Freitag, der 14. April 1972

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Freitag, 14. April 1972

Bei der Eröffnung der 3. Campa-Ausstellung in Tulln, die ich vor et-
lichen Monaten zugesagt habe und nach den Einladungen sogar als Er-
öffnung angekündigt wurde, meinte Landesrat Grünzweig, dass ich ganz
schön eingefahren bin, da nur wenige Zuhörer anwesend waren. Diese
Camping-Ausstellung ist eine reine Verkaufsausstellung und hat deshalb
nur Freitag, Samstag, Sonntag und nach nächste Woche wieder Freitag,
Samstag, Sonntag offen. Bis jetzt hat immer Landeshauptmann Maurer die
Ausstellung eröffnet, diesmal hat er nur reden können Ich glaube, dass
es aber wirklich trotzdem nicht möglich ist, dass ich alle diese klei-
nen Ausstellungen persönlich besuche. Andererseits aber ist es äusserst
wichtig, wenn ich in den Ländern, insbesondere Nö, wo ich sonst über-
haupt niemals hinkomme, bei einer offiziellen Möglichkeit, eben einer
Ausstellungseröffnung gegebenenfalls mit dem Landeshauptmann gemeinsam
auftrete, um ihm nicht allein das Feld zu überlasen. Beim Durchgang konnte
ich nämlich bemerken, dass er sehr geschickt agiert und jeden einzelnen
anspricht, die Hand gibt und vor allem auch, wenn wirklich vereinzelt
vier Buben um ein Ausstellungsobjekt gestanden sind, er sich sofort mit
ihnen in ein Gespräch einlässt.

Auracher von der Arbeiterkammer verhalt derzeit mit der Bundeskammer
das neue Kartellgesetz oder zumindestens eine Kartellgesetznovelle.
Das derzeitige Kartellgesetz läuft mit Jahresende aus. Auracher meint
nun, er müsste uns, d.h. die Ministerien aber ganz besonders das Handelsmi-
nisterium in den Paritätischen Ausschuss oder einer sonstigen Konstruk-
tion stärker verankern. Die Finanzprokuratur, die bis jetzt die Inter-
essen des Staates wahrgenommen hat, hat nämlich, wie er selbst zugeben
muss, total versagt. Ursprüngliche Idee, die wir in der AK gehabt haben,
nämlich die volkswirtschaftlichen Referenten, man sollte die Kartell-
gesetznovelle dazu benützen, um das Kartellgesetz so umzubauen, dass
letzten Endes an Stelle des paritätischen Ausschusses und vor allem
an Stelle der Gerichte eine Kartellkommission auf Verwaltungsbasis auf-
gebaut wird, ist längst begraben. Hier hat Kreisky bereits bei der Kom-
petenzdiskussion die Entscheidung indirekt getroffen, als er erklärte,
man müsste wegen der internationalen Kartelle und wegen der Verflechtung
die auch Österreich mehr oder minder in Hinkunft noch stärker haben wird,
derzeit beim Justizminister die Kartellgesetzgebung belassen. Wanke
und ich waren daher auf die Vorschläge von Auracher gar nicht im einzelnen
eingegangen, sondern erklärten gleich vorweg, dass wir ihm empfehlen, er


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möge die Interessensvertretungen, insbesondere AK und ÖGB in der
neuen Kartellgesetznovelle stärker verankern. Als die anderen Mini-
sterien sich dann besonders um die Mitarbeit und die Mitwirkung be-
mühen, dann natürlich werde auch ich nolens volens eine solche Mit-
wirkung zur Kenntnis nehmen müssen. In Wirklichkeit hat Wanke vollkom-
men recht, wenn er erklärt, dass wenn wir heute im Kartellverfahren
die Beistellung erhalten, dann wird die Handelskammer immer wieder an
uns herantreten, um gegen die Intentionen der Konsumenten und insbeson-
dere der Interessensvertretung der Arbeitnehmer entsprechende Einsprüche
resp. Berufungen einzulegen. Ich bin neugierig, ob die Bürokratie der
anderen Ministerien eine entsprechende Mitsprache resp. sogar Parteien-
stellung verlangt.

Bundesrat Bierbaum hat telefonisch ersucht, ob er im Laufe der nächsten
Woche zusammenkommen könnten, um die Einfuhr von Bruchreis zu regeln.
Er meinte, ich sei jetzt als Landwirtschaftsminister, ich vertrete
Weihs, dafür am besten geeignet. Am meisten war er überraschen, das es
nächste Woche durch den Parteitag Terminschwierigkeiten gibt, einen so-
fortigen Termin einräumte. Er erschien mit Gen.Sekr. Brandstätter und
Dipl.Ing. Kucera, da ich annahm, er käme als Landwirtschaftsmini-
ster zu mir, habe ich auch Pleschiutschnig und Dr. Schwarz von uns und
Dr. Waas, den Vertreter Dr. Willenparts neben Wanke zur Sitzung gebeten.
Bierbaum und insbesondere Brandstätter wollten aber als Handelsminister
mit mir sprechen, um eine Aufhebung der Einfuhrfreiheit von Reis, Bruchreis
zu erreichen. Sie machten dabei einen grossen taktischen Fehler, weil
sie mir die Unterlagen, die sie mir bereits vor Monaten geschickt hatten,
durch eine Fotokopie neuerdings zur Verfügung stellten. Dadurch konnte
ich mich dann doch auf viele Details erinnern und habe ich sofort er-
klärt, dass ihr Begehren nicht erfüllt werden kann. Erstens einmal müssen
wir beim Finanzministerium jetzt überprüfen lassen, ob dies eine Unter-
scheidung zwischen den verschiedensten Reissorten bereit ist, auch
tatsächlich zu treffen. Ansonsten wäre nämlich eine Einfuhrsperre für
Bruchreis ganz wirkungslos. Über das aber verlangte ich, dass für die
Aufhebung des Einfuhrfreiheit wir im GATT auf alle Fälle vorher schon
eine Kompensation bereitstellen müssten. Ich war überzeugt und es be-
stätigte sich, dass Brandstätter ausserstande ich, da eine Kompensation
auf landwirtschaftlichem Gebiet zu bieten. Wenn er nämlich Obst und
Gemüse oder sonst irgendein Produkt dem GATT zu Liberalisierung anbietet
so kann er mit Sicherheit auf grösste Schwierigkeiten in seinen eigenen


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Reihen rechnen. Andererseits wollte er unbedingt von mir, dass
ich den Artikel 19, das ist der Notstandsartikel, sofort zur An-
wendung bringe und nachher erst in Konsultationen einzusteigen.
Waas hat hier wirklich in vorbildlicher Weise die Interessen des
Ressorts im GATT wahrgenommen. Er erklärte, dass bereits in der
Vergangenheit bei solchen Massnahmen grösste Schwierigkeiten zu er-
warten waren. Z.B. hat, als der Ölkuchen mit 50 Groschen Abgabe
belastet wurde, Amerika sofort Retorsionsmassnahmen auf dem landwirt-
schaftlichen, aber auch auf dem Textilsektor eingeführt. Österreich
musste deshalb dann sehr bald wieder diese Massnahme aufheben. Ich
erklärte deshalb, es ist ganz unmöglich, dass wir uns in eine ähnliche
Situation einlassen und ich würde mich dafür niemals hergeben. Ich
ersuchte Schwarz, er möge mit dem Finanzministerium klären, ob diese
überhaupt bereit sind, eine Unterscheidung der Reissorten zu machen.
Dabei verblieben wir. Ich glaube, dass aber doch eine andere Möglichkeit
darin besteht, um unsere Aktivität zu dokumentieren, dass wir jetzt
an die meistbetroffenen Staaten eine diesbezügliche Anfrage richten
oder ankündigen, dass wir hier beabsichtigen, wenn die Importe so stark
zunehmen und damit unser Gerstenabsatz gefährdet ist, gegebenenfalls
eine Kontingentierung ins Auge fassen. Wenn wir dies dem GATT-Sekre-
tariat mitteilen, so würden wir ersten die Reaktion unverzüglich bemer-
ken und zweitens wenn tatsächlich wir dann eine Massnahme setzen,
dann kann uns niemand vorwerfen, wir hätten nicht vorher bereits das
GATT von dieser Absicht verständigt. Der Nachteil dieser Aktion ist
nur, dass gegebenenfalls dann noch grössere Mengen einströmen, ge-
weil eine Sperre befürchtet wird.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte diesbezügliche Überlegungen anstellen.
Vorschlag erstatten.

Bei dem jug.-österr. Kanzlergespräch berichtete Androsch über die
Verhandlungen betreffend den 500-Mill.-Kredit, wovon 250 Mill. zur
Umschuldung und 250 für neue zusätzliche Importe verwendet werden
sollen. Die Absicht Kreiskys, sich über die Zinsverbilligung mit
Androsch zu einigen, scheiterte daran, dass Androsch ihm erklärte,
dass ein gefährliches Präjudiz damit geschaffen wird. Dann würden
selbstverständlich sofort die Bulgaren und andere Oststaaten, die
ebenfalls eine Umschuldung und eine Verbilligung der Zinsen minde-
stens auch auf 6 % – derzeit verlangt die Kontrollbank 7 3/8 % –
fordern. Kreisky meinte deshalb, man würde die Sache weiter verfolgen,


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aber er bräuchte dazu ein Gesetz, was er allerdings das letzte Mal
auch schon gewusst hat. Ich berichtete über die Aussprache mit Snuderl
und nur 3 Punkte von anderen Ressorts erwähnt, damit wir jetzt eine
Protokollmässige Grundlage haben, dies auch tatsächlich den anderen
Ressorts mitzuteilen. Die Jugoslawen fordern mit Recht, dass ihre Pro-
spekte für den Fremdenverkehr – so wie unsere, die wir nach Jugoslawien
schicken – zollfrei abgefertigt werden sollten. Dies muss das Finanz-
ministerium wahrscheinlich genehmigen.

Anmerkung für Wanke: Bitte, Entsprechendes veranlassen. Androsch habe
ich auf das spezifische Probleme aufmerksam gemacht.

Für die Hafentransitgebühr und insbesondere die Transportleistungen
in Österreich ist der Verkehrsminister zuständig und ich werde ihn
diesbezüglich selbst noch informieren, bitte aber ebenfalls, dass eine
entsprechende Note an ihn über die Besprechung von der Sektion I, Sekt.
Chef Reiterer war ja immer anwesend, gerichtet wird. Auf dem Strassen-
sektor möchten die Jugoslawen, dass der Karawanken-Tunnel projektiert
und womöglich bald ausgeführt wird, wovon Moser ebenfalls zu verständiger
ist. Über die Gaslieferungen – die Jug. haben von den Russen 500 Mill. m³
bis 1975 zugesichert bekommen, konnte Snuderl mir auch noch keinen end-
gültigen Bescheid geben. Ich habe deshalb beim Abendempfang, als ich Koller
traf, ihn mit Snuderl bekanntgemacht, damit er von der VÖEST ihm viel-
leicht noch einige Detailinformationen geben kann. Die VÖEST aber war
hier auch nicht im Detail informiert, sondern Wusste nur, was ja auch
ich schon Snuderl gesagt habe, das jetzt die Leitung mit 38 resp. 36
Zoll bereits ausgeschrieben ist und in den nächsten Tagen der Zuschlag
finalisiert werden soll. Snuderl meinte, die Techniker hätte ihm er-
klärt, dass dann mit Hilfe von besseren Kompressoren eine Möglichkeit
bestünde, in dieser 10-Milliarden-Leitung auch noch die 500 Mill. leicht
zu transportieren.

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Tagesprogramm, 14.4.1972


Tätigkeit: LWK


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Finanzminister
    GND ID: 118503049


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Bautenminister


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: nö. ÖVP-LR, Präs. LWK NÖ


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Kabinett Staribacher


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Sekt.R HM


              Einträge mit Erwähnung:


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                  GND ID: 130620351


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: GS Präs.konf. LWK AR Verbund
                    GND ID: 12906288X


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                      Tätigkeit: SChef HM
                      GND ID: 12195126X


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                        Tätigkeit: Beamter HM, Tokio-Runde


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                          Tätigkeit: Bildungs-LR bzw. LH-Stv., SPÖ


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                            Tätigkeit: GD VÖEST


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                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                              GND ID: 118566512


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                                Tätigkeit: Sektionschef HM, Diplomat, Verteter bei der EG


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                                  Tätigkeit: MR HM


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                                    Tätigkeit: erst AK, dann GF INPADOC


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