Montag, der 27. August 1973

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Montag, 27. August 1973

Das Journalistenfrühstück war für Fremdenverkehr reserviert und
war ein voller Erfolg. Zum Glück hat das Institut für Raumplanung
eine Studie über Zweitwohnungen gemacht, die sich auch besonders
mit dem Fremdenverkehrsproblem beschäftigt. Ing. Jäger hat über
diese Studie, soweit es Fremdenverkehr betrifft, referiert. Dadurch
konnten wir die Zeit und die Diskussion von der verhältnismäßigen
schwachen Entwicklung des Fremdenverkehrs ablenken. Immerhin hat
der Juli nicht den erwarteten Rückschlag, allerdings keinerlei
Steigerungen gebracht. Wenn man Jänner bis Juli zusammenrechnet,
waren im Vorjahr noch fast über 10 % Steigerung der Übernachtungs-
zahlen, während es jetzt nur 2,4 % noch beträgt. Ich fürchte, daß wir
im August auch nicht besonders gut abschneiden. Würzl wird jetzt eine
neue Analyse anstellen, wieso es zu dieser Entwickung gekommen ist.
Wieweit daß das Finanzministerium die Wünsche des Fremden-
verkehrs auf Steuersenkung resp. zumindestens auf der Getränkeseite
auf Reduzierung nachkommt, kann ich jetzt schwer beurteilen. Ich
habe immer dafür plädiert, daß man zumindestens eine einfache Ver-
rechnung der Getränkesteuer einführen sollte und damit im Zusammen-
hang gegebenenfalls auch eine gewisse Entlastung der Gaststätten
erreichen könnte, besonders, wenn diese noch mit einer kleinen Änderung
der Steuersätze gekoppelt ist.

Von der ÖPA kam der neue Vorsitzender der Vereinigung der Papierindu-
strie, GenDir. Stepdke von der Nettingsdorfer. Dr. Haffner wird in
Hinkunft mit Dr. Ottawa der wurde von Stepske als der die Probleme
wirklich bearbeitet, Dir. Mayrhuber und Dr. Steuerer sind ja schon
viel zu hohes Niveau, in Hinkunft engen Kontakt halten, um die Beab-
sichtigte und versprochene Durchführung der Papierindustriestützung
abzuwickeln. Für 1973 braucht die Papierindustrie 8 Mio S Stützung.
Hauptsächlich wird dies der Steyrermühl zugute kommen und Nettings-
dorf. Steyrermühl ist mit BAWAG liiert und Nettingsdorf hat ein a
Konsortium von Investkredit und anderen Banken. Außerdem hat Nettings-
dorf noch EE-Fonds zur Sicherheit. Mit diesen 8 Mio. sollen ca.
400 Mio. Investitionen, die beide Fabriken für die Laugenverbrennung
in diesem Jahr ausgeben mußten, gestützt bekommen. Auch ein kleinerer


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Betrag ist für ........... vorgesehen. Für 1974 benötigt die Papier-
industrie 38 Mio S, wovon 350 Mio S für den Umweltschutz, zuzüglich
der 400 Mio von heuer, ergibt 750 Mio abgestützt werden sollen und
ebenso die Strukturumstellung 30 Mio. Hier wurde seinerzeit mit Kreisky
vereinbart 7 x 30 Mio insgesamt 210. Während wir für 1973 die 8 Mio.
in einem Budgetüberschreitungsgesetz vom Finanzminister verlangt haben,
Sollte 1974 dies im Budget erst aufgenommen werden. Ich bin sehr ge-
spannt, wie weit das Finanzministerium die notwendigen Mittel dafür
tatsächlich bereitstellt. Kreisky hat bindende Zusagen gemacht. Auch
Androsch war damals mehr doer minder einverstanden, zumindestens hat
er sich verschwiegen, als die Verhandlungen geführt wurden. Jetzt bin
ich gespannt, wie die Durchführung funktionieren wird. Die Richtlinien
von denen ich angenommen habe, das Finanzministerium hat sie mit der
Papierindustrie einigermaßen abgesprochen, werden von der Papierindu-
strie zwar akzeptiert, weil sie, wie sie sich ausdrückten dagegen kaum
etwas unternehmen können, wurden aber nicht mit ihrer Zustimmung, ja nic
nicht einmal mit ihnen verhandelt. Die Richtlinien sind 14 Begutach-
tungsstellen vor und ich kam sofort mit Stepske überein, daß ich ein-
verstanden bin, wenn die Vereinigung versucht, mit den Interessensver-
tretungen, das ist Landwirtschaftskammer, Gewerkschaftsbund, Arbeiter-
kammer und Handelskammer ein einvernehmliche Vorberatung zu fphren und
dann uns das Ergebnis mitzuteilen. Andererseits wird Dr. Haffner die
Koordinierung der Ministerien vornehmen, so daß dann nur mehr eigent-
lich zwei Standpunkte überhaupt zur Debatte stehen. Ich hoffe daß es
überhazpt möglich sein wird, die entsprechenden Anträge, ohne daß es
zu Kampfabstimmungen kommt, über die Bühne zu bringen. Der Wunsch der
Papierindustrie, daß ich mich auch über die Prioritäten bei der Kredit-
restriktion einschalten soll, d.h. die Papierindustrie aus der
Kreditrestriktion ausgenommen werden soll, konnte und wollte ich nicht
aufnehmen. Schließlich hat der Kreditapparat und die Handelskammer
es ganz entschiden abgelehnt, daß irgendjemand eine Differenzierung
oder Prioritäten über die Kreditgewährung setzt. Wenn es daher nicht
der Wunsch ist des Kreditapparates und die Handelskammer sich schwer
dagegen ausspricht, so sehe ich nicht ein, daß man in unangenehmen
Fragen, wo es dann der Handelskammer passen würde, dann doch Priori-
täten von unserer Seite gesetzt werden. Hier muß ich die Papierindustrie
mit dem Beamtenapparat ausmachen. Ebenso ist das Problem mit den


