Mittwoch den 19. März 1975
Bei Gen.Dir. Kienzl intervenierte ich wegen der zwei ERP-Kredite
für Köflacher Revier, Vamag und Dau. Bei dieser Gelegenheit be-
richtet mir Kienzl, daß sie sich mit dem Finanzministerium ge-
einigt hatten, ca. 1 Milliarde Schilling zusätzliche ERP-Mittel,
sowie 1 Milliarde Schilling vom Kreditapparat, insgesamt also
2 Milliarden für Investitionen zur Verfügung zu stellen. Der ERP-
Fonds 683 Millionen Freigabemöglichkeit ohne Vertragsverletzung,
390 Millionen seinerzeit rückgestellte, d.h. eigentlich schon
verfallene ERP-Mittel plus 293 Millionen aus Überschüssen, die
sonst maximal jährlich mit 100 Millionen freigegeben werden. Dadurch
verringern sich die Rückflüsse, statt 850 auf 750 Millionen, d.h.
in Hinkunft stehen weniger ERP-Mittel zur Verfügung. Die Diffe-
renz von 683 Millionen auf 1 Milliarde kommen aus dem Reserve-
konto das jetzt 519 Millionen beträgt und aus Zinsenüberschüsse
für Ausfälle, die früher der Bund getragen jetzt aber aus dem
ERP-Gebarungserfolg gedeckt werden müssen. Da keine Ausfälle zu
verzeichnen sind, ist es möglich dieses Reservekonto anzuknabbern.
Die Handelskammer und auch die Industriellenvereinigung werden zwar
mit diesen 2 Milliarden als Investitionsstoß in der Summe zu-
frieden sein, doch fürchte ich sicherlich nicht mit dem System.
da sie sich je steuerliche Erleichterungen erwartet haben.
Im Klub berichtete Kreisky über seine Auffassung zum Südafrika-
Geschäft. Man kann natürlich einen Fall wenden wie man will, man
kann alle für und wider aufzeigen, eines bleibt, daß erst nach
jahrelangen Verhandlungen jetzt durch vielleicht einen unglück-
lichen Zufall, die ganze Frage vorzeitig in die Öffentlichkeit
gezerrt wurde. Die ÖVP hat aus den Vorstandberichten der VÖEST und
insbesondere auch aus der Behandlung dieses ganzen Problemes in
der ÖIAG, ja selbst die Freiheitlichen haben dort alles Material
detailliert erhalten. Jetzt nützen sie diese, wie sie glauben
politisch einmalige Chance, und attackieren Kreisky und den Außen-
minister ganz hart. Wären die Wahlen schon vorüber, dann hätte man
wahrscheinlich wesentlich anders reagiert, als dies jetzt der
Fall ist. Die Betriebsräte haben sich weitestgehendst mit dem Vor-
stand identifiziert. Sekanina als geschäftsführender Obmann der
Metallarbeiter hat in einem Fernsehinterview, das ich nicht
gesehen habe, sich einigermaßen positiv sich geäußert. Natür-
lich nützt die ÖVP jetzt die Gelegenheit um eine differente Auf-
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fassung festzustellen und versucht hier reinzustoßen. Soweit
es hier dem großen Zamberer gelingen wird einen Meinungsumschwung
in der öffentlichen Meinung und ganz besonders bei den Beschäftigten
zu erreichen, kann ich jetzt noch nicht beurteilen. Auf alle Fälle
versucht er jetzt und dies wahrscheinlich zu Recht, den Arbeitern
zu sagen, daß wenn sie einmal Fabrikate aus dem Ausland beziehen,
auch dann wenn es ihre eigene Fabrik ist, damit ihre Beschäftigungs-
lage im Inland bei der Erzeugung dieser Halbfertigwaren sicher
gefährden, auf alle Fälle aber konkurrenzieren. Die ÖVP beginnt
jetzt auf Grund dieses Geschäftsfalles zu versuchen, daß sie eine
bessere Außenpolitik machen würde und erklärt schon allein aus
der Heeresreform, Ortstafelkonflikt usw. zu behaupten, daß dies
der Bruch der gemeinsamen Außenpolitik war. Da Kreisky den Streit
alleine führen wollte, hat sich der Außenminister nicht zu Wort
gemeldet, was die ÖVP eine Zeit lang, angeblich zu einer Überlegung
eine dringliche Anfrage an ihn zu richten, veranlaßte. Ich
glaube es war nur die fortgeschrittene Zeit, 6 Uhr abends, daß
sie sich dies dann doch noch überlegten. Die Folge wäre nämlich
gewesen, daß die Sitzung auf 2 Stunden unterbrochen worden wäre,
was sie auch wieder nicht wollten. Erfahren hat die ÖVP die ganze
Angelegenheit weil, die ÖVP sicherlich keine dringliche Anfrage
an Kreisky und Bielka lieber gehabt hätten als daß dieser ganze
Komplex beim Rechnungshofabschluß diskutiert wurde. Die FPÖ
aber wieder wollte sich nicht deklarieren mit der ÖVP einen ge-
meinsamen Angriff in Form einer dringlichen zu starten und wählte
daher von ihrem Standpunkt die mildere Form, beim Rechnungsab-
schluß eben dieses Problem zur Sprache zu bringen. Diese Fein-
heiten sind zwar im parlamentarischen Geschehen vielleicht von
Bedeutung, interessieren aber sicherlich die Öffentlichkeit über-
haupt nicht. Wenn es uns gelingt die Beschäftigungslage in den
nächsten Wochen zu verbessern, wenn vielleicht sogar in Südafrika
irgendwo festgestellt wird, daß die Finanzierung sowieso nicht
möglich ist, wenn es gar vielleicht zu Zugeständnisse kommt die
deutlich zeigen, daß die Weißafrikaner den Schwarzafrikanern doch
entgegenkommen müssen, dann hat Kreisky vielleicht sogar mit dieser
jetzt zu Tage tretenden Politik einen ähnlichen Erfolg wie seiner-
zeit bei der Lagerauflösung Schönau.
Ein Gespräch mit den Aufsichtsratsmitgliedern fraktionell der
Donaukraftwerke ergab, daß diese mit meiner Taktik, Enns an die
Donau zu führen, absolut einverstanden sind. Es wird deshalb
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bei der nächsten Aufsichtsratssitzung ein diesbezüglicher Be-
schluß über den vierten Vorstandsdirektor Baumgartner gefaßt
werden. Maurer hat zwar angekündigt, daß dies ein Kriegsfall wäre,
doch glaube ich, daß es sachlich so zu begründen ist, daß Maurer
einsehen wird, hier gibt es kaum eine Chance der Verpolitisierung.
Stadtrat Hofmann, der Vorsitzende unserer Fraktion, war sehr froh,
daß diese Übereinstimmung sofort erzielt werden konnte. Die Be-
triebsräte haben mir erklärt, daß sie auch bei den Donaukraftwerken
einen zweiten Vize wollten, wie dies bei der ÖDK bereits der Be-
triebsrat Inthal angemeldet hat. Betriebsratsobmann NR Köck hat
diese Forderung erklärt wurde bei einer Zentralbetriebsratssitzung
aller Kraftwerke, Sondergesellschaften und Verbundgesellschaften
verlangt. Bei den Donaukraftwerken ist es leichter möglich, weil
Maurer der Vorsitzende, Hofmann sein Stellvertreter und nach
Statuten ein zweiter Stellvertreter ohne weiteres möglich ist.
Bei der ÖDK gibt es schon außer Werner, dem Vorsitzenden, den
Frühbauer als Stellvertreter und von der Steiermark Albegger als
zweiten Stellvertreter. Hier wird also entweder das Statut zu
ändern sein, oder es muß ein SPÖ-ler, Werner oder Frühbauer, auf die
Funktion verzichten. Hier richtet es sich eindeutig auf den Vor-
sitzenden Werner. Bei den Tauernkraftwerken ist es wieder leichter,
dort ist Bock als Sozialist Vorsitzer und Haslauer, ÖVP-Landesrat
a.D., Stellvertreter. In der Verbund gibt es Weiß als Vorsitzenden,
Glück und Hintermayer als Stellvertreter. Da Glück aber von der
Gewerkschaft Metall- und Bergarbeiter kommt, ist eigentlich ein
eindeutiger Gewerkschaftsmann Stellvertreter und dies wird auch
von den Betriebsräten weitestgehend anerkannt. Als erste Phase hat
Bandhauer geglaubt seien die Betriebsräte zufrieden, wenn sie in
Hinkunft in allen Ausschüssen vertreten sind. Auch in den Ausschuß
Vorstandsangelegenheit soll in Hinkunft ein Betriebsrat gewählt
werden. Dies bedeutet, daß sie auch in die einzelnen Gehalts-und
Besetzungsfragen eingeschaltet sind, da dies immer in Ausschuß-
Vorstandsangelegenheiten besprochen wird. Als Weitziel dürften
allerdings die Betriebsräte auf ihre Vize-Stellvertretung nicht
verzichten.
Bezüglich der weiteren Verlängerung der Aufsichtsratsmandate bei
den Tauernkraftwerken Ausch und MR Karl Schmidt, der ständig krank
ist, wird S.Chef Frank Erkundigungsgespräche führen. Frank hat
ohne dem Wissen von Gehart diesen für einen Aufsichtsratsposten vor-
geschlagen.
Dir. Kopelnik von der Donau-Kraftwerk-Vorstand hat wegen seinen
jetzt neu hinzukommenden Kollegen Baumgartner interveniert, daß
man ihm nicht schlechter stellt als er selbst jetzt durch seine
Zweit- und Drittvorstandstätigkeit bei den Ennskraftwerken gestellt
ist. Kopelnik bekommt dafür 10.000 Schilling, Baumgartner bereits
für seine Tätigkeit in der Kernkraftgesellschaft 6.000.– und würde
durch 4.000.– Aufstockung ebenfalls auf 10.000 kommen sollen.
Aus der Optik heraus wird es zweckmäßig sein, ihm diese 4.000.–
Schilling nicht bar zu geben, sondern in Form einer Dienstwohnung
oder sonstige Naturalvergütung.
Die Paritätische Kommission, der ich vorsitzen mußte, konnte
erst um 25 Minuten später beginnen, weil sich die Präsidenten und
Kammeramtsdirektoren und sonstige Experten über die Bierpreisfrage
und andere nicht zeitgerecht einigen konnten. Als ich dann eröffnete
war es natürlich möglich die Tagesordnung so wie immer ganz schnell
abzuwickeln. Eine einzige Diskussion ergab sich wegen der Olivetti
Österreich-Firma, Diese hat weder 1974 1. Jänner, noch 1975 sich
bereitgefunden ihre Preiserhöhungen von der Paritätischen Kommission
genehmigen zu lassen. Aufforderung dazu ist sie in keiner Beziehung
nachgekommen. Die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund verlang-
ten deshalb vom Handelsministerium die Anwendung des Preisgesetzes.
Da die Handelskammer und auch die Landwirtschaftskammer vorerst
nicht zustimmen wollte, wäre ein § 3a nicht möglich gewesen und
ich hätte müssen den § 3b anwenden. Da ich fürchte, daß dies nicht
der typische Fall ist, wo ich bei einer Berufung Recht bekommen
würde, versuchte ich die Handelskammer davon zu überzeugen, daß
sie doch vielleicht den § 3a zustimmt. Mussil erklärte er hätte
schon einige Fälle § 3a zugestimmt und hätte immer das Handels-
ministerium dann entweder wie beim Zuckerpreis die normale Preis-
verfahren angewendet, oder wie ich dann ausführen konnte es doch
zu einer einvernehmlichen Regelung mit den Sozialpartnern und
der Firma gekommen ist, ohne daß wir eine Preisregelung nach § 3a
durchführen mußten. Ich habe anschließend noch mit Vizepräsident
Seidl von der Handelskammer darüber gesprochen, er soll seinen
Einfluß geltend machen, daß im Präsidium der Bundeskammer doch
dem Verfahren des § 3a für Olivetti zugestimmt wird. Der Bierpreis
wurde dem Unterausschuß zur Entscheidung zurückgewiesen, obwohl
man sich bereits mit 1.4. auf 70.– Schilling für das Faßbier und
60.- Schilling für das Flaschenbier entschieden hatte. Benya wollte
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in der Vorbesprechung den Wirksamkeitsbeginn auf den 15.5. hinaus-
schieben und hat ihnen deshalb für Faß- und Flaschenbier 70.-
Schilling pro Hektoliter geboten. Die Brau-Industrie möchte aber
unter allem Umständen mit 1.4., da dort auch eine entsprechende
Korrektur in den Gastwirtepreisen schon rein aus Lohnerhöhungen
der Gastarbeiter zu erwarten ist, erreichen. Ich bin überzeugt, daß
nun von der Bierpreiserhöhung bei den Brauereien eine wesentlich
höhere Bierpreiserhöhung bei den Gastwirten zu erwarten ist.
Die Arbeiterkammer nimmt an, daß wir im Handelsministerium den
Auftrag gegeben haben, den Verbraucherpreis in den wichtigsten
Konsumzentren zu erheben, damit dann eine eventuelle größere
Preiserhöhung leicht festgestellt werden kann.
ANMERKUNG für WAIS: Wie weit ist eine solche Erhebung durchgeführt
worden.
Sallinger habe ich über die Absicht von Bielka, auf Wunsch vom
persischen Botschafter Igler nach Teheran mitzunehmen, informiert.
Sallinger war darüber sehr erfreut, hat auf meinem Vorschlag sofort
Kontakt mit Bielka aufgenommen und dieser hat ihm zugestanden,
daß er auch bereit ist Gleißner aufzunehmen in seine Delegation
wenn ich dem zustimme. Ich habe nach einer Rücksprache mit Bielka
diesem Verlangen sofort Rechnung getragen. Bielka fürchtet, daß
seine Delegation zu groß wird, weil er von den Persern eingeladen
wurde und nicht den Eindruck erwecken möchte, daß diese, weil sie
alles bezahlen jetzt mit einer großen Delegation überrascht werden.
Ich erklärte sofort, daß ich glaube immer nur der Minister bei
Einladungen als Gast gilt.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Wie wurde dies bei uns in Teheran geregelt.
Tagesprogramm, 19.3.1975