Freitag, 14. Feber 1975
Sallinger rief mich an, um mitzuteilen, daß er die Vorgangs-
weise von Vogler nicht billigt, Vogler nur ermächtigt, dazu
zu sagen, daß er nichts unterschrieben hat. Selbstverständlich
steht er aber zu den Vereinbarungen im Sozialpartnerüberein-
kommen wo im Punkt 1) die Versorgungssicherung ausgesprochen
ist. Diese Erklärung wird er auch dem Fernsehen gegenüber ab-
geben. Was mich eigentlich bei dieser ganzen Pressekonferenz
des Zuckerverbandes am meisten erschüttert, ist auch der Ver-
such, mir zu unterschieben, ich hätte die außenwirtschaftlichen
Maßnahmen, d.h. Exportsperre usw. verlangt. In Wirklichkeit
spielt sich genau dasselbe ab wie bereits vor einigen Monaten,
die Zuckerindustrie sieht, daß sie Versorgungsschwierigkeiten
bekommt., verlangt entsprechende Sicherungsmaßnahmen und ver-
sucht dann so darzustellen wie wenn diese Unzulänglichkeiten
auf Verlangen des Handelsministeriums durchgeführt werden und
deshalb auch die volle Verantwortung dem Handelsministerium
anzulasten ist. Ich habe deshalb sofort auf ein diesbezügliches
Schreiben der Zuckerindustrie geantwortet und vor allem auch die
Präsidenten davon verständigt. In Hinkunft werde ich nurmehr auf
schriftliches Verlangen der Zuckerindustrie die entsprechenden
Maßnahmen setzen. Was die Frage der Kontingentierung betrifft,
so ist dafür der Landwirtschaftsminister zuständig. Auch hier
werde ich von der Zuckerindustrie dezidierte schriftliche Forderungen
und Wünsche nurmehr entgegennehmen.
Anmerkung für WAIS: Bitte auch von Seiten der Beamten in Hinkunft
alles nur mehr schriftlich mit der Zuckerindustrie besprechen und
fixieren, da man auf mündliche Vereinbarungen scheinbar bei der
Zuckerindustrie nichts einhalt .
Im Ladenschlußausschuß hat Schönbichler objektiv berichtet, daß
wegen der Meinungsumfrage noch große Schwierigkeit bestehen.
Bereits seit 1 1/2 Jahren wird eine solche Erhebung von allen
Mitgliedern des Ladenschlußausschusses verlangt. Jetzt versucht
man eine endgültige Fixierung und nun ergeben sich Schwierigkeiten
in der Bezahlung. Czasny, der neue Vertreter der Privatangestellten-
Gewerkschaft, Handel, der Nachfolger von Skritek, erklärte, daß
sie die Gewerkschaft jetzt kein Interesse an einer solchen Er-
hebung hat, weil sie bereits entsprechende Umfragen und Ergebnisse
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der Handelsangestellten besitzt. Dr. Kupka, der Vertreter
der Handelskammer erwiderte mit Recht, daß es überall solche
Erhebungen von Zeitungen, von Interessensvertretungen usw.
schon gibt, die allerdings nicht objektiv erstellt wurden. Ich
selbst erklärte, daß alle Beteiligten auch die Landwirtschafts-
kammer finanziell einen kleinen Beitrag leisten müßte, damit
beim Mitwirken des Fragebogens und der Auswertung die Gewähr
gegeben ist, daß tatsächlich alle daran teilnehmen und damit
die größte Objektivität erreicht werden kann. Ing. Gehmacher
von der IFES hat die Grundsätze dargelegt, nach welcher diese
Erhebungen starten sollen. Nach stundenlangen Verhandlungen
hat man dann, wie Dipl.Kfm. Marsch mir mitteilt, eine endgültige
Beschlußfassung auf die nächste Sitzung verschoben. Ich habe
den Ladenschlußausschuß nicht im Zweifel gelassen, daß ich über-
zeugt bin, daß tatsächlich ein finanzieller Akkord zustande kommt,
wenn auch wahrscheinlich dieses Millionenprojekt von den Interessens-
vertretungen nicht finanziert wird. Die Arbeiterkammer hat es
kategorisch abgelehnt, 700.000 Schilling dafür zu bezahlen.
Anmerkung für WAIS und Bukowski: Wahrscheinlich werden wir doch
einen größeren Anteil selbst als 700.000 Schilling für das Han-
delsministerium übernehmen müssen, diese Zusage aber erst zu ei-
nem späteren Zeitpunkt, wenn die Verhandlungen zu scheitern dro-
hen, in Aussicht stellen.
Der sowjetische Handelsrat Nikolaenko hat neben der Besprechung
des Termines der nächsten Kommission mit Patolitschew zwei wichtige
Projekte erörtert. Die Sowjetunion möchte für 250 Millionen $
eine Rohrfabrik bei der VÖEST und von der VÖEST-Alpine errichten
lassen und sich verpflichten, für 15 Jahre und wenn notwendig
auch für länger die entsprechenden Rohre abzunehmen. Die Sowjet-
union verhandelt seit etlichen Monaten mit dem VÖEST-Vorstand
und kommt zu keiner prinzipiellen Entscheidung. Neu allerdings
war vom Handelsrat mir gegenüber, daß sie jetzt die Finanzierung
über die Donaubank, ihr sowjetisches Institut, und über andere
Banken aus der Bundesrepublik und sonst wo durchführen würden.
Anmerkung für WIESINGER: Bitte Gespräch mit GD Koller herstellen.
Der zweite Vorschlag bezog sich auf eine Stromlieferung von einer
Milliarde kW-Stunde aus der Sowjetunion. Der Handelsrat beschwerte
sich, daß die Verbundgesellschaft sich auch hier seit einem
Monat im Gespräch noch nicht geäußert hat. Die Sowjetunion macht
jetzt ein Riesenleistungssystem von der Westukraine bis Ungarn.
Sie glaubt, es wäre günstig, wenn Österreich sich anschließen
würde, da sie wie gesagt, 1 Milliarde kW-Stunde ab 1978 zur Ver-
fügung stellen könnte. Ich versprach nur, mit der Verbund zu
reden um so schnell als möglich eine Entscheidung herbeizuführen.
Die Aussprache mit Bandhauer gab mir Gelegenheit dieses Problem
sofort anzuschneiden. Bandhauer sagte, er vor einem Tag hätte die
sowjetische Seite sich klar und deutlich zu diesem Vorschlag
geäußert, bis jetzt wären keinerlei Detailinformationen zu erhalten
gewesen. Als Preis wurde ein 1/2 Kopeke, das wären 17 Groschen
nicht vorgeschlagen aber so flüchtig hingeworfen. Dieser Preis
wäre natürlich sehr interessant. In diesem Fall sagte ich Bandhauer,
hätte man um die Milliarde kW-Stunde zu sichern, zumind. der
sowjetischen Seite das prinzipielle Interesse mitteilen müssen.
Die Verbundgesellschaft sieht nur keine Möglichkeit, diese Milliard.
kW-Stunde jetzt unterzubringen. In diesem Fall, wenn der Preis
tatsächlich aber so günstig ist, erscheint mir ein Stillegen von
österreichischen Ölkraftwerken gegebenenfalls auch Kohlekraftwerken
für zweckmäßig. Wenn man längerfristig tatsächlich eine so große
Menge Menge Strom zu so günstigen Konditionen kaufen kann, sehe
ich keinen Grund ein zweites Atomkraftwerk oder vielleicht gar
ein drittes zu bauen. Österreich war immer energieabhängig vom
Osten, wenn wir die Urankraftwerke errichten, brauchen wir mehr
oder minder ebenfalls bezüglich der Aufbereitung, ja wahrscheinlich
sogar bezüglich Uranlieferung eine entsprechende Ostverbindung, so
daß es egal ist, ob ich jetzt Kohle, Öl, Uran, Gas oder Strom aus
den Oststaaten beziehe. Ich fürchte nur, daß es wahrscheinlich
an preislichen Forderungen der sowjetischen Seite scheitert, daß
tatsächlich ein solcher Vertrag bald zustande kommt. Ich kann mir
sehr gut vorstellen, daß die sowjetische Seite sehr wohl nach
Westeuropa in andere Staaten den Strom günstiger verkaufen kann.
Die große Gefahr ist aber, daß der Osten über Deutschland und nicht
über Österreich seinen Strom in die westlichen Länder liefert.
Anmerkung für GEHART: Versuche bitte die wirklichen Gründe der
Verbundgesellschaft für dieses laxe Vorgehen zu erfahren.
