Mittwoch, 21. November 1973
Die Verhandlungen im Budgetausschuß über das Kapitel Handel
war die kürzeste, die ich je erlebte. Die ÖVP hat als neue
Taktik die ganze Anzahl von Fragen über die Beförderung, Be-
setzung, beabsichgivten Dienstpostenänderungen usw. schriftlich
jeden Minister sofort ausgehändigt und erwarte, daß die Fragen
auch schriftlich beantwortet wrden. Damit will sie sich Ver-
gleiche schaffen und dem Plenum dann entsprechende Attacken
zu reiten. Da mich Amtsdirektor Schütz früher schon auf diese
Methode 1 aufmerksam gemacht hatte, wollte ich vorerst, daß er
mir die Unterlagen schon so weit vorbereitet, daß ich Antlwrten
geben könnte. Dies würde erst zeigen, daß ich bim Stande bin
sofort auch auf detaillierte Fragen zu antworten, was aber noch
wichtiger wäre, die ÖVP hätte dann die Notwendigkeit, selbst
mitzuschreiben und wäre außerstande, die Details wahrscheinlich
aufzunehmen. Schütz erklärte aber, daß er dies Antworten so
schnell gar nicht zur Verfügung stellen könne. Mitterer begann
die Debatte mit seiner alten Frage, wie weit ich noch immer für
das Wirtschaftswachstum bin und ob ich noch immer auf dem Stand-
punkt stehe, daß unser Handelsbilanzdefizit unbedenklich ist,
mehr in die Breite. Staudinger erschien bei mir, flüsterte mir
zu, dies sei eine Ausnahme, Mitterer hätte entgegen ihrer Ab-
sprache sich mehr vertieft als beabsichtigt sei. Tatsächlich
haben dann alle .anderen Abgeordneten inkl. Sallinger, der
später erschien und nur wegen Fremdenverkehr einige Fragen
stellte und erwartet, daß die Bürges jetzt endlich die Kredit-
aktionen nach Wunsch der Handelskammer ausdehnt, sich auch
sehr kurz gefaßt. Ebenos knapp die Beantwortung und einige Gecks
an die 10 Anfrage nicht nur zufriedengestellt sondern es herrschte
auch ein ausgesprochen gutes Klima. Wie dies übrigens bis jetzt
noch bei djedem Ausschuß und bei jeder Materie war, die von
mir behandelt wurde. In der Rekordzeit von 2 1/2 Stunden war
die Debatte zu Ende.
Im Parteivorstand, Kreisky war noch immer krank, berichtete
Weisz und ich hörte den ersten Teil ebenfalls über dei Budget-
diskussion und meinte, sie war die flauste, die er je erlebt
hat, Tatsächlich ist von den angekündigten heißen Herbst nicht
zu bemerken. Die ÖVP versucht nun und scheinbar steigen Zeitungen
darauf ein, daß sie keine Angriffe starten kann die große Ver-
antwortungsbewußte Opposition zu spielen, die in der Krisen-
situation in der sich Österreich jetzt befindet, eben nicht
attackiert, sondern verantwortungsbewußt verhandelt.über Be-
vorratung usw. Er müßte eigentlich Kreisky jetzt mit seiner
Taktik einsetzen um der Öffentlichkeit zu zeigen, daß die
ÖVP gar nicht im Stande ist, wirklich zu attackieren. In meinen
Augen ist ja die Tatsache, daß sie jetzt ununterbrochen wieder
Gemeinsamkeiten suchen die unabhängige Preise jetzt von den
Koalititonsgedanken erfüllt ist nur ein Ausfluss ihrer Unfähigkeit.
Die Oppositionsrolle und ihre Funktionsrolle wirklich wahrzu-
nehmen. Oppositioneller Kanzler habe ich das Gefühl spielt
sich mehr intern zwischen den Bünden ab, als wie gegen die SPÖ
im Parlament. Das mir persönlich diese Entwicklung sehr behagt
bestreite ich var nicht, weil ich ja die ganze Zeit schon auf
Zusammenarbeit in jeder Beziehung in meiner Kompetenz hinge-
arbeitet habe und damit glaube ich auch gute Erfolge erzielte.
Im Parteivorstand verlangte auch Waldbrunner, daß ich noch einen
Bericht über die Ölsituation und Bevorratung gebe. Rösch war
unglücklich, da er angenommen hat, er müßte über dieses Problem
referieren. Rösch hatte menen Ministerratsvortrag über die Maß-
nahmen die zu ergreifen sind, im nö. Parteivorstand kurz be-
richtet und Fritz Marsch hat in deshalb ersicht, nachdem er
angenommen hat, ich könnte infolge der Budgetdebatte nicht im
Parteivorstand erscheinen, ihm ebenfalls ersucht, er möge im
Parteivorstand dasselbe Referat wiederholen. Dabei verstand man
meine Ausführungen zur Kenntnisn und in der Diskussion hat nur
Waldbrunner gemeint es wäre zweckmäßig, wenn man die Funktionäre
der Partei über die Fragen informiert. Marsch wies darauf hin,
daß für die .... eine Information vorbereitet sei. Als diese
ausgedruckt war, hat er sie mir gezeigt, ich habe
18-1302
einige Fehler darin entdekct, wie z. B. behauptet er, daß
wir zu 36 % unseren Rohölbedarf und Rohölprodukte aus eigenen
fordern und decken können, in Wirklichkeit sind es nicht einmal
ganz 25 % u d auch noch sonstige Behauptungen, die sonst nicht
stimmen, doch war er froh, daß die Information im Grunde genommen
nicht vollkommen falsch ist, wie dies bei den letzten von den
Ländern nicht weitervertreiteten Informationsblatt gegen die
unabhängige Presse, die Kreisky stürzen will, der Fall.war.
