Montag, 8. Juli 1974
Dir. Bandhauer von der Verbundgesellschaft möchte mit mir
den Zeitplan über die Reorganisation der Donaukraftwerk-
Gesellschaft besprechen. Hauptversammlung muß 14 Tage vorher
einberufen werden wo wir durch Änderung der Statuten das vierte
Vorstandsmitglied und den neuen Aufsichtsrat an Stelle des der-
zeit schon in Pension befindlichen SChef, ehemaligen Leiter
der Energiesektion. Bandhauer möchte, daß ich als Eigentumsvertreter eine entsprechende Weisung dem Verbundkonzern gebe,
damit er als Treuhänder noch im August der DoKW die entsprechen-
den Aufträge geben kann. Ich erkläre Bandhauer, daß Frank in
meinem Auftrag und Namen mit Präs. Weiss von der Verbund die Ver-
einbarung getroffen hat, daß die Mehrheit der Sozialisten in
der Verbundgesellschaft aber auch in der DoKW im Aufsichtsrat
sichergestellt wird und daß Weiss es übernommen hat die ÖVP
vereinbarungsgemäß davon nicht mehr zu informieren sondern auch
durchzuführen. Da Frank derzeit bei einem Kongreß in Paris ist,
werde ich nach seiner Rückkehr sofort die entsprechenden Maßnahmen
mit ihm besprechen. Bei der Angelobungsfeier treffe ich durch
reinen Zufall Präs. Weiss, der als ehemaliger Minister eingeladen
war und erklärt mir, daß er auf Urlaub fährt und erst Ende August
wieder zurückkommt.
Anmerkung für Wiesinger: Bitte Frank sofort mit mir verbinden,
wenn er zurückkommt.
Beim Jour-fixe erklärt mir Sallinger neuerdings, daß sie eine
Aussprache mit Kandutsch und mir wegen der Unterstützung der
Handelskammer, des Handelsministeriums aus den Aussenhandelsbei-
trägen AHF unbedingt brauchen, ich erkläre mich selbstverständlich
bereit wenn die Handelskammer will solche Besprechungen zu führen.
Ich verweise nur darauf, daß ich nicht bereit bin eine Erhöhung
meiner Repräsentationsaufwendungen im Budget zu verlangen, auch
dann wenn Sallinger und Mussil mir versprechen, daß die ÖVP nichts
dagegen einwenden würde. Wenn z.B. die Handelskammer keinen Beitrag
leistet, dann kann ich eben die entsprechenden Minister nicht ein-
laden. In Algerien hat die Regierung nicht nur mich sondern die
ganze Delegation auf Kosten der algerischen Regierung in eine Villa
untergebracht und total verpflegt. Wenn jetzt der Minister Yaker
mit seiner Delegation im nächsten oder übernächsten Jahr kommt,
dann muß damit gerechnet werden, daß auch er erwartet, daß die
gesamte Delegation auf Staatskosten untergebracht wird. Sallinger
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und Mussil sehen dies sofort ein und meinen nur, daß Kandutsch
eben nur für heuer eine solche Lösung, die wir vereinbart haben,
noch akzeptiert. Im nächsten Jahr fürchten sie, wir er einer solchen,
von ihrem Standpunkt akzeptablen Vereinbarung, nicht mehr zustimmen.
Sallinger und Mussil sind auf Grund dieser Aussprache sofort bereit,
alle offenen Rechnungen, die sie sich bis jetzt gewehrt haben, zu
bezahlen, zu übernehmen. Insbesondere beeindruckt sie, daß ich
ihnen erkläre, wenn der Export weiter so steigt und die Import-
mengen damit ebenfalls, so ergibt sich für die Handelskammer eine
gigantische Mehreinnahme. Um bilanzmässig ein bisschen schlechter sich
zu stellen sind die jetzt bereit, ihr Darlehen an den Exportfonds
in eine richtiggehende Subvention umzuwandeln. Marhold, der nach
meiner Rückkehr sofort informiert wird, meint, wenn Kandutsch heuer
das System akzeptiert hat, dann muß er es theoretisch auch nächstes
Jahr, denn niemand würde verstehen, was 1974 möglich war, 1975 von
ihm abgelehnt wird.
Mussil teilt mir mit, daß sie mit Rhodesien-Exportverbot einver-
standen sind, wenn sie damit endlich die Frage als bereinigt er-
klären können und Südafrika nicht ebenfalls früher oder später
unter ein Exportverbot genommen wird. Ich erkläre, daß nach meinem
Wissen ein solches Exportverbot gegenüber Südafrika nicht beabsichtigt
ist.
Wegen der neuen Richtlinien für die Bürges, meint Mussil, wir müssen
berücksichtigen, daß bei einer Einmalprämie die Steuerbelastung für
den Unternehmer gigantisch groß ist. Durch dieses neue System würde
der Unternehmer nur einen Teil der Prämie überhaupt netto erhalten,
da ein Großteil von der Einkommensteuer aufgefressen wird. Wenn wir
diese Gefahr nicht richtig einwandfrei abwenden können, muß ich
zugeben, ohne daß ich Mussil dies natürlich gesagt habe, daß wir von
unserer Idee Abstand nehmen müssen. Niemand würde verstehen, daß
wir auf der einen Seite gleichzeitig einen grösseren Betrag geben
und auf der anderen Seite davon das Finanzamt den größten Teil
wieder abschöpfen würde. Ich verstehe nicht, wieso dies hier steuer-
lich so katastrophale Folgen hätte und bei der Komfortzimmer-Aktion
dieses Problem nicht aufgetaucht ist.
Anmerkung für Gehart: Bitte sofort prüfen und Vorschläge unter-
breiten.
Mussil war sehr erfreut zu hören, daß wir bezüglich der Fest-
legung der Kredite in Verhandlungen sind und daher den Vorschlag
des Bankenverbandes resp. seiner Kreditsektionen unter gar keinen
Umständen akzeptieren werden. SChef Jagoda berichtet mir, daß die
Besprechungen jetzt so laufen, daß unter gar keinen Umständen die
10 % Kredit-Obergrenze erreicht wird.
Die Handelskammer macht in Schweden in Göteborg einen Österreichtag
und von dort möchte Sallinger und Mussil gleich nach Helsinki
fliegen und die Aussenhandelsstelle dort eröffnen. Ich selbst gebe
meiner Enttäuschung darüber Ausdruck weil beabsichtigt war diese
Aussenhandelsstelle während meiner Anwesenheit bei der EFTA-Tagung
und bei meinem ersten offiziellen Finnland-Besuch eröffnet werden soll.
Sallinger verweist darauf, daß sich dadurch grössere Kosten ein-
sparen können wenn sie den Flug gleich von Göteborg nach Helsinki
antreten. In Wirklichkeit befürchten sie, daß ich dort die Aussen-
handelsstelle eröffnen werde und sagen sofort zu, sie werden sichs
neuerdings überlegen als ich erkläre, ich beabsichtige gar nicht
die Eröffnung dort vorzunehmen sondern wenn sie wollen bei der
Eröffnung durch Sallinger nur anwesend zu sein. Die Sitzung war
diesmal äusserst kurz weil beide zur Vorbesprechung bei der ÖVP
im Klub sein mußten, immerhin aber hatten sie Zeit genug zu er-
klären, wie es beim Kammertag Auseinandersetzungen zwischen dem Vertr.
