Samstag, der 30. September 1972

12-1182

Samstag, 30. September 1972

Beim Frühstück das LH vor der Messe-Eröffnung konnte ich mit
Niederl über die Probleme in Weissenbach sprechen. Niederl selbst legt
keinen Wert mehr darauf, dass Starlight in diesem Gebiet einen Betrieb
errichtet. Die Arlander Papierfabrik war bei ihm und hat ihm mitge-
teilt, dass sie dieselbe Produktion, nämlich Tissue-Papier, d.h.
Wegwerftaschentücher usw. in Arland erzeugen will. Die Maschinen
sind angeblich schon angeschafft, zu der schon derzeit bestehenden
mächtigen Überkapazität von Bunzl & Biach und vielen anderen Papier-
fabriken kommt jetzt noch Arlander mit dazu. Unter diesen Umständen
befürchtet Niederl, dass Starlight in Weissenbach eine weitere Kon-
kurrenz bedeuten würde. Da die Firma Starlight, wie ich mich in
der Zwischenzeit erkundigen konnte, ein sehr potenter und mächtiger
Papiererzeuger in Deutschland, aber auch in Spanien und anderen
Staaten ist, fürchtet Niederl wahrscheinlich zu recht, dass diese
Firma unverzüglich einen harten Konkurrenzkampf in Österreich er-
öffnen wird. Aus diesen Gründen ist er nicht bereit, die vorgesehenen
80 Mill. S Kredit, die zu den 80 Mill. ERP-Kredit dazukommen sollten
zu gewähren. Er ersucht mich deshalb, wir sollen auf alle Fälle mit
diesem Projekt langsamtreten. Da von der Produktionsseite unser Haus
sowieso sehr negativ zu diesem Projekt steht, fällt es mir sehr leicht
LH Niederl zu sagen, dass sein Wunsch von mir vollauf akzeptiert wird.
Wenn das Land nicht die 80 Mill. S Kredit zur Verfügung stellt, fürchte
ich, kann es ja gar nicht zu einer Kreditzusage von ERP kommen.

Niederl nimmt die Mitteilung, dass Turnauer beabsichtigt, die Holz-
häuserproduktion in Weissenbach mit 200 Stück aufzunehmen, mit Freude
zur Kenntnis. Niederl selbst wird sich ebenfalls bemühen, ob er einen
Manager für Turnauer findet. Nachdem dieser erklärt, dass dies das
letzte Hindernis sei, was es zu überwinden gibt. Niederl selbst hat sich
auch bereiterklärt, in die Wohnbauförderungsaktion des Landes Steier-
mark Holzhäuser aufzunehmen. Er meint, dass es ein Leichtes wäre, die
200 Stück, die jährlich erzeugt würden, in der Steiermark aber vielleicht
auch in NÖ und im Burgenland zu verkaufen. Diese 3 Länder waren bereit,
ihre Bauordnung sofort zu novellieren, oder durch entsprechende Er-
lässe so zu interpretieren, dass man die Holzhäuser ohne weiteres ver-
kaufen und aufstellen kann. Niederl war so angetan über unser Gespräch,
dass er es selbst bei der Eröffnung der Messe dann als positiv berichtete.



12-1183

Ich beabsichtigte bei der Messe-Eröffnung auch auf das Stabilisierungs-
programm von ÖAAB einzugehen. Ich wies besonders darauf hin, dass
mein Freund Drennig versucht hat, ein Modell aufzustellen, das sofort
den Widerstand der Handelskammer hervorgerufen hat. Die Handelskammer
lehnt die Lohnleitlinien wegen Störung des sozialen Friedens und
der Tarifautonomie der Gewerkschaften und natürlich damit auch der
Handelskammer ab. Genauso weist sie darauf hin, dass Preisleitlinien
noch in keinem einzigen Land versucht wurden. Gegen Gewinnleitlinien
ist sie natürlich ganz besonders, weil sie darin ein dirigistisches
Element der Wirtschaftspolitik sieht. Ich glaube dass man den Gegen-
satz zwischen diesen beiden ganz besonders herausstreichen soll.
Andererseits wieder hat Koppe recht, der meint, allzu sehr sollten
wir uns gegen das Stabilisierungsprogramm des ÖAAB nicht wenden,
denn wir werden vielleicht den einen oder anderen Gedanken zuminde-
stens im Gegenspiel gegen die Handelskammer aufgreifen.

Bei einem Essen des neuen österr. Botschafters in Jugoslawien
Dr. Otto, einem Genossen und Freund von Heinz Kienzl teilt mir dieser
mit, dass Dr. Snuderl, der jug. für die aussenwirtschaftlichen Be-
ziehungen im Westen im Präsidium verantwortliche bedeutende Mann,
wartet, dass wir endlich das Fremdenverkehrsabkommen mit Jugoslawien
abschliessen. Da in diesem Abkommen nichts bedeutendes drinnen steht
ist es von Standpunkt Dr. Ottos, dringend, es so bald wie mög-
lich in Angriff zu nehmen. Er sieht darin eine bedeutende Möglichkeit,
um die derzeit gespannteren Verhältnisse, die sich seit dem Banditen-
überfall aus Österreich verschärft haben, jetzt aber in der letzten
Zeit sich wieder aufzulockern beginnen, zu überbrücken. Ich sichere
ihm zu, dass ich so schnell wie möglich die entsprechenden inter-
ministeriellen Besprechungen abschliessen werde, damit ein solches
Abkommen so bald wie möglich den Jugoslawen angeboten werden kann.



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        Tätigkeit: Industrieller


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