Mittwoch, der 19. Februar 1975

24-0209

Mittwoch. 19. Feber 1975

Im Klub gab es eine Diskussion, was die Sozialisten machen
sollen wenn die ÖVP keine dringliche Anfrage stellt. Androsch
meinte, man sollte unter allen Umständen an ihn eine solche
richten, damit er über die gute wirtschaftliche Entwicklung
1974 berichten kann. Die Gewerkschafter, insbes. Brauneis
und Sekanina waren dagegen. Brauneis meinte, sie hätten 1975
Mehrkosten von 5 Milliarden Schilling, 1 1/2 Milliarden Löhne,
Erz 500 Millionen zu verkraften und die Blechpreise insbes.
im Export verfallen ständig, sie erwarten deshalb ein Defizit
von 1 Milliarde. Sekanina meinte, bei ihm wird ständig von den
Mitgliedern und insbes. Betriebsraten angerufen und auf die
schlechte wirtschaftliche Entwicklung und derzeitige Situation
hingewiesen. Nach langer Diskussion hat Kreisky, der später kam,
sofort erkannt, daß es hier ein großes Problem gibt, nämlich
die Mitglieder denken anders und fühlen anders als der Optimismus
den Androsch jetzt besonders herausstreichen will. Kreisky
meinte, man dürfe die Mitglieder und die Bevölkerung, die jetzt
ein anderes Gefühl hat, und seiner Meinung nach, ein richtiges,
nicht überfordern indem man versucht, die Lage anders darzu-
stellen. Die ganze Diskussion war typisch, bis jetzt war nämlich
ich die ganzen 5 Jahre sehr optimistisch und habe auch immer
Recht behalten und jetzt teile ich eigentlich auch nicht diese
pessimistische Linie doch werde ich, wie ich dies in den letzten
Tagen getan habe, nur auf die Fakten der Entwicklung hinweisen,
daß eine dringlich Anfrage von der ÖVP kommt, war ich felsenfest
überzeugt.

Einen viel längeren Zeitraum nahm aber die Diskussion über
die Politikerbezüge ein. Ein Teil meinte, man hätte durch Gesetz
auf alles verzichten sollen, dies war allerdings die verschwin-
dende Minderheit, der größere Teil meinte, man hätte an den
Politikerbezügen überhaupt nicht rütteln dürfen. Dieser Verzicht
der halben Bezugserhöhung im Juni und Spende für eine soziale
Tat wurde als die schlechteste Lösung bezeichnet.

Zedek, Zolles, Kübler, Würzl und ich besprachen die nächsten
wichtigsten Probleme des Direktoriums der österreichischen
Fremdenverkehrswerbung. Bei dieser Gelegenheit habe ich Zedek
aufmerksam gemacht, daß ich zumind. von der Fremdenverkehrswirt-
schaft eine Spur von Objektivität erwarte. Niemand hat ihnen die


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zusätzliche Ferienwoche im Winter gebracht als wir und trotzdem
wird diese positive Leistung überhaupt nicht anerkannt sondern
jetzt schon wieder vereinzelt kritisiert, daß diese nicht sofort
an die Weihnachtsferien anschließen. Zedek versicherte mir, daß
man in den Kreisen der Fremdenverkehrswirtschaft diese ungeheure
Leistung anerkennt und nur aus politischen Gründen wofür ich
sogar Verständnis habe, eben in der Öffentlichkeit darüber
schweigt.

Anmerkung für KOPPE: Wie könnten wird dies tatsächlich propagan-
distisch besser auswerten.

Neben dieser Sinowatz-Woche hat Zedek auf mein Vorhalten zuge-
geben, daß noch niemals so viel für die Fremdenverkehrswirtschaft
getan wurde, ihm schwebt und daß war für mich überraschend, vor,
einen Braintrust für den Fremdenverkehr überparteilich zusammen-
gesetzt zu schaffen. Er schlug eine ganze Reihe von Beamten und
Angestellten aller Parteirichtungen sowohl vom Ministerium, Würzl,
Ortmann z.B. oder von den Kammern vor, vergaß nur die Öst. Fremden-
verkehrswerbung, weshalb ich sofort Zolles hereinreklamierte und
Bürgermeister von Baden, Wallner, hier allerdings als Gemeinde-
vertreter und Kurbädervertreter sowie auch noch einen Mann von
der FPÖ. Ich warnte ihn, wenn er einen solchen Braintrust schaffen
wollte, müßten dies nur Mitglieder sein, die nicht eine höhere
politische Funktion, Landtagsabgeordneter, usw. haben. Zedek
hat dies sofort eingesehen und wird einen anderen Mann suchen.
Ich selbst habe mich zu dieser Idee nicht besonders geäußert
allerdings auch nichts dagegen eingewendet ob eine solche über-
parteiliche Konstruktion tatsächlich etwas bringt werden wir ja
sehen.

In der Bürges-Fraktion diskutierten wir, zum wievielten Male weiß
ich gar nicht, das Problem, wie wir in dieser Institution in Hin-
kunft vorgehen sollen. Nach wie vor glaube ich, wäre es zweck-
mäßig eine Vereinfachung der ganzen Aktionen womöglich durch
Prämienumwandlung zu erreichen. Einen neuen Anstoß bekamen wir
durch die Tatsache, daß das Finanzministerium sich noch immer
nicht eindeutig entschieden hat ob und inwieweit die Zinsenzu-
schüsse zu versteuern sind. Dasselbe gilt auch für die Prämie der
Komfortzimmeraktion. Gehart wird versuchen, einen neuen Weg mit
Marhold, d.h. dem Budgetisten zu gehen, ohne daß wir eine


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gesetzliche Regelung durch das Einkommensteuergesetz damit
abwarten müssen.

Mit Meszaros, GD Bauer, Frank, Gehart, besprachen wir die
Vorschläge zur Lagerhaltung auf Grund des internationalen
Energieagenturvertrages. Die ÖMV hat zwar nicht, wie versprochen
ein wirkliches Konzept vorgelegt aber doch wenigstens einige
Hinweise über die notwendigen Lager und deren Kosten. Bauer
bestreitet nicht, daß eine Differenzierung zwischen hohen Winter-
und billigen Sommerpreisen zum Lageranlagenbau entsprechende Grund-
lage bildet doch meint er, es wäre dies nach Vorschlag der
Internationalen durch einen Rabatt von 200 Schilling die äußerste
Differenzierung. Die Internationalen befürchten auch, daß wenn
sich jetzt mit der Arbeiterkammer und dem Gewerkschaftsbund
einigen, ich dann noch weitere Forderungen an sie stellen werde.
Ich erklärte sofort, daß wenn sie sich mit dem beiden Institutionen
einigen können, ich dieses Kompromiß dann selbstverständlich
akzeptiere. Ich fürchte nur, daß dies bei 200 Schilling Differenz
keinesfalls der Fall sein wird. Bezüglich des Benzinpreises
fragte ich Bauer, wieweit er den Wunsch Androsch, die Mineralöl-
steuer zu erhöhen um 20 Groschen für die Straßenbau zu bekommen,
akzeptiert. Er meinte, ein solches Diktat von Androsch würde er
noch akzeptieren können, auch dann wenn die Internationalen
darüber nicht sehr erfreut wären und wahrscheinlich einen Preis-
antrag stellen würden. Das Ganze kommt nämlich nur dann in Frage,
wenn ich eben keinen Preisantrag von der ÖMV bekomme, resp. die
ÖMV dann erklärt, wenn ich die Preise nicht ändere, die 20 Gr.
tatsächlich aus ihren Raffinerieabgabepreis zu begleichen. Ich
habe nämlich auf eine Andeutung Androsch vor längerer Zeit diesen
eindeutig zu verstehen gegeben, daß eine endgültige Fixierung
sehr genau überlegt werden muß, abgesehen davon, daß ich zuerst
die Erklärung der ÖMV brauche, daß sie nicht ebenfalls eine Preis-
erhöhung unbedingt will, ist dies immerhin die erste Steuerer-
höhung die wir in den 5 Jahren dann vorgenommen haben. Bei
Dieselöl möchte die Mineralölwirtschaft den Rabatt wieder mit
10 Groschen festsetzen. Um die Lagererrichtung kontrollieren zu
können, schlug ich vor, daß wir ein Vidierungsverfahren auch auf
Öle, d.h. auf Importe von Rohöl und Mineralölprodukten einführen
müßten, weil wir nur so eine Kontrolle über etwaige gesetzliche


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Verpflichtung für den Importeur kontrollieren könnten. Bauer
war mit dem Vorschlag einverstanden und wird ihm mit Mussil
ebenfalls besprechen.

Anmerkung für WANKE und MEISL: Bitte vom Standpunkt GATT und
technische Durchführung dieses Vidierungsproblem prüfen.

Dir. Haiden und Dr. Mösslacher vom Sparkassenverband überreichten
mir und Heindl die Analyse des Fremdenverkehrs, eine sehr umfang-
reiche und zweckmäßige Arbeit. Damit hat die erste Arbeitsgruppe,
die wir nach der Enquete voriges Jahr in Innsbruck eingesetzt
haben, ihre Arbeit abgeschlossen. Ich werde bei der Schlußsitzung
anwesend sein und allen den Dank dafür aussprechen, insbes.
wurde die finanzielle Seite von den Finanzministerium, Dr. Daum,
und Kinast, vertretern formuliert. Damit kann ich annehmen, daß
tatsächlich auch die Zustimmung von Androsch dafür vorliegt.

Anmerkung für WAIS: Was ist auf den anderen Arbeitsgruppensekto-
ren bis jetzt positiv erledigt, bitte auf Abschluß der Arbeiten
drängen.

Bei der Jahreskonferenz der Kinderfreunde verabschiedete ich
den 22 Jahre im Amt befindlichen Obmann der Landstraße, Irschik,
selbst ein Kinderfreundekind sowohl er als auch ich konnte ich
natürlich auf diese gerade bei uns sehr aktive Jugendorganisation
hinweisen. Einen großen Wandel konnte ich gegenüber der Zeit
vor 34, wo ich selbst Kinderfreunde- resp. Rote-Falken-Mitglied
war, feststellen. Die Lieder, die die Jugendgruppe sang, waren
viel kinderbewußter, wirklich lustig, zum Unterschied der klassen-
kampfmäßig betonten Kampflieder der Ersten Republik, wie wir sie
lernten. Schon darin kommt die glücklichere Kindheit und die
friedlichere Entwicklung in Österreich zum Ausdruck. Niemand
begrüßt dies mehr als ich.

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Tagesprogramm, 19.2.1975

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Unterrichtsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


      Einträge mit Erwähnung:


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: GD ÖMV


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: HK, Syndikus Bundessektion Fremdenverkehr, ÖFVW


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Finanzminister
              GND ID: 118503049


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: GD-Stv. Z


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Chef Energiesektion


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Beamter HM


                    Einträge mit Erwähnung:


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Beamter FM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., GD-Stv. ÖIAG


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                            Einträge mit Erwähnung:
                              GND ID: 1017902909


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Kinderfreunde


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                  GND ID: 102318379X


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Bgm. Baden, Präs. Heilbäderverband


                                      Einträge mit Erwähnung:


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Direktor ÖFVW


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: GF ÖFVW


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: MR HM
                                              GND ID: 1035518031


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                  GND ID: 118566512


                                                  Einträge mit Erwähnung: