Montag, der 5. Juni 1972

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Montag, 5. Juni 1972

Beim Fremdenverkehrstag hat bei den Begrüssungsansprachen sofort
bemerkt, dass er ursprünglich gar nicht als Redner vorgesehen war
und er sich umso mehr jetzt freut, dass er jetzt Gelegenheit hat,
das Wort zu ergreifen. Würzl, den ich sofort fragte, erklärte mir,
dass ursprünglich die Absicht war und er hätte dies mit Heindl so
besprochen, dass es eine Arbeitssitzung wird und damit die Begrüssungs-
redner so wenig wie möglich vorgesehen waren. Es sollte nur Wallner
als Bürgermeister und Kessler als Sprecher der Landeshauptleute zu
Worte kommen. Es war taktisch vollkommen falsch und mir vor allem
nicht bekannt. Wenn wir die Sozialpartner bei dieser Gelegenheit
nicht zur Wort kommen lassen, müssten wir wissen, dass sie natürlich
dann sofort irgendwo mit einem negativen Votum reagieren werden.
Ich weiss nicht, ob wir auf die Dauer eine Sozialpartnerschaftspolitik
werden machen können. Solange dies aber möglich ist, müssen wir den
einzelnen Kammern Gelegenheit geben, das Wort zu ergreifen. LH Kessler
hat mir bereits in seinem Brief geschrieben, dass er die Möglichkeit
der Ansprache als Auszeichnung empfindet und hat dann auch natürlich
eine Erklärung der Stellung der Länder zu den Fremdenverkehrswünschen
und -konzepten des Handelsministeriums gegeben. Als einzigen Aufhänger
gegen mich konnte er nur die Bemerkung in der IFES-Studie über eine
gewisse Konzentration im Fremdenverkehr und Zentralisierung bei der
Beratung und bei der Werbung aufführen. Er war allerdings loyal genug,
auch in der Pressekonferenz und wie ich hörte dann auch im Fernseh-
interview, zu erklären, dass dies sicher nicht gegen den Handelsmini-
ster gerichtet ist, der immer schon den Wünschen der Länder hier weitest-
gehend entgegengekommen ist. Nebenbei bemerkt, ich könnte gar nicht
anders, wenn ich es auch wollte, denn zur Kompetenzänderung ist als
Verfassungsbestimmung die Zweidrittelmehrheit notwendig, die wir
niemals bekommen würden, wenn wir eine Zentralisierung des Fremden-
verkehrs oder eine Verbundlichung wünschten.

Mein Referat konnte ich idealst vorbereitet halten. Einerseits hat
Würzl mir ein umfangreiches Ziffernmaterial zusammengestellt und
andererseits ich die Möglichkeit durch Kontakte, die ich vorher schon
mit einigen Teilnehmern hatte oder durch Bezugnahme auf die
Begrüssungsansprachen äusserst lebhaft und vor allem aktuell einen
Teil meiner Rede gestalten. Die Teilnehmer, die zu 90 % politische


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Gegner sind, sind sicherlich auch mit der entsprechende Einstellung
zu diesem Fremdenverkehrstag gekommen. Nach meinem Referat gab es
eine 15 Minuten dauernde Pause, um eine Pressekonferenz abzuhalten.
Dies war organisatorisch ein ganz schwerer Fehler, weil natürlich
die Pressekonferenz sich auf eine halbe Stunde sich ausdehnte und
in Wirklichkeit wahrscheinlich noch viel länger hätte dauern können
und müssen. Ich hatte zu der Pressekonferenz auch als Ländervertreter
den LH Kessler und für die Bundeskammer Komm.Rat Lissbauer gebeten.

ANMERKUNG FÜR KOPPE UND HEINDL: In Hinkunft bitte die organisatorische
Einteilung mit mir doch vorerst auch abzusprechen, damit nicht solche
möglichen Situationen entstehen.

