Donnerstag, der 8. November 1973

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Donnerstag, 8. November 1973

In der Fragestunde hat Eck über die Anmeldung der österreichischen
Patente Auskunft gewünscht. In der Zusatzfrage gings ihm tat-
sächlich über die wie ich empfohlen habe, nämlich zu fragen,
wieviel die österreichischen Patente im Verhältnis zu anderen
betragen, hatte ich mir vorgestellt den immer größeren perzentuelle
Anteil zu demonstrieren. Withalm, der alte schlaue Parlamentarier
hat sofort überringelt, daß diese Zusatzfrage gestelt war und
mich dann auch sehr diskret, aber doch darauf aufmerksam gemacht.
Einmal hatte ich gmeinen Grundsatz verlassen, eben nicht über
die Zusatzfragen mich mit den Anfragenden abzusprechen und
schon bemerkt man, daß dies dann eben gestellt ist. Eine heil-
same Lehre für mich. Die ÖVP beginnt die Ölsituation zu nützen
und sowohl in Anfrage als auch in der Diskussion zum Rohstoff-
lenkungsgesetz mich zwar sehr schonend, aber immerhin doch zu at-
tackieren. Koppe meint, wir müßten unsere Taktik ändern. Die öffentl.
Meinung ist derzeit noch nicht stark gegen mich gerichtet, weil
sie annehmen, daß ich ihnen zwar die Wahrheit sage, aber doch
vielleicht zuviel verspreche, daß die Versorgungslage vollkommen
normal ist. Wenn man nämlich selbst kein Ofenheizöl bekommt,
hat von von solchen Beteuerungen wenig. Koppe meinte nun, wir
sollten eine Art Strategie entwickeln, wo wir die Bevölkerung
schrittweise aufklären und Maßnahmen die zu setzen sind, bis zur
Bewirtschaftung nicht nur vorbereiten, sondern auch explizieren.
Ich konnte mich mit Koppe über diesen Punkt nicht einigen. Ich
fürchte, daßß wenn wir auch nur demonstrativ die notwendigen
Maßnahmen, die bei einer eventuellen Ausbleiben der Rohölmengen zu
erwarten sind, jetzt der Bevölkerung jtzt schon vordemonstrieren,
daß dies nur zu weiteren Hamsterkäufen führen muß. Ich nehme an,
wenn die Benzin- und Rohölpreise in kürzester Zeit praktisch er-
höht werden, daß dann automatisch eine gewisse Beruhigung ein-
treten wird. Die jetzt durchgeführten Hamsterkäufe sind ja nicht
zuletzt darauf zurückzuführen, daß jeder eine Preiserhöhung er-
wartet und deshalb sein Benzin und sein Heizöl kann ja nur mehr
wert werden. Ich habe Koppe meinen Plan demonstriert, daß
wir mit der Straßenverkehrsnovelle auch gleichzeitig dann im Haus


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die Möglichkeit haben, wirklich die notwendigen Abänderungsan-
träge in Form von Fahrverbot zu gewissen Tagen und Höchstge-
schwindigkeit aus entweder Ersparnisgründen oder Sicherheits-
gründen dann im Gesetz zu verankern. Schleifer wollte mir ein-
reden, daß wir unbedingt das Rohstofflenkungsgesetz in der 2.
Lesung noch abändern sollen in der Form, daß wir auch Undver-
brauch in die Lenkung aufnehmen. Kompliziert hätte ich dann auch
den Verbrauch von Benzin an gewissen Tagen verbieten können. Eine
irrsinnige Konstruktion, wenn sie auch rechtlich vielleicht ein-
wandfrei wäre.

