Donnerstag, der 25. November 1971

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Donnerstag 25. November 1971

Beim Geburtstagsbesuch bei unserem ehemaligen Lebensmittelarbeiter-
obmann Berka fragte ich Blümel, was ihn veranlasst hat, bei den
Brauereiarbeitern einer 17 %-igen Lohnforderung zuzustimmen. Blümel
meinte, dass die Brauereiarbeiter einen so hohen Prozentsatz an-
legen mussten, da einige Brauereien bereits 2.– S im Sommer als
Überbrückung vereinbart hatten. Die war eine ca. 8–9 %-ige Lohn-
erhöhung. Wenn nun diese Beträge angerechnet werden, so würde – wenn
wir wirklich nur 10–12 % bekommen, dann würde die Bruttolohnerhöhung
nur mehr 2–4 % ausmachen. Auf der anderen Seite, wenn die Brauun-
ternehmer noch die diversen Zulagen und insbesondere die stündige
Arbeitszeitverkürzung mit 1.1.1972 dazurechnen und wie sie bereits
gesagt haben, auf eine 25 %-ige Lohnerhöhung kommen. Das hysterische
Preisgeschrei der ÖVP und die letzten Endes auch der Unternehmer-
vereinigungen hat nun dazu geführt, dass die Gewerkschaften – bei
uns werden die Lohnerhöhungen ausschliesslich in den Gruppen be-
schlossen, wesentlich höhere Ansätze anlegen als dies bei einer ähnli-
chen Preisentwicklung in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.
Auch die Handelsarbeiter glaubten, sie müssten unbedingt 17 %
Forderung stellen. Da diese Forderung bereits nach einem Jahr be-
reits gestellt wurde, ist die Brauereiforderung sicherlich nicht als
zu hoch zu betrachten. Andererseits aber haben die Handelsarbeiter
mit 10 % dann abschliessen müssen. Auch ich habe gegenüber dem
Schwechater Betriebsratsobmann NR Tonn und dem Gruppensekretär Macho
meine Bedenken geäussert, dass sie eine solche 18 %-ige Forderung
kaum durchsetzen werden. Lachs erzählte mir, dass der Finanzminister,
nämlich Egon Matzner, der bei ihm arbeitet und sicherlich in seinem
Einverständnis – überall versucht die Gewerkschaften davon zu über-
zeugen, dass kräftige Lohnerhöhungen notwendig sind. Lachs meint,
damit könnte sich der Finanzminister sein Budget sanieren und tat-
sächlich die exorbitanten Lohnsteuereinnahmen erhalten.

Das Institut für Gesellschaftspolitik hat Ing. Weisser, einen
Professor aus Göttingen, der dort ebenfalls ein solches Institut
leitet, zu einem Vortrag über Ideologie eingeladen. Als Korreferenten
waren Prof. Leser aus Salzburg, Prof. Ermacora und der ehemalige
Unterrichtsminister Drimmel sowie von der Industriellenvereinigung


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Krejci vorgesehen. Da Drimmel erfahren hat, dass Krejci hier
mitwirkt hat er seine Zusage wieder zurückgenommen. Ich weiss
nicht, was diese beiden Männer so verfeindet hat, dass sie sich
nicht einmal mehr gemeinsam an einen Tisch setzen. Die Veran-
staltung hat – ich konnte leider nicht die ganze Zeit über anwesend
sein – aber unter einem gelitten, dass nämlich Weisser verhältnis-
mässig doch schon verhältnismässig für einen temperamentvollen Vor-
trag zu alt ist. Für Drimmel war unser ideologischer Paradechrist
Massiczek eingesprungen. Wanke hat seinerzeit Weisser in Göttingen
besucht, wo er noch 17 Assistenten beschäftigte. Jetzt hat Kienzl
in einem kleineren Kreis die Bemerkungen fallen gelassen, er hätte
uns können sagen, dass Weisser bereits für einen solchen Vortrag nicht
mehr in Frage käme.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Vielleicht muss man wirklich, bevor man einen
solchen Vortrag startet und vor allem einmal Korreferenten dafür ge-
winnt, versuchen herauszubringen, wer miteinander so zerstritten ist,
dass er gar nicht mehr diskutieren will resp. ob alle Referenten über-
haupt noch imstande sind eine solche Anforderung zu erfüllen. Die Fo-
tografin von der Wochenpresse war extra gekommen, weil sie gehofft
hat, ein Bild von Leser, Ermacora und Drimmel und die anderen Referen-
ten vereint auf die Platte fixieren zu können. Ermacora hat sich ent-
schuldigen müssen, weil er im Ausland weilt.

Prof. Weisser hat mich beim Mittagessen ersucht, da er keine Ge-
legenheit hatte, mehr mit Kreisky diesmal zu sprechen, folgendes
auszurichten: Weisser hätte mit Bundeskanzler Brandt vereinbart,
ich nehme an, Weisser hat ihm irgendwann einmal so etwas vorge-
schlagen und Brandt hat nicht widersprochen, dass in der BRD eine
Diskussion über die Grundwerte der soz. Ideologie gemacht werden
soll. Brandt hätte nun die Idee gehabt, dass auch Österreich und
Schweden sich an einer solchen Diskussion beteiligen sollten.
Weisser will nun, wie seinerzeit im Godesberger Programm die ideolo-
gische Arbeit leisten.

Mit Gratz hatte ich eine Besprechung wegen der Preisregelung,
wo ich ihm diesen Wunsch auch mitteilte und Gratz sofort erklärte,
wir werden uns nicht die Zores, die die BRD und insbesondere
die SPD dort hat, nach Österreich importieren. Betreffend die
Preisregelung hat die ÖVP nur im Ausschuss nicht aufgepasst und
deshalb wurde – nachdem sie den Artikel 1 mit einer Verfassungs-
bestimmung zugestimmt hatte – sie hofften nämlich, dass dann nur


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eine Verlängerung des jetzigen Preisgesetzes mit einem Jahr
kommen wird, hat dann aber den Artikel 2 und 3 abgelehnt,
die aber mit Mehrheit der Sozialisten beschlossen werden konnten,
und so eigentlich den Preisregelungsvorschlag vom Rösch zugestimmt.
Gratz wird nun mit Koren zu verhandeln haben, wie die ÖVP dann
im Plenum über diese Klippe hinwegkommt und ohne dass dies gesamte
Preisregelung ausläuft, da er nicht die Meinung von Kreisky teilt,
dass die ÖVP, wenn man ihr sagt, dass sie die Marktordnungsgesetze
dann nicht bekommt, letzten Endes unserem Vorschlag zustimmen wird.
Ich bin überzeugt, dass im Laufe der Verhandlungen, die wir
nächstes Jahr führen werden, wenn das grosse Kompetenzgesetz be-
schlossen ist und ich dann die gesamte Preisreglung habe, werde
ich umso stärker gegenüber der Handelskammer als Verhandlungspartner
auftreten können, dass es uns dann gelingen wird, eine vernünftige
Regelung des Preisgesetze herbeizuführen.

Im Parteivorstand hat Kreisky berichtet, dass er mit der FPÖ die In-
formationsgespräche aufgenommen hat und dass Peter einige Partei-
freunde mitgenommen hat. Die ÖVP dagegen hat Schleinzer sich
ausbedungen, wird nur durch ihn allein repräsentiert, d.h.
er allein wird Besprechungen mit Kreisky führen. Diese Vorgangs-
weise hat Kreisky sehr gepasst, denn er ist überzeugt davon, dass
dies innerhalb der ÖVP nur zu weiteren Spannungen führen wird.
Koren möchte hier nicht vollkommen ausgeschaltet sein und wird
deshalb nicht ruhen, bis er nicht doch entweder bei diesen
Informationsgesprächen dabei ist oder zumindestens innerhalb
der ÖVP eine solche Vorgangsweise sicherlich entsprechend kritisiert
Ich verstehe diese Vorgangsweise von Schleinzer wirklich nicht, denn
er wird ja in die grösste Verlegenheit kommen, wenn er nur unter
vier Augen mit Kreisky verhandelt, wenn es einmal und das ist
nicht zu vermeiden differenten Auffassungen über ihre Aussprache
gibt, dann überhaupt keinen Zeugen führen kann. Zu den ÖIAG-
Verhandlungen – es wurden einige neue Aufsichtsräte bestellt –
berichtet Kreisky, dass er hofft, dass Geist sich durchsetzen
wird. Der derzeitige Direktor, der auch der Finanzreferat bis
jetzt hatte, Trkal, wird das Finanzreferat auf Gen.Dir. Geist
abgeben müssen. Im Aufsichtsrat wird es deshalb – wo die SPÖ
derzeit allerdings die Mehrheit hat – zu seiner geheimen Ab-
stimmung über diese Geschäftseinteilungsänderung kommen.



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Trkal hat seinerzeit einen grossen Fehler begangen. Kreisky
hat ihn zu einer Aussprache gebeten und er hat vielleicht
aus Versehen, vielleicht aber wirklich aus politischer
Gegnerschaft erklärt, dies sei nicht sein Ressort und er
hätte deshalb keinen Grund oder keine Zeit, daran teilzunehmen.
Selbst wenn dies sachlich richtig gewesen wäre, war es ein
Wahnsinn und es hätte sich sicher auch kein anderer
Bundeskanzler eine solche Brüskierung gefallen lassen.
Trotzdem würde ich solche persönlichen Gründe nicht so
stark in den Vordergrund stellen, wenn ich Sachentscheidungen
zu treffen hätte. Für mich steht es nämlich fest, dass in einem
solchen Fall – ob er Gegner oder Freund ist – eine ungeheure
Verbitterung und zuletzt vielleicht sogar ein Hass zurückbleibt.
Andererseits natürlich ist es wahrscheinlich richtig, dass man
solche Sachen nicht durchgehen lassen darf und der Betreffende
hat dann zumindestens in der Öffentlichkeit einen Grossteil
der Schuld der Änderung wirklich auf sich zu nehmen.

Wegen der Affäre Ellinger meinte Kreisky, dass er z.B. anders
gehandelt hätte, wenn man ihn, der sogar dafür zuständig gewesen
wäre, gefragt hätte. Die Kaltstellung Ellingers verstösst, so
fürchtet er, gegen das Beamtenschutzgesetz und Lütgendorf
wird den Kürzeren ziehen. Hätte er dagegen die Agenden von
Ellinger an sein Ministerbüro delegiert, so hätte überhaupt
dagegen niemand etwas sagen können.

ANMERKUNG FÜR WANKE: Ich glaube, wir sollten aus diesem Fall ler-
nen und auch bei unseren Entscheidungen behutsamer und vorsichti-
ger vorgehen, damit uns nicht ebenfalls die Personalvertretung
oder gar der Betreffende bei einem Höchstgericht unsere Vorgangs-
weise konterkariert.

Mussil mit Dr. Hecke, seinem Berater, und Direktor Salzbrunn
vom Wifi sprachen mit uns die Möglichkeit durch, wie wir 16 Mill. S
der Industrieförderung für eine Patentverwertungsgesellschaft
zielführend gemeinsam angehen könnten. Da ich die Industriellen-
vereinigung ebenfalls einschalten möchte, habe ich Mussil zwar
als erstes gebeten und ihm erklärt, ich möchte doch über ihn und
mit ihm eine Gesellschaft oder einen Verein gründen, wo durch
gleiche finanzielle Beteiligung der Bundeskammer die 8 Mill.



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resp. von der Industriellenvereinigung die weiteren 8 Mill. für
nächsten Jahr aufgebracht werden müssten. Dieser Betrag bleibt über,
selbst dann, wenn wir den Wifis 6,5 Mill. S so wie im Vorjahr zuwei-
sen, damit würde übrigens auch das BfI 1,3 Mill. S bekommen.
Über die Beschwerde vom BfI, dass sie den Schlüssel derzeit nicht
mehr als zeitgemäss anerkennt und über die Telefondiskussion,
die ich mit Eksl diesbezüglich hatte, habe ich Hofstetter informiert.
Hofstetter selbst meinte, dass das BfI auch von ihnen immer wieder
dieselben Subventionen erwartet, die sie seinerzeit vom ÖGB
in der Grössenordnung von einer halben Million fast bekommen haben,
wo das Handelsministerium keinen einzigen Groschen dafür ihnen zuge-
wiesen hat. Hofstetter meinte, er wird mit Eksl darüber reden müssen,
damit die nicht glauben, sie können das Geld jetzt so aus dem Vollen
beim Fenster hinausschmeissen. Mussil versuchte noch von Hecke zu
erfahren, ob sie irgendwelche Projekte hätten, die von uns subventioniert
werden könnten. Zu meiner grössten Verwunderung haben sie auch
nichts anderes gehabt, als gegebenenfalls für Fulpmes, wo wir
500.000 S für die Raumplanung zur Verfügung gestellt haben, eventuell
noch für die Feinplanung, wie Hecke dies bezeichnet, ein höherer
Betrag zur Verfügung gestellt werden soll. Den Wunsch der Fulpmeser,
ihnen zu den 22 Mill. S Ausiedlungsprojekt, mindestens 12 Mill. in
Dreijahresraten zur Verfügung zu stellen, wurde nicht einmal von
Mussil ernst genommen. Er meinte und teilt damit vollkommen meine
Auffassung, dass solche Unterstützungen in dieser Grössenordnung
und für Einzelbetriebe oder Genossenschaften auch von seinem Stand-
punkt vollkommen abgelehnt werden muss. Er sieht vielleicht darinnen
eine dirigistische Möglichkeit des Handelsministeriums, ich selbst
glaube, dass niemand im Stand ist, im Haus eine wirkliche Selektion
von Ansuchen nach einem objektiven Gesichtspunkt vorzunehmen. In
den vergangenen Jahren hat mir Mussil bestätigt, wurde deshalb
von den Handelsministern der eine oder der andere Betrieb durch
eine solche Subvention gefördert und niemand hat eigentlich eine
objektive Richtlinie darin erblicken können. Da Mussil erklärte,
dass sie seinerzeit, als sie selbst eine solche Patentverwertungs-
gesellschaft gründen wollten, letzten Endes ganz ganz grosse Be-
denken dagegen gehabt haben, wird er den ganzen Akt uns herüberschicken
und hat auch gebeten, dass Hecke die positiven Berichterstattungen
der damaligen Zeit ebenfalls in unseren Akten nachlesen kann. Wanke
und Hecke wurden ersucht, womöglich ein gemeinsames Projekt auszu-
arbeiten. Da mir Androsch bei der Parteivorstandsitzung gesagt hat,


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dass er heute einen diesbezüglichen Akt über dieses Problem
unterschrieben hat, habe ich sehr langiert, da ich dies Er-
mächtigung des Finanzministers, wie wir das Geld ausgeben,
können, noch nicht gewußt habe und niemand im Haus dies mehr
feststellen konnte.

Mussil erzählte mir dann unter vier Augen, daß sie seinerzeit
das Dienstnehmerschutzgesetz der Frau Sozialminister Rehor ab-
gelehnt haben. Damals hatten sie noch die Absicht, und auch ge-
hofft, daß dieses Problem immer in der Gewerbeordnung geregelt
wird und damit dem Handelsminister untersteht. Ich habe aller-
dings schon seinerzeit bei der Regierungsübernahme Mussil nicht
im unklaren gelassen, daß wir eine saubere Trennung zwischen
Arbeitnehmerschutz oder überhaupt sozialpolitische Belange und
Gewerberecht durchführen und deshalb dieses Problem von uns aus
nur beim Sozialminister mehr ressortieren wird. Mussil hat dies
vielleicht nicht allzu ernst genommen und war daher sehr über-
rascht, daß jetzt im Parlament ein Dienstnehmerschutzgesetz
liegt, welches nun zur Verhandlung ansteht. Mussil möchte nun
auf Sozial- oder Wirtschaftspartnerebene noch einmal dieses
Problem durchbesprechen und hat mich ersucht ich sollte Häuser
ersuchen, daß eine solche Aussprache möglich wäre. Er selbst hätte
bereits einen Brief an den Gewerkschaftsbund gerichtet, wo dieses
Verlangen ebenfalls von der Handelskammer gestellt wird.

Die Bestellung eines Geschäftsführers im Verein für Konsumenten-
information ist eine reine Angelegenheit der Arbeitnehmerseite,
d.h. die Arbeiterkammer kann so Mussil, jeden Mann dafür nominieren
wenn den sie für zweckmäßig hält. Seine Leute teilen ihm nun aber
mit, daß, wenn Reichard Geschäftsführer werden würde, die Zusammen-
arbeit sehr leiden könnte. Ich erklärte Mussil sofort, daß dafür
ausschließlich die Arbeiterkammer und der Gewerkschaftsbund zu-
ständig seien. Ich selbst habe dort keine Funktion mehr und würde
auch in die Personalpolitik nicht eingreifen. Da ich aber wußte,
daß Hofstetter nicht einmal wenn sie dieses Problem ebenfalls ein-
mal angesprochen hatte und meinte, er stünde jetzt vor einer
sehr schweren Entscheidung und wüßte nicht, wen er eigentlich für
diesen Posten vorsehen soll, verwies ich ihn auf Hofstetter.

Mussil war sehr erstaunt über die Beschlüsse im Verfassungsausschuß


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betreffend des Preisregelungsgesetzes. Er hofft und ist überzeugt,
daß dieses Plenum noch ausgebügelt werden kann. Andererseits aber
habe ich ihm zu verstehen gegeben, daß wir doch im Vorjahr monate-
lang verhandelt haben, ohne daß wir dann zu einem endgültigen Er-
gebnis kommen konnten und daß deshalb doch auf diesem Sektor unter
allen Umständen etwas geschehen muß. Mussil hat mir hier recht ge-
geben und ich habe das Gefühl, daß wir, wenn ich die große Kompetenz
habe, und mit ihm dann Verhandlungen führen werde, zu einer Änderung
des Preistreibereigesetz, des Preisregelungsgesetzes einvernehmlich
kommen werden. Die Überlegung die Mussil anstellt und scheinbar
auch die ÖVP, daß in der 2. Lesung, welche nun im Plenum zur Ab-
stimmung kommen wird, sie ähnlich vorgehen werden wie im Ausschuß,
dann aber in der 3. Lesung, wenn wir wirklich auf die Verschärfung
Wert legen und diese beschließen werden, dann das Gesetz in der
3. Lesung abzulehnen, meinte Gratz, würde nicht gehen. Gratz ist
der Meinung, daß in der 3. Lesung, da es sich hier nicht um ein
Verfassungsgesetz sondern nur um eine Verfassungsbestimmung han-
delt, eine einfache Mehrheit dann vollkommen genügt. Ich war sehr
versucht Mussil auf diese taktische Frage hinzuweisen. Da aber
Gratz scheinbar die Absicht hat dieses Überraschungsmoment noch
immer für sich zu behalten, habe ich aus reinster Parteidisziplin
damit ja einmal niemand sagen kann ich hätte also mit der Handels-
kammer konspiriert, diesen Hinweis unterlassen. Wenn allerdings
dann vielleicht wirklich dieses unzulängliche Preisregelungsgesetz
mit der Verschärfung beschlossen wird, werde ich mir ewige Vorwürfe
machen, daß ich dies nicht doch durch eine Indiskretion verändert
habe. Ich habe nämlich angenommen, daß Rösch doch im Laufe der Ver-
handlungen im Ausschuß seinen Wunsch ebenfalls noch in Form eines
Initiativantrages durchbringt, was nämlich die Stimmung, daß der
§ 3a nur für die marktbeherrschenden Unternehmungen und ganze
Branchen angewendet werden kann, herausgestrichen wird. Bei einem
solchen Fall hätte das Preisregelungsgesetz vielleicht eine kleine
Handhabe gegeben.

Bei der Waldbrunner-Feier, an der auch Jonas sogar teilgenommen
hat, hatte ich Gelegenheit Häuser über den Wunsch von Mussil
zu informieren und Häuser hat volles Verständnis mir gegenüber und
eine diesbezügliche Aussprache auch zugesagt. Hofstetter wurde so-


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gar von Mussil telefonisch gerade zu diesem Zeitpunkt ebenfalls
ersucht, er möge sich dafür einsetzen, daß eine solche Besprechung
zwischen den Wirtschaftspartner und dem Sozialminister zustande
kommen soll. Welche die Bedenken von Mussil wegen des Geschäfts-
führers im Verein für Konsumenteninformation habe ich Hofstetter
allerdings auch keinen anderen Vorschlag machen können, als daß
er vielleicht doch einmal mit Mussil eine diesbezügliche Besprechung
abhält.