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Sicherheiten.nicht anders zu lösen, als daß sich jede einzelne
Firma bei Entwicklungs- und Erneuerungsfonds um eine entsprechende
Kreditsicherheit bewirbt. Ich kann und will hier nicht eingrreifen.
Anders ist dagegen die Frage ob es sinnvoll ist, daß wir in den Richt-
linien bereits die Stützungssätze so dezidiert festlegen, daß in
Wirklichkeit überhaupt kein Spielraum mehr zwischen der Firma und
dem Kreditinstitut besteht. In der Gewerbestruktur in sämtlichen
anderen Kreditaktionen haben wir nur festgelegt, daß die Stützung
3 % beträgt und daß damit die Banken nicht ins Uferlose ihre V For-
derungen schrauben können, ein nur 8%iger Zinssatz mit dieser 3 %igen
Stützung abgewickelt werden kann. Eine ähnliche Regelung hatte ich
Haffner empfohlen, s=ollte man auch für P die Papierindustrie und
deren Stützungssystem finden. Stepske war damit einverstanden.

Zum Schlußhhabe ich Stepske noch gefragt, ob die Papierindustrie
bereit ist, jetzt in der Phase des Aufschwunges mit mir über das
Strukturkonzept nicht nur zu reden, sindern letzten Endes Ent-
scheidungen vorzubereiten. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß in
einer Depression, wie es vor 1 1/2 Jahren der Fall gewesen ist es
schwer ist, irgendwelche Reorganisationsmaßnahmen zu setzen. Sowohl
die Direktion als auch die Besitzer, aber ganz besonders die Beleg-
schaft ist dafür viel zu nervös und in der Rezessionsphase auch
weniger Diskussionsbereit. Anders sieht dies einer Aufschwung-
phase, wie wir es jetzt erleben aus. Hier kann man doch entsprechende
Konzepte in Ruhe diskutieren und vorbereiten. Stepske war zu meiner
größten Verwunderung sofort bereit und meinte, ich sollte mit ihm
einmal einige Stunden spazieren gehen. Da ich im Oktober in Wels zu
tun habe, die Partei möchte dort entsprechende Parteiveranstaltungen
d.h. Wahlkampf durchführen, habeich sofort zugesagt, am 8. 10.
eine Betriebsbesichtigung durchzuführen und dort gleich mit Stepske
in Nettingsdorf, das ist in der Nähe von Wels, dieses Problem zu
diskutieren. Die entsprechenden Termine wurden mit dem Sekretariat
vereinbart und ich werde nun nach Mitteilung der Welser Genossen
dort den Einsatzplan so gestalten, daß ich mindestens 2 Stunden Zeit
für die Diskussion und Besichtigung mit Stepske in der Papierfabrik
habe.



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Ich habe Haffner darauf aufmerksam gemacht, daß ich bis zu diesem
Zeitpunkt nicht nur ein Konzept über die Strukturarbeit der ÖPA
brauche, sondern was noch viel wichtiger ist, seine Überlegungen
aus diesem Strukturkonzept Ich möchte dann mit Teschl, d.h. mit
der Gewerkschaftsspitze noch diese Probleme abstimmen, so daß ich
schon mit einer wohl fundierten Unterlage die Verhandlungen resp.
Besprechung mit Stepske beginnen kann.

Anmerkung für WANKE und WAIS
Bitte drängt, die notwendigen Vorarbeiten einzuleiten. Ich brauche
das Material sehr bald, da ich noch mit Teschl und anderen Spitzen-
leuten der Partei über dieses Problem sprechen muß.

Eine Besprechung mit Koppe, Wais, Wanke und mir über die zukünftige
Preisgesetzgestaltung brachte das Ergebnis, daß wir bemüht sein werden,
in der ökonomischen Versammlung, d.h. in der Arbeitsgruppe Preise
eine Lösung zu finden, die eine Diskussionsgrundlage mit der Handels-
kammer sein könnte. Die Idee von Lachs, daß wir über den Verfassungs-
gerichtshof feststellen, was Bundeskompetenz und was Landeskompetenz
ist, hat auch Jagoda als nicht sehr zeilführend bezeichnet. Jagoda
meint, dies dauert jahrelang, bis man erstens den Gesetzentwurf fertig
hat , 2. der Verfassungsgerichtshof dann eine Mitteilung die und
die Bestimmungen sind Landessache und die Bundessache und bringt
einem materiell überhaupt nicht wieter. Der Vorschlag von Wanke, daß
sich der neue Mann, der von Welthandelshochschule zu uns kommt mit
diesem Problem beschäftigen soll, hat Jagoda sofort begeistert zuge-
stimmt. Als er nämlich hörte, daß der von Prof. Walter kommt, hat
Jagoda folgende interessante Charakterisierung abgegeben. Prof. Walter
ist ein sturer Rechtspositivist und daher hustet uns sein Mann sicher
in nichts rein. Richtig ist, daß wir hier noch eine bedeutende weite
Strecke bis wir einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen können,
voruns haben. Auf dem Energiesektor der 2. Arbeitsgruppe sehe ich
schon eine Entwicklung, die für uns einigermaßen befriedigend sein
wird. Ebenso glaube ich, werden im Fremdenverkehr eine einigermaßen
zweckmäßige Lösung für dieses Programm der Arbeitsgruppe finden können.
Auf dem Preissektor schauet es momentan noch sehr trieste aus.



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SChef Schratt und MR Hauffe sowie Dr. Preglau und Dr. Weis be-
sprechen mit mir die Kellereiverordnung. Da diese Verordnung vom
Handelsministerium miterlassen wird, muß das Landwirtschaftsministerium
sich bemühen, einen Kompromiß mit uns zu finden. Es gelingt uns tat-
sächlich, einige wesentliche unzweckmäßige Punkte aus der Kellerei-
ordnung herauszubringen. Die den Handel tatsächlich nur mehr Arbeit
verursachen, ohne materieol eine Rolle zu spielen. wenn wir uns den
derzeitigen Gegenbenheiten einigermaßen anpassen. Schratt sieht dies
auch aein und ist damit einverstanden. Nicht einverstanden aber ist er,
daß in Hinkufnt d.h. auch für das Jahr 1974 nicht schon die Qualität
und Sortenbezeichnung in den Büchern aufscheinen soll. Hauffe möchte
zumindestens noch für das Jahr 1974 diese Sortenbezeichnung ausge-
schaltet haben. Schratt ist aber der Meinung, es müßte bereits jetzt
die Verordnung so erstellt werden, daß keine wie immer gearteten
Schwierigkeiten bei der Kontrolle seiner Weininspektoren im Jahre 1975
möglich sind. Zu diesem Zweck brauchter aber bereits jetzt die Ver-
ordnung und er wöre nur bereit 1 Jahr Übertretungen zu tolerieren.
Genau dies will aber weder Hauffe noch eigentlich ich. Ich ersuche
Schratt und Hauffe doch noch einen Kompromiß zu versuchen. Da Schratt
mit der Sekt.Chef Heinz, einen Rechtsmann, über dieses Problem
noch reden muß, wird die ganze Angelegenheit bis zu meiner Reise
in die DDR. Die Vorbesprechung für die Verhandlungen mit Herrn Sölle
mit unseren Handelsdelegierten Dr. Castek, bei Anwesenheit des Bot-
schafters Bauer und Hillebrand, zeigt mir deutlich, daß Castek nicht
im Stande ist, die Stellung in Ostberlin zu ereichen, wie andere
Handelsdelegierte in anderen Oststaaten. Castek beschwert sich, daß
die österreichischen Firmen zu ihm kommen, um Informationen und Aus-
künfte und er eigentlich von den Ostdeutschen Behörden kaum etwas
erfährt. So wurde z. B. Talkum gekauft von Österreich eingestellt,
ohne daß eine Begründung dafür vorliegt. Magnesit hat Probelieferungen
gemacht und weiß nun nicht, ob überhaupt ein Geschäft zustandekommt.
Ähnlich ist es bei Senfen und vorallem bei Textillieferungen gewesen.
Die Textilindustrie ist sehr unsicher und drängt natürlich, um irgend-
wie die Absichten der Ostdeutschen zu erfahren. Die Ostdeutschen be-
dienenmsich Generalvertretungen. Für Textil ist dies die Firma Kraus
& Co. Für Chemie die Fa. Kuntner, Maschinen und Anlagen die Fa. Wagner
für Stahl die Fa. Hör und für Kohle die Firma Briko in Österreich.



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In Ostdeutschland selbst ist die Repräsentanz die Fa. Novum, die aber
interessanterweise zum Unterschied von allen anderen Repräsentanzen
für Italien, Frankreich usw. von Ostdeutschen geleitet wird, während
diese Repräsentanz die Fa. Novum von einem österr. Kommunisten Fürbeck
geführt wird. Dies ist eigentlich eine Ausnahme und sicherlich sehr
günstig für uns, weil ein österr. Kommunist wie Bauer mir dann unter
vier Augen zugesteht, uns mitteilt, wesentlich umgänglicher und auch
konsillianter ist als es natürlich, wenn es sich um einen Ostdeutschen
handeln würde. Hier gibt es zwischen Fürbeck und Castek große personelle
und menschliche Spannungen. Ohne daß wir Bauer und Castek, dies er-
zählt, kann ich dies aus den Bemerkungen entnehmen. Bauer meinte noch,
daß Castek als CVler immer wieder an der politischen Ideologie der
Ostdeutschen Anstoß nimmt. Bauer ist nun der Meinung, man sollte in
Wirklichkeit von Seiten Österreichs nichts anderes versuchen, als
Geschäfte zu machen. Wenn dagegen eine solche innere Abneigung wie
bei Castek vorhanden ist, ist natürlich eine Kontakt oder gar Freund-
schaftliche Beziehung unmöglich.

Die DDR ist nach wie vor Musterschüler für die Sowjetunion. Sie hat
jetzt mit der Sowjetunion die Komplexprogramme entwickelt. Hier wird
die Firma Orwo in Wolfen, ehem. Agfa-Konzern mit der sowjetischen
Fotoindustrie ein Komplexprogramm eingehen, d.h. Es wurde eine Firma
Asofoto in Moskau gegründet, die jetzt bereits 100.000 Beschäftigte
in der Sowjetunion und in der DDR umfaßt. Wieweit bei diesem Komplex-
programm die Selbstständigkeit DDR-Behörden und Betriebe noch beein-
flußt wird, kann ich nicht feststellen. Sicher ist, daß dies eine
neue Art Kooperation zwischen den Sowjetunion und DDR ist.

Nach der Vertragsunterzeichnung, wo nicht nur die DDR-Mitarbeiter
anwesend waren, sondern wie Sölle mir auch erzäjlte, nachher pensio-
nierte Mitarbeiter des Aussenhandelsministeriums die sich um die
Arbeit verdient gemacht haben, beginnen wir soofort im kleinsten
Kreis mit den Verhandlungen. Von österreichischer Seite Gesandter
Bauer , MR Hillebrand, Dr. Castek, von sowjetischer Seite Sölle,
Staatssekretär Beil, GenDir Mayer und HR in Österreich Krüger.
Ich gehe sofort auf den Wunsch mehr Information der Handelsdelegation
zu geben und vorallem ob die Möglichkeit besteht, daß unsere Betriebe


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engeren Kontakt mit den direkten Abnehmern, d.h. entweder mit
dem Binnenhandelsvertretern oder mit den Firmen die kommen könnten,
stößt auf keine Gegenliebe von der DDR-Seite. Ganz im Gegenteil im
Laufe der Diskussion sagt man mir, man versteht diesen Wunsch gar
nicht, denn es gibt z. B. zwischen der VOEST, die ein riesen Projekt
Poliophinanlage 1,3 Milliarden in Nähe Leipzig errichtet, gibt es
sehr gute Kontakte und ebenso sei es bei den Firmen, die Geschäfte
mit der DDR machen. Da ich keine Firma bevorzuge, aber anderer-
seits darauf hinweise, daß es außer der großen VOEST noch andere
kleinere und mittlere Betriebe gibt, erklärt man mir, man wird inä
Hinkunft mit allen Interessanten Firmen auch dann wenn dies natürlich
komplizierter ist, weil es sich eben nicht um so Giganten wie die
VOEST handelt, oder um Einhandorganisationsformen, wie eben die Ge-
neralvertretung für Textilienbranche, usw. mit mehr Firmen Kontakt
aufnehmen. Sölle meinte, unsere Aussenhandelsbeziehungen seien ein-
seitig orientiert. Er wird den Aussenhandelsunternehmungen der DDR
den Auftrag geben, direkte österreichische Importe überdurchschnittlich
zu entwickeln. Er hofft, daß auch ich diesbezügliche Weisungen an
die Firmen erlassen werden , wo sie Konsortien, wie z. B. mit der
VOEST, mit den Stickstoffwerken, mit Böhler, mit Prochaska für die
Kalilieferung außerdem schon von mir genannten Generalvertretungen
handelt, funktioniert es nach Meinung der DDR gut. Die Generalver-
tretungen sind geschaffen worden, damit sie sich nicht eine eigene
Konkurrenz womöglich in Österreich machen. 1973 wäre eine gute Ent-
wicklung und 1974 wird noch einen optisch sichtbaren Aufschwung
bringen. Er schlägt vor, die gemischte Kommission soll Ende des
zweiten Halbjahres 1974 zusammentreten. Seinerzeit wird GenDir Mayer
als Vorsitzender ihresteils vorgeschlagen und ich bestätige sofort,
daß Hillebrand von uns dafür bestimmt ist. Was Kooperationen betrifft,
so ist eine industrielle Zusammenarbeit möglich, aber nach wie vor
bleibt natürlich der Handels, d. i. der Export und Import das Kern-
stück des Vertrages und auch der DDR-österreichischen Wirtschafts-
beziehungen. Hier sehe ich deutlich, daß es in der DDR warscheinlich
auch für die Kooperation eine andere Zuständigkeit gibt und man ist
daher äußerst zurückhaltend. Staatssekretär Beil meint, daß die Firmen
die bereits österreichische Erzeugnisse liefern, große und gute Zu-
sammenarbeit auf den Maschinenbau, Anlagenbau, Chemiebau und Eisen-
bahnbau, hier meint man Plasser & Theurer, Gleisstopfmaschinen, be-


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stehen. Über den Fremdenverkehr, den ich anschneide, erklärt
Sölle nur, hier hätte er der Erklärung des Aussenministers Winzer
nichts hinzuzufügen. Ich kenne sie zwar nicht im Detail, aber
sie war sicherlich sehr negativ. Eine Ausdehnung des österr. – DDR
Fremdenverkehrs. Der Donau-Oder-Kanal gibt es keine offizielle
Erklärung von Seiten der DDR und sie liegt auch nicht in der Kompetenz
von Sölle.

Bezüglich der Preisentwicklung beschwere ich mich, daß die Kohle-
preise von der Fa. Briko, insbesondere der Vertreter Fleming, immer
mit dem Hinweis erhöht wird, und erhöht werden muß, daß die DDR höhere
Preise verlangt. Dadurch verliert sie immer einen größeren Anteil an
österr. Brikettmarkt. Zu meiner größten Verwunderung teilte man mir
nachher mit, und unter vier Augen mit Handelsrat Krüger erfahre ich,
daß dies angeblich einvernehmlich geschehen ist , daß in Hinkunft
nicht mehr die Firma Briko, sondern Gaskoks die Vertretung haben wird.
Bezüglich der Preisentwicklung sagt Sölle und dann auch noch der
Vizeministerpräsident Dr. Weis, daß sie bezüglich der Preisentwicklung
insbesondere was Preisunterbietungen antrifft, eine Gefahr be-
steht. Hillebrand erwähnte, das Beispiel Kalzium-Carbid, wo die DDR
und insbesondere Rumänien Dumpingpreise erstellten, woraum Sölle meinte,
der Teufel soll das Unternehmen holen und Weiss sagte dann sogar noch
sagte, die kriegen auf die Pfoten gehauen, wenn so ein Unsinn ge-
schieht. Weiss aber auch Beil, GenDir. Mayer, alle versichern mir,
daß sich sosofrt in so einem Fall persönlichen Kontakt mit ihnen
unsere Wünsche bezüglich Preisunterbietungen mitteilen solle und
daß wir sofort abgestellt. Überhaupt erwartete man von uns mehr
persönlichen Kontakt und erklärt aber bereits jetzt, daß man ent-
sprechende Wünsche in dieser Richtung befähigen wird. Was die
Preiserhöhungen betrifft, so kann man sich nur nach Weltmarkt-
preisen und Konkurrenzofferten halten.

Ich stelle ausdrücklich nocheinmal fest, daß ich keine Firma präferen-
ziere und daß auch andererseits auch die DDR-Stellen die Aufassung
vertreten, man sollte eben versuchen, den Warenaustausch im Prinzip
zwischen den staatlichen Stellen nur immer wieder zu vergrößern.
Beil meint, es sei wichtig, daß wir jetzt 1 Mio Schuhe liefern


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können und ich erkläre, daß ich hoffentlich im Stande bin, bald
der Schuhindustrie mitteilen zu können, daß wir 1 1/2 oder
noch mehr Ware beziehen. Hier meinte die DDR-Vertretung. Dies geht
ausschließlich, wenn eben eine entsprechende größere Lieferung
von DDR-Waren nach Österreich verkauft werden können. Tritz Libera-
lisierung und Multilateralisierung sie denken nach wie vor Bilateral
wie alle anderen Oststaaten.

Die Aussprache mit Vizeministerpräsident Dr. Weiss ist noch weniger
konkret und bringt meiner Meinung nach überhaupt keine Ergebnisse.
Bei der Gelegenheit erfahre ich nur daß wir eine Rodelbahn, die
sie im Düringerwald Oberhof aufgestellt haben, sehr gerne auch als
Muster uns präsentieren, damit wir in Innsbruck zur Olympiade auch
eine DDR-Rodelbahn kaufen. Die Innsbrucker haben bereits Kontakt mit
Krüger aufgenommen und darüber hinaus schon die Oberhofer besichtigt ä
Weihs sagt, sie haben einen bilanzierten Aussenhandel, d.h. im Plan
ist festgehalten, daß von Österreich entsprechende Waren gekauft werden
können, wenn die Mittel vorhanden sind, um sie zu finanzieren. Bei
gleichen Bedingungen hätten wir zwar die Prioriät, aber für sie ist
scheinbar die Frage, wo sie die österr. Schillinge hernehmen. D.h.
nur aus ihren Exporterlösen. Er meinte dann insbesondere, daß Öster-
reich nicht repräsentativ auf der Leipziger Messe vertreten ist,
hier gibt es nur Schuhe, Sportgeräte, Strickwaren und Stahl, während
es noch eine menge Waren gäbe, die man in der DDR verkaufen kann.
Diesselbe Gespräch führe ich dann noch einige Male insbesondere auch
mit dem Direktor der Leipziger Messe. Richtig ist und ich erkläre dies
den DDR-Leuten, daß österreichische Firmen nur dann sich auf Messen
längere Zeit beteiligen, wenn sie die Chance haben, auch tatsächlich
Geschäfte zu machen.Nur reine Information, nur reine Repräsentanz
kann man von österr. Firmen nicht verlangen und sie machen es vor
allem nie.

Bei der Leipziger Messe kann ich dann auch feststellen, daß tatsächlich
wir gar keinen Österreich-Pavillon haben w.z. in Bosen und anderen
Oststaaten der Fall ist, sondern daß,die Firmen vereinzelt verstreut
im ganzen Messegelände liegen. Die Firmen, die bereits gute Geschäft
in der Vergangenheit getan haben,sind natürlich auch entsprechend ver-


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vreten . Diese gehen allerdings in den großen Hallen und den manch-
mal ungünstigen Bedingungen fast unter. Die Firmen Vestl die mehrere
gute Geschäfte mit der DDR schon gemacht hat, wurde z. B. 3 Maschinen
aus der Halle gestohlen. Die Firma Andritz hat noch ihre Fluggepäck
nicht bekommen und kann daher nur zumindestens anfangs der Messe
wenig an Material bieten. Andererseits erklärt mir der Vertreter der
Andritzer, daß er größten Wert darauf legt und auf meine Unterstützung
bittet, damit sie wegen Papiermaschinen mit der DDR zu einem länger-
fristigen Vertrag kommen können. Ähnlich den der VOEST, weil sie
doch immerhin etliche 100 Mio hinausexportieren, die sie dringend
brauchen. Ich unterstütze natürlich sofort dieses Ansuchen in dem
ich auch noch mit Staatssekretär Beil darüber spreche, der beim
Rundgang nicht mit war und den gesamten Aussenhandel im Ministerium
Sölle angeblich leitet. Er ist der 1. Stellvertreter des Minister
Sölle.

