Freitag, der 4. Mai 1973

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Freitag, 4. Mai 1973

Das Austria-Ferngas-Präsidium und die Geschäftführer berichteten
über ihren erfolgten Abschluss mit Aufnahme ins Konsortium für den
Bezug von Algerien-Gas. Die Gegensätze zwichen ÖMV und Austria-Ferngas
sind noch keinesfalls beigelegt, ganz im Gegenteil. Die Austria-Fern-
gas ist sich ihrer Stärke mehr denn je bewusst, da sie jetzt Gas be-
sitzt und als eigener Importeur auftritt. Da die ÖMV bis jetzt noch nicht
klar und deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie z.B. bereit ist,
die Verbindung zwischen der Transalpin Gasleitung und der neu zu bauenden
MOKA in Österreich vorzunehmen, sondern wie die EPG noch immer glaub
in Gemona nur der Knotenpunkt sein wird, beabsichtigt sie sogar ein
eigenes Exportnetzstück, nämlich vom Plöckenpass bis Arnoldstein selbst
zu bauen. Ich habe mich sofort ganz entschieden gegen eine solche Po-
litik ausgesprochen. Ich lehne es kategorisch ab, dass womöglich eigene
Leitungen in jeder Gesellschaft selbst gebaut werden. Wenn ich dies
zuliesse würde die ÖMV die letzte Chance verlieren, um wenigstens die
über Landesgrenze hinausgehende Leitungsbau sich zu sichern und Teile
davon der Austria-Ferngas abzutreten. Interessant zwar auch, dass Gruber
versucht hat, den Wunsch der Tiroler, dass sie sich an MOKA mit 26 %
beteiligen wollen, als möglich hinzustellen. Er meinte, dass die ÖMV
doch von ihrem 51 %-igen Anteil doch ohne weiteres 26 z.B. abtreten
könnte. Hier setzte ich Gruber auseinander, dass ich auch gegen einen
solchen Vorschlag im Prinzip bin, da zu befürchten ist, dass die Tiroler
ja nicht nur allein den Leitungsbau dann wünschen sondern dass sie
darüber hinaus überhaupt einen Pool aller Gasmengen anstreben und dann
einen entsprechenden Anteil zu bekommen. In diesem Fall müssten die
besitzenden Länder, Wien NÖ u. Steiermark, von den österreichischen
aber auch vor allem von den billigen sowjetischen Gas entsprechenden
Anteil an Tirol abtreten. Die anderen beiden Präsidiumsmitglieder, Rei-
singer
und ich glaube der Steirer Dr. Löwenstein, stimmten mir, ohne
dass sie dies besonders herausstrichen, zu. Man sieht aber, wie Gruber
versucht, hier Politik auf Kosten der ÖMV zu machen. Gen.Dir. Bauer
hat mir gegenüber immer wieder erklärt, es gibt keinen Bruderkrieg und
es ist alles in schönster Ordnung, wenn er das glaubt, so irrt er ganz
gewaltig. und kann die Gefahr, die der ÖMV hier droht, gar nicht
richtig einschätzen. Dieselbe Situation war übrigens, als Gen.Dir.
Bauer und vielleicht auch noch andere Herren der ÖMV eine vollkom-
men
falsche Einschätzung des Algerien-Gases in den letzten Monaten
vorgenommen haben. Allerdings wird man erst ein endgültiges Urteil


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dann sagen können, bis das Jahr 1977/78 gekommen ist und man die
dortige Energiesituation wird richtig beurteilen können. Gruber hat mir
gegenüber sich dann noch besonders bedankt, da ich sie mit dem Brief
an die diversen Minister, welche dem Konsortium angehören und ganz be-
sonders an die Algerier tatkräftigst unterstützt habe. Ich habe keinen
Zweifel gelassen, dass ich ein gemeinsames Vorgehen aller österreichi-
schen Firmen, die sich mit Gas beschäftigen unter der Führung des
Handelsministeriums erwarte. Ich glaube auch, dass dies in Hinkunft
tatsächlich geschehen wird. Min.Rat Frank hat sich sehr aktiv bereits
eingeschaltet und konkret vorgeschlagen, dass die ÖMV und die Austria-
Ferngas bei den Wünschen der westlichen Bundesländer gemeinsam vorge-
hen sollten und vorher sich absprechen, um zu einer einvernehmlichen
Auffassung zu kommen. Sollte dies nicht der Fall sein, dann wird er
sich d.h. das Handelsministerium einschalten. Min.Rat Mayer hat meiner
Meinung nach diese grosse Konzeption nie verfolgt, sondern wollte bei
dieser Gelegenheit gleich den Wunsch, den ich ihm gegenüber zum Aus-
druck gebracht habe, ein Antwortschreiben an die Tiroler sollte im
Einvernehmen mit der ÖMV und der Austria-Ferngas geschehen, jetzt be-
sprechen. Mayer schwebte dabei scheinbar vor, dass ganz konkrete Vor-
schläge an die Tiroler erstattet werden. Genau dies aber will weder
die ÖMV noch die Austria-Ferngas noch eigentlich ich selbst. Ich bin
wirklich sehr neugierig, wie sich die Entwicklung auf diesem Gebiet
in den nächsten Monaten wird abzeichnen.

Die Staatspreisverleihung für die schönsten Bücher Österreichs gab
mit Gelegenheit vor einem Kreis, der davon betroffen und interessiert
ist, unsere Auszeichnungspolitik zu erörtern. Mit Recht hat sich nachher
der zweite Direktor von Jugend und Volk an mich gewendet und erklärt,
dass auch in den Ausschreibungsbedinungen Schulbücher aufgenommen
sind. Nun wird aber durch die Schulbuchaktion in Hinkunft immer
weniger aus dem Schulbuch ein schönes Buch werden. Da ich aber diese
Politik von Sinowatz absolut unterstütze, ja sogar immer gefordert
habe, schlug ich dem Direktor vor, man sollte daher die Schulbücher
überhaupt aus der Ausschreibung herausnehmen. -Allerdings wäre es zweckmässig,
eine eigene Aktion über das zweckmässige Schulbuch im Unterrichts-
ministerium zu starten.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte besprich Dich im Detail mit dem Sekretär
von Sinowatz ich selbst werde ihm diese An-
regung mitteilen.



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Bei der Pressekonferenz von Austria-Ferngas, die – da das Präsidium
immer wechselt – derzeit Gruber innehatte und daher dort das grosse
Wort gespielt hätte, habe ich mich entschlossen, selbst zu erscheinen.
Natürlich musste ich dann auch einige unangenehme Fragen sehr konkret
beantworten, z.B. wann ist mit einem Energiekonzept endgültig zu
rechnen. Die Presse ist in Wirklichkeit sehr geduldig, denn sie nimmt
jetzt seit Monaten zur Kenntnis, dass ich immer wieder erkläre, Vor-
aussetzung dafür ist, dass das grosse Kompetenzgesetz auch die elektri-
sche Energie in das Handelsministerium transferiert. Wenn ich die
Opposition wäre, hätte ich das schon längst aufgegriffen und erklärt,
dass doch zur Erstellung eines Konzeptes nicht unbedingt notwendig
ist, dass alle Kompetenzen in einem Ministerium sind. Scheinbar
hat aber auch die Opposition ein ungutes Gefühl, dass ihr seinerzeitig
Energiekonzept, welches wir damals in der Luft zerrissen haben, noch
immer für ihre Angriffspolitik eine gewisse Belastung darstellt.
Ich habe deshalb auch ganz konkret mitgeteilt, dass es nicht allein
nur Aufgabe des Energiekonzeptes ist, die technischen Möglichkeiten
wie Produktion, die Verteilung und den Bedarf darzulegen, sondern
dass vor allem die kostenmässige und die preismässige Konzeption des
Energiekonzeptes der entscheidende Punkt sein wird. Ich habe dies
Min.Rat Frank vor Monaten, als ich ihn das erste Mal traf, klar und
deutlich auseinandergesetzt und er hat mir zugestimmt. Koppe meinte
nach der Pressekonferenz, dass ich in diesem Punkt sehr konkret
geworden bin und dass damit eigentlich ich mich ganz gefährlich festge-
legt habe. Hier hat Koppe vollkommen recht, doch andererseits habe
ich dies in Anwesenheit von Frank und Mayer auch deshalb so deutlich
sagen wollen, damit nirgends ein Zweifel besteht, dass dies der Kern-
punkt unseres Energiekonzeptes sein muss. Natürlich werden diese Aus-
sagen ständig revidiert werden müssen, doch einmal muss ein Anfang
über diese wichtige Konzeption gemacht werden. Aus der Preisüberle-
gung heraus erklärte ich auch rundwegs, dass ich keinerlei Energie-
krise sehen, sondern nur vereinzelt Knappheiten durch besonders
günstige Preisrelationen entstehen können und entstanden sind. Diese
waren aber immer möglich etnsprechend durch andere Energiearten zu
ersetzen. Ich bin überzeugt, dass auch in Hinkunft eine so ähnliche
Situation vorherrschen wird.

Bei dieser Gelegenheit hat ich den Gen.Direktoren Reisinger und
Gruber auseinandergesetzt, dass wir im Zuge der csl. österr. Ver-
mögensverhandlungen grössere Mengen von bester Steinkohle übernehmen
müssen. Kirchschläger meint, dass dies in der Grössenordnung von
300 bis 400.000 t der Fall sein könnte. Ich habe die beiden aufge-


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fordert, dass wenn wir diese Mengen in Österreich nicht mehr unter-
bringen können, wenn auch die VÖEST nicht imstande ist, diese zusätz-
lichen Mengen zu verarbeiten, dann müssten sie mit meinem Ministerium
gemeinsam eventuelle Switch-Möglichkeiten suchen. Ich habe Min.Rat Frank
auf diese Notwendigkeit besonders aufmerksam gemacht, da mir die Austria-
Ferngas und die einzelnen Gesellschaften derzeit sehr zu Dank verpflich-
tet sind, haben sie sich sofort bereiterklärt, einen diesbezüglichen
Ausweg mit der VÖEST gemeinsam zu finden.

ANMERKUNG: Bitte sofortige Einleitung der Gespräche zwischen Handels-
ministerium und den beteiligten anderen Ressorts und ganz
ÖIAG und VÖEST einleiten.

Im Fremdenverkehrsdirektorium ist es mir dann endgültig gelungen, die
Ausschreibung für den Geschäftsführer durchzusetzen. Der nö. Hofrat Hlous
hat mir ein diesbezügliches Schreiben geschickt, wo er vereinzelte Ab-
änderungswünsche über die Ausschreibungsbedingungen wollte. Wir haben uns
dann auf einen neuen Text geeinigt und er und Zedek, dies sich bis jetzt
ganz entschieden dagegen gewehrt haben, haben zugestimmt. Ich hoffe und
bin überzeugt, dass sich jetzt auch mehrere Interessenten melden werden.
Wenn auch die Ausschreibung nicht mehr in der Wiener Zeitung verlautbart
werden, eine solche Forderung wurde ganz besonders von den Bundesländer-
Fremdenverkehrsdirektoren erhoben, so werde ich dafür sorgen, dass über
alle Zeitungen entsprechende Mitteilungen an die Öffentlichkeit erfolgen.
Vor allem bin ich sehr neugierig, ob sich nun noch einmal der Handels-
delegierte von Kanada, Lukas, beteiligen wird, der jetzt scheinbar unter
Druck gesetzt wurde und auf seine Bewerbung zugunsten Fröhlichs ver-
zichtet hat.

Im Referat vor dem Wiener Stadtverband des MKV Borussia, war nur in
einer Hinsicht interessant, als Diskussionsleiter hat Chefredakteur
Wittiska fungiert. Dieser Mann ist jetzt vom ÖAAB der Pressesprecher
und wurde von dem Vositzenden des Mittelschülerkartellverbandes sofort
zum Chefredakteur befördert. Zumindestens so vorgestellt. Wittisky
versuchte nach einer kurzen Einleitung mich durch entsprechende Fragen
wie z.B. ob ich für die grosse Koalition bin usw. festzulegen. Es war
mir dort ein Leichtes auszuweichen und ihm keine Möglichkeit einer
Schreibweise zu geben, die letzten Endes ich auch wirklich nicht beabsichtige
im ÖAAB-Blatt zu finden. Neugierig bin ich aber trotzdem, was er
dann auch dieser Diskussion machen wird. Der MKV-Verein war mit ca. 20
Mitgliedern vertreten. Da ich aber jede Diskussion annehme, musste ich
auch einmal in einem Mittelschülerkartellverband diskutieren.



