Mittwoch, 30. Juni 1976
Der Fachverband der Bergwerke, Vorsitzender Koller, Stv.
Gen.Dir. a.D. Wick, Sekr. Denk und sogar Prof. Fettweis von
der Montanistischen Hochschule intervenierten bei mir wegen
der beabsichtigten Unterstellung der OB unter die Energie-
sektion. Einleitend meinte Koller, er hätte nur gerüchteweise davon
gehört und es sei bei den Unternehmungen aber auch bei den Berg-
werken selbst dadurch eine Unruhe entstanden. Übereinstimmend sagte
sie, ist es ein personelles Problem, denn die derzeitige Füh-
rung der OB und die Zusammenarbeit in dieser Organisation sei die
denkbar schlechteste. Denk schlug indirekt den Leobner
Berghauptmann als neuen obersten Chef der Bergbehörde vor.
Die anderen äusserten keine personellen Wünschen sondern
im Gegenteil meinten, dies sei eine Angelegenheit des Ministers.
Ich verwies darauf, dass der Rechnungshof heftige Kritik an der
OB führt und die bisherigen Reorganisationsmassnahmen als unzulänglich
betrachtet. Früher war die Bergbehörde sogar eine Organisation,
die ihr eigenes Personal und Budgetabteilung und Gebarung durch-
führte. Die OB erklärte ich würde ja keineswegs verschwinden,
sondern nirgends zeigt man für die so wichtigen Berg- und
Rohstoffprobleme Interesse. Typisches letztes Beispiel sei
das Rohstofflenkungsgesetz, wo die Opposition nicht einmal bereit
war, für den Krisenfall Vorsorge zu treffen. Denk berichtet, dass
er innerhalb der Handelskammer deshalb grösste Schwierigkeiten
hat, weil er sich natürlich für die Interessen seiner Betriebe
ausschliesslich einsetzt und nicht eine politische Linie verfolgt.
Plesch verglich die Stellung der OB mit der Obersten Wasserbehörde
im Landwirtschaftsministerium, die auch keine eigene Sektion ist,
sondern einer Sektion unterstellt ist. Selbstverständlich prote-
stierten alle sofort gegen einen solchen Vergleich. In meinen
Augen ist dieser Vergleich aber sehr zutreffend. Ich machte
keinerlei Zusagen.
Anschliessend erklärte ich Koller unter vier Augen unseren
Grund der Unterstellung der OB unter die Energiesektion, da
die CV-er jetzt schon festlegen, wer dort neuer Leiter sein
soll und wie sie dieses Bollwerk für sich auf alle Fälle
beanspruchen und halten wollen. Ich informierte Koller auch
über die Aussprache mit Dir. Mayer von den Treibacher Chemischen
Werken und dessen Absicht, die Ferrochrom-Anlage womöglich
allein unter Ausschaltung der VÖEST zu errichten. Koller hat
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dagegen gar nichts einzuwenden, er möchte nur irgendeine
Lösung, um Hüttenberg, das jetzt schon sehr teures Erz
liefert in einigen Jahren schliessen zu können, einen Ersatz
in dieser Gegend.
Die Arbeitsgruppe Energie der ökonomischen Konferenz tagte
in der Löwelstrasse. Der unmittelbare Anlass und ich wies
darauf einleitend hin, war unsere Revision des Energieplanes.
Der grösste Teil hatte ihn sicherlich gar nicht gelesen
und so ersuchte ich Frank, die wichtigsten Bestimmungen zu
referieren. Er machte dies verhältnismässig oberflächlich
wofür ich volles Verständnis hatte. In kürzester Zeit entwickelte
sich dann nämlich – wie ich erwartet hatte – eine Atomenergie-
Debatte. Paul Blau, ein engagierter Vertreter und Gegner der
Atomenergie, prallte selbstverständlich am Widerstand
der Elektrizitätsvertreter mit seinen Forderungen und Bedenken
glattweg ab. Frank wieder erörterte den Grund, warum er als Vorsit-
zender der Diskussionsrunde im Herbst ein objektives Verfahren
gewährleisten muss. Frank ist sich nämlich genauso klar wie
ich, dass die Atomenergie die einzig mögliche derzeitige Lösung
des Energieproblems darstellt. Natürlich dürfen wir aber nicht
vor vornherein die ganze Aufklärungs- und Diskussionskampagne als
eine Farce hinstellen lassen. Ich erklärte dezidiert, wenn
nicht das Parlament einen ausdrücklichen Beschluss fasst, dass
die Atomenergie-Verwendung in Österreich verboten wird, dann
wird Tullnerfeld nächstes Jahr in Betrieb gehen. Voraussetzung dafür
ist selbstverständlich, dass alle Sicherheitsbestimmungen einge-
halten werden. Über die Textierung der Änderungsvorschläge des
Energieplanes konnten wir uns bis auf einen einzigen mit allen
Beteiligten, ob Kohle, Öl, Elektrizität oder Gas ein Einvernehmen
erzielen. In der Frage der Konzentration oder Dezentralisation
wünschte Hruby von der Arbeiterkammer, unterstützt durch
NR Teschl teilweise auch Wille, dass die Formulierung die Konzen-
tration ist in Österreich kaum möglich und vor allem einmal
wesentlich teurer, das Streichen von zwei Absätzen. Ich muss
zugeben, es wäre zweckmässiger gewesen, diese wären nicht
im Entwurf drinnengestanden. Jetzt aber hat die ÖVP, d.h. alle
Beiratsmitglieder für die nächste Sitzung schon diesen Formu-
lierungsentwurf bekommen. Wenn wir jetzt diese Punkte
streichen, dann wird sofort eine Diskussion dort entflammt und
die ÖVP wird behauptet, wir wollten doch die Zentralisierung der
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Elektrizitätswirtschaft einleiten. In diesem Fall würden
nicht einmal unsere sozialistischen Direktoren oder Betriebs-
räte der Elektrizitätswirtschaft auf unserer Seite sein, sondern
sich sicherlich mit den ÖVP-lern verbinden. Deshalb schlug ich
vor, ich werde mich bemühen, in der Beiratssitzung, wenn die
ÖVP zustimmt, diese beiden Absätze zu streichen. Der Arbeiterkammer
schlug ich aber vor, sie soll eine Gegenformulierung bringen
wo die konkreten positiven Aspekte der Zentralisierung dargelegt
werden. Hruby erklärt frei weg, dass dies nicht möglich ist,
weil weder die AK noch der ÖGB imstande sind, positive Bestim-
mungen jetzt konkrete vorzuschlagen und sie vor allem auch dann
in der Diskussion zu beweisen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Problem auf Jour fixe mit AK und
ÖGB nächste Tagesordnung setzen.
Ich informierte Nischkauer als Betriebsratsobmann und
Ing. Perl als kommender Personalreferent, die vor einigen Tagen
wegen der Verbundgesellschaft mit mir eine Aussprache gehabt
haben über die Information, die mir Heindl in der Früh mitteilte,
Abgeordneten König hat bei Heindl angerufen und gefragt, ob es wahr
sein kann, dass angeblich ich angeordnet habe, dass Arthold
gekündigt werden soll. Erbacher hätte entweder Arthold oder
auf alle Fälle Leuten der ÖVP mitgeteilt, dass auf Weisung des
Ministers dies zu geschehen habe, damit ein Blutgruppe-Null-Mann
dorthin kommt. Heindl war klug genug zu sagen, er weiss
über die Idee nichts, kann sich nicht vorstellen, dass der Minister
solche Weisungen gibt und liess das Ganze offen. Ich selbst war über
diese Mitteilung sehr erschüttert, weil man so wirklich nicht
Personalpolitik machen kann. Nischkauer und Perl, die, ohne dass
ich davon wusste, Erbacher über unsere Aussprache informierten,
waren ebenfalls wie man so schön sagt: von den Socken. Sie
glaubten und das halte ich ihnen zugute, als Loyalität gegenüber
dem Generaldirektor ihn über die Aussprache, die sie von mir
verlangten, informieren zu müssen. Ich erklärte ihnen, dass ich
natürlich jetzt meine gesamte Information und Diskussionspolitik
mit allen in der Elektrizitätswirtschaft Tätigen wesentlich
ändern muss. In Hinkunft werde nicht ich irgendwelche Veran-
staltungen leiten oder gar Vorschläge machen, sondern werde mich
ausschliesslich auf die letzte Entscheidung, wenn es zu keinen
Einigungen in den unteren Gremien kommt, zurückziehen. Für
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mich wird und, das weiss ich, wird in der Elektrizitätswirtschaft
nicht goutiert, aber ich habe gar keine andere Möglichkeit,
auf allen Gebieten Sekt.Chef Frank stärker als bisher noch
in Erscheinung treten. Als Verbindungsmann wird Dr. Wais von
meinem Büro die Koordinierung und Befriedung, wenn es was sicher
anzunehmen ist Streit gibt, vornehmen.Rein optisch muss ich
mich jetzt wesentlich stärker als bisher von der Elektrizitäts-
wirtschaftsproblemen zurückziehen und vor allem vom Streit
heraushalten. Teilweise, das sagte ich nicht aber ich dachte es
mir, ist es meine Schuld, dass ich in dieses Schlamassel ge-
kommen bin. Bereits bei der Bestellung von Perl hat die Verbund
so ungeschickt agiert, dass es mich wundert, dass es nicht
einen grösseren Krach gegeben hat. Zuerst hat man den Vorgänger
von Perl, den er in kürzester Zeit ablöst, eine Pensionierung
mit einem Titel angeboten, ohne zu recherchieren, ob er überhaupt
annimmt. Zum Glück konnte man mir nicht vorwerfen, dass ich
diese Strategie entwickelt habe.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte betrachte Deine Aufgabe in obigem
Sinne und führe mit Frank entsprechende Aussprachen.
