Dienstag, 19. Feber 1974
In der AK-Vorstandsfraktion berichtete ich neuerdings über
die Benzin- und Ofenheizöl-Preiserhöhung. Der Schilling-Preis-
zuschlag für Benzin und Diesel und 50 Groschen für Ofenheizöl
glaube ich könnte ein Kompromiss sein. Die AK insbesondere Zöll-
ner möchte, dass womöglich am Ofenheizöl überhaupt keinerlei
Preiserhöhung durchgeführt wird. Zöllner meint, dass das
Ofenheizöl in Hinkunft sowieso am Markt wird keine Preiser-
höhung mehr erzielen und die ÖMV früher oder später gezwungen
ist, zum jetzigen Preis von 2.50 S zu verkaufen.
Dr. Meszaros von der ÖMV, dem ich dieses Kompromiss mit-
geteilt habe, damit durchgerechnet wird, ob es von der Mineral-
ölwirtschaft Chance hat angenommen zu werden, die Idee, dass man
Diesel und Ofenheizöl auf zwei Etappen erhöht, jetzt um 50
Groschen und dann mit 1.8. um weitere 50 Groschen. Für diese etap-
penweise Erhöhung sehe ich keine Chance, da insbesondere Ofenheiz-
öl kaum über die 50 Groschen wird hinaus bei der AK und beim
ÖGB und wahrscheinlich in der Öffentlichkeit durchzusetzen sein.
Das letzte Mal im November wurde ja gerade der Ofenheizöl-
preis wesentlich mehr erhöht, nämlich von 1.70 auf 2.50 S.
Ofenheizöl trifft die ÖMV allerdings allein, weil wegen des
Färbens überhaupt kein anderer dieses Produkt einführen darf.
Trotzdem ist Zöllner zu keinem höheren Zugeständnis zu bewe-
gen, ganz im Gegenteil er glaubt noch immer, dass er ohne
Preiserhöhung durchkommt , gegebenenfalls müsste der Finanzmini-
ster die Steuern senken.
Mit Landwirtschaftskammer Ing. Altmann habe ich mich auch
eingehend über die Preiserhöhung unterhalten. Dieser sieht
das Kompromiss als vernünftige Lösung, meint allerdings, dass
es sehr zweckmässig wäre, nachdem sich jetzt herausstellt,
dass doch die Benzineinstandpreise für die Ölfirmen nicht
so hoch liegen als sie es angenommen haben, dafür allerdings
bekommen sie ja kaum den vollen Preisantrag, so wie bei Zucker-
preis auch bei Benzinen und Dieselöl und Ofenheizöl einen
Preisnachweis am Jahresende zu verlangen. Altmann wird mit Präs.
Lehner sprechen und glaubt, dass er für diesen Kompromiss eine
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Zustimmung zu erreichen ist. Lehner hat überhaupt in der Prä-
sidentenkonferenz jetzt eine bessere Ausgangsposition für Preis-
genehmigungen geschaffen. Im Vorjahr hat Landesrat Bierbaum vom
NÖ, der im stärken Gegensatz zu Lehner immer wieder als radikaler
Bauernvertreter auftritt, sich scheinbar durchgesetzt und in der
Paritätischen Kommission hatten die Bauern einer Erhöhung der
Landmaschinenpreise um ca. 8 % nicht zugestimmt. Dadurch
begann der Fristablauf und nach 5 Wochen haben dann die Land-
maschinenerzeuger um 27 % ihre Preise erhöht. Ich hatte damals
noch die Vertreter der Landwirtschaft gewannt und aufmerksam gemacht,
dass sie mit dieser starren Haltung gar keinen Erfolg erzielen
werden sondern im Gegenteil sie sich zwar jetzt ausreden kön-
nen, sie haben nicht zugestimmt, doch die Bauern früher oder
später die Zeche bezahlen müssen. Lehner hat nun an dieses
Beispiel anknüpfend in der Präsidentenbesprechung auch für die
Düngepreiserhöhung die Zustimmung der Präsidenten der einzelnen
Landwirtschaftskammern bekommen. Dort war nämlich genau dieselbe
Frage, wenn sie zustimmen, können sie mit 15 % Preiserhöhung
rechnen, wenn nicht, dann wird nach Fristablauf sicherlich die
Stickstoffwerke gleich ihren Preisantrag von fast einem Drittel
in die Tat umsetzen und die Preise wesentlich mehr als 15 % erhö-
hen. Altmann wies nur darauf hin, dass der Milchpreis für die
Bauern von grösster Bedeutung und Dringlichkeit ist, und war
sehr erfreut von mir zu hören, dass es nicht beabsichtigt ist,
ihn auf die lange Bank, d.h. wochenlang nicht zu erledigen.
