Mittwoch, der 29. November 1972

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Mittwoch, 29. November 1972

Bei der Beiratssitzung der Bürges zum Gewerbestrukturverbesserungs-
gesetz hat zum ersten Mal Steyrer als Geschäftsführer teilgenommen.
Selbstverständlich kamen die rückständigen Ansuchen zur Debatte,
Hönlinger, der Sprecher der Geschäftsführung, berichtete über den
derzeitigen Zustand. Es sind monatelange Rückstauakte vorhanden.
In der Stamm-Bürges aber auch in der Fremdenverkehrssonderkreditaktion
haben wir erst die Ansuchen vom Juli erledigt. Hönlinger wollte
sich zuerst ausschliesslich auf die finanzielle Situation ausreden.
Min.Rat Schuster, der Vorsitzendes des Beirates konnte aber nach-
weisen, dass genug Mittel vom Ministerium zur Verfügung gestellt wurden
um mehr Akte erledigen zu können. Dann hat Hönlinger in einer Bemer-
kung zugeben müssen, dass auch Personalmangel in der Geschäftsführung
zu diesem Zustand geführt haben. Er selbst – und dies hat es ihm
richtig herausgestossen – meinte, seit Juni muss er ja allein alle
Geschäfte erledigen. Damit war offiziell das erste Mal bekundet,
dass eigentlich der erste Geschäftsführer Korinek seit dieser Zeit
überhaupt nichts mehr gearbeitet hat. Er hofft nun und ich bin über
zeugt, dass ihn Steyrer tatkräftigst unterstützen wird und so schnell
wie möglich die Akten, soweit die finanzielle Bedeckung vorhanden
ist, flottzumachen. Bei dieser Gelegenheit versuchte er meine Zustim-
mung zu bekommen, dass die Richtlinien für die Stamm-Bürges geändert
werden können. Er meinte, dass die derzeitige Handhabung der Richt-
linien, wonach nur Kredite genehmigt werden können, wo keine finanzielle
Sicherstellung existiert für die Wirtschaft sehr ungünstig sind.
Ich habe ihm trotzdem nicht im Unklaren gelassen, dass derzeit keine
Möglichkeit besteht, die Richtlinien zu ändern, da wir jetzt erst
versuchen müssen, alle aufgestauten Akten aufzuarbeiten. Dazu wird
man grössere finanzielle Mittel benötigen, die uns erst im Jahre 1974
vielleicht zur Verfügung stehen werden. 1973 können wir nur wenn es
zu einer wirklich starken Restriktion der Kreditansuchen kommt, den
Rückstau aufarbeiten. Ein solcher Rückgang der Ansuchen ist zu er-
warten, da ja die Kreditinstitute sich verpflichtet haben, die Kredit-
expansion von 20 % auf 12 % im Jahre 1973 zurückzuführen. Die
wichtigste Frage erscheint mir, dass mit dem Finanzministerium geklärt
wird, dass bei der Gewerbestruktur keine Veränderung und vor allem
Kürzung auf Grund des Gesetzes-Auftrags möglich ist.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Marhold müsste versuchen mit Min.Rat Kaber vom
FM eine endgültige Formulierung zu erreichen.



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Bei der Fahrt zum Gemüsegrossmarkt, wo die Fruchtunion eine neue
Bananenreife-Halle und Abpackanlage eröffnete hat mir Min.Rat
Hauffe seine Absichten bei der Stärke- und Zuckerförderungsdurch-
führung erörtert. Er stellt sich allen Ernstes vor, dass die Kontrolle
dass die verbilligte Stärke und Zucker nur zu den von der Handels-
kammer und der Arbeiterkammer gemeinsam festgelegten Firmen von
uns kontrolliert wird. Ich habe ihm sofort erklärt, dass wir dafür
keinen Apparat aufbauen können. Als er dies bemerkte, hat er dann
das System so geschildert, dass er mit seinen Leuten, maximal würde
er vielleicht noch einen B-Beamten brauchen, auskommen kann. Ihm
schwebt, dass die Abgabe der verbilligten Stärke durch die Gmünder
ein einziger Betrieb, durch die 7 Zuckerfabriken leicht zu kontrollie-
ren ist, und dass dann die Weiterverarbeitung ebenfalls von unseren
Kontroll-Organen kontrolliert werden. Seiner Meinung nach handelt
es sich maximal um 1–2 Dutzend Betriebe, die dafür in Frage kommen.
Bei der bisherigen Stärkeförderung hat er ein System aufgebaut, wo
er gar nicht das Geld extra vom Ministerium der Firma überweist, son-
dern gleich auf das Finanzamtskonto der Firma Gmünder Stärkefabrik.
In dieser Beziehung ist er äusserst tüchtig und ich glaube, wenn man
keine Leute zur Kontrolle gibt, er selbst aber unbedingt die Durchführung
in seiner Abteilung behalten will, wird er sich auch etwas einfallen
lassen, ohne dass ein riesiger Apparat die Kontrolle notwendig macht.
Die beste Kontrolle wird von seiten der einzelnen Unternehmungen
selbst durchgeführt werden, weil sie schon aus Konkurrenzgründen
trachten werden, dass sowohl die Stärke- als auch die Zuckerprodukte
nur den legalen Weg gehen. Ausserdem kann man den Firmen drohen, dass
wenn es zu Durchstechereien kommt, die letzten Endes von ihnen irgend-
wie gedeckt werden, damit das ganze System gefährdet wird.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte im Präsidium die Personalproblematik ei-
nes solchen Kontrollapparates erörtern und von Schipper mit Hauffe
die endgültige Formulierung und Dienstpostenbesetzung besprechen.
Eine Vergrösserung der Abteilung kommt nicht in Frage.

Die Fruchtunion Wien und Graz gehört heute dem grossen 1 mal 1
Konzern. Dieser hat über eine Mia. DM Umsatz in der BRD. Der Gross-
umschlag, Reifungshalle und Abpackbetrieb hat 35 Mill. S gekostet.
Zuerst war vorgesehen, dass ich zuerst spreche, doch habe ich
dies umdrehen können, da ich ja die Eröffnung vornehmen sollte.
Ich selbst wollte unbedingt nach Gen.Sekr. Kohlmaier das Wort nehmen,
da ich nicht wusste, wie und ob er die Regierung attackiert.



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Er hat aber nur einige grundsätzliche Erklärungen abgegeben,
dass nämlich neben der Wirtschaftspartnerschaft, d.h. der Zusammen-
arbeit zwischen Unternehmer und Belegschaft auch notwendig ist,
dass der Staat in diese Partnerschaft einsteigt. Er hat diese
sehr faire Rede aufgesetzt gehabt und ich hätte eigentlich einen
aggressiveren Angriff von ihm erwartet. Da ich mit der Frucht-
union im Gemüseparlament und mit der ganzen Branche jahrzehnte-
lang zusammengearbeitet habe, war es mir ein Leichtes, bei meiner
Eröffnung aus praktischen Erfahrungen Beweise zu geben. Dadurch
war natürlich meine Rede viel plastischer und subjektbezogener.
Zudem konnte ich einige Anwesende persönlich ansprechen und gleich
Behauptungen, die der Geschäftsführer bei seinem Bericht machte,
widerlegen. So u.a. dass die Arbeit, die die Fruchtunion hier
für den Kleinhändler macht, nicht nur eine Service-Leistung ist
sondern auch keine Verteuerung darstellt, da ja dafür der Händler
billiger sein kann und damit bewiesen ist, dass Obst und Gemüse
preiswert abgegeben werden kann. Die Behauptung, dass in den
letzten Jahren die Preise stabil blieben, konnte ich natürlich
nicht unwidersprochen hinnehmen.

Die anderen Ereignisse, insbesondere das Referat vor dem
Städtebund und ganz besonders die Aussprache mit den soz. Betriebs-
räten der Wiener Fraktion sowie das Geblödel mit Leherb am Abend
haben mir ausgesprochen Spass gemacht.

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Tagesprogramm, 29.11.1972


Tätigkeit: MR HM
GND ID: 133521052


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Ex-ÖVP-FM, BÜRGES
    GND ID: 118565451


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
      GND ID: 102318379X


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Beamter HM, Vors. Beirat Gewerbestrukturverbesserungsgesetz


        Einträge mit Erwähnung:


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: MR HM
            GND ID: 1035518031


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Ministerialrat Finanzministerium


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Künstler


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: GF BÜRGES, ÖVP-nahe


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GF BÜRGES, SPÖ


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., ÖVP-GS


                      Einträge mit Erwähnung: