Montag, der 3. November 1975

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Montag, 3. November 1975

Gehmacher von IFES eine Analyse über die Nationalratswahlen
im Kopf und meint, die Bauern hätten von 6–7 % Anteil der Sozialisten
jetzt 7–8 % Anteil gewählt und führt dies auf die fast 50 % Neben-
erwerbsbauern zurück, teils wegen Kreisky, teils aber wegen des
sozialistischen Programmes und deren Politik sich zu uns gewendet
haben. Noch immer aber hat die Volkspartei dort ihre Hauptbastion
mit 70 %. In den kleinen Dörfern haben die Sozialisten auch gewonnen,
hauptsächlich aber durch die Pendler, die in immer stärkerem Masse
sozialistisch wählen. Ganz gross verloren haben wir bei den Jugend-
lichen bis 23 Jahren. 1970 haben uns noch 53 % gewählt, jetzt sind
wir auf 43 % zurückgegangen und haben fast nur mehr die Quote
der Volkspartei. Einen Gewinn konnten wir auch bei den kleinen
Selbständigen erzielen, währenddem der Bildungsmittelstand gleichge-
blieben ist. Aus dieser Analyse leite ich ab, dass wir tatsächlich
mit Kreisky und seiner Politik in Schichten der ÖVP einbrechen
konnten. In der Regierungserklärung und in den weiteren vier
Jahren müssen wir deshalb auch dieser Gruppe – kleinere Bauern
und kleine Selbständige – unser Augenmerk zuwenden. Bei diesen
kann ich mir auch eine erfolgreiche Politik vorstellen, Nicht da-
gegen bei den Jugendlichen bis 23 Jahren, wo wir so schlecht abge-
schnitten haben und wie ich eigentlich nicht weiss, wie wir dies
ändern können. Obwohl, ich gerade dafür nicht verantwortlich bin,
würde es mich sehr interessieren zu erfahren, was man dagegen machen
kann. Konecny gibt dafür wahrscheinlich kaum eine befriedigende Ant-
wort.

ANMERKUNG AN ALLE: Wer weiss einen Vorschlag?

Beim Jour fixe ist nur Sallinger und ich bespreche deshalb nur
unmittelbar notwendigste Probleme. Die Handelskammer hat für
Bahnbau vorerst den § 68 abgelehnt mit dem Hinweis, zuerst muss
die grössere Firma Plasser & Theurer diese Auszeichnung bekommen.
Nun bekommt sie sie, trotzdem lehnt die Handelskammer jetzt neuer-
dings ab. Sallinger sieht ein, dass dies unmöglich ist und wird
beim nächsten Präsidium einen diesbezüglichen Beschluss fassen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Wenn möglich bis dahin zuwarten, es wird aber
auf alle Fälle positiv erledigt.



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Die Kleiderfirma Fürnkranz rühmt sich, dass sie nur billige
Importwaren hereinbringt und damit den Konsumenten besonders
dient und will auch § 68 Auszeichnung. Die Handelskammer hat dagegen
grösste Bedenken, ich erkläre, ich warte ganz ihre Stellungnahme ab.

Sallinger kommt auf die Aussenhandelsstellenkritik von Trend zu
sprechen, den ich noch nicht gelesen habe. Ich nütze die Gelegenheit
aber, um Sallinger zu empfehlen, doch so wie ich dies beim Fremden-
verkehr getan habe, als ich hart attackiert wurde, mit Hilfe
von Meinungsforschung Schwachstellen zu finden. Ifes hat jetzt die
Absicht, eine solche Umfrage zu machen, einige andere Stellen
haben sich bereits dafür interessiert und ich empfehle Sallinger
dies im Einvernehmen mit Ifes und eventuell einem Institut, das
ihnen nahesteht, z.B. Fessel, einen allumfassenden Auftrag zu geben.
Dadurch würden sie aus dem Dilemma herauskommen, dass die Indu-
striellenvereinigung besondere Aktivität entfaltet und scheinbar
auf Schwachstellen der Aussenhandelsorganisation hinweisen kann.
Die Politik der Industriellenvereinigung ist es eben, hier Aktivi-
täten zu entfalten und sich dadurch in das Monopol von der Handels-
kammer hineinzuarbeiten. Sallinger will nichts entscheiden, wird
mit Mussil darüber sprechen.

Ich ersuche, dass Ertl von der Handelskammer wegen der Strumpfhosen-
regelung dazu berufen wird und setze den beiden auseinander, dass
es unmöglich ist, von mir zu erwarten, dass ich mich über die Ein-
wände der Arbeiterkammer und des ÖGB wegen der hohen Preise, die
dann entstehen würden, hinwegsetze. Ich erkläre, dass ich prinzipiell
bereit bin, mich über die Einwände bezüglich unserer internationalen
Verpflichtungen hinwegzusetzen, nicht aber über den Vorwurf, dass
die Preise für Strumpfhosen, dann von 6.90 dann auf über 10.– S
steigen werden. Sallinger sieht dies auch ein und meint, es müsste
eben zwischen den 4.– die die AK und der ÖGB jetzt vorschlagen und
dem 5.55 Vorschlag der HK ein vernünftiges Kompromiss gesucht und
gefunden werden. Ich hoffe, dass Ertl imstande ist hier ein
Kompromiss zu finden. Er erklärt, er wird sich darum bemühen.



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Ich setze Sallinger auseinander, dass die Studien, die er kennt,
im Berufsbildungsinstitut bezüglich der Lehrlingspolitik
in Zukunft unbedingt gemeinsam finanzieren müssen. Sallinger
meint, wenn die AK und der ÖGB ihren Anteil übernehmen, so könne
er sich vorstellen, dass auch die Handelskammer einen diesbezüg-
lichen Beschluss fasst. Keinesfalls aber wäre er bereit, auch nur
einen Schilling daraufzuzahlen, wenn die andere Seite nicht auch daran
sich beteiligt. Auch dieses Problem wird er mir Mussil und im
Präsidium dann neuerdings besprechen. Drei Tage nach seiner Ange-
lobung und Wahl zum Präsidenten der Bundeskammer geht er für
eine neue Operation ins Spital, um seinen Bandscheibenvorfall
operieren zu lassen. Ich hoffe und wünsche ihm, dass er nun
seine Beschwerden los wird und seine Gehbeschwerden nicht mehr hat.

Im Journalistenfrühstück fragt mich das Agrarinformationszentrum
über die Aufschnürung des Paketes der Wirtschaftsgesetze. Ich er-
läutere die einfachgesetzliche Preisregelung, die jetzt vor
Mitte November in die Begutachtung gehen wird dahingehen, dass
ich damit eine Rute im Fenster bekommen werde. Die Verbraucherpreise,
die ich dann festsetzen kann für Artikel des täglichen Bedarfes
sollen nur dann von mir oder den Landeshauptleuten tatsächlich
festgelegt werden, wenn dies notwendig ist. Keinesfalls aber
soll diese Preisfestsetzung ausschliesslich auf Kosten der kleinen
Leute, Kleinhändler oder Gastwirte gehen. Vertreter der Hotel-
und Gastgewerbezeitung weist nämlich sofort auf die Schwachstelle
hin, wonach die letzten, d.h. eben die Gastwirte oder die Klein-
händler die Hunde beissen. Zum Glück kann ich darauf verweisen,
dass ja die ganze Kette vorher durch Genehmigung der Paritätischen
Kommission entsprechend genehmigte Preise haben müssten und des-
halb nicht nur die letzten von mir preisgeregelt werden können.
In Wirklichkeit muss ich mir innerlich zugeben, ist dies tat-
sächlich das grösste Problem.

ANMERKUNG FÜR WANKE, WAIS, KOPPE, HEINDL:
Wie können wir diesen Vorwurf entkräften?

Im Wochenprogramm steht um 11 Uhr Sitzung im BKA mit Gewerk-
schaften des öffentlichen Dienstes. In Wirklichkeit war dies eine
fraktionelle Sitzung, die nicht bekannt werden sollte. Reim


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gibt mir schon vor einiger Zeit zu bedenken, dass das Wochen-
programm im Handelsministerium als unzweckmässig von unserer
Seite aus zu betrachten ist. Seinerzeit haben wir es eingeführt,
um die Sektionen zu verpflichten, auf Grund dieses Programmes
entsprechende Vorschläge zu erstatten. Niemals ist eine solche Ak-
tivität aber von den Sektionen entfaltet worden. Für die, die
positiv mit uns zusammengearbeitet haben, muss es andere Wege
geben, sie zur Mitarbeit heranzuziehen. Für die, die nichts tun
wollten, war es immer eine gute Ausrede, sie werden ja über das
Wochenprogramm informiert, haben darin nichts gefunden und daher
keinen Grund etwas zu tun. Ich glaube, deshalb, dass wir auch
diesen Punkt und hier hat Reim vollkommen recht, ändern müssen.
Das Wochenprogramm ist auf alle Fälle einzustellen. Die Begründung
und wie wir in Hinkunft die Sektion resp. Abteilungen resp.
Referenten, die von Besprechungen betroffen sind und die wir
brauchen, verständigen, muss auf einem anderen Weg erfolgen.
Beim nächsten Büro-Jour-fixe müssen wir eine bessere Lösung be-
sprechen.

ANMERKUNG AN WANKE: Bitte überleg Dir die zweckmässigste neue
Lösung.

Bei dieser Aussprache im BKA, an der nicht nur die Fraktion
der Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes sondern auch
das ÖGB-Fraktionspräsidium teilnahmen, ging es um die zu-
künftige Lohn- und Gehaltspolitik. Benya verwies darauf, dass
nicht nur die öffentlich Bediensteten seiner Meinung nach ein
schwieriges Problem darstellen, sondern auch auf dem privaten
Sektor die Versicherungen, die Banken und er meinte, zum
Glück ist auch der Handelsminister anwesend, denn auch die
Lebensmittelarbeiter stellen zu hohe Forderungen. In der
langen Diskussion, die sich an diese Problemation anknüpfte
kam heraus, dass eine Lohnleitlinie nicht möglich ist. Dagegen
würden sich alle Gewerkschaften aussprechen und sicherlich
auch nicht daran halten. Ausserdem würde dann in den Betrieben
sofort durch entsprechende Aufbesserung, wie Dallinger mit
Recht darauf hinwies, die Differenz zwischen den Soll-Löhnen,
d.h. KV-Löhnen und den Ist-Löhnen, die tatsächlich bezahlt werden,
noch grösser werden. Teschl meinte sogar, man müsse trotzdem
in kleineren Kreisen über die entsprechenden Prozente reden und
die höchsten Prozentsätze aber auch die Mindestprozentsätze, die


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nicht unterschritten werden sollen, besprechen. Böck ver-
wies bei den Bauarbeitern, dass auf Grund der letzten KV-Verein-
barung die Facharbeiter für 3.40 auf den Kollektivvertragslohn
und durch die schlechte Beschäftigung jetzt auch nur auf den Ist-
lohn draufbekommen haben und so tatsächlich 3–7 % Verdienst-
verlust haben. Dadurch seien auch die Baukosten von 24 auf 12 %
Baukostensteigerung gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Pöder von
den Gemeindebediensteten meinte, man könne nicht nur Opfer
von den Staatsangestellten verlangen. Lausecker erwiderte,
sie hätten 11,8 % bekommen und das Stillhaltevereinbarungs-
abkommen sieht den 31.12.1975 vor. Erst dann müssten neue Ver-
handlungen beginnen. Ein grosses Problem sei die Sparten-
fragen, die allein 7 Mill. S kosten. Hier handelt es sich um
die Verwaltungsdienstzulage für die Pensionisten, um die Hoch-
schullehrer, um die Richter und die sonstigen Lehrer. Die
Bundesbahnen wollen statt der dreijährigen Vorrückung eine zwei-
jährige, was im ersten Jahr 150 Mill. kostet, dann zurückgeht
sogar auf 100 Mill., aber wie Lausecker mit Recht sagt, im
Jahresverdienst der Eisenbahner dann eine wesentliche Erhöhung
bringt und damit natürlich auch eine Belastung des Staates.
Die Beamten erklären, sie werden so schlecht bezahlt und
haben in den letzten 5 Jahren, wie Kreisky zusammenfasste von
31 Mia. Personalkostenanteil im Budget 1970 auf 55 Mia. 1975
erhöht. Seiner Meinung nach kann es nur weniger Beamte geben
und mehr Arbeitsleistung des Einzelnen. Benya erinnert an eine
Diskussion mit den Postgewerkschaftern, wo diese zugegeben
haben, dass die Postler bereits um 13 Uhr mit ihrem Austragen
zu Ende sind, dafür aber die Postdirektion verantwortlich zu
machen ist. Diese hat wieder ohne Genehmigung 1.200 Postler
eingestellt. Wie glücklich bin ich, dass ich keine nachgeord-
nete Dienststelle habe, denn dort gibt es immer die grössten
Probleme und Schwierigkeiten. Mehr Leistung aber von den Beamten
zu verlangen, setze voraus, dass man entweder sie besonders dafür
entlohnt oder die, die nichts leisten entsprechend geringer
belohnt. Da man ihnen aber keinen Gehalt wegnehmen kann, würde
als einzige Lösung die automatische Beförderung zu ändern.
Ich bin nicht überzeugt, dass dieser einzig gangbare Weg
gerade im Zusammenhang mit einer Änderung des § 67, wonach
ein Beamter überhaupt zu nichts zusätzliches herangezogen werden
kann, als Schlüsselprobleme tatsächlich in Angriff genommen werden.



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Ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommen wird. Die öffentlich
Bediensteten haben, wenn man natürlich nur ihre Löhne allein rechnet,
scheinbar schlecht abgeschnitten. Rechnet man aber die ganzen Zu-
lagen usw. dazu und dass sie z.B. für die Pensionsversicherung nur
6 % zu leisten haben, während der Privatangestellte und auch Arbeiter
8.75 % zu leisten hat, so ergibt sich, dass ihre Nettobezüge nicht
zuletzt auch durch die zusätzlichen sonstigen Leistungen besser sind
als in der privaten Wirtschaft. Dazu kommt natürlich, dass auch die
Unkündbarkeit gerade in der jetzigen Phase nicht vernachlässigt
werden kann und darf. Seit ich mich erinnern kann, d.h. in der zweiten
Republik hat es immer wegen der Lohnpolitik im internsten Kreis
zwar freundschaftliche aber heftige Diskussionen gegeben. Je
nachdem ob eine Gruppe wie z.B. jetzt die Metallarbeiter vor unmittel-
baren Lohnbewegungen stehen, hat alles gespannt auf diese Gewerkschaft
geschaut. Dadurch, dass sie 330.000 umfasst, war natürlich dieser Ab-
schluss von grösster Bedeutung. Wenn die Abschlüsse nicht entsprechend
gut ausgefallen sind, dann haben die Betriebsräte sofort nachdem
dieser Abschluss mit ihrer Zustimmung im Verhandlungskomitee gefasst
wurde, in ihren eigenen Betrieben zusätzliche Leistungen durchgesetzt.
Dadurch kam es ja zu einer immer stärkeren Differenzierung der Ist-
Löhne und der grösstenteils auf dem Papier stehenden KV-Löhne. Der
tiefste beträgt derzeit 23.50 und der Durchschnittsverdienst ist
46.82 S. Selbst wenn ich den Facharbeiter hernehme mit 40.00 S
höchsten Kollektivvertragslohn so zeigt dies, dass er wahrscheinlich
überall nur auf dem Papier steht. Schon allein, dass eine 30 %-ige
Akkordzulage mindestens vereinbart ist, gibt für die Metallarbeiter
einen anderen Verdienst als z.B. in der Lebensmittelarbeiterbranche.
Der Akkordzulagenverdienst muss sogar 6 Wochen weiterwirken, auch dann
wenn er keinen Akkord mehr leistet, erst dann fiele er auf den Kollek-
tivvertrag zurück. Aber auch Prechtl von den Eisenbahnern musste
zugeben, dass der Lokführer nur 5.300 S im Monat hat, dazu allerdings
dann 2.000 S Zulagen mindestens kommen. Wie wir aus diesem Dilemma,
dass die einzelnen Gewerkschaften ihre eigene Politik machen, ja ich
glaube sogar machen müssen, und der tatsächlichen Entwicklung
herauskommen ist mir nicht klar. Ich sehe keinen Weg. Radikale Än-
derungen würden nur eine Verunsicherung und, was noch viel schlimmer
ist, eine Verstimmung unter die Arbeiterschaft, ja wahrscheinlich
auch unter die Privatangestellten und noch viel mehr unter die Beamten
bringen. Den einzigen Weg, den ich sehe, mit jeder Lohnbewegung, sei es


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auf dem Arbeiter-, Angestellten-, aber noch viel mehr auf dem Sektor
der öffentlich Bediensteten, eine kleine Kompensation durch ent-
sprechende Änderung der Struktur und Mobilität hemmenden Faktoren
zu erreichen, ist der einzige Ausweg. Beim öffentlichen Dienst
wurde er bis jetzt noch nicht gegangen.