Altmann hat nur Bedenken, dass wir jetzt von den schon seiner-
zeit vereinbarten Berechnungsschema über die Milchpreiserhöhung ab
gehen und wollte unbedingt, dass wir das neue System Buchprü-
fungseinsicht in die landwirtschaftlichen Betriebe durch die lw.
Buchführungsgenossenschaft erst die der nächsten Milchpreiserhöhung
anwenden. Hier konnte ich ihm nicht entgegenkommen, denn ich
brauche eine Berechnungsbasis für die eventuelle Kürzung ihres
Antrages von 51 GRoschen auf mindestens die Hälfte.
Der Vertreter vom ÖAMTC Schucklich war nicht bereit, konkret
einer Schilling-Preiserhöhung zuzustimmen. Er gab allerdings zu,
dass er eine solche Preiserhöhung, wenn ich nach Kalkulations-
einsicht dieses als Kompromiss und letzte Möglichkeit betrachte,
auch vom ÖAMTC als eine solche angesehen wird. Er sagte,
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dass der ÖAMTC vertraut vollkommen meinem Verhandlungsgeschick und
insbesondere, dass ich sicherlich bereit bin, das Maximum für die
Autofahrer und Konsumenten herauszuholen. Er beschwerte sich nur,
dass Androsch zwar mitteilen liess, wer Sorgen hat, kann mit
ihm reden. aber verhandelt wird über die Steuersenkung überhaupt
nicht. Der ÖAMTC möchte scheinbar seine ganze für eine solche
Steuersenkung tatsächlich einschalten. Schucklich gab aber zu,
dass wenn man natürlich in der Autofahrerschaft ein solches Pro-
blem aufgreift und dann womöglich hochspielt natürlich ein
starkes Echo zu erwarten war und ist.
Dr. Neuhold hat mit ÖAMTC Schucklich und ARBÖ Ing. Hobl verhan-
delt. Neuhold meint, dass die Importbenzine in der Kalkulation
zu hoch angesetzt sind und hier eine gewisse Reduktion er-
folgen könnte. Die Bucheinsicht bringt eine gewisse Möglichkeit
gegen die Preisanträge auch mit Ziffern zu polemisieren. Aller-
dings meint Neuhold, wenn wird tatsächlich auf den Heizöl-
preis nur 50 Groschen draufgeben, dass dies von seinem Standpunkt
aus zu hart ist und wahrscheinlich auch kaum die Zustimmung der
Mineralölwirtschaft zu erreichen sein wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Da die VO-Entwürfe im Haus bereits durchbe-
sprochen und vorbereitet werden, bitte auch
den Preisnachweis überprüfen lassen, ob er wie
bei Zucker in die Verordnung eingefügt werden
müsste und wie dies möglich wäre.
Im Ministerrat hat Kreisky die Energie-Aufklärungsaktion als
mündlicher Bericht gebracht und darauf hingewiesen, dass der
Bundeskanzler , Finanzminister, Handels- und Verkehrsminister
damit befasst sein werden. Ich bin nur gespannt, wo die Millionen
dann aufgebracht werden sollen. Ich glaube, dass in keinen Res-
sort diese BEträge vorgesehen und möglich sind, herauszuholen,
weshalb sicherlich ein Budgetüberschreitungsgesetz kommen
muss. Lanc berichtete über die Erhöhung des Autobahnlimit auf
120 km/h. Er selbst wird mit den Interessensvertretungen und den
Kraftfahrverbänden Verhandlungen führen. Ich glaube, dass er
sogar in den Kraftfahrbeirat gehen müsste. Da Metzner ein
Loyaler Beamter ist und sicherlich Lanc diesbezüglich gut und rich-
tig informiert, habe ich mich überhaupt nicht eingemischt, vom
Standpunkt der Benzinersparnis ist es wahrscheinlich wirklich
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egal, ob 100 oder 120 km/h das Höchstlimit ist. Allerdings fürchte
ich, dass natürlich, wenn jetzt 120 kommen, trotzdem die Leute
130 und 140 vielleicht sogar 150 fahren werden. Wenn nämlich der
allgemeine Eindruck entsteht, dass Benzin genug vorhanden ist,
dann fällt die Plausibilität wie die Psychologen sagen, weg und
es wird eine Verkehrsvorschrift kaum mehr eingehalten.
