Dienstag, der 11. Dezember 1973

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Dienstag, 11. Dezember 1973

Benya und Hofstetter teilen Weihs und mir mt, dass sie mit Schoeller
und Gen.Sekr. Dr. Mailath-Pokorny gesprochen haben, den Brotpreis
beim Laib um 50 und beim Wecken um 70 Groschen zu erhöhen.
Damit wird im Schnitt der Brotpreis um 66 g erhöht und die
Industrie ist sicherlich damit zufrieden. Das Hauptproblem bildet na
wie vor die Bäcker, die auf 15 Groschen Semmelpreiserhöhung be-
stehen, obwohl Beyna ihnen dezidiert erklärt, dass dies nicht
in Frage kommt. Ich bin überzeugt, dass es auf dieser Basis eine
Einigung geben wird, da die Bäcker den höheren Mehlpreis bezahlen
müssen. Die Hoffnung, dass die Gewerkschaft ebenfalls mit Streiks
ihre Lohnerhöhung durchsetzen will und damit die Brotversorgung
nicht nur von den Bäckermeistern sondern auch von den streiken-
den Arbeitern gefährdet wird, hofft Benya, dass nicht in ERfüllung
geht. Er möchte ja sogar den Bäckerei-Arbeitern aus Gewerkschafts-
geldern eine ao. Unterstützung zahlen in der Höhe der zu erwarten-
den 15 %-igen Lohnerhöhung.

Da Kreisky mir vorgeschlagen hatte, es sollte die Post eine even-
tuelle Bewirtschaftung, d.h. die Ausgabe der Bezugsscheine durch-
führen und er vielleicht erwartete, dass ich mich mit der Gewerk-
schaft der Postler in Verbindung setze, ich aber sofort den dafür
zuständigen Ressortminister Lanc über die Idee verständigt habe,
hat Lanc sich jetzt mit dem Obmann der Gewerkschaft Schweiger
verabredet, damit wir das Problem über die Abwicklung der Ausgabe
über die Postämter diskutieren. Schweiger selbst meint, dass er
wenn es unbedingt notwendig ist, die Ausgabe bewerkstelligen könnte,
doch wird das grosse Schwierigkeiten bei den ca. 2.300 Postämtern
ergeben. Im Schnitt kämen zwar nur 1.000 Ausgabekarten, wenn
man ca. 2,3 Mill. Kraftfahrzeuge rechnet, doch wird die Streuung
ganz verschieden sein. Die städtischen Postämter werden wesentlich
mehr haben als die Landpostämter. Schweiger hat nächstes Jahr
Betriebsratswahlen, möchtevom Finanzminister sowieso eine Sonder-
leistung für die Postler und meint, dass er Berechnungen anstellen
wird, wieviel ungefähr diese zusätzliche Arbeit kosten würde. Haupt-
problem ist noch, dass für zusätzliche Zweigschichtler kaum Platz
auf den Postämtern wäre, die eventuell für diese Arbeit herangezo-
gen werden könnten. Lanc selbst meitn, dass es überhaupt unzweckmäss
ist, die Post als Bundesbetrieb heranzuziehen, weil dadruch die


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Länder und Bezirkshauptmannschaften aber auch die Gemeinden
aus ihrer Verantwortung mittelbare Bundesverwaltung entlassen
würden. Wenn die ganze Bewirtschaftung schief geht und Lanc hat
einen Horror so wie ich, dann wird auch er mit die Verantwortung
zu tragen haben, weil man sich naütrlich auf die Post ausreden
wird. Lanc meint, ANdrosch ist halt noch zu jung, um eine wirkliche
Bewirtschaftung bewusst miterlebt zu haben und hat deshalb zu
ideale Vorstellungen von den Schwierigkeiten, die sich ergebn.

Die Verhandlungen über das Gesetz wegen des Verbotes an einem
gewissen Tag das Auto zu benützen, wird vorerst zwischen Mussil,
Handelskammer, und mir in Anwesenheit von Fischer unr Reiger und
Rief von der Bundeskammer geführt. Es gelingt Mussil davon zu
überzeugen, dass wenn das Rohstofflenkungsgesetz wirksam werden
soll, die Novelle allumfassender sein muss als die Handelskammer
bereit ist, zuzugestehen. Deshalb schwenkt Mussil dann doch auf
eine Ergänzung der Strassenverkehrsordnung ein. Reiger und von
mir Kammerhofer, werden ersucht eine gemeinsame Lösung büer dieses
Problem im Rahmen der Strassenverkehrsordnung zu suchen. Nach-
mittags als wir diese Verhandlung fortsetzen, ist bereits Koren
mit eingeschaltet und Fischer bringt Min.Rat Pahr vom Verfassungs-
dienst mit. Jetzt beginnt wieder der alte Streit, ob überhaupt
auf Grund der Rechtssystematik die Strassenverkehrsordnung in
diesem Punkt ergänzt werden soll und letztenEndes bringen die
Juristen als Ausweg den Vorschlag, es soll überhaupt ein eigenes
Gesetz gemacht werden. In informiere noch schnell den freiheitlichen
Abgeordneten Hanreich, sodass ich auch in diesem Punkt hoffen kann,
eine einstimmigen Beschluss im Handelsausschuss zu erreichen.

ANMERKUNG FÜR BUKOWSKI UD WANKE: Es muss versucht werden, für
den autolosen freien Tage womöglich auf freiwilliger
Basis eine optimale Lösung zu finden. Hauptschwierig-
keit ist, wie wir die Bezeichnung auf das Kraftfahr-
zeug bis zum Jänner vorbereiten.

Beim Mittagessen für den Vizepräsidenten Mintrega erreiche ich
sofort eine Zusage, dass die Polen eine weitere Menge von
100.000 t Kohle liefern werden. Rosenstrauch, der Chef der Polkarbon
ist darüber sehr erfreut. Die weitere Forderung, bo wir nicht auch
für die 5.000 t Schmieröle, die wir im Monat liefern, wofür wir
ca. 10.000 t Heizöl zurückbekommen und noch mehr Heizöl aber dafür
haben wollen, erklärt Mitrega muss er sich noch genau überlegen


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da er dafür glaube ich auch nicht ausschliesslich zuständig ist.
Hier sieht er grosse Schwierigkeiten.

Der Badner Ralley-Club und möchte von mir erfahren, ob er seine
Veranstaltungen im HInblick auf die Benzinknappheit wird nächstes Jahr
durchführen können. Ich verneine rundweg und meine, dass auch der
ÖAMTC auf die Veranstaltungen verzichten wird. Ich glaube es gelingt
Heindl und mir, sie davon zu überzeugen, dass wir uns nicht gegne
den Motorsport aussprechen sondern wirklich nur infolge der Benzin-
knappheit uns ausserstande sehen, dass man hier Sportveranstaltungen
zulässt und mit Kraftstoff versorgt.

Im meiner Sprechstunde hat sich Kaufmann Dacho von Wien II gemeldet,
der sich durch die Behandlung der Rathausbürokratie schwer geschädigt
fühlt. Er hätte bei niemendem Gehör gefunden und ist letzten Endes
damit zufrieden, als ich ihm versichere, dass ich sein Ansuchen
mit einem Begleitschreiben an GRatz weiterleiten werde.

Bei einem Empfang der Fa. Eumig im Sacher Komm.Rat Vockenhuber, seine
beiden Söhne wurden jetzt in die Firma übernommen, erzählt mir
der Importeur Fritz Mautner, dessen Schwiegersohn der junge Besitzer
vom Sacher ist, dass jetzt auch auf den Lebensmittelpreisen und Fut-
termittelpreis irrsinnige Preissteigerungen zu verzeichnen sind.
Der junge Chef teilt mir mit, dass sie vorige Woche mit Ach und
Krach die benötigten Mehl- und Zuckermengen von Mautner selbst
beziehen konnten, damit sie die Sachertorten, die jetzt vor Weih-
nachten in alle Welt exportiert werden, überhaupt erzeugen können.
Schoeller ist sehr froh, dass es ihm gelungen ist, das Kompro-
miss 50, 70, 10 bei der Industrie durchzusetzen und er wird, wie er
mir mitteilt, sich bemühen, am nächsten Tag auch die Bäckerinnung
davon zu überzeugen. Igler sieht die einzige Möglichkeit die Brot-
industrie zu retten, wenn das Bäckereiarbeitergesetz jetzt fällt.
Er fürchtet aber, dass die Innung sich dagegen aussprechen wird und
hofft, dass die Gewerkschaft mit Vizekanzler Häuser soweit klar wird
dass die Sozialisten eben das Bäckereiarbeitergesetz zu Fall
bringen. Angian von der Zuckerindustrie ist schwer enttäuscht, dass
ich ihm mitteile, dass in der nächsten Zeit an eine Erhöhung des
Zuckerpreises nicht zu rechnen ist. Er meint, es wäre schon gut,
wenn ich meinen Einfluss geltend mache, dass die AK nicht die
Zuckerpreissache so hoch spielt. Ich verspreche ihm, nur mit der
AK darüber zu reden.



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In den Abendzeitungen, d.h. in der Kronen-Zeitung von morgen
aber auch im Kurier werde ich hart kritisiert, weil ich die
ganze Zeit Optimismus und fast fahrlässig das Energieproblem
behandelt habe, währendsjetzt Kreisky mit dem richtigen G'spür
endlich der Bevölkerung sagt, wie die Situation wirklich ist.
Kreisky hat bei einem Pressegespräch nach der Ministerratssitzung
alle die Massnahmen verkündet, die ich bereits vor drei Wochen
in der Regierungs- Parteipräsidium- ÖGB-Sitzung vorgeschlagen ha-
be und damals rundweg abgelehnt wurde. Trotzdem ich natürlich hie
sehr verärgert bin, halte ich nach wie vor an meinem Grundsatz
fest, dass wenn eine Regierung erst einmal zu erkennen gibt,
dass sie in sich gespalten ist oder wenn ein Minister auf Kosten
eines anderen seine Position verbessern oder auch nur verteidi-
gen will, dann kommt es zur Spaltung und bedeutet das Ende
eiuner Regierung. Mit dieser Aussage möchte ich mich jetzt
nicht als Opfer hinstellen, sondern nur festhalten, dass mir
der Grundsatz mehr wert ist als mein persönliches Prestige.
Allerdings gebe ich zu, dass es sichelrich einmal einen Punkt
geben kann, wo man erklärt, bis hierher und nicht weiter.
In diesem Fall hat man dann allerdings die Konsequenzen zu
ziehen. Wenn es nach mir persönlich gehen würde, lieber heute
als morgen.

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Tagesprogramm, 11.12.1973

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
    GND ID: 119083906


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: FPÖ-NR-Abg.
      GND ID: 115848835


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: HK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Lebensmittelhändler
            GND ID: 118579304


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Eumig


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister
                  GND ID: 118503049


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: -obmann


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Vorst.-Vors. Ankerbrot, Präs. Handelsverband


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Obmann Sekt. Ind. BHK


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: GD Fa. Polkarbon


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                GND ID: 136895662


                                Einträge mit Erwähnung:


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                    GND ID: 102318379X


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: VM (Ministerienneuorganisation 1974)


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                                        GND ID: 130620351


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Vorstandsdir. Verb. d. öst. Zuckerindustrie; evtl. Falschschreibung


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                GND ID: 118566512


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Präsidialist HK


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                                                    Tätigkeit: Straßburg


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