Donnerstag, der 20. Februar 1975

24-0213

Donnerstag, 20. Feber 1975

Im Klub hat mich Robert Weisz ersucht, ich soll den Klub
über die Zuckersituation informieren. Da wir nachmittags mit
einer Debatte über das Außenhandelsverkehrsgesetz rechneten,
wäre bei dieser Gelegenheit das Zuckerproblem neuerdings zur
Sprache gekommen. Ich verwies ganz besonders darauf, daß noch
keinesfalls 100 %-ig das Problem gelöst ist. Es ist immerhin
möglich, daß im Herbst, womöglich knapp vor den Wahlen, neuer-
dings eine Zuckerkrise durch Lager und hamstern entstehen kann.
Wenn gewisse Zeitungen eine Verknappungssituation schildern. Als
es voriges Jahr im Herbst wirklich eine Zuckerknappheit vorhanden
war, die Fabriken hatten damals alles restlos ausgeliefert, haben
die Zeitungen sich ruhig verhalten und wir sind über diese
schwierige Klippe hinweggekommen, ob dies auch dieses Herbst der
Fall sein wird, getraue ich mir nicht zu prognostizieren. Ein
interessantes Detail war, daß einige Genossen mir berichteten,
es werden jetzt in den Bundesländern von Lebensmittelklein-
händlergeschäfte Zucker aus 50 kg Säcken in normale Sackerln vom
Händler abgepackt, daraus schließen sie, daß diese die 50-kg-Säcke
bis jetzt gehamstert haben und jetzt schauen müssen, daß sie den
Zucker wegbringen.

Kaplan Pöschl aus dem Burgenland, den ich schon in der Arbeiter-
kammer seiner Aktivität entsprechend unterstützt, auch jetzt bei
einer neuen Wohngemeinschaft für Mädchen unterstützt habe, möchte
unbedingt, daß ich bei der feierlichen Eröffnung durch seinen
Bischof anwesend bin. Er würde sich sogar die Zeit nach meinen
Terminkalender richten.

Anmerkung für WIESINGER: Unbedingt einbauen.

Ing. Fornsprung und Knöt, Leiter eines technischen Büros für
Elektroplanung, wollten von mir, nachdem sie Dr. Mayer von der
Handelskammer, ein Freund von Ihnen, zu mir avisiert hatte, eine
Zusage, daß ich ihnen das Staatswappen verleihe. Ich erklärte
sofort, daß ich gar nichts dagegen einzuwenden habe, wenn die
Arbeiterkammer und insbes. die Handelskammer dem zustimmt.
Widerstand wird auf alle Fälle die Ing.Kammer, Architekten,
Müller-Hartburg leisten. Diese werden aber von uns glaube ich,
nicht gefragt. Dr. Mayer, ein guter Freund dieser Vorsprechenden,
wird sich bemühen, in der Handelskammer die Schwierigkeiten zu
beseitigen.



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Anmerkung für Bukowski: Bitte kläre, ob schon einmal für
ein solches Dienstleistungsgewerbe, es ist handelskammer-
pflichtig, ein solches Staatswappen verliehen wurde.