Waldbrunner hat zu seinem Geburtstag von allen möglichen Stellen
einen größeren Geldbetrag bekommen, den er aber nicht für die
Studentenheime verwenden will, sondern wie er sich ausgedrückt
hat, um Arbeiterkindern für die jetzt durch die Studienbeihilfe
und die Studentenheime schon wirklich eine Möglichkeit des Stu-
diums gegeben ist, auf einem anderen Weg zu helfen. Wir haben bei
uns im 3. Bezirk vor etlichen Jahren als 1. bei einem Lernklub
für die Mittelschüler aufgemacht. Da nun dieser Klub in große
finanzielle Bedrängnis bekommen ist, es melden sich, vielleicht
weil es auch zu teuer ist, zu wenig Schüler, müßte dieser Klub einge-
stellt werden. Waldbrunner hat mir dann erklärt, er hat Ohren um
zu hören und deshalb sich vorgenommen, diese Lernklubs zu unter-
stützen, denn er weiß, wie er jung war, wie schwer es gewesen, bei einem
Arbeiterkind zu Hause eine Unterstützung zu bekommen. Heute ist
dies genausowenig möglich, da die Familien von Arbeitern nicht die
entsprechenden fachlichen Gespräche mit ihren Söhnen oder
Töchtern führen können. Häuser erzählte mir, wo er Obmann
des Elternrates, nämlich in der Radetzkyschule ist, ein Lehrer
eine Mutter gefragt hat ob sie im Stande ist das Kind zuhause durch
Unterricht von ihr selbst zu unterstützen. Da dies verneint wurde
fragte er, ob sie eine Unterrichtshilfe sich leisten könne. Da auch
dies verneint wurde, meinte der Professor, dann sei es besser,
wenn er die Schule verließt. Häuser hat dies natürlich sofort abge-
stellt, aber es zeigt deutlich, wie sehr man hier doch noch neue
Wege beschreiten muß, um Arbeiterkindern ein Studium auch tatsächlich
zu ermöglichen. Ich muß sagen, dies hat mir von Waldbrunner be-
sonders gefallen, daß er hier wirklich einen neuen Weg, den er gar
nicht selbst entriert hat, so kräftig unterstützen wird.



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Kreisky hat wieder eine phantastische Würdigung von Waldbrunner
gebracht. Da aber dies aufgesetzt hat nehme ich an, daß es auch
in einem Organ in der Arbeiterzeitung erscheinen wird. Normaler-
weise spricht Kreisky nämlich in solchen Fällen frei. Als Politiker
schätze ich Kreisky trotz vieler verschiedenen Auffassungen hoch
ein. Mir ist nur vollkommen unerklärlich, für wie er noch die Zeit
aufbringt, solche Reden insbesondere die betreffenden Zitate zu
wissen oder herauszusuchen.

Anmerkung für KOPPE
Erkläre mir dies bitte.

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Tagesprogramm, 25.11.1971




Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


    Einträge mit Erwähnung:


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Leiter wirtschaftspolit. Abt. HK [1971 zuerst in einer Enquete; im Juni 1971 als Referent und Verantwortlicher f. Statistik und Wirtsch.pol. nach Klose bez.]


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 114650888


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Bgm. von Schwechat, Nationalratsabg. SPÖ, BRO Schwechater


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: ehem. LUGA-Obmann


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Bundespräsident bis 1974


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Ökonom


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: AK


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: FPÖ-Obmann


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: deutscher Sozialwissenschafter, Mitautor des Godesberger Programms


                            Einträge mit Erwähnung:


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Vorstand ÖIAG (ÖVP)


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: SChef HM
                                  GND ID: 12195126X


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: GS IV


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Autor, Bibliothekar, Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Katholiken


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: ehem. Sozialministerin, ÖVP


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Gf. BfI


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Politologe, Sozialphilosoph


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  GND ID: 119100339


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: Leitender Sekretär ÖGB, SPÖ-NR-Abg.
                                                    GND ID: 136895662


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: WIFI
                                                      GND ID: 127015310


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                                                        Tätigkeit: Sekr. Brauereiarbeiter


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                                                          Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


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                                                            Tätigkeit: Finanzminister, ÖVP-NR-Abg., OeNB-Präs.


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                                                                Tätigkeit: MR, Leiter des Presse- und Informationsdienstes im Verteidigungsministerium [1971 von Lütgendorf entlassen, musste wieder eingesetzt werden (Affäre Ellinger)]


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                                                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                  GND ID: 118566512


                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                    Tätigkeit: Vizekanzler, Sozialminister


                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                      Tätigkeit: Finanzminister
                                                                      GND ID: 118503049


                                                                      Einträge mit Erwähnung:


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                                                                          Einträge mit Erwähnung: