Donnerstag, 4. März 1976
Veselsky hat Grünwald mitgeteilt, dass die ÖIAG die Haftung für
die 250 Millionen? ERP-Kredit an die GKB Kohlengewinnung Obern-
dorf übernehmen muss. Grünwald ist darüber sehr unglücklich, da
er überzeugt ist, dass dieses Projekt eine neuerliche Belastung
der ÖIAG bedeutet. Die ÖIAG überhaupt keinerlei Unterlagen hat,
ersucht er mich um entsprechende Information. Ich gebe ihm wunsch-
gemäss die Rechnungen über Kohlenpreis 115.- Schilling 10^6. die
letzten Berechnungen für Voitsberg III.
Grünwald steht nach wie vor auf dem Standpunkt für die Mühlbacher
Kupferbergwerk geschehenen Investitionen für die metallurgische
Kupfergewinnung sei eine rentable Lösung. Wenn es nach Grünwald
geht, wird erklärt in zwei Jahren läuft der Kupferbergbau aus.
Die Kosten werden derzeit nur zu 52 % durch den Weltmarktkupferpreis
der auch den inländischen Preis diktiert, bestimmt gedeckt. Grünwald
ist sich vollkommen klar, dass der Bundeskanzler, sein oberster
Eigentümervertreter diese Politik nicht mitmachen wird. Kreisky hat
offiziell bereits den Salzburgern erklärt, dass der Kupferbergbau
aufrecht erhalten werden soll. Ich selbst möchte doch, bevor ich
endgültig meine Meinung sage, abwarten was die Überprüfung des
hydrometallurgischen Verfahrens auf kostenmässig ergibt. Seinerzeit
erinnere ich Grünwald, als wir noch in der Arbeiterkammer waren,
wurde auch erklärt, dass das VÖEST-Alpine-Verfahren LD falsch ?
funktionieren wird. Als es dann kritische Phasen gab, wollte niemand
mehr die Finanzierung für dieses Verfahren übernehmen. Jetzt ist es
die grosse moderne Stahlproduktion der VÖEST-Alpine und hat welt-
weite Lizenzen.
MR Würzl teilt mit, dass bis 24.3. der Sitzung der ERP-Fremdenver-
kehrskommission 380 Millionen Schillinge Anträge positiv erledigt
werden können. Die restlichen 120 Millionen werden dann spätestens
bis Ende Mai vergeben werden können. Ich ersuche ihn auch diese
120 Millionen so schnell als möglich einer Beschlussfassung durch
den ERP-Ausschuss zuzuführen.
Würzl möchte wissen ob der Fremdenverkehrstag wie ihn die Handels-
kammer wünscht, stattfinden soll. Ich stimme sofort zu, Würzl auch vor-
schlägt, dass wir noch zögern sollen, dieser Fremdenverkehrstag
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frühestens im Herbst stattfinden sollte.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Wo bleibt das Schreiben vom Burgenland.
Der Österreichischen Spielbanken AG ist es gelungen, mit der Stiftung
Casino Niederlande einen Lizenzvertrag auf Know-how-Basis abzu-
schliessen. Wie mir Wallner vertraulich mitteilt, hat er 1,6 %-ige
Umsatzbeteiligung für diesen Vertrag bekommen. Die Niederländer
haben in der ganzen Welt herumgeschaut, ob sie ebenfalls in einer
anderen Spielbank eine bessere Kondition resp. eine bessere Infor-
mation und Know-how bekommen können. Zuerst haben sie sich mit
den grossen Spielbanken ins Einvernehmen gesetzt. Letzten Endes
aber haben sie dann doch auf die kleineren österreichischen Casino
Spielbanktypen zurückgegriffen. Insbesondere die seriöse Art der
Betreuung und der Führung der Casinos wie sie Wallner bei uns in
Österreich eingeführt hat, haben den Ausschlag gegeben. 1.6 % ent-
sprechen ungefähr einer 30 %-igen Kapitalbeteiligung. Nach der Ver-
tragsunterzeichnung meinte Sallinger, der ebenfalls anwesend war, dass
Wallner ein ausgesprochen tüchtiger und seriöser Mann ist. Ich er-
klärte, dass ich bereits, als ich ihn kennenlernte, ihn sofort ent-
sprechend unterstützte, weil er auch für den österreichischen Fremden-
verkehr entsprechende Leistungen erbringt. Sallinger meinte da haben
sie 1970 versucht ihm ein Parteibuch zu geben. Wallner war Sekretär
von Kanzler Klaus, der ihm nie verzieh, dass er in der ÖVP-Allein-
regierungszeit zeitgerecht den Job als Direktor der Spielbanken
angenommen hat. Seit der Zeit sich nicht mehr politisch besonders
betätigte. Ich konterte deshalb Sallinger, indem ich meinte, das
habe ich nicht getan, denn die paar tüchtigen ÖVP-Leute die es
gibt muss man ihnen auf alle Fälle lassen. Wallner hat von den
300.000 Spielbankenbesuchern 30 % Ausländer mit 340 Millionen
Schilling Devisenergebnisse in die Casinos gebracht. 340 Millionen
Schillinge waren die Steuerergebnisse des Vorjahres. Die nieder-
ländische Fremdenverkehrswerbung ist so wie die österreichische
Fremdenverkehrswerbung am Blühen der Casinos sehr interessiert.
In den Niederlanden wird sogar die Konstruktion so sein, dass
Fremdenverkehrswerbeausgaben als gewinnmindernd vom Finanzministerium
automatisch anerkannt werden. In den beiden Staaten wird es deshalb
eine Werbung um den deutschen Gast geben ohne dass man sich dabei
wirklich konkurrenziert. Wallner glaubt dass mit Niederlanden und
Österreich Kooperation der grösstmöglichste und stärkste Spiel-
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bankengruppe entstanden ist.
Gen.Dir. Zimmer von der Allianz und gleichzeitiger Vorsitzender
jetzt des Versicherungsverbandes ersucht mich um Unterstützung
in seiner neuen Funktion. Nach der 6.9 % Erhöhung des Autohaft-
pflichttarifes mit 1.3. weiss er, dass er längere Zeit jetzt
keine Erhöhung erwarten kann und bereit ist ein neues System
Bonus Malus einzuführen. Ich bin nicht ganz überzeugt, dass dieses
System tatsächlich eine bessere Lösung bringen wird als die jetzige.
Die Reparaturkosten steigen ständig und die Versicherung ist daran
sehr interessiert, dass wir im Handelsministerium sowohl was die
Handelsspannen bei Autobestandteilen als auch die Reparatur-
stunden betrifft, mit Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer gemein-
sam ein neues System finden sollten. Angeblich haben die diesjährigen
Systeme der Versicherung schon 3 Milliarden Schillinge erspart. Diese
Ziffer kann aber nicht stimmen. Die Versicherungen haben 23 Milliarden
Schillinge Prämien im vergangenen Jahr eingenommen. Die Hälfte davon
maximal waren die Autoprämien. Eine Ersparnis von 3 Milliarden
Schilling wäre deshalb eine gigantische Ziffer.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Über ARBÖ und Handelsministerium entsprechende
konkrete Unterlagen erarbeiten.
Die Haftpflichtversicherungen sind scheinbar bereit auf den Vor-
schlag des ARBÖ 7 % Vertreterprovision pro Versicherungsnehmer zu
streichen einzugehen. Bei einer Durchschnittsprämie von 4000 Schilling
wird dem Vertreter 280 Schilling pro Jahr als Einkommen angerechnet.
Der maximale Satz ist 360 Schilling pro Fall. ER meint dass die
Schalterkosten ungefähr 3 - 4 % ausmachen würden, sodass sich maximal
eine 3 %-ige Ersparnis ergibt. In den Städten könnte er sich eine
solche Regelung noch vorstellen, für das flache Land aber müsste
auf alle Fälle das Vertreterprinzip aufrechterhalten werden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die Meinung des Gewerkschaftsbundes
Privatangestellte feststellen, die bis jetzt immer abgelehnt haben.
In der Vorstandsitzung der Lebensmittelarbeiter musste ich feststellen.
dass die Betriebsräte kaum mehr imstande sind, die notwendigen Frei-
stellungen für Schulungszwecke von Arbeitern, ja nicht einmal oft
Betriebsratsmitglieder zu erreichen. Nicht nur dass die Unternehmer
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sich gegen diese Schulungen immer stärker aussprechen, gehen
viele Arbeiter jetzt auch nicht mehr gerne auf diese Schulungen,
weil sie eine Gefährdung ihres Arbeitsplatzes darinnen sehen.