Die Beförderung und Dekretüberreichung ist, wenn man das einige
Jahre macht, ein ausgesprochener Krampf. Für die Einleitung fällt
mit kaum mehr etwas Neues ein und immer das Alte zu wiederholen,
ist furchtbar fad. Den Beamten zu sagen, dass er treu dient
und deshalb weil er allen Anforderungen entspricht befördert wird
geht mir schon auf die Nerven. Noch dazu trifft objektiv
in den seltensten Fällen wirklich die Beförderung auf Grund von
guten Leistungen zu. Ich darf allerdings nicht ungerecht sein,
vielleicht setze ich einen zu hohen Leistungsmassstab. Das einzig
Amüsante war, dass bei einigen Kolleginnen und Kollegen
so lustige Bemerkungen waren, dass wenn man sie ein bisschen
geschickt präsentierte diese zwar nicht beleidigt sein konnten
die anderen aber wirklich Grund zum Lachen hatten. Min.Rat
Schmidt von der Energiesektion, der krankheitshalber pensioniert
wurde, so stand es zumindestens in dem Vermerk, und dem ich natür-
lich auch dankte, meinte, alles stimmt, nur nicht das krankheits-
halber, er will nur nicht mehr ein drittes Mal hinausgeschmissen
werden. Mit dieser Bemerkung konnte ich gar nichts anfangen,
ich kann mir aber nicht vorstellen, dass jemand wirklich schon
zweimal aus dem Staatsdienst entfernt wurde.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte prüfen, nächste Auszeichnung mehr
persönliche, allerdings nicht beleidigende oder kränkende Infor-
mationen über die Auszuzeichnenden sammeln lassen.
Die Arbeitsgruppe Preise aus der Fraktion der Länder unter Vor-
sitz von LH-Stv. Steinocher war diesmal ein glatter Misserfolg.
Ausser dem Vorsitzenden kamen nur Beamte, mit Ausnahme von NÖ,
wo der Betriebsratsobmann Kaiser von Semperit Wimpassing
kam, der scheinbar von irgendjemandem delegiert wurde. Steinocher
meinte mir gegenüber, es seien nicht einmal alle Fraktionsange-
hörige. Wais, Singer und ich berichteten über aktuelle Preis-
probleme und es entwickelte sich teilweise allerdings sehr
uninteressante Diskussionen. Wirklich lebhaft wurde es nur,
als zum Schluss die Beamten vorschlugen, man solle die Preis-
kontrollore schulen. Dies erweckt den Eindruck, die Beamten
hätten selbst ein riesiges Interesse daran, weiterzukommen.
Der Hauptgrund ist aber der, dass sie sich immer mit den
Lebensmittelkontrolloren vergleichen. Diese haben ein umfang-
reicheres und diffizileres Gebiet zu bearbeiten. Aus diesem
Grund sind sie teilweise in die Dienstklasse B eingereiht.
Die Preiskontrolle hoffen nun, wenn sie entsprechende Schulung
nachweisen können. ebenfalls für sich die Klasse B rekla-
mieren zu können. Der Vorschlag hat sich zuerst auf die Kenn-
zeichnungsverordnungen bezogen. Hier konnte ich mit Recht
sagen, wie soll man jemanden schulen, damit er erkennt, wenn
auf der Schuhsohle "echt Leder" draufgestempelt ist. In weiterer
Folge haben dann die Beamten gemeint, sie hätte eine Schulung
um überhaupt die Kalkulationen prüfen zu können, die Ausstattung
der Gasthäuser den Richtlinien entsprechend vergleichen zu
können usw. Die ganze Sitzung war wenig erfreulich und er-
folgreich. Ich habe den Beamten nur zugesichert, dieses Problem
mit Rösch zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte lass prüfen, was die heute leisten,
wie man sie schulen kann und ob Rösch überhaupt bereit ist, so
etwas in Angriff zu nehmen.
Tagesprogramm, 30.6.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)