer hat anschliessend mit Dkfm. Blaha von der AK und mir
gesprochen und mitgeteilt, sie hätten berechnet, dass 13,5 Mill. S
notwendig seien und diese Mittel ohneweiters vom GAF aufgebracht
werden können. Blaha wird dies genau prüfen, und uns dann entsprechende
Vorschläge machen. Blaha hat anschliessend Plesch und mir erklärt,
dass das Übereinkommen an und für sich gut ist, nur die Roggenpreis-
erhöhung um 5 Groschen würde dem Konzept widersprechen. Hier hat
er vollkommen recht, denn Roggen ist weltweit nur ein Futtergeteide,
wie ich auch in der Preiskommission ausführte. Die Erhöhung wurde
letzten Endes von der Regierung ausschliesslich aus sozialpolitischen
Gründen zugestanden, weil es sich doch zum grössten Teil um
Bauern aus dem Waldviertel handelt. Die Konzeption für das Getreide
dürfe in Zukunft nur so lauten, dass es uns gelingt, die Futter-
getreidepreise an den Füllweizen heranzubringen. Eine Senkung des
Füllweizenpreises ja nicht einmal eine Preisfreigabe würde
uns wahrscheinlich gelingen. Die Bauern würden hier ganz ent-
schiedenen Widerstand leisten. Die Strukturänderung bei den
Getreidebauern geht viel zu langsam vor sich. Bei den Getreide-
händlern konnte Komm.Rat Bruck dagegen darauf hinweisen, dass
von 430 fast die Hälfte schon zusperren mussten, derzeit gibt es
nur mehr 216. Auch diese sind in Wirklichkeit noch zu viel,
denn der grösste Teil wird ja heute über die Genossenschaften
übernommen. Unsere Getreidekonzeption müsste dazu führen, dass
nur die Getreideübernehmer die entsprechenden Entscheidungen treffen,
wieviel Getreide sie aufkaufen können, weil sie dies dann
weiterverkaufen müssen. Derzeit ist es so, dass jeder jede Menge
übernimmt, weil er weiss, der Finanzminister muss über das Land-
wirtschaftsministerium die entsprechenden Getreideaktionen, sei es
Viehaktion, sei es Mühlenaktion usw. finanzieren. Dadurch wächst unser
Getreideberg immer stärker an, zum Glück gehört nur das Getreide
nicht dem Staat, sondern noch immer den Händlern, Genossenschaften
oder Mühlen. Ich hoffe, dass Haiden zeitgerecht auf diese neue
Politik umsteigt, in dem er klar und deutlich einmal sagt, dass
er nicht bereit ist, auf die Dauer das gesamte Getreide, das ange-
liefert wird einzulagern und dafür die Stützung resp. Lagerkosten


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zu übernehmen. Wenn eine solche Entscheidung einmal gefallen
ist und nur mehr eine gewisse Menge übernommen wird, dass würde
sich sofort die Situation schlagartig ändern. Jetzt hat der
Landwirtschaftsminister, oder wenn man so will die Regierung
eine geschlossene Front von Aufkäufern bis zum Bäcker gegen sich.
Wenn sie untereinander festlegen müssten wieviel Getreide über-
nommen werden kann, wer die entsprechenden Lagerungskosten zu
übernehmen hat, dann würde sich die Front sofort aufsplittern.
Hier handelt es sich nicht um das System "teile und herrsche",
sondern ausschliesslich um ein zweckmässiges gesamtwirtschaft-
lich vertretbares Konzept wie wir aus dieser Überschussproduktion
herauskommen.

Bei meinem Besuch in Alland, skandalös, dass ich die Kollegin
erst nach 6 Monaten besuche, wurde ich natürlich sofort vom
Verwalter und Primar herumgeführt um mir ihre Sorgen zu erzählen.
Die Spitalskostenrechnung wird jetzt auch von der Pensionsver-
sicherungsanstalt Alland durchgeführt, die Kosten liegen weit
über 700 Schilling. Die Anstalt wurde teils verbessert, insbe-
sondere die 210 Betten Männertrakt, der Frauentrakt ist noch
total veraltet und in Wirklichkeit skandalös. Wie ich erfahren
habe gibt es nur 2 Duschen für 40 Frauenbetten. Mittel für die
Renovierung wurden allerdings in den Finanzplan für dieses, resp.
nächstes Jahr eingebaut. Da die Kranken dort monatelang liegen,
wird versucht in einer Arbeitstherapie mit Schneidern, Lederarbeiten,
Holzarbeiten usw. eine gewisse Beschäftigung zu sichern. Natürlich
wollte man mir dann bei der Besichtigung gleich ein solche Stück
geben, das ich aber deshalb abgelehnt habe, weil ich auf dem
Standpunkt stehe, der es erzeugt hat, wenn er sich sozusagen
nicht das Material leisten kann und es daher selbst bekommt, soll
nicht das Gefühl haben und das wird dann noch an die Oberen ver-
schenkt. Der Primar versicherte mir, dass unsere Kollegin Leitgeb
in 6 Wochen ganz gesund entlassen wird. Das Prinzip der Anstalt
ist, lieber 1 - 2 Wochen länger, dafür aber dann die Garantie, dass
sie nicht wieder rückfällig wird. Gut wäre es wenn sie nicht
mehr rauchen würde. Sie hat uns allen versprochen, wenn sie raus-
kommt wird sie sofort das Rauchen einstellen. Wir werden sie
gerne wieder aufnehmen und sie allerdings an dieses Versprechen
erinnern.

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Tagesprogramm, 19.7.1977


Tätigkeit: iran. Botschafter


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: KKWP; evtl. ident mit Janitschek, A


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: AK


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: HK


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sekt.R HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: MR HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister
                  GND ID: 118503049


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Verb. ländl. Genossenschaften; evtl. Falschschreibung


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                          GND ID: 11869104X


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