Da Bundespräsident Jonas erkrankt ist, konnte die Vorsprache von
Lejczak bei ihm nicht stattfinden. Kreisky hatte sich auf meine
telefonische Intervention bereit erklärt, Lejczak zu empfangen.
Karski, der Botschafter, aber auch Lejczak waren darüber sehr
erfreut. Kreisky hatte von Gatscha vor einigen Tagen eine INfor-
mation bekommen, wo die offenen Probleme mit der VÖEST angeführt wa-
ren. Da ich den VÖEST-Brief genau kenne, konnte ich feststellen,
dass dort auch nichts anderes geschehen ist, als dass man eben
einen Brief, der viel umfangreicher und ausführlicher war in
eine Information zusammengefasst hat. Auf alle Fälle war ich
sehr erstaunt, dass Kreisky diese INformation gelesen hatte, obwohl
vorerst gar nicht vorgesehen war, dass Lejczak mit ihm spricht.
Kreisky ging aber auf die Details gar nicht ein, sondern machte
sofort eine politische tour d'horizon-Ausführung. Seiner
Überzeugung wird es zu keiner Krise in Europa kommen und wenn
eine solche gekommen wäre, hätte dies nicht dem Kommunismus geholfen
sondern nur der faschistischen Bewegung. Dies war die Essenz
aus den Ausführungen Kreiskys, die er an Hand von Frankreich und
Italien besonders erörterte.
Die anschliessende Besprechung im Handelsministerium, an der von
der VÖEST der Verkaufsdirektor für Industrieanlagen Dr. Rohner und
ganz besonders auch der Finanzdirektor Apfalter teilnahmen, gab
Lejczak die Möglichkeit über die Details sehr eingehend zu dis-
kutieren. Die Polen wollen zu einem grösseren Abschluss kommen,
ihnen schwebt vor 150 bis 170 Mill. S Aufträge in Österreich
zu placieren. Insbesondere erschien ihnen die Stranggussanlagen
besonders wichtig, sie wollten mehrere kaufen. DArüber hinaus
wollten sie dann noch eine Verzinkungsanlage und eine Beizerei,
ein Feinwalzwerk und Industrieanlagen. Lejczak meinte dann,
wenigstens 1 oder 2 Projekte müssten jetzt so schnell wie möglich
verwirklicht werden. Ich habe die VÖEST darauf aufmerksam gemacht
und sie haben mir dann auch mehr oder minder zugestimmt, dass
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sie diese einmalige Chance nützen sollten und auch werden.
Bei der Stranggussanlage wird es allerdings kaum zu einem An-
schluss kommen können, der die Terminwünsche der Polen befriedigt.
Die polnische Stahlindustrie will allerdings die 14 Mill. t
bis 1980 auf 23 Mill. t erhöhen. Eine gigantische Steigerung für
die 6 Jahre, die dafür noch zur Verfügung stehen. Bei der Abend-
veranstaltung hat mit Lejczak, der sehr gut deutsch spricht,
ganz dann gesagt, der Übersetzer müsste einen Fehler gemacht
haben, weil der Eindruck entstanden sei, wenn ein Projekt
finalisiert wird, genügt dies. Er selbst möchte, dass alle
Projekte zum Tragen kommen. Eine solche Chance sehe ich über-
haupt nicht.
