Samstag, 15. Feber 1975
Ich hatte Freitag Gelegenheit, mit Weisz, Klubobmann, über die
nächste parlamentarische Arbeit und insbes. auch über die Zu-
sammensetzung des zukünftigen Parlaments zu sprechen. Bei dieser
Gelegenheit teilte mir Weisz mit, daß es große Schwierigkeiten
insbes. über die Listen geben wird. Mit Heindl besprach ich des-
halb die Situation für die Landstraße. Ich hatte im letzten Vor-
stand als Heindl Gott sei Dank bei einer anderen Sitzung war, die
Möglichkeit während seiner Abwesenheit, bei uns auf der Landstraße
die Situation eindeutig zu klären. Einstimmig wurde, allerdings
nicht abgestimmt sondern nur durch übereinstimmende Diskussion
festgestellt, daß wir an unserer Vereinbarung unter allen Umständen
festhalten wollen. Seinerzeit haben wir auf der Landstraße auf
das Stadtratsmandat, welches Jacobi hatte, verzichtet, weil eben
die Wiener Organisation uns dafür zusicherte, daß Heindl in den
Nationalrat kommt. Wenn es jetzt Schwierigkeiten mit der Besetzung
der Listen gibt, besteht die große Gefahr, daß man erklärt, die
Landstraße könne nicht zwei Nationalratsmandate erhalten. In
diesem Fall habe ich schon seit eh und je erklärt, bin ich bereit,
und war dies auch vor vier Jahren, mein Mandat sofort zur Ver-
fügung zu stellen. Die Hauptschwierigkeit bezüglich der Besetzung
ergibt sich hauptsächlich deshalb, weil nicht wie angenommen einige
Mandate in Wien frei werden sondern es jetzt mehrere gibt, die
eine Verlängerung d.h. eine Ausnahmegenehmigung anstreben. Aus
Altersgründen müßten Weisz, Skritek, Firnberg und Czernetz aus-
scheiden, für letztere zwei soll jetzt Firnberg als Frau und Ob-
männin der Sozialistischen Frauen, Czernetz, weil er angeblich
Präsident des Europarates wird, Ausnahmegenehmigungen erteilt
werden, Kostelecky hätte auch ausscheiden wollen, wird nun aber
von seinem Bezirk, Simmering, gezwungen, daß er weiterhin im Na-
tionalrat um für Hackl das Nationalratsmandat während der Legisla-
turperiode zu sichern. Hackl als Jugendvertreter und gleichzeitig
auch kommender Bezirksobmann von Simmering. Sowohl Heindl als
ich gehen in all diesen Fragen konform und haben es deshalb
leicht, weil Gott sei Dank weder er noch ich auf ein Mandat un-
bedingt angewiesen sind.
Dr. Auracher sprach neuerdings mit mir über die Kartellsituation
der Zuckerindustrie. Auracher hat jetzt einen Auflösungsantrag
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ausgearbeitet, den er mit den anderen Arbeitskammervertretern
im Detail noch besprechen wird. Auracher war sehr verwundert,
von mir zu erfahren, daß die Arbeiterkammer jetzt nicht mehr
sein Vorgehen 100 %-ig deckt. Er glaubt, es handelt sich hier
nur um ein Mißverständnis. Ich ersuchte ihm deshalb sofort
mit Zöllner diese Differenzen zu bereinigen. Richtig ist, was
er mir auch zugeben mußte, daß seine Stellung als Geschäftsführer
des Paritätischen Ausschusses eine eigenartige ist. Niemand kann
ihn abberufen und er ist es, da das Gesetz nicht befristet ist,
tatsächlich lebenslänglich. Auracher meinte nur, dies hätte man
seinerzeit gemacht im Fall Leitner von der Handelskammer, dem
zweiten Geschäftsführer, eine diesbezügliche sichere Stellung
zu geben, damit er unabhängig davon, der Unternehmerseite objektiver
arbeiten könne. Ich vergaß, daß dieser Gesetzentwurf 1972–73,
d.h. die Novelle zum Kartellgesetz monatelang verhandelt wurde
und daß Broda immer wieder erklärte, dies geschehe im Einvernehmen
mit der Arbeiterkammer, wie weit damals die Arbeiterkammer Auracher
allein wirtschaften oder fuhrwerken ließ, kann ich heute nicht mehr
prüfen. Jetzt auf alle Fälle hat er sich eine derartig gigantische
Stellung geschaffen, er mußte mir gegenüber zugeben, daß theoretisch
er jederzeit mit den vier anderen Handelskammerleuten gegen die
Arbeiterkammer, die dann nur mehr drei Vertreter hat, entscheiden
könnte. Natürlich ist das theoretisch auch mit Farnleitner möglich,
der mit den vier Arbeiterkammervertretern gegen die drei Handels-
kammervertreter stimmt. Dies erscheint mir aber alles als ein
rein theoretisches Spiel, denn in der Praxis, bin ich überzeugt,
wird Farnleitner niemals mit unseren Leuten stimmen, sowie ich
auch hoffe, daß Auracher dies nicht mit Handelskammerleuten tut.
Dadurch ist theoretisch die Parität gesichert obwohl der ganze
Konstruktionsentwurf sehr auf die Gesellschafter, Interessens-
vertretung wenig Rücksicht nimmt und sich hauptsächlich auf die
Geschäftsführer deren Unabhängigkeit stützt.