Anmerkung für WANKE
Die Firmen haben scheinbar gar nicht gewußt, daß ich in die DDR
fahre und vorallem mir gar nicht ihre Wünsche mitgeteilt, obwohl
es natürlich solche gibt. Hier müßte dringend ein besseres Informa-
tionssystem gesucht werden.

Interessant war eigentlich nur der Besuch der Baustelle für die
Äthylenanlage in Böhlen, nähe Leipzig. Angeblich war die DDR-Seite
gar nicht entzückt, daß wir dieses Werk, das erst im Aufbau be-
griffen ist, besichtigen wollen. Es ist, wie mir der GenDir. dann
dort versichert, die größte Baustelle, die jemals von einem DDR-
Kombinat gemacht wurde. Ich kann mir dies w zwar nicht vorstellen,
denn wenn sie wirklich wo Schwerindustrielle Projekte wie z. B. an
der Oder ihr neues Stahlzentrum errichtet haben, muß dies mehr ge-
kostet haben, als die Ojofinanlage, die ja immerhin doch 1,3 Milliarden
S beträgt. Wahrscheinlich ist dies die größte Anlagenbaustelle eines
Weststtates. Ich habe dort mit den VOEST-Leuten natürlichjsofort
Kontakt aufgenommen und wir haben uns dann in der VOEST-Baracke alle
zusammengesetzt. Die VOESTler beschwerten sich einerseits, daß sie
vom Finanzminister auch harrt besteuert werden wenn sie im Ausland
arbeiten u.a. müsen sie auch die 35 DM die sie täglich als Auslosung


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bekommen, versteuern, auf der anderen Seite aber können sie mit
den 35 DM nichts anfangen. Wenn sie z. B. nach Moskau zur sight
seeing fliegen wollen, müssen sie in Westwährung, d.h. österr. S
bezahlen und können nicht über ihre DM-Ersparnisse eine solche
Reise finanzieren. In Leipzig wiederkönnen sie kaum das Geld aus-
geben, denn wenn sie in ein besseres Restaurant oder Hotel gehen,
dann fragt man sie sofort besonders bei Hotel, ob sie Hotelgäste
sind. Da dies nicht der Fall ist, werden sie auch kaum mit DM
bedient. Außerdem wollen sie gerne Fußballspielen und sie
bekommen keinen Platz von dem Kombinat, obwohl es Fußballplätze
gibt. Ganz zu schweigen, daß sie natürlich ganz gerne gegen Ost-
deutsche Mannschaften spielen würden und da ein solcher Kontakt
leider fast unmöglich ist. Überhaupt leiden sie unter Kontakt-
armut, obwohl sie eigentlich, da alle ja deutsch sprechen, einen
solchen leicht finden müßten. Die DDR legt aber größten Wert darauf,
daß es zu keinen engen Kontakten kommt. Die Montage der Anlage ist
ein bißchen in Verzug und Ing. Hofer von der VOEST führt dies
darauf zurück, daß die DDR verhältnismäßig wenig Anreiz für
ihre Arbeiter bietet. Während die österr. Monteure oder Obermon-
teure die das beaufsichtigen, gerne Überstunden machen, weil sie
verdienen, waren wir bei herrlichstem Wetter dort und es wurde
da Samstag war und nicht gearbeitet wurde, obwohl die
österreichischen Leute sofort sagten, in Österreich würde man hier
bis zur letzten Stunde dieses günstige Wetter ausnützen. Der
GenDir. ist ein verhältnismäßig großer Mann. Abgesehen davon, daß
natürlich alle Parteigenossen sind, dort trägt man noch die Partei-
abzeichen, wird er auch wirtschaftlich eine starke Potenz sei .
Auf alle Fälle spricht er nur von ich habe und ich werde und ich
entscheide so.und vorallem habe ich dies gebaut und di es werde
ichnso machen. Von einer kollektiven Führung bemerkt man hier
scheinbar sehr wenig. Es ist für mich selbstverständlich, daß
ich nachher bei dem Werksessen in der Kantine den GenDir. bitte,
damit er die Wünsche der VOEST-Leute bezüglich der sight seeing
in der Deutschen Demokratischen Republik, aber auch vorallem Fuß-
ballspiele usw. ermöglichen soll. Er meinte, Ing. Huber soll ihm
alles auf einen Zettel zusammenschreiben. Ich hoffe, daß er tatsächlich
auch die mir gemachten Zusagen erfüllen wird. Die Beschwerden der
österr. Arbeiter wegen der Kantine und wegen der Qualität des Essens


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gebe ich nicht weiter, denn wir essen dort tatsächlich das Werks-
küchenessen. Es warniemand vorbereitet, daß wir dort hinkommen. Es
war selbstverständlich,in einem Nobelrestaurant in Leipzig ein ent-
sprechendes Essen vorgesehen und ich kann feststellen,daß die Küche
wirklich bekömmlich ist. Allerdings sagte eine Kollegin, daß in der
VOEST die Küchen wesentlich sauberer sind. Dies gebe ich gerne zu,
doch ist auf einer Baustelle wahrscheinlich wirklich nicht eine so,
wie es Österreicher erwarten, schwer möglich und in der DDR sowie in
allen Oststaaten schon überhaupt nicht. Die Hauptschwierigkeit für
die DDR-Führung besteht eben , daß die Arbeiter keinen besonderen
Anreiz verspüren mehr zu leisten. Mit dem Verdienst hat er nicht
die Möglichkeit Waren zu kaufen, die er gerne hätte, wie z. B.
Autos, vielleicht auch noch ein eigenes Haus oder zumindestens eine
entsprechende Wohnung oder andere langlebige Konsumgüter, so daß er
eben nur ein gewisses Minimum an Arbeit macht, allerdings wollen die
österreichischen Arbeiter sowie halt alle Gastarbeiter in einem fremden
Land womöglich viel Verdienen, Unterhaltungsmöglichkeiten gibt es kaum
so daß sie am liebsten Tag und Nacht arbeiten würden. Daran hat der
DDR-Arbeiter natürlich kein Interesse. Solche Auslandsaufenthalte
österreichischer Arbeiter sind aber tatsächlich eine gute Schule, um
Österreich dann wieder in ihren Augen als das Idealland hinzustellen.
Am meisten hat mich gerührt, wie ein bgld. Arbeiter, ich glaube er
war von der Elektro-Bau-Linz meinte, Herr Minister darf ich auch etwas
sagen? und nachher nur spontan erklärte, trinken wir auf Österreich.

Handelsrat Krüger, der mich ab Berlin überallhin begleitete, hat
sich sehr bemüht, uns alles zu zeigen. Er hat sogar einige Male
umdisponiert und uns insbesondere die Wartburg, die für die Deutschen
nach wie vor ein großes nationales Denkmal ist, kunsthistorisch aber
verhältnismäßig uninteressant ist, außer den Schwindtfresken zu zeigen.
Überhaupt war es sehr interessant, die Auffassungen der DDR-offiziellen
Führer und Klärer zu höhren. Da ich einen Teil dieses Landes zu-
mindestens aus kürzesten Aufenthalten z.B. nach meiner Haftentlassung
Buchenwald und bei meinen Durchreisen bei der Wehrmacht kannte und
vorallem da wir ja der Sprache möchtig sind, kann ich zwar keine
wirklich verlässlichen Vergleiche, aber doch optische Eindrücke und
flüchtige Urteile abgeben. Zusammenfassend möchte ich sagen, weenn


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von der CSSR in die DDR kommt, so glaubt man einen gewisse Stei-
gerung des Lebensstandards feststellen zu können und daß vor
allem doch die Städte sauberer sind. Wenn man natürlich dann von
der DDR in die BRD kommt, dann kann man erst den ganzen Unterschied
ermessen. Die Ursache liegt sicherlich darin, daß die DDR durch
Jahrzehnte hindurch Reparationen an Sowjetunion leisten mußte, anderer
seits die Westdeutschen aber in weiterer Folge von den Siegern so-
gar Marschallplan und sonstige Hilfe bekommen haben ein bißchen aber
um gelinde ausgedrückt, muß es sich aber um die Systeme handeln, die
eine solche konträre Entwicklung hervorriefen.und noch immer wahr-
scheinlich aergeben.

17_0945_01

Tagesprogramm, 27.8.1973


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD, führte Gemischte Kommission Ö-DDR


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Handelsrat DDR


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SChef HM
          GND ID: 12195126X


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD ÖMV


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Finanzminister
              GND ID: 118503049


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Außenhandelsminister DDR
                GND ID: 126882177


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Welser Papierfabrik (?), Zentraldir. ÖPA


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: öst. Botsch. DDR, Leiter pol. Sekt. BMfAA


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Obmann Chemiearbeitergewerkschaft


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Präs. Vereinigung d. öst. Papierindustrie


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Beamtin HM, Dr.


                              Einträge mit Erwähnung:
                                GND ID: 1017902909


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Vereinigung öst. Papierindustrieller


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: MR HM


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Beamter HM; evtl. Falschidentifikation


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: -min.


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                            GND ID: 118566512


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: MR HM
                                              GND ID: 133521052


                                              Einträge mit Erwähnung: