Montag, 29. April 1974
Beim Jour fixe bemerkte Sallinger, dass ich mich dafür interessiere,
die südamerikanischen Aussenhandelsstellenleute den diplomatischen
Status bekommen sollen. Er frage sich, warum ich mich besonders dafür
interessiere. Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass Pötscher,
der bevor er nach Südamerika ging, mit mir sprach, scheinbar Sallinger
berichtete, dass ich ihn ersuchte, er möchte einmal recherchieren, ob
und welche Möglichkeit unseren Aussenhandelsstellen in Südamerika
bessere Startbedingungen geben könnten. Meisl hatte mir erzählt,
dass in keinem anderen Teil der Welt die Aussenhandelsstellen es so
schwer haben, zu den Regierungsstellen vorzudringen. Sallinger war
dadurch betroffen, dass ich mich in ein solches Detail überhaupt ein-
mische. Er und Mussil sind der Überzeugung, dass sie durch ihre Be-
suche in Südamerika feststellen konnten, dass die Aussenhandelsstellen
auch dort bestens funktionieren und das einzige Problem die zollfreie
Einfuhr von Autos, Whisky und so weiter ist, die man eben ihnen dort
nicht zugestehen will. Für mich war es damit vollkommen klar, dass
Sallinger vermutet, ich würde hier eine neue Taktik vorschlagen, resp.
einleiten, ohne mit ihnen vorher gesprochen zu haben. Nichts liegt
mir aber ferner, als in so einem unbedeutenden Detail der Handelskammer
vielleicht das Argument in die Hand zu geben, dass ich mich in eine
Rekonstruktion der Aussenhandelsvertretung heranmache. Wenn ich
einmal tatsächlich, was ich gar nicht beabsichtige, wirklich eine Reor-
ganisation vornehmen würde, dann wahrlich nach anderen Gesichtspunkten
und in einer gross angelegten Konzeption.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND BUKOWSKI: Bitte versucht durch unverbindliche
und unauffällige Recherchen den Vorgang zu ergründen.
Für die Probleme der Ostliberalisierung wurde Dr. Gleissner und Dr. Ertl
zugezogen. Mussil meinte, die 170 Positionen mit 52 Sternderl-Positionen,
die die Handelskammer vorschlägt, sind ein ungeheures Zugeständnis,
weil wie Gleissner sagte, eine weltweite Liberalisierung jetzt auch gegen
über dem Osten und Asien Platz greift. Ich erklärte rundweg die Anzahl
der Positionen als viel zu gross und verlangte, dass man sich mit den
Interessensvertretungen in dieser Frage einigt. Gleissner meinte, mit
Zöllner sei dies nicht möglich, da dieser nur einen Kontrollmechanismus
dann zustimmt, wenn der Betrieb oder die Branche bereits unter der Ein-
fuhr zugrundegegangen ist. Ich empfahl ihnen, sie sollten jetzt nicht
so sehr darüber diskutieren, wie es bei einer grossen Anzahl von Posi-
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tionen und nach welchen Gesichtspunkten dort vorgegangen werden soll,
sondern z.B. bei Obst und Gemüse jetzt konkrete Verhandlungen beginnen
sollten, wie man die Preise und Mengenschutzbestimmungen mit Hilfe des
Vidierungsverfahrens konkret handhaben wird. Dr. Lachs vom ÖGB hat
diesbezüglich sehr gute Ideen und man sollte jetzt endlich anfangen,
hier ein vernünftiges Kompromiss zwischen der Interessensvertretungen
unter Führung des Handelsministeriums auszuarbeiten. Mussil wollte un-
bedingt mir einreden, dass man ähnlich wie in der EG eine Marktrege-
lung auch für Obst und Gemüse in Österreich einführen sollte. Ich habe
das rundweg jetzt abgelehnt, da ich dazu wirklich keine Veranlassung
sehe.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Hier müsste Meisl versuchen oder Du in der Grund-
satzabteilung, eine endgültige Formulierung zustan-
dezubringen. Zöllner wird sich hier dem Vorschlag
Lachs' annähern müssen.
Mussil machte unter vier Augen mir dann eine Bemerkung über die Dele-
gation der Industriellenvereinigung nach Rumänien.
Scheinbar fühlt die Handelskammer, dass ihre Monopolstellung jetzt
zu Ende geht.