Die Arbeitsgruppe Preise der Ökonomischen Konferenz unter
Vorsitz von Lachs verlangte von mir einen Bericht über die
bisherige Tätigkeit und die zukünftige Arbeit. Insbes. ergab
sich eine Diskussion dann, wie wir einigermaßen erfolgreiche
3b-Fälle finden könnten. Die beste Lösung wäre, wenn vereinzelte
Betriebe auch dann wenn sie nicht attraktive Produkte erzeugen
sich nicht an Beschlüsse der Paritätischen Kommission halten,
mir mitgeteilt werden. Ein Fall soll bei Baustoffe vorliegen
wo anstelle der 4 % zwar nicht genehmigten aber beabsichtigten
Erhöhung der Paritätischen Kommission eine 47 %-ige tatsächliche
Erhöhung dann durchgeführt wurde. Momentan waren nur alle Teil-
nehmer davon überzeugt, daß ich alles daransetzen müßte, um
recht viele Paragraph-3b-Fälle durchzuführen. Marsch vom
Handelsministerium wies mit Recht darauf hin, daß ein einwand-
freies Verfahren durchgeführt werden muß, er zweifelt, ob so etwas
überhaupt möglich ist weil wir mit Sicherheit damit rechnen
müssen, daß der Bescheid dann vom Verwaltungsgerichtshof auf-
gehoben wird. In einem solchen Fall würde dann das Unternehmen
sofort den Verdienstentgang nämlich von mir festgesetzten volks-
wirtschaftlich gerechtfertigten Preis gegenüber den von den
Unternehmern betriebswirtschaftlich gerechtfertigt geforderten
Preis als Amtshaftung eingeklagt werden. Wenn ich also nicht
einen einigermaßen wirklich krassen Fall behandle, bin ich
überzeugt davon, würde die Bürokratie, selbst Marsch oder Singer
oder Jagoda größte Bedenken haben, um nicht zu sagen, sich da-
gegen verwahren, ein solches Verfahren überhaupt abzuwickeln.
Einig waren wir nur, daß wenn es zu einer Bierpreiserhöhung in
der Paritätischen Kommission kommt und die Gast- u. Schankgewerbe
dann sicherlich in den einzelnen Städten und Ländern wesentlich
höhere Preise verrechnen als die Par. Kommission empfiehlt,
daß dann sofort die Landeshauptleute von mir delegiert werden
sollen.

Sallaberger und Gehart hätten große Bedenken, wenn ich jetzt
in der Bürges verlange, daß auch die normalen Fälle, die in der
letzten Zeit von dem Geschäftsführer der Bürges angenommen werden,


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Genehmigung freigebe, resp. diese Freigabe verlange. Sie
meinen, daß damit ein gefährliches Präjudiz entsteht, dann
viele andere Betriebe auch kommen werden, die bis jetzt als
Normalfälle abgelehnt wurden und damit ein Loch aufgerissen
wird, daß kaum mehr geschlossen werden kann. Ich habe deshalb
sofort meinen Vorschlag, man soll doch die 15 jetzt vorliegenden
Normalfälle, die im Feber eingereicht wurden, ebenfalls in der
Bürges positiv erledigen, zurückgestellt. Ich bin wirklich nicht
daran interessiert, hier eine Schleuse zu öffnen, von deren
Ergebnis wir noch nicht wissen, welchen Effekt es dann haben
würde. Sallaberger hat vorgeschlagen, wir sollten dieses Problem
erst im Oktober zur Sprache bringen, resp. dann eventuell solche
Normalfälle behandeln, wenn wir tatsächlich sehen, daß wir einen
Überschuß in der Bürges Gewerbestrukturverbesserungsgesetz zu
verzeichnen hätten. Ich war mit dieser Vorgangsweise einverstanden
obwohl ich nicht so pessimistisch bin wie die Beiden. Ich kann
mir nicht vorstellen, daß wenn man jetzt im Feber 15 Ansuchen
gehabt hat und diese erledigt, daß sich daraus sofort ein solches
gefährliches Präjudiz ergibt, daß wir nie mehr wieder diese
Normalfälle abwehren könnten und wieder zu den Schwerpunktfällen
allein zurückkehren könnten. Ich gebe aber zu, daß ich vielleicht
für die Leute des Beirates dann eine schwierigere Situation
ergibt als dies jetzt der Fall ist. Jetzt ist alles auf Schwer-
punktfälle eingestellt, wahrscheinlich auch die Banken bei der
Einreichung immer wieder versuchen, aus jeden Normalfall einen
Schwerpunktfall zu machen und damit eigentlich auch in den
vergangenen Jahren die ganzen Mitteln für diese Schwerpunktfälle
aufgebraucht wurden. Im letzten Jahr mußten wir sogar vorerst
noch die notwendigen Mittel für die WIFIs abzweigen. Der normale
Vorgang müßte ja sein, daß nur dann wenn alle Fälle aufgearbeitet
sind, wir Mittel, die übriggeblieben sind, den WIFIs zur Ver-
fügung dürften.