Beim Rohstofflenkungsgesetz wollte die ÖVP und sie hat sich
schon die Unterstützung der SPÖ gesichert gehabt, außer einer
Entschließung, wo die Regierung aufgefordert wird, Bevorratungs-
gesetz zu schaffen, daß auch von den Sozialisten akzeptiert wurde,
noch eine zweite Entschließung vorbereitet, wonach ich einen
Bericht über die Versorgungslage dem Parlament zu erstatten
hätte. Ich konnte Koren davon überzeugen, daß eine solche
Vorhangsweise zum jetzigen Zeitpunkt unzweckmäßig ist. Kreisky
hat ihnen ja bereits angekündigt, daß wir in der nächsten Woche
Parteiengespräche über ein Bevorratungsgesetz aufnehmen. Dort
sollte auch die Vorgangsweise wie dem Parlament oder dem
Parlamentsklub eine Information zugeht, besprochen werden. So-
wohl Koren als auch Peter haben dann bei Klubbesprechungen ver-
sichert, daß die Kooperation mit dem Handelsministerium und auch
mit mir sehr gut funktioniert. Sie sehen ein, daß daudrch irgend-
welche Ziffern resp. Berichte die Öffentlichkeit nicht unnötig
beunruhigt werden sollen und waren einverstanden, von ihrer Ent-
schließung Abstand zu nehmen.

Sir Rudy Sternberg, der vom Donaueuropäischen Institut als deren
Vertreter in London eine Auszeichnung erhalten hat, kam ins
Parlament, um mit dem brit. Botschafter über die Rohölsituation
mit mir zu reden. Sternberg hat eine große Firma, die in Deutsch-
land eine Zweigniederlassung hat und größere Chemiegeschäfte
tätigt. Er ist davon überzeugt, daß in Hinkunft die Sowjets
weniger Rohöl, wie er sich ausdrückte, groel liefert, sondern


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mehr Naphta. Mit diesen Naphta könnte dann der Bedarf der
chem. Industrie an Äthylen usw. leicht befriedigt werden.
Sternberg wird mit der ÖMV Besprechungen aufnehmen, um ev.
Verbindungen von Lieferungen anzuknüfpfen.

Ing. Nouza von der Fa. Avanti kam mit Ing. Rawi, einem Kuwaiter,
der angeblich 7 Mio. crutoil d.h. Rohöl, in Saudi-Arabien gekauft
hat. Außerdem sollen noch 15 Mio. in Irak von ihm für 3 Jahre
Lieferung zur Verfügungstehen. Rawi möchte nun mit Nouza und
einem gewissen Baron Tavonat, der in Kuwait auch andere
Geschäft macht, diese Ölmengen oder Teile davon über die Avanti
nach Österreich bringen. Nouza hat aber keine Raffineriekapazität
auch die ÖMV ist nicht bereit, eine Lohnverarbeitung für ihn
durchzuführen, so daß er mit dieser Rohölmenge nach Triest, Fa.
Total, Leco, einer privaten Raffinerie oder sogar nach Söni-Ungarn
mit Mineralindex gehen muß. Die ÖMV sabotiert ihn nun Saudi-Arabien
und ganz besonders in Irak. Er glaubt, daß die Inoc, die
Internationalölcompany ihn deshalb das Öl vorenthält. In Wirk-
lichkeit bin ich überzeugt, hat Nouza zwar vielleicht gute Ver-
bindungen mit Agenten wie Rawi, aber sicherlich keine Ausfuhr-
genehmigung oder festen Kontrakt mit Inoc, Die ÖMV nun möchte
unter allen Umständen für sich das Irak-Geschäft monopolisieren.
Ich habe Nouza dezidiert erklärt, insbesondere nachdem er mir
nachher unter vier Augen noch sagte, er hätte auch in Libyen
gute Verbindungen und Gaddafi kenne ihn, daß ich mich in die
privatrechtliche Auseinandersetzungen zwischen den Firmen nicht
einschalte. Ich selbst gab aber dezidiert meiner Überzeugung
Ausdruck, daß die INOC als verstaatl. Monopolbetrieb nicht be-
reit sein wird, mehreren Firmen Öl zu verkaufen, ohne dabei die
Firmen gegeneinander auszuspielen und nur bessere Konditionen
und Preise für sich zu erreich n. Nouza bestritt dies zwar und
meinte, es könnte sowohl die ÖMV als auch er die entsprechenden
Rohölmengen leicht bekommen. Dem steht aber die derzeitige Ent-
wicklung genau konträr.

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Tagesprogramm, 8.11.1973




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      Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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        Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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          Tätigkeit: MR HM


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            Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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              Tätigkeit: Bundeskanzler
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