Bezüglich der polnische Lieferung 1.6 Milliarden kW-Stunden
hat Bandhauer mitgeteilt, daß jetzt bezüglich des Hauptvertrages
der laut Vorvertrag bis 31.12.74 hätte geschlossen werden müssen,
einig sind. Um den Vorvertrag nicht platzen zu lassen, einigten
sich beide Teile, daß die im Hauptvertrag vorgesehene Gleitung
die im Einzelnen noch ausgearbeitet werden muß, bereits mit 1.1.75
in Kraft ist. Der Gleitungsindex soll aus Kohle, DM-Preis und
Öl, niederländischer $-Preis und anderen Komponenten sich zusammen-
setzen. Die endgültige Fixierung wird jetzt bald in Warschau er-
folgen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß die Verbundgesell-
schaft über diese großen Strommengen, die jetzt der Osten anbietet,
nicht sehr glücklich ist, weil eben ihre Ausbaupläne dadurch
empfindlich gestört werden. Andererseits aber glaube ich, müßte
man jetzt endlich eine größere Konzeption der Stromversorgung
auch mit Lieferungen aus dem Osten modellmäßig erarbeiten.
Anmerkung für GEHART: Wer könnte ein solches Energiemodell, das
nicht auf den herkömmlichen Überlegungen aufgebaut ist, entwickeln?
Die Frage, betreffend der Beteiligungserhöhung der KELAG an der
ÖDK hat einen neuen Gesichtspunkt bekommen. Bandhauer mußte zugeben,
daß es rechnungsmäßig und finanzmäßig möglich ist, die Kelag bis
49 % an der ÖDK zu beteiligen. 51 % sollen auf alle Fälle in Hand
der Verbund bleiben. Interessanterweise haben wir dann noch einen
Brief bekommen, wo LH Wagner nurmehr von den Möglichkeiten wie in
Verstaatlichungsgesetz vorgesehen spricht, d.h. eigentlich wieder
die 50 % ohne dieses Prozentsatz zu nennen, für die Minderheits-
aktionäre in Anspruch nehmen will. Die derzeitige Kapitalsituation
1 Milliarde 70 Millionen, 60 % Bund 40 % Minderheitsaktionäre
würde durch Aufstockung auf 1 1/2 Milliarden und dann in weiterer
Folge auf 2 Milliarden 435 Millionen möglich sein, ohne daß, wie
Bandhauer mir bis jetzt immer erklärte, Beschlüsse der Regierung,
des Hauptausschusses, ja sogar eine gesetzliche Änderung notwendig
wäre. Wenn jetzt die Situation sich so gewandelt hat, glaube ich,
müßte man so schnelle als möglich zu einer einvernehmlichen Regelung
mit der KELAG, d.h. dem Lande Kärnten, kommen, weil ansonsten die
Gefahr besteht, daß sogar wieder die ursprünglichen 50 % de facto
und de jure verlangt werden.
Bezüglich der Forderungen des Landes Vorarlberg an die Illwerke
kamen wir überein, daß es zweckmäßig ist, wenn ich jetzt mit dem
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Finanzlandesrat Dr. Mandl Besprechungen führe. Die Verbund
ist bereit, hier den Wünschen des Landes weitestgehend entgegen-
zukommen, wenn nicht gleichzeitig auch für die Zukunft dasselbe
Verhalten wie bis jetzt an den Tag gelegt wird. Die Verbund möchte
daß, wenn wir uns jetzt mit den Vorarlbergern einigen, dann in
Hinkunft nicht neuerdings immer wieder die Vorarlberger Landes-
regierung Forderungen an die Illwerke richten. In so einem Fall
fürchtet die Verbundgesellschaft, würde überhaupt niemand mehr
bereit sein, mit den Illwerken gemeinsam Bauten zu errichten.
Bandhauer glaubt, daß es mir nicht gelingen wird, Dr. Mandl von
der Politik wie jetzt erfolgt abzubringen und auch in Zukunft
dieselbe Gefahr bestehen wird als die Forderung, die sich jetzt
aus der Vergangenheit ergibt. Ich bin hier optimistischer und
hoffe, daß ich mit Mandl zu einer einvernehmlichen Regelung
kommen kann. Sektionschef Frank der so wie Gehart bei der Aussprache
anwesend war, wird sich bemühen, mit Mandl eine diesbezüglichen
Termin zu vereinbaren.
Frank berichtete mir auch, daß über das Rohrleitungsgesetz jetzt
mit dem Verkehrsministerium jetzt größere Schwierigkeiten zu
erwarten sind, weil sie die energiewirtschaftlichen Gesichtspunkte
und hier ganz besonders die Priorität des Handelsministeriums
Energiesektion scheinbar nicht anerkennen wollen. In den seiner-
zeitigen Vereinbarungen mit Lanc war vorgesehen, daß das Rohr-
leitungsgesetz in die Kompetenz des Verkehrsministeriums fällt,
daß aber die energiewirtschaftlichen Gesichtspunkte von aus wahr-
genommen werden müssen und vom Verkehrsministerium berücksichtigt
werden.
Tagesprogramm, 14.2.1975