Montag, 7. Mai 1973
Beim jour fixe bei Sallinger und Mussil meint Sallinger, dass er nach
wie vor für die grosse Koalition sei und eigentlich die Verhandlungen
bei ihm wegen der Annäherung ÖVP-Freiheitliche nur deshalb stattfinden,
weil Schleinzer keine Möglichkeit privat hätte. Die Annäherung zwischen
ÖVP und FPÖ käme nur deshalb zustande, weil Kreisky schon seit Jahrzehn-
ten fast mit den Freiheitlichen immer wieder kooperiert. Falls keine
politischen GEspräche wünsche zu führen, bin ich auch und gehe ich
auch auf solche Bemerkungen nicht besonders ein. Sallinger urgiert
auch, dass der Bäckermeister Schrammel jetzt endlich seinen Kommerzial-
ratstitel ausgefolgt bekommen sollte. Eine Koppelung mit irgendwelchen
Wünschend er Lebensmittelgewerkschaft würde er und vor allem einmal
Schrammel und die Öffentlichkeit als Erpressung ansehen. Ich selbst
wehre mich sofort dagegen, dass es sich hier um eine Koppelung handelt
sondern es geht ausschliesslich darum, dass Schrammel die gesetzlichen
Verpflichtungen, die Wahl eines Betriebsrates, die Abhaltung einer Betriebs-
versammlung usw. erfüllt. Blümel teilt mir in der Fraktion mit, dass
Schrammel jetzt neurdings verurteil wurde, den beiden hinausgefeuerten
Betriebsratsanwärtern eine Abfertigung in der Höhe von x-tausenden
Schilling zu bezahlen. Bie der Bürges-Aufsichtsrat wo neben Dorn von
der Handelskammer auch noch der Wirtschaftsbundsekretär Busek hinein-
kommen soll, hat Mühlbacher eine Absichtserklärung, dass er sich beim
Finanzminister dafür einsetzen wirde, abgegeben. Eine telefonische
Rücksprache mit Mühlbacher und Sallinger ergibt, dass Androsch dies
abgelehnt hat. Die beste Lösung schlage ich vor, wäre, wenn man im Zuge
der Reorganistion der Richtlinien für die Alt-Bürges und auch für die
Gewerkestruktur im Aufsichtsrat der Bürges auch einen Vertreter der
Arbeiterkammer, nämlich Lacina, aufnehmen würde. Die Handelskammer
sieht darin eine KOntrolle in ihren Institutionen durch die Arbeiter-
kammer und ist derzeit noch dagegen. Ich empfehle ihnen, dies zu
überlegen, da ich beabsichtige, mit Mühlbacher am Mittwoch im Parlament
über dieses Problem eingehend zu sprechen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Kläre bitte über das Büro von Androsch, ob eine
eine solche Möglichkeit bestünde, wenn eben auch ein Vertreter der Ar-
beiterkammer als Ausgleich
in die Bürges Aufsichtsrat aufgenommen wird,
und dann Busek zusätzlich neben Dorn
in den Aufsichtsrat kommt.
Mussil regt an, dass bei der Gewerbestrukturrichtlinienänderung neben
der Ausdehnung auf Abwanderungsgebiete auch Entwicklungsgebiete einbe-
zogen gehören. Ebenso möchte er eine Regelung für Unternehmer, die aus
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einme Wohngebiet in ein anderes Industriegebiet oder andere Gemeinde
übersiedeln müssen. Hier ist der VOrschlag der AK, dass dies nur
auf entsprechende behördlichen Entscheidung gelten soll, als zu eng
gefasst. Andererseits gibt Mussil zu, dass man nicht jede Übersied-
lung als Förderungswürdig akzeptieren kann. Mussil shwebt vor,
dass er dies nur dann geltend machen kann, wenn er aus einem Wohn-
kerngebiet auf Grund von Regional- oder Bebauungsplänen eben in ein
Industriegebiet absiedelt. Ich habe ihm eine diesbzeügliche Überleugng
in Aussicht gestellt.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte diese GEsichtspunkte noch einmal mit den
Interessensvertretungen besprechen und versuchen
ein Kompromiss zu erzielen.