Mussil aber auch Sallinger hatten grösste Bedenken, wenn sie jetzt
auch die EFTA-Tagungskosten in Genf übernehmen müssen. Sie meinte,
dass dies doch immer aus dem Budget des Handelsministeriums bestritten
wurde und waren sehr glücklich, als ich ihnen als Zugeständnis er-
klärte, dass ich für diese Tagung bereit bin, die Kosten zu über-
nehmen. Meine Überlegung war, dass wenn es einmal im Parlament oder
gar in der Öffentlichkeit zur Diskussion kommt, dass die Handelskammer
das Handelsministerium unterstützt, ich ohne weiteres sagen kann, wo
Bedenken von Seiten der Handelskammer bestanden haben, die Bezahlung
zu übernehmen, ich sofort diesen Bedenken Rechnung getragen habe.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte verständige Ottahal. Mit Dir, Meisl und
Wanke möchte ich dann dieses Problem besprechen.
Mussil ist, glaube ich, nach reiflicher Überlegung jetzt bereit, über
die Reorganisation der Alt-Stammbürges mit mir tatsächlich Verhand-
lungen zu führen. Da er hofft, über diese neue Aktion aus dem Problem
herauszukommen, ob bei 8 oder 8,5 oder 9 % Zinsenzuschuss gegeben
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werden soll, meint, er, wenn ich nicht auf dem Ausdruck Prämie sondern
direkter Zuschuss oder sonst irgendeine Bezeichnung ich mich mit
ihm einigen könnte, dass wir dann eine Möglichkeit zur gemeinsamen
Abänderung fänden. Ich erklärte ihm, dass es für mich darauf ankommt
ein bestimmtes Wort unbedingt in die neue Aktion einzubauen, son-
dern, dass es mir darauf ankommt, die Altstammbürges in der jetzigen
Form abzulösen. Wie das gehandhabt wird und in welchem Umfang
und in welchem Ausmass ist noch vollkommen offen, hier müssten erst
Verhandlungen mit den Interessensvertretungen eine gemeinsame Basis
abgeben. Gerade im Hinblick auf die Bemerkung von Gehart, die er
mir vor einiger Zeit machte, dass wir hier weder die AK noch den ÖGB
vor den Kopf stossen dürfen, habe ich mich natürlich nur sehr unver-
bindlich geäussert. Gehart bemerkt mit Recht, dass wenn wir vorher
nicht auf fraktioneller Ebene die Zustimmung der anderen Interessens-
vertretungen insbesondere der Arbeiterkammer, des ÖGB, haben, dann
mir mit Recht vorgeworfen wird, dass zu den zusätzlichen Ver-
dienstmöglichkeiten, die heute die Unternehmer schon auf Grund der
Volkseinkommensrechnung nachgewiesen haben, eine weitere Aktion
zugunsten der Selbständigen gestartet wird. Im ersten Jahr hat
es nämlich tatsächlich den Anschein, da wir zusätzlich 12 Mill. S
Budgetmittel brauchen, die Absicht besteht, nochmals den Unternehmen
etwas zukommen zu lassen. Nichts liegt mir aber ferner als dies, in
Wirklichkeit möchte ich nur von dieser unglückseligen Vorbe-
lastung, die wir jetzt in der Bürges alle Jahre wieder haben, und
hier budgetäre Deckungen gesucht werden müssen, wegkommen, um eben
in Hinkunft ähnlich der Komfortzimmeraktion beschränkt und abge-
grenzt die jetzt zur Verfügung stehenden Mitteln zweckmässiger
zu verteilen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND Gehart: Von der Altstammbürges sollen
neben dem Gewerbestrukturverbesserung die
kleineren Unternehmer berücksichtigt werden,
deshalb auch insbesondere mit dem Freien
Wirtschaftsverband abstimmen.
Mussil sieht mit Recht die Gefahr, wenn es jetzt zur Getreidepreis-
erhöhung kommt, dass dann die Verbraucherpreise incl. der Löhne
erst endgültig mit 1. Jänner 1975 festgelegt werden könnten. Zu
diesem Zeitpunkt sind die 13 Monate für Bäcker und Müller abgelaufen.
Mussil möchte deshalb sehr gerne, dass der Finanzminister bis zu
diesem Zeitpunkt die Getreidepreiserhöhung übernimmt. Ich erklärte
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ihm, dass ich hier keine Möglichkeit sehe, da auch beim letzten Mal
der Finanzminister sich mit Recht dagegen ausgesprochen hat. Wenn
mit 1. Juli die Getreidepreise fixiert werden, dies ist der Wunsch
der Landwirtschaft, dann wird es ein gewisses allerdings heuer ein
bescheidenes Lager geben, Weihs schätzt auf maximal 40.000 t Sperr-
lager, das ihm zur Verfügung stehen wird, welches mit dem alten Ge-
treidepreis noch in die Mühlenkalkulation eingehen kann. Wie wir
daher die restlichen 5 Monate überbrücken, ist mir auch noch nicht
klar
ANMERKUNG FÜR WAIS: Recherchiere einmal, was die Arbeiterkammer und
die anderen Institutionen und insbesondere viel-
leicht unsere Preisabteilung dazu zu sagen hat.
