Freitag, 25. Juni 1971
Mit den Bundesländerfinanzreferenten konnte endlich eine grund-
sätzliche Vereinbarung über die zukünftige Fremdenverkehrsförderung
erzielt werden. Die Hausaktion, die derzeit für den Fremdenverkehr
Kreditzuschüsse von 150.000,–– bis 500.000,–– vorsieht, wird der
BÜRGES übertragen werden. Zu dieser Hausaktion haben die Länder
Zuschüsse gegeben. Gegen die BÜRGES haben sie für die normale
BÜRGES-Aktion bis 200.000,–– keinen Zinsenzuschuß geleistet.
Länder befürchten nun, daß sie wesentlich mehr an Zinsenzuschüsse
werden leisten müssen und insbesondere in die BÜRGES–Aktion ein-
gezogen werden. Zu diesem Zweck schlagen sie vor, daß nicht wie
ich es gerne hätte, jeder Teil 1 1/2 % Zinsenzuschuß gibt, sondern
daß der Bund 2 % Zinsenzuschuß gibt. Dafür sollen die Fremdenver-
kehrskredite von der Bürges auch bis 2,5 Mio. S ausgedehnt werden.
Ländervertreter wünschten auch, daß sie die Primärentscheidung über
die Kredit hätten. Ich habe mich nicht endgültig festgelegt und
glaube aber, daß dies sehr gut ist, denn wenn die Länder einen
Fall nicht machen wollen, dann trifft die Verantwortung die Länder.
Natürlich habe ich sofort verlangt, daß subsidiär auch die Bürges
Fälle annehmen kann. Wenn wir nämlich einen Fall ablehnen wollen,
dann können wir immer noch in der Bürges nein sagen.
Bei der Übertragung der Hausaktion an die Bürges ist der Moment
gekommen, um Mühlbacher vom Freien Wirtschaftsverband in die
Bürges als Geschäftsführer einzusetzen. Bis jetzt hat Kostroun
mit Sallinger darüber verhandelt, aber noch niemals eine positive
Antwort bekommen. Er hat mich deshalb ersucht ich sollte ihn in
dieser Forderung unterstützen. In der Personalfrage ist aber Androsch
zuständig. Trotzdem glaube ich, müßte man die Gelegenheit benützen,
unter Hinweis, daß sich in Hinkunft die Bürges wesentlich vergrößern
wird, da einem Mann von uns unterzubringen. Solange dies nicht der
Fall ist, werden wir dort keinen entsprechenden zuverlässigen und
in Detail gehenden Bericht bekommen.
Einleitend konnte ich den Bundesländerfinanzreferenten auch
unser Investitionsprogramm auseinandersetzen, ohne daß ich,
wie Androsch es wünschte, die Unterlagen in Detail ihnen ge-
geben habe. Ich habe nur auch gleichzeitig die prinzipielle
Zusicherung verlangt und erhalten, daß wir bei der österreichischen
Fremdenverkehrswerbung den Aufbringungsschlüssel von 13 % Bundes-
länder, 13 % Handelskammer und 74 % Bund auf 20 % Bundesländer,
20 % Handelskammer und 60 % Bund umwandeln sollen. Da die
Bundesländer im Prinzip mit 20 % einverstanden sind, sie müssen
nur entsprechende Beschlüsse erst in ihrem Land durchsetzen,
glaube ich können wir doch damit rechnen, daß wir hier einen
besseren perzentuellen Verteilungsschlüssel erreichen werden.
Wir müssen allerdings trotzdem eine größere finanzielle Leistung
des Bundes in absoluten Beträgen für die nächsten Jahre vorsehen.
Dies wurde auch im Investitionsprogramm bereits verankert.
Personalvertretung kam, um sich gegen die Erstellung einer neuen
Geschäftsordnung in so kurzer Phase auszusprechen. Im Prinzip
stimmten sie zwar zu, daß die Geschäftsordnung geändert gehört
und waren auch bereit, daran mitzuwirken. Sie fühlten sich nur
überfahren und wollten deshalb erst nach den Sommerferien eine
endgültige Fixierung vornehmen. Sowohl MR. Böhm, der zuerst auch
nur zögernd einer Neuordnung zustimmen wollte, hat doch jetzt
mit Dr. Wanke gemeinsam gegen eine solche Auffassung Stellung ge-
nommen. Natürlich wird man über einzelne Punkte noch sprechen
müssen, denn ich werde mich bemühen, ein einvernehmliche Lösung
herbeizuführen. Die Personalvertretung wies darauf hin, daß durch
diese Aktion fast 100 Bedienstete betroffen sind und dies eine
beträchtliche Unruhe im Hause ausgelöst hat. Ich kann mir sehr
gut vorstellen, wie hier wirklich durch ununterbrochenen Mundfunk
und Tratsch diese ganze Geschäftsordnung bis in die letzten Details
nicht nur besprochen, sondern kritisiert und Kombinationen ange-
stellt werden. Sicherlich haben wir einen Fehler gemacht, daß wir
nicht bereits mit im Mai, wo die Personalvertretung diesen Gerüchten
vorsprechen wollte, ihnen nicht eine diesbezügliche Chance der
Aussprache gegeben haben. Dadurch können sie sich erstens einmal
jetzt sehr beschweren und 2. hätte vielleicht eine klärende Aus-
sprache doch dazu beigetragen, daß wir jetzt ein besseres Klima
hätten.