Im Wiener Ausschuss berichtete Schieder über die Gebührenerhöhung der
Gemeinde. Wasser soll vom Haushalt von 4.– auf 5.– S pro m³ mit
1.1.1976 erhöht werden. Die verbilligten Wassermengen, 2.80 für
50 Liter pro Kopf und Tag wird allein aus Verrechnungsgründen
notwendig sein aufzulösen. Ebenso soll nicht zuletzt aus Verrech-
nungsgründen der verbilligte Gewerbetarif 2.45 pro m³ in Wegfall
kommen. Die Einnahmen von derzeit 500 Mill. werden um 200 Mill.
auf 700 Mill. steigen und damit endlich kostendeckend sein. Die
Kanalgebühr soll für A-Abort von 96.– auf 152.– S erhöht werden.
Hier würden die Einnahmen von 100 Mill. um 60 Mill. auf 160 Mill.
steigen. Gleichzeitig aber soll mit 1.7.1976, wo die Erhöhung in Kraft
gesetzt wird, anstelle der Häuselsteuer eine Abwassergebühr, die
sich nach dem Prozentsatz des Wasserverbrauches richtet, eingeführt
werden. Die Müllabfuhrabgabe von 50 Liter 3.50 pro Entleerung soll
auf 5.– S, von 110 Liter von 9.– auf 13.– S erhöht werden. Die
Belastung wäre 10 – 16.– S pro Mieter und Monat. Die Feuerwehr-
bereitstellungsgebühr soll um 40 % erhöht werden. Einzelne Leistungen
aber wesentlich höher, weil in Hinkunft für jede angefangene Stunde
die volle Stunde verrechnet wird. Derzeit gibt es folgende Differenz:
wenn jemand sein Auto vorschriftswidrig parkt und die MA 48 schleppt
es ab, so kostet das 1.500.– S. Wenn er es aber auf einer Schiene
parkt und die Strassenbahn kann nicht fahren, dann kommt die
Feuerwehr und es kostet ihn nur 700.– S. Diese Abschlepptätigkeit
wird man jetzt auf 1.800.– S erhöhen. Die Müllabfuhr soll von
270 Mill. um 120 Mill. auf 390 Mill. und die Feuerwehr von 5 Mill.
plus 3 Mio. auf 8 Mill. erhöht werden. Schieder hat dies mit so
drastischen Beispielen und so einer rhetorisch guten Art vorge-
tragen, dass man fast sagen wollte, es ist ja wirklich schrecklich,
dass die Gemeinde niemals die Kostendeckung bei diesen Dienstlei-
stungen erreicht hat und das hat sie nach Schieder jetzt endlich.
In der Diskussion wurde dann allerdings von Hofstetter z.B. darauf
verwiesen, dass diese Belastungen für die Altwohnung in Zimmer/Küche
Betriebskostenerhöhung von 25.– bis 30.– pro Monat und Wohnung und
bei Neubauten von 45 – 60.– S betragen werden. Ich bin überzeugt,


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darüber wird es eine heftige Debatte noch in der Öffentlichkeit
insbesondere durch die Massenmedien entfacht, geben.

Die Mitgliedsbeiträge von 15.– S werden nicht erhöht, obwohl über
die Aufteilung und über etwaige Erhöhungen in Zukunft sehr bald wird
geredet werden müssen. Derzeit werden von den 15.– S nach Abzug der
Jugend- und Kinderfreundegroschen und ich weiss nicht was noch alles
14.25 dann ein Drittel der Zentrale, ein Drittel den Ländern und ein
Drittel der Bezirksorganisation aufgeteilt. Die Zentrale verlangt nun,
da sie die ganzen Personalkosten der Bezirkssekretäre und Landes-
sekretäre usw. tragen muss, den Anteil auf 40 % zu erhöhen. Schlecht
stehen auch noch die Bezirksorganisationen mit dem Anteil da und
auch hier sieht Nittel als Wiener Landessekretär ein, dass etwas ge-
schehen muss. Mit dem Betriebsrat wurde vereinbart, dass mit
1.11.1975 so wie bei der Gewerkschaft die Gehälter um 14 % erhöht
werden. durch Umschichtung sollen 4 % ein gerechteres Schema bringen,
während die Gehaltserhöhung 10 % betragen soll. In Hinkunft wird die
Partei sich immer an die Vereinbarungen des Gewerkschaftsbundes mit
seinen Angestellten anschliessen.