Anmerkung für WANKE
Diese polemische Flugblatt enthebt uns nicht der Aufgabe, Vor-
arbeiten für ein Weiss-Buch gewissenhaftst v fortzusetzen.
Staatssekretär Montassa von Libyen und der lib. Botschafter
sowie Kreutler, Bauer, ein dritter Mann der ÖMV, Fälbl und Heindl
mein Mittagessen im Rathauskeller von mir gegeben, von der
ÖMV bezahlt. Die ÖMV versucht jetzt mit Libyen nicht nur
größere Öllieferungen zu vereinbaren, sondern auch gegebenen-
falls eine Raffinerie entweder in Österreich oder einem anderen
Land zu errichten. Es ist auch wahrscheinlich der tiefere Grund,
warum sie sich so gegen eine gemeinsame Raffinerie gegen den
Iran, welche von Geist beabsichtigt ist, auspricht. Da ich kon-
kret mit diesem Problem noch nicht beschäftigt bin und die
Absicht aus Bemerkungen die Kreutler und Bauer gege über Montassa
machten, brauche ich noch nicht endgültig dazu Stellung nehemen.
Im G und genommen aber bezweifle ich, ob diese Politik sehr
zielführend ist. ........ hat den neuunterzeichneten irak. Ver-
trag und auch eine Übersetzung des marok. ns englische mitge-
bracht und ich habe sie Montassa überreicht und erklärt, auf
einer ähnlichen Basisi könnten wir in kürzester Frist, wenn
Libyen es wünscht, einen Wirtschaftsvertrag über techn. und
wirtschaftl. Zusammenarbeit erstellen. Der Botschafter wird
mit Fälbl über die Details Besprechungen führen.
In Genf nützte ich die Gelegenheit, um unsere Mission zu be-
suchen und um mich mit den Kolleginnen und Kollegen dort kurz
zu unterhalten. Dabei konnte ich feststellen, daß meistens
18-1303
junge Kräfte dort eingesetzt sind. Die Sekretärinnen, erst
einige Monate, manche max. bis 1 Jahr oder 1 1/2 Jahre tätig.
Leitner teilte mir mit, es war nicht eine Beschwerde,,sondern
eine Feststellung, daß sie fast kein Pouvoir haben und deshalb
auf Vorschläge z. B. im Rahmen der Sicherheitskonferenz, wo
sich die Weisung nur rezeptiv zuverhalten haben, nicht ent-
scheidend genug schnell eingehen können. Das Endergebnis ist,
daß bei allen diesen Verhandlungen auf internat. Ebene Österreich
für Zugeständnisse, die es dann letzten Endesmacht, nicht ein
tauschen kannn. Diese Bürokratie in Österreich sich letzten Endes
zu irgendeiner Idee pos. äußert, hat ein anderer Staat diese be-
reits aufgegriffen, den anfordenden irgend etwas gegeben und seine
eigenen Interesse dabei durch gesetzt. Österreich kommt mit
den Zugeständnissen immer zu spät.
Beim Empfang und dann insbesondere bem Abendessen der Minister
mit je zwei Mitarbeitern, mich begleitete Martins und Eiger
konnte ich mit Feldt, Schweden und Kleppe, der zwar Finanzminister
ist aber den Aussenhandelsminister diesmal vertrat, über die
Stellung der nord. Staaten und Spanienproblem eingehender be-
sprechen. Beide erklärten übereinstimmend, daß sie eine Lösung
mit Spanien wünschen, aber nicht daß EFTA hier off. ein Assozi-
ierungsabkommen abschließen sollte. Irg und .... wäre im Rahmen
der EFTA mit Spanien verhandelt wird, aber bilaterale Verträge
dann der einzelnene Staaten mit Spanien abgeschlossen werden.
Dieses Modell ist ähnlich der EWG , wo wir ebenfalls bilaterale
Verhandlungen und Abschlüsse getätigt haben. Nach dem Essen beim
Kaffee referierte GenSekr Rabaeus überseine Besprechungen mit den
span. Vertretern und Feldt fragte dann offiziell, wer was dazu
zu sagen hat. Ich selbst stellte nur fest, daßwir innterhalb
der österr. Regierung über dieses Problem noch beraten müssen
und wir d nicht beabsichtigen, über unsere starke Gewerkschaft,
die sich gegen einen Beitritt Spaniens ganz entschieden aus-
spricht entscheiden. Die nordischen Länder wünschen ebenfalls
nur eine wirtschaftliche FLösung, eben wie sie Feldt mir vorher
schon geschilde t hat und übrigens Rabaeus mir dann als sein
letztes Modell auch bestätigte und Feldt hat festgehalten, daß
Rabaeus kein Mandat bekommen könnte zu verhandeln, sondern nur
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explauratoriteux fortzusetzen. Im übrigen war die Besprechung
nicht allzu ergibig, weil man sich natürlich primär über
die Ölsituation unterhielt. Brugger selbst konnte gar nicht
daran teilnehmen, da er noch in Bern Verhandlungen führen
mußte, über Einführung des Sonntagsfahrverbotes und
Kontingentierungsmaßnahmen, wir sogar die Sitzung später be-
gannen um im Fernsehen ev. Brugger zu lauschen.
Tagesprogramm, 21.11.1973