Während der Sitzung kam der OÖ Abg. und Betriebsratsobmann
der DDSG Otto Libal (vielleicht weil ich mich über ihn so ärgere,
vergesse ich seinen Namen) und fragte, ob wir nicht bei der
Außenhandelsgesetznovelle auf eine Debatte verzichten können.
Er hätte mit der ÖVP schon gesprochen, daß diese, und auch die
FPÖ ihre Redner zurückziehen. Ich erklärte ihm sofort, dies könne
nur Heindl entscheiden, weil er sich darauf hat und weil ich
glaube, daß es sehr zweckmäßig ist, wenn wir das ganze Problem


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der Zuckerversorgung neuerdings zur Sprache bringen.
Heindl hatte einiges Material, das wirklich in der Öffent-
lichkeit gut ankommt. Voraussetzung, daß wir auf unsere Debatte
beim Außenhandelsgesetz verzichten, müßte übrigens sein, daß
auch über den Sicherheitsbericht wo schon 5 Stunden fast ver-
handelt wurde, entsprechend gekürzt wird und vor allem auch
dann keine anderen Wortmeldungen mehr erfolgen. Zu meiner großen
Verwunderung hat mir dann Heindl erzählt, daß man ihm genau das
Gegenteil erzählte, nämlich, daß er doch darauf verzichten soll,
ich sei damit auf alle Fälle einverstanden und überall wird
jetzt gekürzt. Heindl hat genau dieselbe richtige Einstellung
wie auch ich als ich noch als Debattenredner eingesetzt wurde,
wenn man von mir verlangt, ich soll nicht reden, so habe ich
diesen Wunsch immer sofort Rechnung getragen, auch dann, wenn
ich nicht überzeugt war, daß dies gut ist. Heinz Fischer, der
dann von diesem Plan erfuhr, hat sich sehr geärgert, auch sofort
dagegen protestiert und meinte, wir sollten die Debatte abwickeln.
Leider hatte schon Skritek, der Ordner mit der ÖVP fix vereinbart,
und natürlich unterblieb dann eine Debatte, zu dieser glaube ich,
doch bedeutenden Änderung des Außenhandelsgesetzes. Hier hätten
wir darauf hinweisen können, wie die ÖVP hier demagogisch vorgeht.
Auf der einen Seite erklärt sie jetzt den Rübenbauern das die
Vereinbarung, die sie selbst zugestimmt hat ein Diktat war mit
einer Brutalität erzwungen wie noch nie und schürt gleichzeitig
auch die Aversion gegen die größere Anbaufläche. Landtagsabg.
Peck, der Bürgermeister von Andau, ist extra raufgekommen, um mir
und Heindl darüber zu berichten, daß die burgenländischen Rüben-
bauernorganisationen ihre Mitglieder sogar schriftlich auffordern,
bei der Kontrahierung vorsichtig zu sein. Peck berichtete uns,
daß innerhalb der Bauernschaft eine große Unzufriedenheit gegen
die Führer dieses Bauernbundes existiert. Sie sind der Meinung
und das stimmt sogar, das hätte die Bauernschaft mit der Regierung
über den Rübenpreis als erste Phase allein verhandelt, dann wäre
ein höherer Rübenpreis zustande gekommen. Ich habe Peck aber nicht
im Unklaren gelassen, daß dies niemals die 10 Groschen gewesen
wären, die Präs. Mang offiziell verlangt hat. Richtig ist aber,
daß mehr als die 5.3 Groschen, die auf Grund der 90 Groschen
Rübenpreiserhöhung die Zuckerindustrie den Bauern gibt, gewesen
wären. Withalm hat mir dann, als ich auf der Regierungsbank saß


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und keine Wortmeldung natürlich erfolgte, zugeflüstert,
er habe gehört, daß ich mich über diese Vorgangsweise sehr
geärgert habe. Richtig ist, daß ich natürlich nach außen
nichts zu erkennen gab, die ÖVP scheinbar über unsere interne
Diskussion genau informiert war und ich mir in Hinkunft wirklich
überlegen muß, ob wir immer so großzügig sowohl Heindl als auch
ich in dieser Frage sein soll. Es gibt Materien von anderen
Ministern die größten Wert darauf legen, daß unbedingt dazu im
Haus gesprochen wird. Dies galt dann auch für die nachfolgende
Frage der Hochschulwahlen wo über eine ganz unbedeutende Frage,
nämlich Briefwahl für Hochschüler selbstverständlich debattiert
wurde.

Beim Abschiedsessen des jap. Botschafters hat mich der sowjetische
Geschäftsträger angesprochen und gemeint, man sollte doch endlich
über das Projekt 1 Milliarde kWh Strombezug aus der Sowjetunion,
und ganz besonders Errichtung eines Röhrenwerkes in Linz, eine
prinzipielle Entscheidung treffen. Ich habe ihm freimütig sofort
erklärt, daß ich mit der Entscheidung der Verbundgesellschaft
das Ganze bis Ende März hinauszuschieben um technische Probleme
zu lösen nicht einverstanden bin. Ich werde darauf drängen, daß
er früher einen entsprechenden Bescheid bekommt. Was das Röhren-
werk betrifft, werde ich diesbezügliche Verhandlungen mit GD
Koller aufnehmen. Hier sind aber noch einige Fragen, insbes.
die Lizenzfrage und das internationale Röhrenkartell doch ent-
sprechend zu beachten. Der Geschäftsträger teilte mir mit, er
hätte dieses Problem mit Kreisky auch besprochen und er hätte
ihm zugesagt, in der nächsten Regierungssitzung darüber zu
diskutieren.

Die Aufführung von Lohengrin und insbes. die Unmutsäußerung,
waren, soweit ich anwesend war, für mich erschütternd. Die Auf-
führung ist ganz gut, Lohengrin ein bißchen schwacher Sänger,
aber das Verhalten eines Teiles des Publikums ein Skandal. Nicht
daß ich mich gegen Unmutsäußerungen negativ ausspreche aber wie
das hier gelenkt wird, geht wirklich auf keine Kuhhaut, alles
war darauf eingestellt, nur Christa Ludwig, die sicherlich sehr
gut sang, entsprechend herauszustreichen. Einmal wurde mitten
in die Aufführung hinein applaudiert, nur um dies zu dokumentieren.
Andererseits wurde, als beim lang dauernden Brautlied Licht geführt


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Der Regisseur versuchte und dies glaube ich ganz konsequent
und mit Recht die Vorbereitung zum Brautbett durch Herrichten
desselben zu überbrücken und dadurch Bewegung in die Szene
brachte von einem Teil des Stehparterres gelacht, man wollte
damit ganz bewußt zum Ausdruck bringen, daß die Regie abge-
lehnt wurde, andererseits wieder war beim Dirigenten, mir
nicht ganz erklärlicher, Riesenapplaus ebenfalls wieder vom
Stehparterre mit Hochrufen usw. begleitet. Der Cliquenkampf
nimmt ganz phantastische Formen an. Nicht zu Unrecht sagt
glaube ich der Gen.Dir. Gamsjäger mir einmal, der entsprechende
Beträge im Gasthaus Azur bezahlen kann, mit entsprechenden
Beifall rechnen kann. Das Ganze dürfte also tatsächlich eine
Gruppe jetzt organisieren, die immer mehr nach Gesichtspunkten
urteilt, die mir vollkommen unerklärlich sind. Gott sei Dank bin
ich für diese Zustände weder verantwortlich, noch habe ich sie
mehr oder minder zu ändern. Für mich wirken sie nur schön lang-
sam wirklich auch peinlich.

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Tagesprogramm, 20.2.1975


Tätigkeit: Bgm. Andau, Bgld.


Einträge mit Erwähnung:


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Beamter HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: FSG-Vors., SPÖ-Klubobmann, Volksanwalt


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: -obmann


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                  GND ID: 118566512


                  Einträge mit Erwähnung:
                    GND ID: 118634100


                    Einträge mit Erwähnung:


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Sekr. GPA


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: GD VÖEST


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


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                              Tätigkeit: Beamter HM


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                                Tätigkeit: Präs. Vereinigung öst. Rübenbauernorganisationen


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                                  Tätigkeit: HK


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                                    Tätigkeit: Präs. Bundes-Ingenieurkammer


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                                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                      GND ID: 102318379X


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                                        Tätigkeit: Straßburg


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