d. Freien Wirtschaftsverband NR Abg. Mühlbacher und ihnen der ÖVP-
Mehrheit gekommen ist. Mühlbacher hat in ihrer Zeitung "Der Selb-
ständige" einen entsprechenden Artikel abgefaßt worin insbesondere
darauf verwies, wenn die Handelskammer schon die Regierung angreift,
dann soll die Regierung die Möglichkeit haben ihre Ideen beim
Handelskammertag vorzutragen und ich sollte doch endlich einmal
von ihnen eingeladen werden. Sallinger meinte, daß jetzt sie über-
haupt keine Möglichkeit haben mich einzuladen, weil sie sich ja
nicht vorwerfen lassen können, daß durch die Intervention des
Freien Wirtschaftsverbandes dann der Handelsminister doch die
Möglichkeit gehabt hätte beim Kammertag zu referieren. Sallinger
ist aber ehrlich genug mir zuzugeben, auch wenn dieser Vorfall nicht
gewesen wäre, ich niemals von ihnen eingeladen worden wäre. Ich
habe beim Empfang vom Bundespräsidenten mit Mühlbacher über diesen
Vorfall geredet und er hat mir erklärt, daß auf die unqualifizierten
Angriffe eines Delegierten der von der Mörderregierung sprach, ent-
sprechend Antworten musste. Mühlbacher hat allerdings seine ent-
sprechende Antwortrede schon vorbereitet gehabt. Sallinger und Mussil
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überhaupt die ÖVP in der Handelskammer ist von den Vor-
gänger Mühlbacher, Kostron sehr verwöhnt. Dieser hat durch
25 Jahre niemals in der Handelskammer überhaupt attackiert
sondern war froh, daß er als Vizepräsident immer wieder kooptiert
wurde. Mühlbacher steht nun auf den Standpunkt, sie können ohne-
weiters die Kooption rückgängig machen oder fallen lassen dann
steht er ausserhalb des Präsidiums und kann viel leichter noch
die Handelskammer angreifen. Ich glaube nicht, daß dies seine
innerste Überzeugung ist, zumindest ich hoffe, daß es nicht seine
innerste Überzeugung ist, denn dadurch würde er sich doch einer
großen Einflußmöglichkeit begeben.
Das Journalistenfrühstück war schlecht besucht nur ein halbes
Dutzend der Redakteure, scheinbar macht sich hier auch die
Urlaubszeit bemerkbar. Diskussion gab es auch verhältnismässig
wenig. Ich glaube, daß wir für Herbst einen längerfristigen Plan
über die Kontakte mit den Journalisten finden müssen. Ich habe
diesbezüglich schon einige Male im Tagebuch entsprechende Bemerkungen
gemacht doch bis jetzt weder von Koppe, der angeblich davon gar
nichts weiß, noch von anderen einen entsprechenden Vorschlag er-
halten.
Anmerkung an ALLE: Bitte sich während der Urlaubszeit den Kopf
darüber zu zerbrechen.
Die Angelobung und die Flaggenparade war sehr würdevoll und
ihm äußerst bescheidenen Rahmen. Innenminister Rösch zitterte
wieder ob nicht ein NDP-ler sowie dies früher gelegentlich der
Fall war, die Anwesenheit vom Fernsehen benützt um die Kundgebung
entsprechend zu stören. Ganz besonders war seine Angst, daß aus
der Provinz irgend ein Unbekannter kommt, den die Polizei noch
nicht kennt und wieder Flugzettel streut oder irgendwelche sonstige
auffallenden Aktionen die zwar niemand gefährden jedoch aber die
Feierstunde stören würden. Als Kirchschläger dann nach Abschluß
der Feier nicht in das vorgefahrene Auto stieg sondern zu Fuß
in die Hofburg ging, war er vom Standpunkt der Sicherheit und die
Protokolleute sicher vom Standpunkt des Protokolls gar nicht
glücklich darüber. Kirchschläger hat sich erst in letzter Minute
scheinbar dazu entschlossen, denn zuerst wollte er schon einsteigen,
hat sich dann allerdings von den anderen ausser der Regierung
eben auch noch verabschieden wollen und bei dieser Gelegenheit
gedacht, da geh ich das Stückerl zu Fuß. Auf alle Fälle war dies
sicher ein guter Effekt auf die anwesenden Zuschauer, es waren
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immerhin einige Hunderte gekommen.