Wir haben lange vor Gesetzwerdung bereits die bezahlte Freistellung
in der Industrie durchgesetzt. Jetzt besteht fast ein Rechtsanspruch
auf eine Schulungswoche. Die Industriefirmen nützen deshalb diese
Möglichkeit auch Betriebsräte auf Schulungen der Industriellenver-
einigung zu schicken. Durch die kritische Arbeitsmarktsituation
stellt sich heraus, dass mehr Schulungsmöglichkeiten angeboten
werden als derzeit von den Arbeitnehmern genützt werden. Insbe-
sondere ist die Nichtkoordination zwischen den Schulungsmöglich-
keiten und Anboten der Arbeiterkammer, des Gewerkschaftsbundes
und der Fachgewerkschaften ein vielfältiges und unzweckmässiges
System entstanden. Unser Bildungsreferent Gludowatz wird sich daher
bemühen, die beabsichtigte Koordination, die der neue Leiter des
Bildungsreferates im Gewerkschaftsbund, Prokop, eingeleitet hat,
nicht nur zu unterstützen, sondern so bald als möglich zu einem
positiven Ergebnis zu führen. Die Koordination ist der wichtigste
Punkt in der zukünftigen Schulung der Betriebsräte und Arbeiter.
Das Handelsministerium könnte hier wahrscheinlich feststellen wie
weit eine zweckmässige Reorganisation auch von Unternehmerseite
gewünscht wird und Serviceleistung erbringen, ähnlich wie wir dies
bei der Managementschulung getan haben.
ANMERKUNG FÜR TIEBER UND WANKE: Wie könnten hier die beiden entgegen-
gesetzten Richtungen Industriellenvereinigung und ÖGB vielleicht doch
eine gewisse Koordination erreichen.
Die Brau AG beabsichtigt eine Abfüllanlage für Bier in Wieselburg
zu errichten. Die Betriebsräte befürchten, dass dadurch in Wien
66 Arbeitsplätze, wie die Unternehmungsleitung angibt, 150 - 200
wie der Betriebsrat befürchtet im Werk Liesing verloren gehen.
Sie haben deshalb beschlossen die Wirtschaftskommission im Handels-
ministerium anzurufen. Ich versprach die schnellstmöglichste Ab-
wicklung dieses Antrages wenn er bei uns eingelangt ist.
ANMERKUNG FÜR PLESCH UND WANKE: Alle Vorkehrungen treffen.
Die Gewerkschaft hat betreffend die Überführung der MIAG-Arbeiter
in die NÖM, wie ich glaube eine wirklich zweckmässige Lösung gefunden,
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die den Beschäftigten die optimalste finanzielle Sicherung gibt. Da es
sich um eine kollektive gemeinsame Lösung für alle Arbeiter der
MIAG handelt, konnte glaube ich ein optimaler Erfolg erzielt werden.
Die Angestellten dagegen haben den ursprünglichen Plan, dass die Arbeiter
und Angestellten gemeinsam eine solche Lösung anstreben sollten,
aufgegeben. Ein Rechtsanwalt hat die Angestellten dahingehend be-
raten und die Gewerkschaft der Privatangestellten deckt dieses
Vorgehen, dass es zweckmässiger ist, ein getrenntes Verfahren für
die Angestelltenprobleme durchzuführen. Wie mir der Betriebsrats-
obmann der Arbeiter Huber mitteilt, hoffen die Angestellten jedenfalls
über die staatliche Wirtschaftskommission besser abzuschneiden
als wie mit einem generellen Vertrag. Fest steht dass wir über die
Wirtschaftskommission nur eine Verzögerung von etlichen Monaten
erreichen werden. Für mich interessant war, dass jetzt in dieser
kritischen Arbeitsmarktphase die Wirtschaften mehr an die staat-
liche Wirtschaftskommission denken. Während meiner fast 6-jährigen
Zeit als Handelsminister haben wir nur 2 Fälle zu behandeln ge-
habt. Hier wird es zweckmässig sein festzustellen, welcher Wandel
in dieser Beziehung scheinbar jetzt Platz greift. Für die Firma scheint
trotz Konjunkturaufschwung die Arbeitsplatzsicherung
das wichtigste für die Arbeiter zu sein.
Tagesprogramm, 4.3.1976
hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)