Da ich zwar Lejczak auf Wunsch und kosten der VÖEST eingeladen
habe, doch aber auch andere Firmen interesante Projekte mit
ihm besprechen wollten, habe ich einleitend für die am nächsten
Tag stattfindenden Firmenbesprechungen alle Wünsche, die uns
bekanntwurden, schriftlich Lejczak übermittelt. Dadurch kann
mir niemand vorwerfen, dass ich ausschliesslich die verstaatlich-
te Industrie bevorzugt habe und im Gegenteil auch jetzt an-
dere Firmen alle Chance haben, den Schwerindustrieminister
Verhandlungen zu führen.
Neuerdings habe ich die hängengebliebenen Schwefelexporte von
Polen nach Österreich urgiert. Lejczak ist dafür nicht zuständig,
er wird dies aber sicherlich in Warschau mit seinem Amtskollegen
besprechen.
Obwohl mir Lejczak versicherte, dass er dafür nicht zuständig sei,
habe ich eine Bemerkung Karskis bei der Fahrt vom Flugplatz nach
Wien aufgegriffen, was jetzt eigentlich mit der Beteiligung
Österreichs an dem kalorischen Kraftwerk in Polen sei. Da
die Polen derzeit mit einem Schreiben, welches über die
Gleitung Aufschluss geben sollte, im Verzug sind, nützte
ich die Gelegenheit, um festzustellen, dass eben jetzt von
polnischer Seite das Projekt mit dem von Mitrega immer
gewünschten Schwung fortgesetzt wird. Dieses Problem habe ich
aus einer einfachen Überlegung zur Sprache gebracht. Wenn frü-
her oder später Kreisky und Min.Präsident Jaroszewicz zusammen
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kommen werden, wird man fragen, wieso dieses Projekt noch nicht
abgeschlossen ist. Ich werde dann mit ruhigem Gewissen darauf hinweisen
können, dass ich selbst bei dem nicht zuständigen Minister urgiert
habe, damit die polnische Seite die Verpflichtungen zur Klärung
dieses Problems schneller oder überhaupt erfüllt, als die polnische
Seite eben zuerst bereit war zu tun. Für mich war es klar, dass es
sich hier im eine reine Alibihandlung handelt, doch kann Botschafter
Karski in Hinkunft nicht sagen, dass ich nicht alles gemacht habe,
um das Projekt weiterzutreiben. Karski ist überhaupt äusserst ehrgeizig
und möchte nicht nur während seiner Amtszeit die Minister nach Polen
und insbesondere polnische Wirtschaftsminister hierher bringen, sondern
womöglich auch beim Staatsbesuch Jaroszewicz entsprechend gute
dastehen, dass viele Projekte dann unterschriftsreif sind. Ich habe
bei meiner Tischrede immer wieder darauf hingewiesen, dass es zwi-
schen befreundeten Nationen – und Polen und Österreich sind solche –
auf Wirtschaftsgebiet wenn es Schwierigkeiten gibt man offen darüber
reden sollte. Dies ist jetzt bei dem Besuch geschehen, aber auch schon
vorher beim Maschinenbauminister Wrzaszczyk und ganz besonders bei
Vizeministerpräsident Mitrega. Die letzten Ursachen und Wahrheiten
aber, warum es zu gewissen Stockungen kommt, siehe z.B. Schwefel
oder jetzt Stranggussanlage, wird wahrscheinlich aber offiziell
niemals zugegeben werden und geklärt. Hier versucht die polnische
Seite sich auf Waggonschwierigkeiten und Transitschwierigkeiten in
der CSSR auszureden, die österr. Seite dagegen auf Terminschwierig-
keiten. Dies sind aber auch übliche Geschäftspraktiken im Inland und
warum sollte dies im Ausland anders. Hier gebe ich mich keiner Illusion
hin, trotzdem ich bestrebt bin, die Probleme weitestgehend offen
zu besprechen, eine gewisse Geschäftstaktik-Praxis kann man und wird man
wahrscheinlich nie überwinden können.
Tagesprogramm, 19.2.1974
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 106. Ministerratssitzung, 19.2.1974
19_0257_02Typoskript Ermittlung der Teuerungszulage/Bezugserhöhung