Freitag, 29. September 1972
Turnauer möchte für die Holzhäuserproduktion in Weissenbach einen
Manager. Richtig ist, dass er in den Zeitungen gross annonciert
hat, wir selbst haben durch eine fingierte Anschrift herausbekommen,
dass er für NÖ und die Steiermark einen Manager sucht. Mit der
amerikanischen Häuserbaufirma Boise Cascade, die an Duropak be-
teiligt ist, hat er sich geeinigt, dass sie das Know how ihm
zur Verfügung stellen. Er möchte die Holzhäuser genauso bauen,
wie sie bereits in Amerika drüben bereits erzeugt werden. Er erklärt,
keine Änderungen zu akzeptieren, sonst geht es ihm so wie der
bundesdeutschen Luftwaffe mit den Starfightern. Ich hatte eigent-
lich angenommen, dass hauptsächlich ein Problem für ihn in der
Änderung der Bauordnungen besteht. Die Bauordnungen könnten nun in NÖ
Burgenland und in der Steiermark leicht geändert werden. Auch die
finanzielle Frage ist für ihn kein Problem, da ehe solche Fabrik
maximal 15 Mill. nach seinem Plan kosten dürfte. Selbst wenn er
Überschreitungen hat und 30 Mill. investieren müsste, kann dies
nicht schwer sein aufzutreiben. Die wirkliche Problematik liegt
nun im Geschäftsführer. Wanke meint, dass er allerdings den Geschäfts-
führer deshalb gern von uns nominiert haben möchte, wenn er Schwierig-
keiten mit der Arbeiterschaft nachher hat, zu erklären, dass dieser
Mann doch vom Handelsminister empfohlen wurde. Weissenbach ist er
fest entschlossen zu schliessen. Der Vorschlag des Betriebsrates,
die Kapazität zu verdoppeln, d.h. weitere 25.000 t Zellstoff zu
produzieren, mit einem Aufwand von 260 Mill. S Investitionen lehnt
er ab, da auch mit 50.000 t die Fabrik zu klein ist. Interessant
ist weiter, dass er in seinem Folienwerk entsprechend niederen
Entlastungssatz sich errechnet hat. Für Alu sind die Sozialpartner
übereingekommen 6,6 %, für Walzmaterial 7,3 und für Folien 7,9 %
zu akzeptieren. Er selbst meint nun, dass maximal 7 % gerechtfertigt
wären. Nach Weissenbach würde er am liebsten die Firma Starlight
bringen, die Tissue-Papier erzeugt, wo eine grosse Überkapazität
in Österreich besteht. In diesem Fall müssten 80 Mill. Kredite von
der Landesregierung und 80 Mill. aus dem ERP-Fonds flüssig gemacht
werden, um eine solche Produktion in Weissenbach aufzunehmen. Über
die Firma Starlight war er nicht bereit Auskunft zu geben, weil er
angeblich nichts weiss. Haffner hat aber in einer deutschen Zeit-
schrift einige Informationen über Starlight gesehen. Diese Firma
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dürfte tatsächlich ein bedeutendes Unternehmen sein mit Fabriken
in Deutschland, Spanien und einigen anderen Ländern. Hier vermutet
Wanke, dass er daran beteiligt ist.
Die Verhandlungen über den Entlastungssatz für den Handel mit
Schönbichler, Zajicek, Hecke, Zöllner, Lachs, Marsch und noch
anderen Kollegen ergab, dass man sich wahrscheinlich auf den
Kompromissvorschlag von Lachs wird einigen können. Danach sollen
die Spannen um 6 Punkte für den Kleinhandel und 1 Punkt für den
Grosshandel gesenkt werden. Wenn ein Produkt über 13,5 % von Vorlie-
feranten bereits entlastet wird, dann können die 6 Punkte auf 5 Punk-
te reduziert werden Leider wird es nur ganz wenige Ausnahmen geben,
wo tatsächlich eine solche Entlastung Platz greift. Für die Autobranche
wurde 6,1 % Umsatzsteuer angenommen und deshalb muss eine spezifische
Regelung gefunden werden. Ebenso ist es notwendig, dass für Tee, Kaffee
und Südfrüchte eine besondere Regelung gefunden wird. Die Bundeskammer
hat angenommen, dass ausser diesen Absenkungsprozentsätzen noch weitere
Reduzierungen vorgenommen werden. Hecke war sehr erstaunt, als er er-
fuhr, dass dies nicht der Fall ist und glaubt nun, dass der Verschlag
Lachs' akzeptiert werden kann.
Bei der Arbeitsbesprechung mit Gen.Sekr. Rabaeus von der EFTA
wurde natürlich insbesondere die Reorganisation des Sekretariates
und die budgetäre Situation besprochen Rabaeus hat einen Beschäf-
tigtenstand Anfang des Jahres von 96 gehabt, hat ihn jetzt auf
80 bereits reduziert und hofft bis Jahresende 70 zu erreichen.
Mit April 1973 möchte er mit 60 Personen das Auslangen finden. Er
wird deshalb die Abteilungseinteilung weitestgehend aufgeben und
wird alle Angestellten zu einem Pool zusammenschliessen, wofür er
dann einzelne Verantwortliche festsetzt. Z.B. sollte Gaeta als
Rechtsmann weiterhin die Verantwortung zu tragen haben. Bei dieser
Gelegenheit ersucht er mich neuerdings auf Wunsch von Reiterer,
wie ich feststellen konnte, bei mir zu deponieren, dass Gaeta
weiterhin dem Sekretariat angehören kann. Ich habe seinerzeit mit
dem zuständigen Stellen in Österreich darüber gesprochen, glaube
auch sogar einen Brief geschrieben zu haben und ich sehe derzeit
keine Gefahr, dass Gaeta zurückgerufen wird.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte stelle fest, ob unser Brief beant-
wortet wurde und sichere den Verbleib von Gaeta in Genf.
Die finanzielle Situation ist nun für die EFTA sehr problematisch.
Derzeit zahlt Österreich 614.630 sfr. und müsste nun 840.000
bezahlen, wenn man auf eine Informationstätigkeit in grösserem
Umfang verzichtet, könnte dies auf 730.000 sfr. gesenkt werden.
Ich selbst habe Rabaeus nicht im Unklaren gelassen, dass wir eine
Erhöhung des Beitrages nur sehr ungern zur Kenntnis nehmen. Um
Kosten zu sparen, wird Rabaeus nicht mehr die entsprechenden Komitees
wieder einsetzen, sondern er meint, es sollte nur ad hoc koordiniert
werden. Auf keinen Fall will er diese Arbeit weiter institutionali-
sieren. Er spricht sich auch dagegen aus, dass in Brüssel ein Vertreter
als Sprecher der EFTA etabliert werden soll. Ich schlug ihm vor zur
Kostenersparung wäre es doch möglich die halbjährigen Ministerrats-
besprechungen doch einmal im Jahr abzuhalten und nur dann wenn
eine Notwendigkeit besteht, eine ad hoc-Sitzung einzuberufen.
Rabaeus meint, er hat sehr gute Erfahrungen damit gemacht, dass
die Personalrekrutierung aus den Ländern erfolgt. In der EFTA hat
man ihm gesagt als er nach Genf kam ist die grosse Schwierigkeit,
dass niemand eine internationale Karriere machen kann und deshalb
sehr ungern hinkommt. In Wirklichkeit hat sich jetzt herausgestellt,
dass dies ein grosser Vorteil ist. Die Beamten haben Verträge auf 1–
2 Jahre mit 3-monatiger Kündigung und gehen dann wieder in ihr Land
zur Regierungstätigkeit zurück. Dadurch habe sie auch einen ständigen
Kontakt mit ihren Regierungen und sind nicht wie andere internationa-
le Behörden vollkommen in der Luft.
Beim Essen erzählte mir dann Rabaeus, dass er mit Jugoslawien guten Kon-
takt hat und jetzt sogar glaubt, dass er sehr bald wieder eingeladen
wird, um eventuelle engere Verflechtung Jugoslawiens an die
EFTA zu besprechen. In Brüssel hat Jugoslawien einen Handels-
vertrag derzeit laufen und da die jug. Vertreter bei der EFTA schon
als Zuhörer mitwirken, kennen sie sich jetzt schon sehr gut aus.
Eine Mitgliedschaft wird wohl nicht in Frage kommen, doch könnte
er sich sehr gut vorstellen, dass ähnlich wie bei Finnland eine
Assoziierung von Jugoslawien erfolgt. Bei einer etwaigen Mitgliedschaft
von Spanien sieht er grosse Schwierigkeiten. Spanien hat auch noch
keinen Kontakt mit dem EFTA-Sekretariat aufgenommen, sondern hier
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wurden nur über Portugal und vielleicht noch andere Staaten ent-
sprechende Überlegungen angestellt und mit ihm besprochen Er fürchtet,
dass ganz besonders Schweden und auch in Hinkunft Norwegen, wenn es
bei der EFTA bleibt, grosse Bedenken gegen eine Mitgliedschaft von
Spanien aus politischen ideologischen Überlegungen haben. Interessant
für mich war, dass er auch bemerkte, dass eine kanadischer Botschafter
sicherlich nicht aus eigener Initiative sondern zumindestens mit Zustim-
mung und Wissen seiner Regierung sich für die EFTA sehr interessiert hat.
Neben Griechenland und Türkei, wo ebenfalls eine Lösung gefunden werden
muss, allerdings nicht in einer Assoziierung, wäre Kanada das erste
Überseeland, welches mit der EFTA in einen engen Kontakt kommen könnte
und scheinbar auch will. Fraglich für Rabaeus war, ob man einen so
engen Kontakt zum Europäischen Parlament in Strassburg aufrechterhalten
soll wie bisher. Diese Parlamentarier haben einmal im Jahr oder viel-
leicht zweimal, das weiss ich nicht so genau – einen Tätigkeitsbericht
vorgelegt bekommen, der in Wirklichkeit keine wie immer geartete posi-
tive Wirkung gezeigt hat. Rabaeus meinte sogar, dass es vielleicht sinn-
voller wäre, die Parlamentarier nach Genf zu bitten, damit man ihnen
am Sitz des Sekretariates mehr Informationen geben kann. Ich warnte
Rabaeus vor voreiligen Schritten weil gerade die Parlamentarier mit der
EWG und deren autoritären Führung sehr unzufrieden sind. Er sollte sich
deshalb aus einer Diskussion heraushalten, wo dann womöglich ebenfalls
gesagt wird, dass die EFTA sich einer parlamentarischen Diskussion ent-
ziehen will. In Wirklichkeit bin ich mir vollkommen klar, dass die
Tätigkeit in Strassburg keine wie immer geartete positiven Ergeb-
nisse weder im Sinne einer Kontrolle der Parlamentarier über die inter-
nationalen Institutionen noch im Sinne von wesentlichen Anregungen
die dann eine Rolle spielen gegeben haben.
Min.Rat Hanisch kam, um sich zu beschweren, dass in der Frage des Umwelt-
schutzes er sich immer mit Sekt.Chef Jagoda, d.h. der Sektion II
herumstreiten muss. Er selbst hat die Koordinierung durchzuführen
und ist deshalb, wie Hanisch glaubt, auch als Sektionsleiter gleichgestellt
zu betrachten. Da er dem Bundesminister direkt unterstellt ist, ist
seine Funktion dieselbe wie die eines Sektionschefs. Da ich mich auf
so eine Diskussion erst gar nicht einlassen wollte, erklärte ich,
dass dies eine Personalfrage ist, die ganz besonders Koll. Dr. Heindl
zu bearbeiten hat. Ich denke nicht daran, Jagoda hier Schwierigkeiten
zu machen und Hanisch jetzt als Koordinator für die Umweltschutzfrage
ihm gleichzustellen.
Es genügt schon, wenn die Sektion II mit dem Gesundheits-
und Umweltschutzministerium koordinieren muss, da auch auf
diesem Sektor natürlich die Detailinformation und die Detail-
durchführung nur bei den Gewerbebehörden resp. den Abteilungen der
Sektion II liegen können. Eine andere Lösung, als dass Jagoda
ausschliesslich dafür kompetent bleiben kann und muss, will ich
mir erst gar nicht einwirtschaften. Wenn Hanisch einmal in Pension
geht, wird diese Abteilung sowieso aufgelassen.
Tagesprogramm, 29.9.1972