Wieder kam die Handelskammer auf den Gastwirt Salkner in Sölden zu
sprechen. Sie wollen unbedingt, dass ich diesen Wirt, der scheinbar
persönlich mit Sallinger und Mussil gut befreundet ist, in irgend
einer Weise helfe. Ich erklärte, dass ich eine Ausnahme nicht machen
kann, wenn mir meine Herren des Hauses erklären, dass dazu keine wie
immer geartete Möglichkeit besteht. Das einzige, was ich zusagte ist,
dass sich Jagoda an Mussil wenden wird, um hier vielleicht doch eine
Ausweg zu finden.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bei der nächsten Aussprache Jagoda und mir,
bitte mich erinnern.
Die Trauerfeierlichkeiten verliefen würdig, es kam soviel ich beob-
achten konnte, zu keinerlei Störungen, Rösch hatte Angst, dass sich
irgendein Psychopath bei dieser übers Fernsehen und so und so vielen
ausländischen Delegationen irgendwie besonders hervortun will. Die
Ringstrasse war dicht besetzt und selbst im Konvoi bis zum Zentral-
friedhof war insbesondere dort, wo Wohnviertel oder Fabriken in der
Nähe waren, auch ein grosses Spalier zu bemerken. Interessant war, dass
Kirchschläger, der allein im Auto fuhr, das Protokoll hat ja
vorgesehen, dass die Minister jeder in seinem Wagen aufgefädelt
dahinfahren, einige Male die Bemerkung hörte, da fährt jeder extra.
Hier gab ich und gebe ich dem Protokoll die Schuld, die verlangten,
dass jedes Auto der Minister mit Standarte und niederer Nummer
mit die Autokolonne bildeten. Ich selbst habe mein Auto voll gehabt
und bin wahrscheinlich deshalb auch gar nicht so aufgefallen. Broda
bemerkte, als ich dies mit ihm und mit anderen Ministern diskutierte,
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dass ich hier irrte, die Bevölkerung wünscht kein ärmliches Begräbnis
Androsch schloss sich dieser Meinung an. Ich stehe nur auf dem
Standpunkt und habe das auch dezidiert erklärt, dass man ja nicht
annehmen soll, dass wenn die Bevölkerung sich wie es so schön im
Wienerischen heisst, eine schöne Leich' anschauen kommt, sie des-
halb nicht kritisch vermerkt, wenn Minister hier jeder einzeln
in seinem Auto dahinfährt. Zu glauben, dass die Bevölkerung begeistert
ist über den Aufwand, dann irrt man. Niemand hat etwas gegen das
Staatsbegräbnis gehabt, jeder hat sicherlich auch mit den Aufwand
sich abgefunden. Deswegen aber akzeptiert man noch lange nicht, dass
eben nach Auffassung wahrscheinlich der Mehrheit die dort gestanden
ist, ein jeder einzelner in seinem Auto dahinreisen sollte. Kreisky
hat hier wahrscheinlich aus Zweckmässigkeitsgründen wieder einmal
das Richtige getan, indem er nämlich auch Reiter in seinem Auto
mitgenommen hat.
Von allen bisher gehörten Reden und es waren mehr als ein Dutzend
muss ich feststellen, dass die persönlich ergreifendste die von Benya
war. Da er auch tatsächlich persönlich am erschüttertsten über den
Tod Jonas' gewesen ist, kam dies mit einer Innigkeit zum Durchbruch,
was mich sehr überraschte. Bei allen anderen hatte ich nicht annähernd
dieses gute Gefühl der offenen und geradlinigen Aussage. In der so
starken inneren Verbundheit auch dann, wenn auch vielleicht oft
optischen denselben Eindruck machte. Andererseits will ich aber nicht
urteilen und es wäre von mir unverantwortlich, von meinem subjektiven
Standpunkt ein solches Urteil zu fällen. Unser erster Mann wurde
begraben, für viele war er mehr.
Beim Trauerempfang in der Hofburg hatte ich Gelegenheit mit Prof.
Popow, dem bulg. Vizeministerpräsidenten zu sprechen. Er hatte eine
Aussprache mit Veselsky und dieser hätte ihm angedeutet, es gäbe
zwischen Bulgarien und Österreich gute Möglichkeiten für gemeinsame
Entwicklungshilfeprojekte. Ebenso sei vielleicht auf Drittmärkten
hier grosse Möglichkeiten in Angriff zu nehmen. Ich erklärte rundweg,
dass ich jedwede Aktivität in dieser Hinsicht unterstützen werde, mache
mir aber keine Illusion über die Schwierigkeit der Finanzierung sol-
cher Projekte. Insbesondere auch Kooperation für Drittmärkte. Inter-
essant war, dass der neue bulgarische Botschafter hier wesentlich
optimistischer urteilt als der glaube ich sehr erfahrene Präsident
Popow, der ebenfalls Finanzschwierigkeiten befürchtet. Wenn nämlich
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die Bulgaren Entwicklungshilfe irgendwo geben, dann geben sie
diese zu einem derartig günstigen Zinssatz, dass wahrscheinlich
in Österreich niemand mitkommt. Mit Min.Präsident Stoph von der
DDR habe ich nicht zuletzt auch auf Wunsch des DDR-Botschafters
ebenfalls einige Worte gewechselt, wobei ich besonders auf die
gut anlaufenden Wirtschaftsbeziehungen nach Besuch von Staatssekretär
Beil hingewiesen habe. Hier nehme ich glaube ich kann die VÖEST
und andere Firmen tatsächlich auf Drittmärkten mit der DDR gemeinsam
zu grösseren Projekten kommen, was ich sehr gerne auch von den
anderen Oststaaten hätte, nur gibt es dort halt grosse Finanzierungs-
schwierigkeiten.
Den rum. Sonderdelegierten, Präsident des Parlamentes, habe ich auch
begrüsst, da ich ja bereits in Bukarest bei ihm vorgesprochen habe.
Ich habe bei dieser Gelegenheit auch neuerdings die Einladung für
meinen rum. Kollegen zur Herbstmesse ausgesprochen und beste Grüsse
übermittelt.
Der ungarische Botschafter kam mit dem nordvietnamesischen Botschafter,
der in Budapest akkredidiert ist und der unbedingt in der nächsten
Zeit eine Aussprache mit mir wünscht. Ich habe ihm eine diesbezügliche
prinzipielle Zusage gemacht.
ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI: Bitte, wenn der nordvietnamesische Botschafter
das nächste Mal von Budapest nach Wien kommt mit ihm einen Termin verein-
baren, dies wird nach Meinung auch des ung. Botschafters in Wien Mitte
Mai sein.
Da LH Kessler, den Bundespräsidenten Brugger noch nicht kannte, hatte
ich die Gelegenheit genützt, ihn ihm vorzustellen und gleich ein wich-
tiges Problem zu besprechen, das ich anschliessend mit Brugger
in der schweizerischen Botschaft weiter diskutierte. Dass die
Errichtung des Atomkraftwerkes in Rüthi betrifft, so verhandeln
jetzt die Aussenministerien über einen sogenannten Kühlturmbericht.
Ich fürchte und habe dies Brugger nachher ganz vertraulich auch mitge-
teilt, dass dieser Bericht dann die völkerrechtlichen Standpunkte der
Schweiz und Österreich festhalten wird und dann die Fronten festgefah-
ren sind.Die Vorarlberger und Kessler hat es mir nachher unter vier
Augen bestätigt, sind nicht bereit, dieses Kraftwerk auf dem Stand-
ort Rüthi zu akzeptieren. Genauso wenig nehmen sie zur Kenntnis, dass
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eine Raffinerie in Sammwald errichtet oder vergrössert werden
soll. Ich glaube deshalb und Kessler hat mich dazu sogar er-
mächtigt, dass es zweckmässig ist, sich über eine Gesamtkonzeption
ohne grosse Beschlussfassung der Regierungen bevor ein tragbares
Kompromiss ausgehandelt ist unverbindlich Besprechungen aufzunehmen.