Gratz berichtet, dass durch eine Organisationsfehler der AZ bei den
Bericht der Staatsanwaltschaft über die Anklage der Angestellten die
wichtige Bemerkung unter den Tisch gefallen ist, dass gegen Suttner
nichts Strafbares vorliegt. Die AZ wird es deshalb in grosser Auf-
machung bringen. Die Kronen-Zeitung hat die Berichtigung abgelehnt
und Suttner als auch Hofstetter werden deshalb pressegesetzliche
Klagen einbringen. Gratz verweist neuerdings darauf, dass auf Grund
des GesmbH-Gesetzes auch die Aufsichtsräte mit der Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmannes vorgehen müssen und das Handelsgericht
diesbezügliche Entscheidungen schon einige Mal getroffen hat. Wenn
dies nicht geändert wird, werden wahrscheinlich die Politiker früher
oder später, weil sie die ganze Härte des Gesetzes treffen kann,
ausscheiden. Darüber wird aber noch intern beraten.

Mit Bielka und Veselsky besprach ich die Vorgangsweise bei der Nomi-
nierung der 8 Delegierten zum Energiedialog. USA die EG u. Japan stehen
fest, die vier restlichen bemühen sich, Schweden, Schweiz, Österreich,
Norwegen, Spanien, Griechenland und Australien. Die Türkei ist frei-
willig ausgeschieden, Finnland interessiert sich nicht, möchte nur
informiert werden. Island, Neuseeland und Portugal haben überhaupt
nie die Absicht gezeigt, sich um diese Sitze zu bemühen.



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Grossbritannien, obwohl EG-Mitglied, macht noch immer energische
Anstrengungen, eine eigene Kandidatur zu erreichen. Frankreich hat
vorgeschlagen, man soll regional vorgehen. In diesem Fall würde
Australien, vom Mittelmeer entweder Spanien oder Griechenland, vom
Norden entweder Schweden oder Norwegen und von Mitteleuropa ent-
weder die Schweiz oder Österreich zum Zuge kommen. Eine solche
regionale Lösung wird aber von Kreisky und Bielka entschieden abge-
lehnt. Veselsky hat seinerzeit unsere Kandidatur dort angemeldet und
gross verkündet, was Kreisky auch nicht recht war. Jetzt dagegen, wenn
wir diese Mitgliedschaft nicht bekommen und dann womöglich nur mit
unterentwickelten, nicht stark industrialisierten Ländern abgelehnt
werden, kommen wir in ein ganz schiefes Licht. Österreich würde dort
zu den Entwicklungsländern gezählt werden, die man nicht berücksichtigt.
Die Schweiz bemüht sich deshalb sehr, diesen Sitz unter allen Umständen
zu bekommen. Wenn es bei der EFTA-Tagung oder vorher zur Sprache kommt,
werde ich, wie ich Bielka mitteilte, und er war darüber sehr froh, sofort
erklären, dass sich der Bundeskanzler vorbehalten hat, die letzte Ent-
scheidung zu treffen. Wir halten unsere Kandidatur auf alle Fälle
aufrecht.

Wichtiger erschien mir, dass ich mit Bielka abstimme, dass wir
auf alle Fälle etwas für Portugal Industrieentwicklungsfonds leisten
müssen. Veselsky meinte, dafür sei kein Geld vorhanden, vom Zuk
hatte er eine entsprechende Information bekommen. Bielka teilte meine
Meinung, dass eine solche Vorgangsweise unmöglich ist und ich erklärte
sofort, ich werde dies bei der Regierungsvorbesprechung zur Sprache
bringen.

Kreisky war über die Regierungserklärung, wie er sie jetzt zusammengestellt
hatte, nicht sehr glücklich. Bei einer taxativen Aufzählung aller Wünsche
der Regierungsmitglieder würde sie über 3 Stunden dauern. Er hat des-
halb eine Kürzung vornehmen müssen. Er wird deshalb darauf hin-
weisen, dass die Regierungsmitglieder ja bei der Regierungserklärung
anwesend sind und bei der Diskussion für jede einzelne Frage zur
Verfügung stehen. Häuser meinte, es könne, wenn jetzt entsprechende
Kürzungen noch vorgenommen werden, ein Ungleichgewicht in den einzelnen
Ressorts dadurch entstehen. Dieses Prestigedenken hatte ich für falsch
und es würde mich gar nicht stören, wenn über das Handelsministerium
gar nichts drinnen ist. Ich erklärte sofort mir zu überlegen, weitere
Kürzungen vorzunehmen, nur einen Satz über die Preise und vor allem
das gewünschte Filmförderungsgesetz aufzunehmen. Ich glaube, dass