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obwohl es natürlich vollkommen sinnlos war, Ich selbst bin überzeugt,
dass ich niemanden überzeugen konnte, ja wahrscheinlich von ihrer
vorgefassten festen Meinung auch nur einiger Massen sie zur kritischen
Überlegung veranlassen konnte. Die Diskussion bewegte sich deshalb
viel weniger über die wirtschaftspolitischen Fragen als über die
Arbeitsverfassung. Hier glaubten sie konnten sie mich als Gewerk-
schafter in irgendeiner Weise festlegen oder vielleicht sogar in
meiner Auffassung erschüttern.

Da ich nicht beabsichtigte, zu einer Einladung von Antel anlässlich der
Vorführung seiner neuen Sex-Filme, die Töchter von der Wirtin von der
Lahn oder so ähnlich zu gehen, habe ich mir einen Teil dieser Filme
bei der Erstaufführung angesehen. Antel meinte, dass dies nicht Porno-
graphie sei, was ich gar nie behauptete, sondern teilweise sogar Er-
zählungen von klassischen erotischen Texten, z.B. hat er eine Story
von Hans Sachs und eine zweite glaube ich von Shakespeare verfilmt.
Berühmt wird er allerdings mit diesem Löwinger-Film und einigen nackten
Mädchen auch nicht. Interessant ist, dass sich Antel hier geirrt hat,
der bei seiner letzten grossen Familienstory, wo er auch einen Affen
als Hauptdarsteller einschaltete und gegaubt hat, damit die Kinder-
welle und Familienwelle zu treffen, scheinbar jetzt doch wieder zur Sex-
welle zurückgekehrt ist. Ich persönlich glaube, dass in Hinkunft wahrschein-
lich jedwede Filmsorte wird produziert und wahrscheinlich auch soferne
der Film einigermassen gut ist, er seine Ergebnisse einspielen wird.
Ob dies bei der Töchter der Wirtin von der Lahn der Fall sein wird,
weiss ich nicht. Sicher ist nur eines, da ich ihn fragte, was der
Film kostet, dass er ihn verhältnismässig billig mit 5,5 Mill. S
herstellen konnte, da er ihn in einer Coproduktion mit italienischen
Firmen arbeitete.

Fritz Muliar hat bei Heindl eine Platte von Westdeutschland mitgebracht,
wo versucht wird, die grossen Politiker wie Brandt, Wehner, Strauss,
Barzel usw. durch Reden, die mit entsprechender Musik unterstrichen werden,
zu persiflieren. Zum Beispiel die Methode Strauss und der Ausspruch
Deutschland braucht Bayern wurde mit alpenländischer Musik wirklich
sehr lustig und instruktiv unterstrichen. Durch entsprechendes Schnei-
den und Überblenden ist eine richtig satirische Platte entstanden.
Heindl glaubte, dass man dies auch in Österreich machen könnte. Sowohl
Muliar als auch ich sind allerdings der Meinung, dass wir dazu weder die
Künstler haben, noch die Technik so leicht zusammenbringen, geschweige
denn dann die Platte, die verhältnismässig auch sehr viel Geld kosten
würde, wenn sie gut sein soll, dann in entsprechender Massenauflage
verkaufen könnte.



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Bei dieser Gelegenheit habe ich aber Muliar ersucht und er hat
mir sofort zugesagt, dass er mir einige politische Gags liefern
sollte. Muliar selbst hat neuerdings bekräftigt, dass er bereit
war für Marek, Kreisky und selbstverständlich auch für mich Pro-
paganda zu machen. Alle anderen aber hat er und wird er glaube ich
auch in Hinkunft kategorisch ablehnen. Ich bin wirklich erfreut
aber auch erstaunt, dass er so dezidiert seine politische Aktivität
festgelegt hat.

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Tagesprogramm, 4.5.1973

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: ÖFVW, öst. Handelsdelegierter Paris


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: GD ÖMV


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: GD Wr. Stadtwerke


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Unterrichtsminister


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: GD NEWAG


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                GND ID: 118723189


                Einträge mit Erwähnung:


                  Einträge mit Erwähnung:
                    GND ID: 136157653


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                      GND ID: 102318379X


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Chef Energiesektion


                        Einträge mit Erwähnung:


                          Einträge mit Erwähnung:


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                              Tätigkeit: bayrischer Min.präs.


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                GND ID: 118566512


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: OB


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                                    Tätigkeit: Hofrat, nö. Fremdenverkehrsdir.


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                                      Tätigkeit: HK, Syndikus Bundessektion Fremdenverkehr, ÖFVW


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