Im Institut erzählte mir der neue Kollege in der Arbeiterkammer,
der die Bilanzanalysen macht, daß die ÖMV auf Grund der ersten
flüchtigen Untersuchungen sehr gut voriges Jahr abgeschnitten hat.
Der von Kreutler angekündigte furchtbare Verlust ist nicht einge-
treten ganz im Gegenteil sie haben wieder einen ganz schönen
Gewinn erzielen können. Die Arbeiterkammer stellte mir ihr
flüchtiges erstes Ergebnis zur Verfügung und konnte deshalb umso
leichter mit Bauer und Feichtinger über eine Dieselpreissenkung
verhandeln. Bauer erklärte sich bereit, mit den internationalen
Gesellschaften über eine solche bis Ende September befristete
20 Groschen Nachlaß zu verhandeln. Meine Bedenken gingen dahin,
daß wenn wir dies befristen, dann im September ein ungeheurer Run
auf die Dieselvorräte einsetzen wird. Feichtinger und Bauer sind
allerdings der Meinung, daß sie einer unbefristeten Senkung nicht
zustimmen können.
Bauer berichtete auch gleichzeitig von den Aktivitäten der ÖMV
in Trinidad, Iran, Irak und Tunesien sowie Bolivien. Wie mir
Hartl bei der Tagung in Algier schon mitteilte, könne die ÖMV
die von ihr geförderten Aktivitäten auf Schulung und Einrichtung
von Bohrstellen nicht nachkommen, sie überlegt sich, ob es nicht
zweckmässig wäre eine Gesellschaft zu gründen, die ähnlich der
Austroplan oder der Austromineral ein spezifisches Bohrprogramm
und Bohrunterstützung für die einzelnen Länder vorbereiten könnte.
Da ich keine Gesellschaft präferenziere und vor allem nicht weiß,
wie sie wirklich aus diesem Dilemma herauskommen können habe ich
ihnen auch keinerlei Vorschläge gemacht.
Blaha berichtet mir, daß die Arbeiterkammer eine Erhöhung des
Getreidepreises um weitere 5 oder 10 Groschen unter gar keinen
Umständen zustimmen würde. Ebenso lehnt die Arbeiterkammer eine
Erhöhung des Schwellenpreises für Geflügel derzeit ab. Der
Sojaschrot ist von 3.50 S im Juli 72 auf 12.50 S im Juni 73
gestiegen und jetzt im Juli 74 wieder auf die S 3.60 wieder zurück-
gefallen. Schon allein dieses Futtermittel zeigt, daß eine Erhöhung
des Schwellenpreises aus diesem Grund, Verteuerung der Produktion,
nicht notwendig wäre. Bei der letzten Schwellenpreiserhöhung im
Oktober 73 des Vorjahres wurde der Geflügelpreis um 10 % angehoben.
Die Hühnerteile dagegen blieben unverändert. Jetzt verlangt die
Landwirtschaft eine Erhöhung um 11 % und für die Hühnerteile um 40%.
Wenn auch diese 40 % unter gar keinen Umständen in Frage
kommen, könnte sich die Arbeiterkammer vorstellen, daß wir
für diese Position eine geringfügige Erhöhung machen könnten.
Anmerkung für WAIS: Laß dir die Produktionskostenberechnung
von unserer Abteilung geben und eingehend
berichten.
Im Klub berichtete Kreisky, insbesondere über die ORF-Situation.
Er bedankte sich in aller Form bei Blecha und Fischer und diese
erhielten einen phonetischen Beifall für ihr Verhalten. Der ganze
Klub dürfte todfroh sein, daß endlich eine Entscheidung gefallen
ist und daß wir hier auch endlich attackieren. Blecha erzählte mir,
daß in Wirklichkeit der Freiheitliche Sprecher bei den Verhandlungen
Broesigke einen entsprechenden Kompromiss will doch daß der Bundes-
parteiobmann Peter ein solches vereitelt. Als die Details alle
schon abbesprochen waren, hat die ÖVP und die SPÖ sich bei Sallinger
getroffen und dort hätte Peter erklärt, er stimme unter gar keinen
Umständen zu. Scheinbar hat Peter gehofft, daß die ÖVP und die
SPÖ gemeinsam dies beschliessen und er sich als der Retter vor
einem schwarz-roten Proporzrundfunk als Oppositionspartei profilieren
kann. Dies hat Schleinzer veranlasst, jetzt eben seine eigenen
Verhandler ebenfalls besser einzusetzen und erklärt, auch die ÖVP
stimmt dem ausgehandelten Kompromiss nicht zu. Die Reaktion im
Parlament war dann, meiner Meinung nach, die einzig richtige, man
hat die Zusammensetzung des Kuratoriums sofort abgeändert. Ursprüng-
lich war vorgesehen, 15, 14, 1, wobei der Vorsitzende das
Dirimierungsrecht hat, jetzt wurde auf 16, 13, 1, umgewandelt und
trotzdem das Dirimierungsrecht des Vorsitzenden aufrecht erhalten,
dadurch kann in diesem Kuratorium gegen uns nichts passieren obwohl
sich dies ändert, wenn die Regierung eine andere Zusammensetzung
erhält. Benya gab insbesondere seiner Befriedigung Ausdruck, daß
jetzt endlich die ORF Sache abgeschlossen ist. Beim Heurigen
meinte Benya dann zu mir, daß der jetzt vorliegende Gesetzentwurf
wesentlich besser ist als der ursprünglich von der Regierung
eingebrachte, der seiner Meinung nach, sehr konfus war. In Wirklich-
keit hat sich hier diese Rundfunkdiskussion eine große Spannung
zwischen Kreisky und Benya in den vergangenen Jahren entwickelt.
Warum Kreisky eigentlich so lang zögerte war mir schon klar, weil
er eben im Wahlkampf versprochen hat, er wird den Rundfunk nicht
angreifen, durch den Druck der Parteimitglieder insbesondere aber
der mittleren Funktionäre hat er dann letzten Endes am Parteitag
in Villach selbst ein großes Referat gehalten und damit in der
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Parteiöffentlichkeit den Eindruck erweckt, jetzt wird der
Rundfunk ganz schnell einer Reorganisation unterzogen, da
er selbst aber nicht ganz klar war, wie am besten diese
Reform durchzuführen, hat sich im Laufe der monatelangen
Diskussion dann ununterbrochen eine Änderung des Stand-
punktes der SPÖ ergehen. Benya meint, man hätte jetzt noch
im letzten Augenblick die Kurve genommen und damit sei der
Zustand hergestellt, den die Partei ja letzten Endes sogar
die Öffentlichkeit erwarte. Ich glaube, hier irrt Benya.
Unsere Parteigenossen erwarten, daß im Rundfunk eine sozialistische
Politik nur vertreten werden darf, mit gelegentlichen Stellung-
nahmen der anderen und die Öffentlichkeit erwarte, daß die Reform
so aussieht, daß jeder seine Wunschvorstellungen über die Programm-
gestaltung mehr berücksichtigt wird. Der eine wünscht nur Löwinger,
der andere nur Burgtheater, beide Wunschvorstellungen sind undurch-
führbar. Früher oder später wird es daher große Enttäuschungen geben.
Da ausserdem die Reorganisation ein wenig Geld kosten wird manche
glauben sogar es wird viel Geld kosten, werden alle Gegner dieser
Reform und sie sind nicht nur bei den Zeitungen und im Rundfunk
selbst zu finden, immer wieder auf die Sinnlosigkeit dieser
Massnahmen hinweisen.
Beim Empfang des Bundespräsidenten hatte ich Gelegenheit mit
Bürgermeister Gratz und LHStv Steinocher über die Delegierung
von Energiepreisen an die Länder zu reden. Steinocher selbst
erwartet, daß die Preisanträge der Salzburger Stadtgemeinde an den
Landeshauptmann delegiert werden und er dann als
zuständiger Referent die Verhandlungen führen muß. Er meint, die
würden niemals 68 % Erhöhung bekommen aber gegen eine Delegierung
hat er nichts einzuwenden. Bürgermeister Gratz wieder meint, daß
im nächsten Jahr Nationalratswahlen sind und deshalb die Regierung
entlastet werden muß. Mein Hinweis, daß Nekula große Bedenken
hat, daß wir jetzt die Delegierung nach Wien vornehmen, läßt Gratz
nicht gelten. Hier müßte vom politischen Standpunkt aus eben Wien
jetzt die Verantwortung übernehmen um bei den nächsten Nationalrats-
wahlen nicht die Regierung damit zu belasten. Er wird diesbezügliche
Besprechungen im Rahmen des Stadtsenates noch führen, ist aber
fest entschlossen, die Delegation bei seinen Amtskollegen durchzu-
setzen.
Anmerkung für WIESINGER: Bitte mich mit Nekula zu verbinden.
Mit NR Haberl bespreche ich neuerdings, daß die Preissenkungs-
aktion von den konsumgenossenschaftlichen Organisationen noch
immer nicht verstanden wurde. Die Forum-Kaufhäuser haben jetzt
mir eine Unterlage geschickt wo sie wieder nur von ihren Niedrig-
preisaktionen sprechen, so lange sich die Genossenschaftsorganisationen
nicht einmal durchringen können ihre Aktionen als Preissenkungs-
aktionen zu bezeichnen, bin ich ausserstande, eine entsprechende
Propaganda dafür zu machen. Haberl sieht dies auch ein und meint,
das ist das Unglück, daß dort jede große Organisation jetzt glaubt,
ihre eigene Politik machen zu müssen. In dieser Beziehung war es
früher als noch viele kleine und noch weniger bedeutende Genossen-
schaften und Kaufhäuser existierten leichter eine Koordination
herzustellen als jetzt wo die großen mächtigen Organisationen nicht
bereit sind, sich zu koordinieren. Ich bin neugierig, was er mir
auf Grund seiner Rücksprache mit Forum usw. mitteilen wird.
Die größte Überraschung beim Heurigenbesuch war, daß unerwartete
Erscheinen von Kirchschläger mit Gattin. Fredl Reiter sagte mit
Recht, dies hätten die Vorläufer des jetzigen Bundespräsidenten
niemals getan. Ich glaube, daß wir wirklich alle sehr überrascht
waren über diese sehr schöne Geste von Kirchschläger. Ich bin
neugierig, welches Echo mehr oder minder der Besuch bei der
ÖVP auslösen wird. Natürlich kann niemand einen Bundespräsidenten
verbieten, daß er ganz inoffizielle zu Veranstaltungen gesellschaft-
licher Art kommt, krass zugespitzt hat dies aber Reiter mit einem
Bombom, er erklärt, die vier vorigen Bundespräsidenten sind aus
der sozialistischen Partei ausgetreten, der fünfte wird vielleicht
sogar noch beitreten. Kirchschläger hat bei seiner Verabschiedung
mir ausdrücklich erklärt, er möchte unbedingt mit allen, aber
auch im besonderen mit mir, seinen freundschaftlichen Kontakt,
den wir bis jetzt immer gehabt haben, aufrecht erhalten. Ich selbst
erklärte rundweg, daß ich jederzeit zu seiner Verfügung stehe aber
daß selbstverständlich ich mich hier ganz nach seinen Wünschen und
Bedürfnissen richten werde, als einziges habe ich nur vereinbart,
daß ich in der nächsten Zeit kommen werde um die endgültige Beitritt
zum Gewerkschaftsbund still und leise mit ihm zu besprechen, er
erklärte sich sofort dazu bereit.
Anmerkung für WIESINGER: Bitte mit seinem Büro einen Termin
vereinbaren.
Tagesprogramm, 8.7.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)