Brugger ist dafür nicht zuständig sondern ein neuer Bundesrat von der
soz. Partei der Schweiz, ich glaube er heisst Ritschel oder so ähnlich,
der für Verkehr und Energie zuständig ist. Weder Brugger noch ich
möchten den Verhandlungen in der Aussenministersphäre dazwischen-
funken, noch geschweige denn die Verantwortung für das Scheitern einer
solchen Besprechung übernehmen. Andererseits aber sehe ich schon,
dass zu dem normalen Widerstand gegen Atomkraftwerke oder gegen
Raffinerie-Errichtungen man in Vorarlberg noch das Argument kommen
wird, man hätte hier unverantwortlicherweise die Fremdenverkehrs-
interessen, Landschaftsschutzstörung usw. vernachlässigt. Ich glaube
deshalb, dass es zielführender sein müsste, eben unabhängig von der
Rechtsauseinandersetzung ein für beide Teile tragbares Kompromiss zu
erreichen. Österreich braucht zusätzliche Strommengen, warum nicht
ein gemeinsames Atomkraftwerk mit der Schweiz erbauen, Österreich
hat 300.000 t Durchsatzrecht in der Pipeline für Vorarlberg, warum
sie nicht gemeinsam mit der Schweiz nützen ? Kessler hat mir ausdrück-
lich versichert, er hätte gar nichts dagegen, wenn hier tatsächlich dann
entsprechende allumfassende einleitende Gespräche zwischen Vorarlberg
St. Gallener Verwaltung und Bern und Bund Wien stattfinden. Ich verein-
barte mit Brugger, er wird dieses Problem sich noch selbst überlegen,
dann mit seinen Kollegen besprechen und wir könnten uns bei der EFTA-
Tagung in Genf dann damit nicht auseinandersetzen aber doch hören,
wie die Schweiz darüber denkt
In der preisbehördlichen Tagung versuchte ich während meiner Anwesen-
heit den Preisreferenten der Länder die Konzeption der neuen Preis-
regelungsgesetznovelle zu erklären. Es war mir vollkommen klar, dass
ich dort kraft meiner Ministerschaft nicht die gesamte Kritik, die
sie in den Ländern wahrscheinlich an dem Entwurf üben werden, hören
würde. Da ich aber grössten Wert darauf legte, die negativen Stimmen
herauszulocken, um sie dann vielleicht auch zu neutralisieren, gelang
es doch, einige, ja ich kann fast sagen alle Länder zu Äusserungen
zu bewegen. Ich habe nicht erwartet, dass man in den einzelnen Ländern
so negativ wird Stellung dazu nehmen. Hier hörte ich direkt die Stimmen
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der ÖVP-Landeshauptleute, vielleicht ein bisschen verfeinert, vielleicht
mit ein bisschen rechtlicher, d.h juridischer Fassade versehen
aber natürlich genau auf der politischen Wellenlänge wie ihre Chefs.
Trotzdem war diese Aussprache nicht nur für mich interessant, sondern
auch politisch wertvoll, weil ich bei einer öffentlichen Diskussion
und insbesondere dann bei der Auseinandersetzung im Parlament darauf
hinweisen kann, dass ich eine preisbehördliche Tagung dazu benützte,
um mich stundenlang mit den Referenten über die Details auf rechtlicher
Basis auseinanderzusetzen. Dass in der Sache dies kaum etwas bringt,
war mir vollkommen klar.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte bei der Erstellung des Protokolls auf diesen
Punkt besonders achten.
Die Aussprache mit den Akademikern auf der Landstrasse war leider
durch meine notwendige Begleitung Bruggers auf den Flughafen gestört,
hat aber dann glaube ich dadurch, dass wir sie um 3/4 Stunden verlängerten,
dazu geführt, dass mir die Anwesenden deshalb nicht übel sind. Ich
hatte bei dieser Gelegenheit gleich die Möglichkeit Heindl als dem
im Nationalrat nachfolgenden wichtigsten Mann für die Landstrasse vorzu-
stellen und war selbst überrascht als ich dabei erfuhr, dass er jetzt
bereits 7 Monate diesem Gremium angehört. So verrast die Zeit.
Mit Heindl habe ich über das Ergebnis der Aussprache Schipper – Bukowski
wegen der Einstellung Kieslichs in die Personalabteilung gesprochen.
Der Versuch, den ich nicht zuletzt auf Vorschlag Heindls unternommen
habe, dass wir Schipper, ohne dass er eine Weisung bekommt, dafür
gewinnen könnten, diese Transaktion vorzunehmen, ist gescheitert.
Selbst mein so sprichwörtlicher Schmäh hat diesmal nicht verfangen,
Mein Hinweis, dass ich erschüttert bin, dass ich das erste Mal gegen-
über Schipper eine Weisung geben soll, konterte der Sektionschef, indem
er erklärt, er braucht eine solche Deckung, d.h. er wünscht und verlangt
auf alle Fälle, wenn ich darauf bestehen sollte, dass Kiesling in die
Personalabteilung kommen soll, unbedingt eine Weisung. Bukowski, Heindl
und ich werden deshalb unverzüglich, allerdings nach reiflicher Überlegung
eine solche ihm morgen bereits präsentieren.
Tagesprogramm, 29.4.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)