Als erster Diskussionsredner meldete sich, obwohl er zuerst erklärte
hat, er müsste schon wegfahren, Mussil. Sein Diskussionsbeitrag war
verhältnismässig sehr zahm, ein verhältnismässig sehr bescheidenes
Anklingen wegen der steuerlichen Entlastung der Fremdenverkehrsbetriebe
und die bekannten Bürges-Wünsche in Fortsetzung der bisherigen Aktionen.
Ich stelle mir vor, wenn ein Arbeitnehmerpublikum, mir politisch wohl-
gesinnt, bei einer ÖVP-Veranstaltung und wir in der Opposition und ich
als Kammeramtsdirektor, hätte in der Vergangenheit sprechen können,
dass ich dort einen Zauber aufgeführt hätte. Ich glaube, Mussil bemerkt,
dass er mit dem Handelsministerium und insbesondere mit mir doch noch
am besten auskommt und hier die Sozialpartnerschaft und ein gewisses
Mitspracherecht dem Handelskammer existiert und dies glaube ich will
er nicht gefährden. Nachdem er gleich nach seinem Beitrag wegging,
zum Glück aber schon der zweite Redner aufgerufen war, der gerade
wie ich beantragte, nicht vom Platz, sondern vom Rednerpult aus
sprach, fiel es nicht auf, dass Mussil sogar beim Weggehen einen
Applaus bekommen hätte, der für jemandem, der nicht am Präsidiums-
tisch sass, nicht erklärlich ist und deshalb als Antrittsapplaus für
den nächsten Redner gelten konnte. Die Diskussion war verhältnimäs-
sig harmlos und natürlich immer wieder die Forderung auf steuerliche
Erleichterung.

Nachmittags in den Arbeitsausschüssen, wo ich ebenfalls zeitweise in
allen vieren anwesend war, war der kritische Punkt ebenfalls die
steuerliche Erleichterung und die Förderungsaktionen. Ich weiss


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nicht, wie weit sich die sozialistischen Teilnehmer in den Ausschüssen
gegen eine solche Politik aussprachen. Ich höre nur, dass der Bürger-
meister von Ischl, Müllegger, sich gegen die Abschaffung der Getränke-
steuer, die eine Gemeindeeinnahme ist, ausgesprochen hat und damit auf
heftigsten Widerstand stiess. Da ich an die Vorsitzenden der Ausschüsse
in einer Besprechung im kleinsten Kreis appellierte, man möge doch
versuchen, dass im Fremdenverkehr einstimmig Beschlüsse zustande kommen
können, nehme ich an, dass wir gegen diese Forderungslawine nur in
der verbalen Aussage und umschrieben, sie auf ein Minimum reduzieren
können. Sie vollkommen vom Forderungsprogramm zu streichen, ist hoffnungs-
los und würde keinesfalls glücken. In einem solchen Fall, bin ich über-
zeugt davon, würde aus dem Plenum heraus eine entsprechender Antrag
mit überwältigendster Mehrheit angenommen werden. Wichtig erscheint mir
vor allem jetzt, mit dem Finanzminister zu klären, ob er bereit ist,
weitere Mitteln für die Komfortzimmeraktion im zweiten Budgetüber-
schreitungsgesetz zu genehmigen. Da er auf dem Standpunkt steht, man
soll eine gute Aktion nicht abbrechen, nehme ich an, dass wir seine
Zustimmung bekommen können.

ANMERKUNG FÜR HEINDL: Bitte sofort einen persönlichen Brief von mir an
Androsch, wo wir die Fremdenverkehrstag-Forderung
einbauen, schreiben lassen. Darin kann auf seine
Salzburger Erklärung, die mittelständischen Betriebe
zu unterstützen, Bezug genommen werden.

Poppinger, der ungeheuer glücklich war, dass er am Präsidiumstisch Platz
nehmen durfte, dasselbe gilt übrigens auch für Hofrat Manzano, der der-
zeitigen Vorsitzendes des Kuratoriums, kam anschliessend zu mir um mir
zu erklären, dass die Rede ganz hervorragend gewesen ist und er als
Fremdenverkehrsfachmann, der Fremdenverkehrstage mitgemacht hat, dies
auch beurteilen könne. Ich replizierte ganz kaltschneuzig, dass ja
auch Würzl eine ganz hervorragende Vorbereitungsarbeit geleistet hat.

Die Vorbesprechung im Ministerkomitee über die Forderung der Zeitungs-
herausgeber ergeben, dass gegebenenfalls mit einem Krieg zu rechnen
ist. Die Zeitungsherausgeber haben insbesondere derartige Wünsche auf
steuerliche Ermässigung und darüber hinausgehende noch Subventions-
forderung bei Papierbezug, usw., dass dies beim besten Willen nicht
zu erfüllen ist. Bei der Mehrwertsteuer wünschen sie eine echte Steuer-
befreiung, bei Vorsteuerabzugsrecht. Dies sei angeblich in Schweden,
in den Niederlanden und in der BRD der Fall. Androsch ist nicht bereit,
ihnen hier entgegenzukommen. Die Gewerbesteuer und die Lohnsummensteuer


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soll entfallen. Diese Gemeindesteuer würde niemals die Zustimmung
der Gemeinden finden und der Bund müsste, wenn er so etwas beschliesst,
mit einer Entschädigungsforderung der Gemeinden rechnen. Ebenso
wünschen sie, dass die Anzeigenabgabe, die angeblich in Österreich ist,
was nicht stimmt, sondern auch in Schweden wird sie eingehoben, und auch
die Gebrauchsabgabe, wenn sie Ständer aufstellen usw. entfallen sollte.
Für Papier wünschen sie einen entsprechenden billigen Preis, gegebenen-
falls durch eine Subvention des österr. Staates an die inländische
Papierproduktion ermöglicht werden sollte. Für Telefon und Fernschreiben
wünschen sie eine Gebührenermässigung, hier meinte Kreisky könnte man
ihnen entgegenkommen und Frühbauer hat dies akzeptiert, allerdings
darauf hingewiesen, dass auch dann andere Gruppen mit entsprechenden
Anträge kommen werden, wenn die Fernmeldegebühr im Parlament für diese
Gruppe reduziert werden wird. Ebenso sollten Sondertarife der Post und
der ÖBB für die Auslieferung neuerdings verbessert werden. Hier hat
Frühbauer mit Recht darauf hingewiesen, dass in Wirklichkeit die Post
nur mehr wegen der Zeitungen eine Samstags-Zustellung durchführt und da-
durch eine schwere kostenmässige Belastung entsteht. Frühbauer meint,
dass die Zustellung und Beförderung 20 Groschen pro Zeitung kostet und
eigene Zustellungsbeförderungsdienst ihnen auf 49 Groschen zu stehen
kommt. Allerdings gibt er zu, dass die Postzustellung nur für die
Bundesländerzeitung, insbesondere die Salzburger Nachrichten und die
Parteizeitungen von Bedeutung ist. Keinesfalls für den Kurier oder
für die Kronenzeitung. Insbesondere die letztere aber, wird sehr
stark gegen die Nichterfüllung ihrer Forderungen polemisieren. Kreisky
hat keinen Zweifeln den Herausgebern gelassen, dass die Bundesregierung
gegebenenfalls mit einem Kampf gerechnet, aber dann auch die entspre-
chenden Inseratensteuern erhöhen wird, um gegen dieses mächtige Massen-
medium bestehen zu können. Die Zeitungsannoncen-Einnahmen im ersten
halben Jahr sind nach einer Berechnung von Vorwärts 376 Mill. S. Dazu
kämen noch die ORF-Anzeigeneinnahmen von 400 Mill. S im Jahr, sodass
man insgesamt mit 1,2 Mia. S Umsatz an Annoncen und Werbegebühren
rechnen könne.

Bei der Ministerratsvorbesprechung, wo ich nur kurz anwesend sein
konnte, berichtete Kreisky, dass anlässlich des 25 Jahre Marshallplan
die BRD, Brandt, ihm mitgeteilt habe, 150 Mill. DM als Geschenk zur
Untersuchung von Wirtschaftsbeziehungen und Europa zur Verfügung
stellen wird. Er möchte im UNIDO-Gebäude ein Konferenz-Zentrum als


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Marshall-Zentrum bezeichnen. Beim Besoldungsgesetz über die Bezüge
der Obersten Organe des Bundes soll jetzt für die Parteienvertretungs-
besprechungen im Parlament von ihm fertiggestellt und den einzelnen
Ministern zur Kenntnisnahme übermittelt werden. Die Forderung, ein
Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu errichten und die Aufbringung
der finanziellen Mittel dafür, wird das BKA übernehmen.

Kreisky berichtet auch, dass die Handelskammer-Delegation über die
grenzgefährdeten Betriebe beim bayerischen Raum vorgesprochen hat und
es wird beschlossen, dass der Sozialminister und der Handelsminister
ein Antwortschreiben auf ihre Forderungen ihnen übermitteln soll.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte einen Briefentwurf unverzüglich von Gehart
mit den Massnahmen, die wir bereits getroffen haben, anfordern und dem
Sozialminister zur Ergänzung und Stellungnahme schicken.

Kreisky berichtet über seine Schwedenreise, wo er insbesondere die
Punkte herausstreicht, in denen er sagt, er könnte sie dann bei der
offiziellen Berichterstattung im Ministerrat nicht bringen. Die
Schweden befinden sich jetzt bereits, obwohl die Wahl erst im Herbst
1973 stattfindet, in einem permanenten Wahlkampf. Die Regierung hatte
beabsichtigt, eine Steuersenkung durchzuführen. Bei Einkommen von
150.000 S, wofür man ungefähr ein Drittel Steuer bezahlen muss, sollten
um 5.000 S Lohnsteuer- und Einkommensteuersenkung vorgesehen sein.
Dafür hätte die Mehrwertsteuer erhöht werden müssen. Sowohl die
Kommunisten als auch die Bürgerlichen haben dies abgelehnt. Darauf
hat die Regierung die Lohnsummensteuer auf 2 % erhöht, das ist
eine Verdoppelung. Ohne Absprache, aber doch de facto wird jetzt
die Regierung mit den Kommunisten einen ganz scharfen Wirtschaftskurs
machen, um die Summe aller Linksstimmen, die ca. 50 % betragen, zu
bekommen. Die Partei hat beschlossen, dass die Wirtschaftspartnerschaft
jetzt prinzipiell abgelehnt wird. Die Gewerkschaftsführer verhalten sich
sehr reserviert gegen diesen Plan. Da die Regierung mit keiner Ver-
stärkung aus dem liberalen Lager rechnet, hängt es eben ganz davon
ab, ob die Kommunisten stärker werden oder ob ein Teil der Angestellten
zu den schwedischen Freisinnigen hinüberwechselt. Kreisky meint, wenn
Palme diese Wahl besteht, dann ist er überm Berg und Erlander war genauso
am Anfang umkämpft und umstritten. Jetzt gilt er als der Vater des
schwedischen Vaterlandes. Im Fernsehen gibt es zwei unabhängige Kanäle,


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aber die Politik ist trotzdem antisozialdemokratisch. Sowohl in den
Zeitungen als auch im Fernsehen werden meistens linksgerichtete Leute
aus der Hochschule, Marxisten, Leninisten, beschäftigt, die einen ganz
harten Linkskurs befürworten. So erklärt sich die Forderung bezüglich
der Gleichheit für alle Schweden und auch insbesondere die Stellung
zum Vietnam-Konflikt. Schweden ist nicht nur eine linksradikale Gruppe,
sondern weit bis hinein ins bürgerliche Lager die Bevölkerung engagiert.
Die wirtschaftliche Lage ist sehr prekär. Es gibt 60.000 Arbeitslose
plus 40.000, die in Umschulung sich befinden und noch 40–50.000 Not-
standsarbeiter, die Strand reinigen und sonstige Arbeiten verrichten.
Häuser meint, dass die Arbeitslosen hauptsächlich durch die Reorganisa-
tion und Mechanisierung in den Angestelltenberufen eingetreten ist.
Es ist also nicht so, wie Kreisky anzunehmen glaubt, dass nur hochstehende
Intellektuelle arbeitslos sind. Ganz im Gegenteil, es handelt sich um
eine Masse von Rationalisierungsopfern der Angestelltenberufe. Die Re-
gierung nimmt an, dass sich die Konjunktur bereits verbessert, doch die
Industrievertreter können dies noch nicht feststellen. Die Schweden geben
einen Irrsinnsbetrag für die Landesverteidigung aus – 35 Mia. S – und
haben in den Felsen riesige Kavernen für ihre Schlachtschiffe und U-Boote
gebaut, die eigentlich gegen Atomangriffe ebenfalls nicht sicher sind.
Die Regierung hofft, mit einer Politik "Qualität des Lebens" d.h.
höheren Umweltschutz, Reorganisation der Spitäler und so weiter die Be-
völkerung bei der Wahl zu gewinnen. In der Europa-Politik wird ein
Zick-Zack-Kurs gemacht, zuerst hatten die Schweden geglaubt, dass sie
bei der EG Mitglieder werden können, mit entsprechendem Neutralitäts-
vorbehalt, als dies nicht funktionierte, möchte sie in der Freihandels-
zone, wo sie keine Mitsprache haben, entsprechende Sonderregelungen
bekommen. Insbesondere wird das derzeitige vorgesehene Arrangement von
den oberen Opinionleadern abgelehnt. Die weitere Haltung wird aber ganz
davon abhängen, ob Norwegen den Beitritt akzeptiert, Kreisky nimmt
an, dass die Volksabstimmung positiv verlaufen wird. Da sich die Ge-
werkschaften jetzt dafür ausgesprochen haben. Ein grösserer Erfolg
beider Abstimmung wird in Dänemark zu verzeichnen sein. IN diesem
Fall wird dann auch Schweden sich leichter hie den Verhandlungen und
insbesondere bei der Auseinandersetzung im Inland tun.



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Bei dem Empfang in Baden, wo ich Gelegenheit habe, mit einigen
Delegierten zu sprechen, stelle ich wieder einmal folgende
Politik fest: Ob es sich um Besitzer und gleichzeitig Nationalräte
wie z.B. Westreicher oder um Funktionäre und Angestellte wie Dr. Zittmayr
handelt, in jedem Fall wollen sie mit dem Minister gut auskommen, weil
sie doch irgendwelche Sonderwünsche haben. Auf der anderen Seite wollen
sie sich gut stellen, um nicht ihrerseits meine Bemühungen um eine
Sozialpartnerschaft zu torpedieren. Ich weiss natürlich nicht, wie
lange dieser Zustand noch anhalten kann. Auf der einen Seite muss –
wenn jetzt bei den anderen Ministern, insbesondere Androsch, eine
härtere Gangart eingeschlagen wird - dies in der gesamten Regierungs-
politik und damit natürlich auch in meinem Ressort einen entsprechenden
Niederschlag finden. Mussil und Sallinger z.B. haben mir angedeutet,
dass sie, wenn nun wirklich eine Weggebühr eingeführt wird, ohne dass
man mit ihnen engeren Kontakt hält, sie dies als Kriegsfall betrachten.
Sie haben eine diesbezügliche Aussprache am nächsten Tag mit Androsch
und ich selbst habe ihn auf diese Bemerkung hin nach Beendigung der
Ministerratssitzung aufmerksam gemacht. Androsch selbst meint, dass
dies ja im Interesse der Wirtschaft wäre, was ich mir allerdings nicht
ganz erklären kann. Das Dilemma wird für mich allerdings auch in Hin-
kunft noch wesentlich schlimmer, weil natürlich der Eindruck entstehen
muss, dass ich es mir mit der Handelskammer richte und sozusagen aus
dem Kampf der Regierungsteams gegen diese Institutionen scheinbar aus-
scheide.

Spät abends ruft mich noch Hausberger von Luxemburg an und berichtet
mir über den Ministerrat der EG. Die wichtigsten Mitteilungen habe ich
allerdings bereits in den 10-Uhr-Nachrichten gehört. Hausberger ergänzt
sie nur dahingehend, dass er glaubt, dass über die Ursprungsregelung und
über die EGKS-Güter doch noch am nächsten Tag bei den Verhandlungen
ein positiveres Ergebnis herauskommen könnte. Bis jetzt haben sich die
Franzosen wieder einmal quergelegt. In der Ursprungsregelung wollen
sie nicht einmal diese partiell-diagonale Kumulierung zustimmen. Schein-
bar wollen die Franzosen hier, nachdem Pompidou erklärt hat, er ist
mit der Entwicklung über die Europäische Gemeinschaft im Hinblick auf die
Gipfelkonferenz nicht einverstanden, auch bei jeder Kleinigkeit neuerdings
demonstrieren, wo sie überall Schwierigkeiten machen können. Da dies
auch den Interessen der franz. Industrie entspricht, haben sie zwei
Fliegen auf einen Schlag. Die Berichterstattung über die Landwirtschaft