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das wirkliche Problem darin bestand, dass zuerst vom Büro des
Bundeskanzlers die Konzeption war, die Philosophie festzuhalten,
die geleistete Arbeit und die zukünftige Arbeit und was weiss Gott
noch alles, das Endergebnis war ein viel zu grosses Unterlagenmaterial.
Dann wurden noch die Gedanken Kreiskys z.B. in meinem Fall über die
zukünftige Atomenergiepolitik hineingearbeitet, das Ganze wurde
zu lang und deshalb dann wesentlich gekürzt. Ein unheitliches
Ganzes.

Bezüglich der Hilfe für Portugal einigten wir uns auf 100 Mill. $
anstelle der 240–300 Mill. S, die die Portugiesen wollen und
von denen Zuk behauptet, der letztere Betrag sei der einzige, den
sie verlangen, danach würde auf Österreich bei 100 Mill. $
210 Mill. S, nach dem EFTA-Aufteilungsschlüssel entfallen. Dies
wären bei 5 Jahresraten 54 Mill. S pro Jahr. Androsch ist damit
einverstanden, möchte nur, dass er dies nicht aus dem Budget be-
zahlen muss, sondern dass er dafür Zinsenzuschüsse vorsehen wird,
d.h. dass dieser Betrag als 25-jährige Anleihe, 10 Jahre tilgungs-
frei, zinsenfrei zur Verfügung gestellt wird. Da dies eine inner-
österreichische Regelung ist, kann ich in Genf ohne weiteres daher
die 54 Mill. S pro Jahr zusagen. Im Ministerrat habe ich daher
sofort, als ich meine Vertretung Weihs nominierte, gleich darauf hin-
gewiesen, dass ich zur Hilfeleistung für Portugal nach Genf fahre.
Ohne einzelne Details zu deponieren.

Häuser berichtet in der Vorbesprechung noch, dass die Arbeitslosen-
ziffer im Oktober 54.100 beträgt und 14.096 mehr als im Vormonat
und um 18.776 mehr als im Vorjahr.

Lausecker schlug vor, dass wir jetzt endgültig für Weihnachten eine
einvernehmliche Lösung bezüglich des Einarbeitens haben sollten.
Häuser hat mit seiner Personalvertretung vereinbart, dass ein
Drittel auf Urlaub gehen kann und zwei Drittel anwesend sein müssen.
Sie müssen sich allerdings dafür zwei Urlaubstage nehmen. Moser
wieer sagte, er hätte schon Besprechungen geführt, dass zwei Tage
von den 6 Tagen eingearbeitet werden können. Ich selbst erklärte,
dass unbedingt eine einvernehmliche Regelung mit allen erzielt wer-
den muss. Wir einigten uns dann darauf, dass nicht mehr als 2 Tage
eingearbeitet werden dürfen, soweit der Dienstbetrieb dies erlaubt.

ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte diese generelle Regelung, die alle Mini-
sterien betrifft und die vom BKA mitgeteilt wird, auch unserer Per-
sonalabteilung mit der Personalvertretung vereinbaren.

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Tagesprogramm, 3.11.1975

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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TAgesordnung 2. Ministerratssitzung, 3.11.1975

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28_1262_04

hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)


GND ID: 130327808


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    Tätigkeit: Obmann Gew. Gemeindebedienstete


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Vizepräs. AK Wien, SPÖ-BR, SPÖ-NR-Abg.


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        GND ID: 124729509


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
          GND ID: 119083906


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: SChef HM
            GND ID: 12195126X


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              Tätigkeit: HK


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                Tätigkeit: Verkehrsminister


                Einträge mit Erwähnung:


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Finanzminister
                    GND ID: 118503049


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                      Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., Obmann Wr. Naturfreunde


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Obmann Chemiearbeitergewerkschaft


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                            Tätigkeit: Beamter HM


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                                Tätigkeit: IFES


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                                  GND ID: 1017902909


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                                    Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                      Tätigkeit: Dipl.Ing.


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                                        Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                        GND ID: 102318379X


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Bautenminister


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Wr. Bau-SR, ÖGB-Vizepräs., Obmann Gew. Bau-Holz


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                              GND ID: 130620351


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: SPÖ-Politiker, Wien


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                                                      Einträge mit Erwähnung:


                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                          GND ID: 118566512


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            GND ID: 12254711X


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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