Sonntag, der 24. September 1972

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Sonntag, 24. September 1972

In Vorarlberg besuche ich ganz zeitig den Bürgermeister von Hohen-
ems, um mit ihm die weitere Entwicklung der Steinbruchangelegenheit
zu besprechen. Der Steinbruch selbst ist mir vor dieser Aussprache
bereits aufgefallen, dass eine Gipsmilch aus einzelnen Löchern
herausgequollen ist und den Steinbruch heute als Sprengvorbereitung
klar und deutlich kenntlich macht. Der Bürgermeister teilt mir
mit, dass über die Sicherheitssprengung ein Lokalaugenschein und
eine Amtshandlung am Donnerstag abgewickelt wurde. Bei dieser
hat er alle Einwendungen gegen die Sicherheitssprengung vorgebracht.
der Bezirkshauptmann aber hat sie nur protokolliert und wird sie wahr-
scheinlich kaum berücksichtigen. Der grösste Fehler war aber, den
Bezirkshauptmann bei den Parteiengehör unterlaufen. Er hatte nämlich
erklärt, dass innerhalb der Sicherheitszone die Leute nicht, wenn
ein positiver Bescheid ergeht, auch tatsächlich bei der Sprengung ihre
Häuser räumen müssen. Dies bedeutet, dass in 23 Wohnobjekten die
Sicherheitszone beträgt 400 m, die Leute erklärt haben, sie werden
nicht ihre Häuser verlassen, da der Bezirkshauptmann vorher er-
klärt habe, in diesem Fall würde nicht gesprengt werden können.
Der Bürgermeister meinte, dass bis jetzt die Bevölkerung wenn es
zu einer Sprenggenehmigung gekommen ist, zwar widerwillig aber
doch der Aufforderung Rechnung getragen hatte. Er selbst kann sich
nicht vorstellen, dass in Hinkunft mit Gendarmerieassistenz
vielleicht die Bevölkerung aus ihren Häusern getrieben wird. An-
dererseits aber kann jetzt die Firma die Sprengung dann nicht
vornehmen und wird sicherlich auf Schadensersatz vielleicht sogar
den Bezirkshauptmann klagen. Das ganze Problem ist im Protokoll
über die Amtshandlung festgehalten. Der Bürgermeister, der mir seine
Einwände und die Angelegenheit ganz genau schilderte – wir besich-
tigten dann auch gemeinsam neuerdings den Steinbruch – meinte, er
könne mir alle Unterlagen zur Verfügung stellen. Ich lehnte dies
deshalb ab, weil ich mich in dieses schwebende Verfahren nicht bereit
von der einen Seite allein informieren lassen will. Ich versprach
ihm weiterhin engsten Kontakt und verzichtete auf seine Unterlagen.
Ich glaube, dass der Bürgermeister sehr erstaunt war, dass ich mich
um ihre Problem so im einzelnen annehme und so viel Zeit aufwende
und bei jedem Besuch mit ihm Kontakt aufnehme. Ich glaube aber,


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dass dies ungeheuer wichtig ist, weil ich für die weitere Entwicklung
dieses Streitfalles die grössten Bedenken habe. Die Firma wird,
wenn sie letzten Endes eine Sicherheitssprengung genehmigt bekommt
und diese aber durch die ungeschickte Verhandlungsführung, wie der
Bürgermeister sich ausdrückte, nicht effektuieren kann, zu drasti-
scheren Mitteln greifen. Auf alle Fälle wird es dann optisch sehr
gut sein, wenn ich darauf hinweisen, kann, dass ich bei jeder sich
bietenden Gelegenheit mich immer wieder durch persönlich Lokalaugen-
schein, durch Verhandlung mit den beteiligten Stellen um die Details
im einzelnen sehr genau gekümmert habe.

Die Landeskonferenz der Lebensmittelarbeiter in Vorarlberg war da-
durch auch ausgezeichnet, dass der Präsident der Arbeiterkammer,
der ÖAAB-Mann Jäger, anwesend war. Ich nützte diese Gelegenheit,
um klar und deutlich unsere Stellung als Lebensmittelarbeiter
zu dokumentieren. Ich erklärte, dass wir seit eh und je ganz unabhän-
gig, welche Regierung gerade im Amt ist, unsere Politik nach höchst-
möglichen Lohn- und Kollektivvertragsverbesserungen fortsetzen
werden und müssen. Wir haben uns in diesem Fall weder in der Koa-
litionsregierung noch in der ÖVP-Alleinregierung geschweige denn
jetzt unter der sozialistischen Regierung von einem anderen Ge-
sichtspunkt leiten lassen. Unsere Aufgabe ist es, für die Mitglieder
unserer Organisation wohl unter Wahrung der grossen Verantwortung
die wir seit eh und je zu tragen hatten, ein Optimum zu erzielen.
Jetzt kommt mir mein System sehr zustatten. Als ich die Funktion
als Obmann der Lebensmittelarbeiter übernommen habe, hatte ich
es von vornherein abgelehnt, bei den Lohnverhandlungen anwesend zu
sein. Nicht, dass ich mich um die Arbeit drücken wollte, sondern
weil ich auf dem Standpunkt stand, es ist zielführend, wenn man die
Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben, d.h. die Funktionäre
mit unserem Fachsekretär gemeinsam die Verhandlungen führen lässt.
Kommt es zu einer Einigung, so haben die Mitglieder dieses Verhandlungs-
komitees das Gefühl unmittelbar nicht nur dabei gewesen zu sein,
sondern auch selbst einen wesentlich Beitrag dazu geleistet zu
haben. Kommt es zu keiner Einigung, dann kann ich noch immer als
Obmann der Lebensmittelarbeiter vermitteln und es muss nicht sofort
zu Kampfmassnahmen wie Streiks usw. kommen. In unserer Organisation
besteht deshalb ein verhältnismässig sehr gutes Klima bezüglich


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der erreichten Lohnerhöhungen und Kollektivvertragsverbesserungen.
Bei der Landeskonferenz kam es zu einer grösseren und längeren Debatte
als in Tirol, da sich doch wenigstens 6 Debattenredner meldeten. In
Vorarlberg spielte das Gastarbeiterproblem eine wesentliche grössere
Rolle als in Tirol. Vorarlberg ist das einzige Bundesland, wo wir
einen stärkeren Mitgliederzuwachs zu verzeichnen haben. ZS Blümel
hat dies in seinem Referat ganz gebührend herausgestrichen. Da unser
Landessekretär in Tirol jetzt in Pension geht und sein Nachfolger
nicht mehr für Vorarlberg ebenfalls mitverantwortlich sein soll,
wird von uns jetzt der ÖGB-Sekretär Endlincher als Landessekretär
endgültig eingesetzt. Dies hat natürlich die Vorarlberger Funktionäre
sehr befriedigt. Ich persönlich bin der Meinung, ohne dass ich dies
vor der Landeskonferenz natürlich gesagt habe, aber mit Blümel nachher
diskutiert habe, dass es auf die Dauer vollkommen unmöglich wird,
eine solche Personalpolitik des ÖGB fortzusetzen. Wir haben mit
1.200 Mitgliedern jetzt einen eigenen Landessekretär, der wohl
auch noch eine zweite Gewerkschaft, nämlich die Chemiearbeiter und
Land- und Forstarbeiter so nebenbei bearbeitet. Wenn jede einzelne
Gewerkschaft in jedem Land einen eigenen Landessekretär hält, so
muss dies eine Aufblähung des Verwaltungsapparates geben. Es ist
richtig, dass die Sekretäre heute immer wieder von den Be-
triebsräten gerufen werden, um selbst die kleinsten Kleinigkeiten
zu erledigen. Früher soll es so gewesen sein, dass die Betriebsräte
selbständig ohne Unterstützung und Anwesenheit des Landessekretärs mit
ihren Unternehmungen Probleme gelöst haben. Jetzt wird für jede Kleinig-
keit sofort der Sekretär gerufen. Dies bedingt, dass so viele Sekretäre
in den Ländern notwendig sind. Vollkommen übersehen wird dabei,
welche grossen Personalaufwand dadurch entstanden ist. Wie allerdings
dieses Problem zur Zufriedenheit aller gelöst wird, kann ich
momentan nicht sagen. Derzeit ist es auch gar nicht mein wirk-
liches Problem, das ich zu lösen beauftragt bin oder wäre.

Tätigkeit: AK Präs. Vbg.


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    Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


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