Die Erdölfirmen wegen der Benzinpreiserhöhung waren sehr ent-
täuscht, als ich ihnen kurz und bündig eine Entscheidung vor
dem Sommer ablehnte. Sie hatte sich vorher abgesprochen und
waren überzeugt, daß wenn sie mir anbieten den Bleigehalt von
Benzin auf 0,7 Gramm pro Liter mit 1. Oktober zu senken, sowie
daß sie bereit sind, über das Tankstellenproblem weiter zu
diskutieren, ich ihnen unverzüglich eine Benzinpreiserhöhung
genehmigen würde. Zajicek von der Bundeshandelskammer ver-
suchte sogar die Verhandlungen dahingehend flott zu machen, daß
er erklärte, die Bundeshandelskammer würde den Antrag der Tank-
stellenwächter resp. Stationäre auf 10 Groschen Spannenerhöhung
auf die beabsichtigten 3 Groschen reduzieren und die Aufteilung
zwischen den Tankstellenwächtern und den Stationären und den
Ölgesellschaften sowie bisher innerhalb der Handelskammer selbst,
regeln. Ich wies darauf hin, daß es in der Kraftfahrhaftpflicht-
versicherung gelungen ist, einen Akkord mit allen Interessens-
vertretungen und den Kraftfahrverbänden herzustellen und daß ich
auch auf dem Benzinsektor bemüht bin, eine solche Akkord-
lösung herbeizuführen. Voraussetzung dafür ist, daß ich noch
einige Zeit über dieses Problem mit den entsprechenden Stellen
reden und verhandeln kann. In Wirklichkeit erkannten die Ölge-
sellschaften, daß, wenn es nicht jetzt unmittelbar zu einer Preis-
erhöhung kommt, sie frühestens im September eine solche erwarten
könnten. Als kleines Trostpflaster erklärte ich mich bereit,
ihnen mit den Interessensvertretungen abzusprechen und einver-
nehmlich genehmigte Sistierung des Bitumenpreises anzubieten.
Natürlich macht der Bitumenanteil nur 4 oder 5 % aus, doch wird
es für sie eine weitere Entlastung sein. Sekr. Messinger, der
Fachverbandssekretär, hatte eine neue Kalkulation vorgelegt, wo
er die Schillingaufwertungsgewinne durch weitere Rohölsteigerungen
kompensiert. Mit der ursprünglichen Einreichung war der Rohölpreis
auf 2,19 Dollar gestiegen, d.h. um 35 % je Barrel mehr und hat
einen Rohölkostenpreis inkl. der Verarbeitungsgebühr und Umsatz-
steuer von 905,34 ergeben. Dies war bei einer Umrechnung von S 26,08
für den Dollar. Nun wurde der Umrechnungskurs auf 25,04 gesenkt
und trotzdem kamen wieder 905,45 heraus. Dies errechnet sich da-
durch, daß der Rohölpreis von 2,19 Dollar nun auf 3,21 Dollar
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hinaufgesetzt wurde. Ich zweifle nicht, daß sie mir nachweisen
werden können, daß sie tatsächlich 3,21 Dollar für das Barrel be-
zahlen müssen, doch schaut dies sehr nach Manipulation aus und
ich bin über diesen Antrag sehr zufrieden, weil ich in der Öffent-
lichkeit, wenn ich hart angegriffen werde, hier ein gutes Argument
besitze, wie wenig seriös die Ölfirmen hier scheinbar vorgegangen
sind. Entweder hat ihr Antrag am 25.3.71 2,19 Dollar für
das Barrel nicht gestimmt, oder ihr jetziger Antrag vom
23.6., also doch innerhalb von 3 Monaten mit 3,21 Dollar ent-
spricht nicht ganz den Tatsachen.
Im Unterausschuß des Handelsausschusses über ein Gelegenheitsver-
kehrsgesetz wurde Mussil scheinbar von seinen eigenen Leuten zurück-
gepfiffen. Zuerst hatte er ja unbedingt erzwingen wollen, daß bis
2.7. diese komplizierte Materie, die man mindestens in 10 Sitzungen
verhandeln müßte, durchgepeitscht wird. Die ÖVP hat auch in diesem
Punkt die Unterstützung der FPÖ bekommen und der Handelsausschuß mit
Mehrheit diese Termine festgesetzt. Nun hat Mussil aber eingesehen,
daß er außerstande ist, diese Materie wirklich durchzubringen und
hat deshalb in seinem Einleitungsreferat schon sehr laschiert und
nur darauf hingewiesen, welche notwendigen Regelungen auf diesem
Sektor doch zu machen sind. Seine eigenen Leute von der Bundes-
handelskammer haben uns schon wissen lassen, daß wenn, die Bedarfs-
prüfung nicht von uns gleich in Form hinein in vollem Umfange
akzeptiert wird, er diese Gelegenheit benützen wird, dann einer
Vertagung zuzustimmen. Als nun auch NR. Meisl von der FPÖ nicht
bereit war einen Bedarfsprüfung in dem vorgesehen Umfange zuzustimmen,
erklärte Mussil, er müßte dann internationale Vergleiche anstellen, um
uns zu beweisen, daß es überall eine solche Bedarfsprüfung gibt.
Im Rahmen dieser Untersuchungen würden dann die weiteren Verhandlungen
über dieses Gesetz geführt werden. Damit war die Terminisierung ge-
fallen und Mussil selbst wird nun im Handelsausschuß berichten, daß
er bittet, von dem Endtermin 2. Juli, Abstand zu nehmen. Ich konnte
mit Befriedigung ihm sagen, daß damit das einzige Gesetz, das wir
vielleicht in dieser Legislaturperiode mit Mehrheit beschlossen
hätten, auch jetzt zweckmäßig von der Tagesordnung der Terminisierung
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abgesetzt wurde. Mein Stolz nur einvernehmliche Gesetze zu
beschließen ist also nicht angekratzt worden.
Mit dem Verhandlungskomitee betreffend des EWG-Berichts hatte
ich eine Aussprache. Zuerst wollte ich das Marquet und Reiterer
mir berichteten und in weiterer Folge habe ich an ihrer Sitzung
teilgenommen. Ich konnte dort feststellen, daß der gesamte Be-
richt bereits vorhanden war. Ich gebe zu, daß dies ein umfang-
reicher Bericht mit 124 Seiten ist und deshalb wahrscheinlich bei
uns im Hause lange gedauert hat, bis er abgezogen werden konnte.
Ich glaube aber trotzdem, daß dieser Bericht längst im Hause ge-
wesen ist, bevor ich endlich bei dieser Sitzung ein Exemplar da-
von erhalten habe. In Hinkunft bitte ich Wanke dafür zu sorgen,
daß sobald ein solcher Bericht ins Haus kommt, ich ihn zumindestens
sehen möchte. Ich bin dann gerne bereit, ihm sofort dann wieder
dem Referenten zurückzugeben, damit er die entsprechenden Kopien
veranlaßt herzustellen, doch halte ich es für unmöglich, daß ich
diesen Bericht nicht einmal in der Hand gehabt habe. Wäre ich
nämlich von irgendjemand gefragt worden, hätte ich mich kaum raus-
schwindeln können, sondern hätte müssen gestehen, daß ich ihn über-
haupt noch nicht gesehen habe. Ich glaube, daß dies auch keine
richtige Vorgangsweise ist.
Zum Ministerratsvortrag der ausgearbeitet wurde und dem Fern-
schreiben, welches an unsere Botschaften in den 6 EG–Haupt-
städten gehen soll, hatte ich nichts einzuwenden, da die Herren
wirklich eine saubere Arbeit in dieser Beziehung seit eh und je,
leisten. Ich hatte nur zwischendurch mit Kirchschläger ein Ge-
spräch und wir legten fest, daß auch die Interimsabkommens-
lösung auf alle Fälle erwähnt werden soll. Ich habe deshalb auch
den Herren aufgetragen, daß sie in dieses Fernschreiben auf die
weitere Verfolgung des Interimsabkommens hinweisen sollen.
Da wir eine Integrationssitzung im Parlament haben, werde ich
den Ergänzungsbericht den Mitgliedern des Integrationsausschusses
mit einem Begleitschreiben übermitteln.
Tagesprogramm, 25.6.1971