Die Erfinderberater, die von mir vorgetragen werden, akzeptiert Mussil
die Vereingründung und hat einen Präsidialbeschluss, dass 180.000 S
für Räume und Personal zur VErfügung gestellt werden. Die in Aus-
sicht genommenen 500.000 S Handelskammeranteil für die effektive
Erfinderberatung wird er erst in einem Präsidium resp. Vorstand
beschliessen lassen. Derzeit hat er dazu keine Ermächtigung.
Sallinger und Mussil erklären übereinstimmend, dass über finanzielle
Gestionen der Handelskammer ausschliesslich sie beide disponieren
können. Sie erklären sich aber bereit, entsprechende Unterstzung dem
Handelsminister zu geben. Mussil war einmal als der jug. Arbeits-
minister hier war, zu einem Essen vom Sozialminister Häuser geladen.
Was, wie er sich ausdrückt, in einem drittklassigen Gasthaus statt-
fand. Ich selbst erklärte sofort, ich könnte auf Grund meiner budgetä-
ren Lage maximal jemanden zur WÖK einladen. Dies würde das Ansehen
vom Handelsminister ungeheuer schädigen und deshalb meint Sallinger,
hier werden sie immer einspringen. Ebenso erklärt Mussil, dass sie
bereit sind, die Autobusse für die WIPO-Delegation dem Kongress im
Mai zur VErfügung zu stellen. Die letztere Aktion müssen sie aber aus
ihrem Handelskammer-Budget bezahlen. Alle anderen glaube ich werden
natürlich von der AHF-GEbühr beglichen. Sie stimmen dann letzten
Endes zu, dass die technische Abwicklung Marhold und Reiger in
Detailbesprechungen führen sollen. Die letzte Endscheidung, was
letzten Endes die Handelskammer im konkreten Fall übernimmt, wird
aber Mussil resp. Sallinger selbst treffen. Reiger wird zur BEsprechum
zugezogen und bekommt den Auftrag, sich mit Marhold in VErbinudng
zu setzen.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: BItte die konkreten Abmachungen mit Marhold
besprechen.
Mussil möchtenach wie vor für die Industriezone Zwettl 2 Mill. S
für den Wasserbehälter bekommen und zwar glaubt er aus dem 20-Mill.-
Industrieförderung. Ich setze ihm auseinander, dass ich diese
20 Mill. S gar nicht für Industrieförderung in den vergangenen Jahren
einsetzen konnte und auch jetzt nicht kann, da ich sämtliche Gewerbe-
förderungsaktionen nach wie vor auch aus diesem BEtrag finanzieren
muss. Mussil hat auch für den Fremdenverkehr am 29. September eine
Förderung als Komplex-Gebiet für das Waldviertel verlangt. Wir haben
ihm damals geschrieben, dass eine diesbezügliche UNtersuchung von uns
eingeleitet wird. Mussil möchte nun das Ergebnis dieser UNtersuchung
gerne wissen.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte um entsprechende Miteilungen, wann und
in welchem Umfang diese Untersuchung abgeschlosse
sein wird, damit wir dies Mussil zur VErfügung
stellen können.
Ich urgiere neuerdings, dass über die Verordnung der Lehrlingsprüfung
jetzt endlich ein Einvernehmen über die Entschädigung erzielt
werden sollte. Alle anderen Punkte sind positiv abgeschlossen, nur
über diese Frage konnte bis jetzt keine Einigung erzielt werden.
Ich möhcte gerne eine diesbezügliche Aussprahe mit den Präsidenten
der Handelskammer, Arbeiterkammer und ÖGB. Mussil erklärt, dass er
vorerst mit seinen Lehrlingsleuten dieses Problem neuerdings bespre-
chen muss, um eine maximale Lösung für sie zu finden. Da wir 6 Monate
Zeit zum Übergang brauchen und mit 1.1.1974 selbst die Handelskammer
zugibt, dass die neue Verordnung in Kraft sein muss, wird dies
von ihm nach Intervention von Sallinger als dringend behandelt.
Beim Journalistenfrühstück bringe ich noch einmal die Ferienstaffelung
zur Debatte. Ich erkläre, dass eine endgültige Zurückstellung nicht
in Frage kommt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, dies gilt für
die Sommerferienstaffelung. Für die Winterwoche habe ich ja mit
Sinowatz ein Einvernehmen erzielt. Am Abend bei der Ministerratsvor-
besprechung habe ich mit Sinowatz über dieses Problem neuerdings ge-
sprochen. Für 1975 ist die Winterwoche von seinem STandpunkt aus fix
und über die Sommerferienstaffelung sollte nach einiger Zeit neuerdings
dieses Problem in ANriff genommen werden.
ANMERKUNG: Ich glaube, die beste Lösung wäre, wenn Würzl im Rahmen der
Aussprache mit den europäischen Vertreter insbesondere aus
der BRD versucht, ein allgemeines Konzept für Mitteleuropa
zu finden. In dieses Konzept mit dem täglichen Ferienbeginn
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wie dies in der BRD der Fall ist, müsste auch Österreich und
die NL und vielleicht die Schweiz eingebettet sein. Dann wären
auch Kleinstaaten in entsprechend fixierten Regelungen gebun-
den.
Das Unterrichtsministerium wäre wahrschenlich zu solchen BEsprechungen
zuzuziehen.
Da die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung den Journalisten für Mitte
1973 angekündigt wurden, mit Inkraftsetzung mit 1.1.1974, wird von Sei-
ten des Patentamtes kaum mehr eine Möglichkeit bestehen, den VO-Entwurf
weiter hinauszuschieben. Die zwei Vertreter vom Patentamt, Hofrat
Schebesta und der Sachbearbeiter Ing. Jakatowsky, haben sich nachher
bei mir vorwurfsvoll, nicht mir gegenüber, aber gegenüber der Presse
beschwert, dass man sie gar nicht gefragt hat. Ich habe sie zwar zum
Journalistenfrühstück gar nicht eingeladen, war aber sehr froh, dass
sie doch anwesend waren, wil es unserem Prinzi entspricht, die entspre-
chenden Experten zu Spezialproblemen beizuziehen.
Wunschgemäss ist die Ausschreibung des Geschäftsführers von der ÖFVW
von den Journalisten selbst zur Sprache gebracht worden. Swietly hat
nachher noch in einer Rundfunkaufnahme dieses Problem als so wichtig
betrachtet, dass er es verbrämt über die Fremdenverkehrsentwicklung
in den Mittelpunkt seiner Interviews stellte. Swietly bemerkte dann
noch zu mir, dass sich auch ein Freund von ihm um diese Stelle be-
werben wird. ICh habe weder nach dem Namen gefragt, noch mich besonders
interessiert gezeigt.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: BItte zu erforschen, wer eigentlich dieser
Freund ist.
Beim Mittagessen für die Gründung der österr.-franz. Industriekoopera-
tionsgesmbH, an der die CA massgebend beteilgt ist, versicherte ich in
einer kurzen Aussprache mit Treichl und Gen.Sekr. Wodak, dass ich jeder-
zeit bereit bin, wenn es die CA wünscht entsprechende Einladungen selbst
auszusprechen, allerdings wie ich sofort bemerkte auf Kostne der Bank,
um Kooperationen und den franz.österr. Aussenhandel zu beleben. DIes
gilt auch für andere Wünsche der CA sowie anderer Industrieunterneh-
mungen, wie ich friemütigst gleich dort bekannte. Treichl war über
mein Erscheinene sehr erfreut, ob er auf mein Angebot zurückkommen wird,
wird sich weisen.
In der ÖGB-Bundesfraktion berichtete Benya über die Entwicklung der
letzten WOchen. Insbesonderemeinte er, dass über die VErlängerung des
Stabilisierungsabkommens insbesondere aber über eine Neu-
auflage des Sozialpartnerabkommens noch keine Entscheidung gefallen
ist. Er meint, dass es notwendig sit, darüber noch BEsprechungen zu
führen. Die vorgesehene Lohnrunde für die Gewerkschaften müsste auf all
Fälle abgesichert sein.
Bei der Verbändebesprechung hat Androsch zuerst die einzelnen Inter-
essensvertretungen nach einem BCricht von Seidel und Kienzl sprechen
lassen, um über ihre Erfahrungen informiert zu werden. Mussil meinte,
der Bund müsse weiter sparen, das Personal sei mit 14 % STeigerung
eine schwere BElastung zu betrachten. Die Innerbetrieblichen Lohnbe-
wegungen hätten im Sozialpartnerabkommen erfasst werden sollen, doch
hat dies nicht funktioniert. Die Gemeldeten wurden zwar einvernehmlich
gelöst, aber es hat zehntausende Vereinbarungen gegeben, die nicht
zur Kenntnis kamen, da die Unternehmer fürchten, wenn sie keine Lohner-
höhungen geben, dann die Arbeitskräfte verlieren. Die VErlängerung
des Sozialpartnerabkommen hält nach seiner Meinung Benya für unzweck-
mässig und er selbst glaubt dies auch. Die Lohnintervalle, d.h. die
derzeitigen 14 – 16 Monate sollen entsprechned verkürzt werden
ist ein grosser Teil der Unternehmer der Meinung.Dr. Ettel und Mussil
kritisierten dann, dass es eine doppelte Sperre bei der Bürges gibt.
Auf der einen SEite sind es die Kreditrestriktionen, die die Institute
verhalten, den Gewerbetreibenden weniger Kredite in Aussicht zu stelle
und die Bürges durch die 20 %-ige Budgetbindung die Zinsstützung
zu verweigern. Ich erkläte neuerding, dass ich jeden konkreten Einzel-
fall, der mir mitgeteitl wird, wenn er abgelehnt wird, genau unter-
suchenw erde, ansonsten wir doch alle Aktionen seit den letzten
drei Jahren weiterführen konnten und keine einzige Sperre ausspre-
chen mussten.
Zöllner verlangte eine weitere Liberalisierung und das Stabilisierungs-
abkommen hat hier, nachdem es nur im Einvernehmen mit der HK geschehen
dürfte, eine Bremsung gebracht. Die BRD erhebt eine Exportsteuer,
resp. Investitionssteuer und eine Mineralölsteuererhöhung und Zöllner
meint, ähnliche Vorschläge könnte man auhc in Österreich in Erwägung
ziehen. Lachs verlangt, dass in der Preispolitik weniger die admini-
strativen Preise als der Wettbewerbssektor verstärkt werden müsste.
Er tritt auch für die Liberalisierung aus. Betriebe, die nicht ent-
sprechende Löhne zahlen sollen, müssen schliessen. Hier replizierte
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Mussil sehr gut und verwies auf denWiderstand der Gewerkschaften,
wenn es um Betriebsschliessungen geht, siehe Stuppach, Weissen-
bach usw. Für die Importpolitik und die Liberalisierung gilt seiner
Meinung nach: do ut des, d.h. die Handelspolitik müsste äusserst
vorsichtig betrieben werden. Eine Exportsteuer von 5 – 8 % wie die
Deutschen in Aussicht stellen, wäre durch den Wegfall der Umsatz-
steuerrückvergütung den österreichischen Exporteuren bereits auferleg
Veselsky berichtet über die Zonenrandgebietsförderung und meint,
hier wären etnsprechende Beschlüsse bereits gefallen. Mir sind sie
nicht bekannt.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Um was handelt es sich bei diesen Beschlüssen.
IM ERP-Fonds werden 200 Mill. S für die
breiten Gürtel des Wohlstandes an der toten
Grenze bereitgestellt zu denselben BEdingungen
wie die seinerzeitigen Kohlenkredite.
Brandstätter von der Landwirtschaftskammer erwähnt, dass seiner
Meinung nach Lohnerhöhungen nur im Rahmen der gestiegenen Gewinne
von den Unternehmern zugestanden werden sollten und ddeshalb auf
die Preise nicht durchschlagen dürfen. Für mich ene sehr interessante
Aussage, weil bis jetzt Mussil sich immer als Handelskammer bemüht
hat, der Landwirtschaft Schützenhilfe bei ihren FOrderungen zu ge
ben.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Ich glaube, dass man diesen Gegensatz sehr ge-
schickt ausspielen sollte, allerdings ohne
dass man in den Verdacht kommt, für Preiserhö-
hungen einzutreten.
Androsch hat dann ein grosses Konzept entwicklet. Der Lohn- und Preis-
stop sei nur eine ultima ratio, da das Lohngefälle dann zwischen
Österreich und der BRD noch grösser werde. Die Investitionssteuer,
Exportsteuer, Konjunkturzuschläge usw. könnten höchstens kurzfristig
wirken und würden einen Aufholungseffekt Österreichs gegenüber West-
europa verzögern. es gebe deshalb nur so wie bisher eine differenzier-
te, alle BEreiche umfassende Wirtschaftspolitische Konzeption. Die
Geldpolitik soll unverändert bleiben. Nur eine gewisse Flurbegra-
digung bei Mindestreserven und den Kreditabkommen seien möglich.
In der Budgetpolitik würde er die 20 %-ige Bindung aufrechterhalten.