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offiziell im ORF war sehr positiv und optimistisch, obwohl in Wirk-
lichkeit nur die Kommission einen Auftrag bekommen hat, exploratorisch
Gespräche mit Österreich, Schweiz und Schweden zu führen. Österreich
wird wenigstens die Rindermarktregelung angeboten, wenn wir bei Obst
und Gemüse in der Kontingentphase der EG Zugeständnisse machen und
insbesondere auch über Flaschenweine ein entsprechende Angebot von
Österreich kommt. Den Schweizern wünschen sie ähnliche Zugeständnisse
und bieten in Wirklichkeit nur eine Regelung für Bündner-Fleisch an.
Ähnlich ist es bei Schweden. Wichtig erscheint mir nur, dass wir wenig-
stens eine Bestimmung über die Agrarprodukte in den Vertrag hineinbe-
kommen, um ein sogenanntes Sling zu haben. In diesem Fall nämlich würden
wir dann in den weiteren Verhandlungen – der Vertrag wird ja evolutiv
sein – schauen, einzelne Bestimmungen dann doch noch für die Landwirt-
schaft im Laufe der Zeit womöglich noch vor Vertragsabschluss, mindestens
aber unmittelbar danach abzuschliessen. Hausberger teilt mir auch mit,
dass am Donnerstag vergangener Woche eingehend berichtet hat. Ich habe
dieses Kabel nicht gesehen, ich kann mich zumindestens nicht daran erinnern,
habe dies aber natürlich Hausberger gegenüber nicht zu erkennen gegeben.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte klären, ob wir diese Unterlagen tatsächlich be-
kommen haben. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein Minister ohne entspre-
chendes Ministerbüro imstande ist, diese Detailinformationen, die letzten
Endes notwendig sind, um Entscheidungen zu treffen, ausreichend zu bekommen.
Andererseits aber wieder sehe ich gerade jetzt wieder bei Leodolter, wie
schwierig es ist, sich ein Ministerbüro zu installieren.

Koppe, der an und für sich mit seiner Arbeit bei uns schon sehr ausgelastet
ist, muss noch einen Grossteil der Arbeiten jetzt von Leodolter als Mini-
sterbüro machen. Selbst sagt er, dass dies unmöglich ist und hofft, dass
doch so bald wie möglich ein eigenes Ministerbüro bei Leodolter er-
richtet wird.

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Tagesprogramm, 5.6.1972


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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      Tätigkeit: SChef HM
      GND ID: 12195126X


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        Tätigkeit: Finanzminister
        GND ID: 118503049


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          Tätigkeit: Salzburger Landesverkehrsdir. [1971 als Gf. und Sprecher Arbeitsgemeinschaft der Fremdenverkehrsdirektoren]


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              Tätigkeit: Gesundheitsministerin


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                Tätigkeit: franz. Staatspräsident


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                    Tätigkeit: MR HM


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                      Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                        Tätigkeit: KR, Hotelier, HK, 1971 Obmann Bundessektion Fremdenverkehr, [Schreibung unsicher, es findet sich Lissbauer und Lißbauer]


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                          Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                          GND ID: 102318379X


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                            Tätigkeit: LH Vbg., ÖVP


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                              Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                              GND ID: 12053536X


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                                Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                                  Tätigkeit: Bgm. Baden, Präs. Heilbäderverband


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                                    Tätigkeit: Gesandter d. österr. Mission bei d. EWG in Brüssel


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                                      Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                                        Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


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                                          Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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                                            Tätigkeit: Bgm. Bad Ischl bis 1972


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                                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                                              GND ID: 118566512


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                                                Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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