Bei Einzelansuchen, z.B. Verwaltungsaufwand, Benzin für Gendarmerie u
usw. Preisstützungen – Milch und so fort, müssten dagegen aufgehoben
werden. In den Ländern und Gemeinden müssten Absprachen getroffen wer
den, da der Finanzausgleich ihnverpflichtet, die Anteile sofort
zu überweisen. Lachs hatte vorgeschlagen, dass hier eine gewisse
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gesetzliche Möglichkeit dem Finanzminister gegeben werden sollte,
Beträge zurückzuhalten. Meiner Mienung nach eine vollkommen utopische
Forderung. Bei Tarifen und Gebühren müsse man beim Rückstau vorsich-
tig sein, da ansonsten dann wieder grössere Sprünge von Tariferhöhun-
gen erwartet werden müssten. Hier hat er mehr oder minder indirekt schon
angekündigt, dass Frühbauer gewisse Tariferhöhungen bei Post ud wahr-
scheinlich auch Eisenbahn machen möchte, ohne dies ausdrücklich zu
sagen. Für die Bauwirtschaft stellt er sich fliegende KOmmissionen
vor, wo die Bauherren die Unternehmer aber vor allem einmal Länder
und Gemeindevertreter sowie von Zentralstellen bestimmen, welche Bau-
vorhaben in Angriff genommen werden sollten. Nahrungsmittel seien
am Fleisch, Gemüse und Obstsektor sehr stark gestiegen und es müsste
deshalb ein gewisser Ausgleich bei anderen gefunden werden, da damit
die Einkommen der Landwirtschaft sich wesentlich verbessert. Die
Wirtschaftspartner hätten eine Zwischenlohnrunde verhindern können.
Die Lohndifferenz zwischen Österreich und Deutschland gehe primär
auf eine 12 %-ige Paritätsänderung zurück, die mehr als die Hälfte
oder zumindestens ein Drittel in einzelnen Kategorien der Lohndifferenz
von 20 – 30 % ausmachen. Er meint, dass eine Vereinbarung über die
zukünftigen Verhalten der Sozialpartner schriftlich möglich sei.
Benya hätte ihm diesbezügliche Zusagen gemacht. ERgänzend müsste
allerdings eine Preispolitik betrieben werden, wo die Unternehmer
nicht auf ihre Markt- ud Machtsituation pochen. Ihm shcwebe eine
Preissenkungsaktion als psychologische Möglichkeit vor. Die admi-
nistrative Preispolitik sollte durch eine VErlängeurng des Preisbe-
stimmungsgesetzes fortgesetzt werden. Mussil sprach sich sofort
gegen eine Preissenkungsaktion im ZUge der zu erwartenden Lohnrunde
aus. Das Preisbestimmungsgesetz war ein reiner Anlassfall für die
Mehrwertsteuereinführung und hätte seine Funktion erfüllt. Zoll-
senkungen seien erst mit 1.1.1974 zu erwarten und deshalb eine Ver-
längerung des Preisbestimmungsgesetzes unzweckmässig. Klose wehrte
sich auch noch dagegen, dass man auf Grund von einzelnen Monatsergeb-
nissen bereits Erfolgsmeldungen wie Trendumkehr beim Verbraucher-
preisindex macht. Die könnte sich in kürzester Zeit wieder ändern.
Die Bauinnung hätte festgestellt, dass mit April 1973 27 % der be-
fragten Unternehmer sofort freie Kapazität hätte und 65 % in 6 Mona-
ten. Fliegende KOmmissionen könnten daher hier nichts wesentliches
ändern und seien nicht notwendig. Lachs regte an, dass wnen man
das Preisbestimmungsgesetz nicht velrängert, doch eine allumfassende
preisgesetzliche Regelung diskutiert werden sollte. Die Aussprache
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brachte keienrlei konkrete Ergebnisse ausser dass man eben
weiterreden wird und Kreisky eine wirtschaftspolitische ausser-
ordentliche Sitzung einberufen sollte für nächste Woche.
In der Ministerratsvorbesprechung beklagte sich Kreisky, dass die
Formulierung über den Sternwartepark Suggestivfragen beinhaltet,
die Slavik ihm versprochenhatte, dass sie nicht kommen würden.
In der Schweiz seien Bürgerbefragungen so, dass zuerst der
BEschluss bekanntgegeben wird und dann der Bürger nur befragt wird,
ob er damit einverstanden ist oder nicht. Niemals hat der Bürger
aber zu entscheiden, ob ihm der Beschluss in der Formulierung
passt. Obwohl Firnberg berichtete, dass sehr viel Propaganda von
Seiten der Wiener geamcht wird, meint Kreisky, dass die Leute nur
über das viele Papier, es wird die Dokumentation jedem Wiener
Haushalt zugeschickt, es wird 600.000 Prospekte noch zusätzlich
geben, Plakate, Schreiben von Probst an die Vertrauenspersonen,
vom Rektor Winkler an alle Akademiker, von Prof. Pleskot an alle
BSA-Mitglieder, 22 Grossversammlungen – die Bevölkerung nur büer die-
se Aktivitäten – wie Kreisky meint – verärgert sein würde. Trotzdem
schlägt er aber vor, dass die Bundesregierung eine nüchterne Annon-
cenkampagne drei Tage hindurch machen sollte. Hier habe ich fast
den Eindrukc, dass er ernstlich glaubt, dass was Wien macht ist
schlecht, was die Regierung macht ist gut. Ich fürchte, dass was
immer wie machen werden, selbst wenn die Gewerkschaften dann über
die Betriebe versuchen werden, die gesamten Belegschaften zur
Abstimmung zu bringen, d.h. wenn auch der gesamte Parteiapparat
aktiviert wird, die GEfahr besteht, dass es sich hier um eine Gelegen-
heit handelt, der Wiener Gemeindeverwaltung eines auszuwischen.
WEnn auch nicht die VErpflichtung existiert, wie z.B. in Graz,
wo die Leute auf die Gemeinde gehen musste, um ihre Unterschriften
zu prüfen, sondern eben wenn er nicht will, er nicht in en Wahl-
lokal gehen muss, um seine Stimme abzugeben, fürchte ich doch,
dass sich viele verärgert an dieser Wahl nicht entziehen werden
vielleicht auch weil sie einen gewissen Druck dahinter spüren und
fürchten, dann anders entscheiden. Für mich wird diese
Aktion ein Fingerzeig für die weitere Entwicklung in Wien sein
und ich bin schon sehr gespannt. Kreisky auf alle Fälle dürfte schon
vorbeugen auf einen eventuellen Rückschlag.
Kreisky möchte nach einiger ZEit Gen.Indendant Bacher zum Situations-
bericht in einer Ministerratsvorbesprechung bitten. Bacher wird
sich dort gegen das Kabel TV diesbezügliches ANsuchenliegt in
Innsbruck vor, und für das staatliche Monopol aussprechen. Mit
dieser Diskussionwill Kreisky die Kommissionarbeit auch in der
Regierung versachlichen.
Bei der Buntmetall-Lösung wird er die BBU ausnehmen, da er keinen
zweiten Ortstafelkonflikt in Kärnten wünscht.
Die deutsche Maklerlösung müsste jetzt unbedingt in das österreichische
Bodenrecht aufgenommen werden, um die ANgriffe, die wahrscheinlich
wegen Machek kommen werden, als Regierung so beantworten zu können,
dass diesbezüglich gesetzliche Vorbereitungen getroffen wurdne.
Die Repräsentationsausgaben müssten jetzt überprüft werden und der
Finanzminister wird diesbezgliche VOrbereitungen, die er vor längerer
Zeit versprochen hat, abschliessen. Über die Personalpolitik insbeson-
dere die Überstundenregelung fürchtet er eine grosse Debatte resp.
schwere BElastung des Staatshaushaltes. Lausecker gibt zu, dass nach
§ 30 a – 1 – 3 die Sektionschefs, Gruppenleiter, Abteilungsleiter
usw. qulifizierte Zulagen bekommen in Höhe von maximal 4 Biennien.
Bei dieser Gelegenheit würden Leute, die nur 2 Biennien bekommen
die zweiten zwei Biennien gegebennfalls als Mehrleistung abgegolten
erhalten. Richtig ist, dass bavor die Regierungsfraktion sich mit
dem Problem befasste, bereits die Beamten im BKA alles vereinbart
hatten, ein Rückkurbeln ist jetzt äusserst schwierig. Ähnlich ist
die Situation bei Kraftfahrzeugen. Hier müsste mit den Chaffeuren und
den Dienstwagen eine bessere Regelung getroffen werden.
Androsch berichtet, dass die Nationalbank jetzt wissen will, ob
sie mit den anderne europäischen Staaten das Blockfloaten fortsetzen
kann. UNter der Voraussetzung, dass wir intervenieren können, auch
dann, wenn der untere Interventionspunkt noch nicht erreicht ist
und dass die Saldenabdeckung in jeder beiliebigen Währung erfolgen
kann, schlägt er vor, sollten wir mit den anderen europäischen Staa-
ten gemeinsam vorgehen. So wie Kreisky in der Linzer Tagung auch über
die Preiswünsche von Weihs nur sagte, das soll man mit den Sozial-
partnern besprechen, so äusserste er sich auch hier überhaupt nicht
konkret und Androsch fassste dies als eine Zustimmung auf.
Zur Jugendkonferenz, das ist die 9. inoffiziell sogar die 11.
denn einige gespalten wurden, wird er nicht allzu lang Zeit haben
daran teilzunehmen. Am 18. Mai wird deshalb Sinowatz und ich über die
Berufsausbildung diese hauptsächliche Jugendkonfrontation zu be-
streiten haben.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: BItte Termin sperren und keine anderen
Sitzunge kazeptieren.
Die oberösterreichischen Genossen wollen zu ihren Viertelkonferenzen
der Vertrauenspersonen nicht nur einen Minister sondern zwei
Minister haben. Auch dies hat Kreisky sofort akzeptiert und deshalb
werden in Steyr sowohl der Minister Frühbauer als auch ich am
26. nachmittags referieren. Für mich ist das sehr angenehm. da
ich ja meinen Gewerkschaftskongress haben und nicht genau weiss,
ob er mittags schon fertig ist, was allerdings mit 99 %-iger
Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist. Frühbauer wird aber auf Alle
Fälle, wenn ich nicht zeitgerecht kommen sollte, beginnen
Kreisky meinte im Laufe der BEsprechung in einem Bonmot, es gibt
drei Arten von Regierungen, eine gute, eine schlechte und gar keine.
Unter gar keiner versteht er die Regierung, die nicht Massnahmen setz
Vor etlichen Jahren hatte ich darüber eine Diskussion, weil ich auf
dem Standpunkt stehe, so einfach ist in meinen Augen das Problem
nicht. Ich stehe nach wie vor auf dem STandpunkt, wennman so
ausgeprägte Sozialpartner hat, wie wir, ist es zielführend, ganze
GEbiete wie z.B. die Lohn- und Preispolitik effektiv aus der
Regierungstätigkeit auszunehmen und sie den Sozialpartnern zu über-
tragen. Hier sollte die Regierung nur subsitiÄr in ERscheinung treten
wenn eben die Sozialpartner sich über gewisse Probleme nicht einigen
Ich bin nicht überzeugt, ob tatsächlich Benya und Sallinger diese
Last auf sich genommen hätten. VEruschen aber hätte man es ollen.
Ich habe diese Politik auch seinerzeit Klaus vorgeschlagen, der
sie genauso abgelehnt hat wie Kreisky. Im konkreten Fall, wo es
sich nämlich dann darum handelt , zu entscheiden, welcher Preis
erhöht wird und in welchem Ausmass dies geschieht, greift Kreisky
ja dann letzten Endes doch immer auf die Sozialpartner zumindestens
auf den ÖGB und die AK zurück. Im Grunde genommen, bleibt ihm dann
auch gar nichts anders übrig als dessen Vorschläge zu akzeptieren.
In so einem FAll frage ich mich, warum es dann nicht gleich zweck-
mässiger ist, die Verantwortung und die Arbeit gleich eben den Stel-
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len zu übertragen die imstande sind, eventuelle Lösungen zu
finden.
Da Kreisky bei der Linzer Tagung neuerdings die Konzentration und
Koodination aller Wirtschaftsfonds angekündigt hat, hat er Preglau
zu einer Ministerkommissionssitzung eingeladen. Die seinerzeitigen
Vorarbeiten von Gehart, auf die ich aufmerksam machte, sind glaube ich
ich in der Zwischenzeit wieder vom Tisch gewischt worden. Preglau
selbst hat seiner Meinung nach die 14 Fonds überprüft und festge-
stellt, dass 15 Mia S pro Jahr dort in BEtracht kommen. Kreisky
möchte nun, dass eine Auskunftsstelle errichtet wird, damit jeder
fragen kann, wo er sich wegen Krediten hinwenden sollte. Die
Einreichungsformalitäten sollten vereinfacht werden, auch die der
Hausbanken, die sie letzten Endes ja einreichen. Ds Begutachtungs-
verfahren wäre zu verienfachen, die Richtlinien? was und wo geför-
dert wird, gegenseitig abzustimmen. Darüberhinaus sollten die Beiräte
vereinheitlicht werden, ihm schwebt sogar ein zentraler Beirat
für alle Fonds vor. Wo Gesetzesänderungen notwendig sind, sollte
dies geschehen, allerdings die Kompetenz bei den einzelnen Ministern
verbleiben. Darüber hinaus müsste dieser zentrale Fonds auch Vorbe-
reitungen treffen, um wenn es zu einer Krise kommen sollte, Struktur-
bereinigungen einzuleiten und dann die Wirtschaft anzukurbeln. Die
regionalen GEsichtspunkte seien besondes zu berücksichtigen. Z.B.
meint er jetzt, dass das Waldviertel nicht durch Industriebetriebe
wo sowieso keiner hingeht, erschlossen werdensoll, sondern dass
man Schulen dort errichten sollte, um Berufsschüler, ihm schwebt
scheinbar eine Lösung wie in Karlstein die Uhrmacher vor, in diese
Gegend zu bringen. Die Arbeiter selbst und insbesondere die jüngeren
legen grössten Wert darauf pendeln zu können, damit sie das Erfolgs-
erlebnis der GRosstadt haben. Das Waldviertel wird deshal Umwelt-
schutzmassnahmen und Erholungsgebiet in Hinkunft sein. In der ÖROK
geht das Ganze viel zu langsam vor sich und es müssten deshalb auch
in diesem zentralen Fonds Politik, die regionalen GEsichtspunkte
stärker berücksichtigt werden. Letzten Endes einigte man sich darauf
dass eine Kommission einberufen wird unter Vorsizt von Sekt.Chef.
Preglau. Vom Finanzministerium nimmt Vranitzky daran teil, vom
Bautenministerium, Kapfer, vom Sozialministerium Steinbach , vom
Handelsministerium Gehart, vom Landwirtschaftsministerium will
der Minister selbst daran teilnehmen. DIes war für mich aebr auch
für Kreisky eine überraschende FEststellung. Weihs dürfte also
gar niemanden mehr haben, auf den er sich wirklich verlassen kann
oder verlassen will.
Bei der BEsetzung des Aufsichtsrates für die Verbund hat Frühbauer
seinerzeit nach Rücksprache mit Kreisky vorgeschlagen, dass Hinter-
mayer doch als Vizepräsident kommen sollte. Kreisky fragt-e nun,
warum nicht der Präsident von uns besetzt wird, nachdem Ex-Minister
Weiss noch immer die Präsidentenstelle innehat. Frühbauer hat
mir nachher versichert, dass nicht die ABsicht besteht, Fremuth abzu-
berufen, Ich habe ihn neuerdings aufmerksam gemacht, dass Fremuth
unbedingt im Aufsichtsrat verbleiben muss. Frühbauer wird wahrscheinlich
Gatscha abberufen und Hintermayer den Posten freizubekommen. Mein
Vorwurf, warum er den Sektionsleiter Sekt.Chef Zach jetzt neuerdings
verlängert hat, meint er, dass dies eine terminisierte VErlängerung
ist. Zach wird mit Jahresende pensioniert und ich ann ihn dann jeder-
zeit aus der Verbund abberufen. Wichtig war mir bei dieser Aussprache
nur, dass Frühbauer mir versicherte, dass unter gar keinen Umständen,
Fremuth abberufen wird.
Sinowatz wurde von mir ersucht, er sollte überlegen, ob er nicht ähnlic
wie ich die schönen Bücher prämiere, auch die besten Schulbücher in
einer Prämierungsaktion und Ausschreibungsaktion für das nächste
JAhr vorsieht. Bis jetzt haben wir ja bekanntlicherweise die Schul-
bücher in unsere "Schöne-Bücher-Aktion" einbezogen, doch wird
druch die neue Politik dies vollkommen unmöglich. Sinowatz wird
sich dies genau überlegen und mir Mitteilung machen, ob er eine
solche Sonderaktion für Schulbücher startet.
Tagesprogramm, 7.5.1973
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)