Freitag, 16. April 1971
Architekt Ing. Ruzicka und Dr. Riccabona von der TH hatten sich
ein Konzept erarbeitet, wie sie Luxushotels in den Fremdenverkehrs-
orten bauen könnten. Ihrer Meinung nach sollten die Privatzimmer-
vermieter aber alle anderen Gemeindebürger ebenfalls einen Anteil
an diesen Luxushotels leisten. Ich erklärte ihnen sofort, dass
es unmöglich wäre, die Privatzimmervermieter dazu zu verhalten,
dass sie ihr mühsam verdientes Geld wo anders investieren als
eben in ihren kleinen Häusern, wo sie gegebenenfalls ihre Privat-
zimmer verbessern würden. Gemeinschaftsleistungen aber könnte ich
mir sehr gut vorstellen bei Verpflegseinheiten, also Restaurants
oder sonstige Anlagen wie sie derzeit schon bei Seilbahnen oder
Bädern geleistet werden. Würzl, den ich dazubat, kannte die beiden
und wir einigten uns sofort, dass wir ihnen einen finanziellen Zu-
schuss zu einer Studie geben sollten, wie sie ein entsprechendes
Projekt einmal in einer Gemeinde aufbauen würden. Ich glaube, sie
waren sehr zufrieden, einen so aufgeschlossenen Minister zu finden
und ich war sehr zufrieden, dass sich junge Leute mit Initiative
an uns wenden.
Dir. Holzbach, ein Jugendfreund von mir, wendete sich an mich, da
er annahm, dass Sekt.Chef Jagoda eine Intervention von Stadtrat
Hintschik nicht ernst genommen hätte. Waldheim-Eberle hat sich eine
Offset-Rollendruckmaschine angeschafft, die bei 15.000 Stück Stunden-
leistung 7 kg Farbe verbraucht. Nun wurde die Stundenleistung auf
25.000 erhöht und der Verbrauch von Farbe ist 28 kg pro Stunde.
Durch die Freiwerdung von Harzen, die den Farben unbedingt beigemischt
werden müssen, entsteht zwar auf dem Arbeitsplatz keine unerträg-
liche Luftbelästigung, da der Gestank abgesaugt wird. Dagegen wird
bei der Absaugung die Umgebung mit einer bestialischen Luftverschlech-
terung belästigt. Die Fa. Lugmayer und Bäcker haben es nun übernommen,
dass die Absaugung bis zu 40 kg Farbverbrauch, das ist das Maximum,
was die Maschine überhaupt leisten könnte, garantiert geruchsfrei ge-
regelt werden wird. Die Firma braucht aber zur Ausführung bis zum
1. Mai entsprechende Terminerstreckung der Kommission. Sekt.Rat
Chalupsky hätte nun gegen diese Firma irgendwelche Bedenken gehabt
und Holzbach fürchtet nun, dass Sekt.Rat Chalupsky sehr scharf ein-
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schreiten wird und die Firma nicht entsprechend arbeiten lassen will.
Ich habe mit Jagoda darüber gesprochen und wir werden bis 1. Mai
zuwarten und dann wird man sehen, was die Kommission ergibt. Bei dieser
Gelegenheit erfuhr ich auch, dass Portisch wieder zum Kurier zurück-
kommen wird als Chefredakteur, dass aber Polsterer die Druckerei und
den Kurier beabsichtigt zu verkaufen.
Bei der Überreichung des Ordens an Sekt.Chef Reiterer, der ihn sehr
befriedigt hat, versuchte Min.Rat Böhm mir auseinanderzusetzen, dass
es unmöglich sei, Dienstposten bei uns einzusparen. Sekt.Chef Schipper,
der hier wesentlich nüchterner denkt, meint, dass wir nicht die 16 Dienst-
posten, wohl aber unsere Pensionierungen, nämlich 6 Dienstposten ein.
sparen müssen. Böhm meint nun, ob ich bereit wäre, gegen eine solche
Dienstpostenkürzung zur Wehr zu setzen. Ich schob sofort dieses Problem
auf die Sekt.Chef-Ebene und erklärte, wenn es Schipper nicht gelingt
hier eine Ausnahme im BKA durchzusetzen, sehe ich keine Möglichkeit
hier die Dienstposteneinsparungen zu verhindern. Ich glaube überhaupt,
dass sich Schipper sehr neutral und kooperativ verhält, während natür-
lich z.B. für den Posten der Frau Min.Rat Carmine bereits 2 DV-ler
in Aussicht hat, die er also neu aufnehmen will, um diesen Dienstposten
neuerdings zu besetzen.
Direktor Bauer und Dir. Feichtiger von der ÖMV berichteten mir, dass
sie mit der TAL über ihre Erweiterung des Durchsatzes für die AWP von
6 Mill. t auf 10 Mill. Jato nicht zu Rande kommen. Die TAL-Vertreter
hätten ihnen 65 % des Ingolstädter Tarifes angeboten, währenddem die
ÖMV nur bereit ist, 50 % bis jetzt davon zu bezahlen. Da der General-
sekretär der TAL mir in Innsbruck mitgeteilt hat, dass sie nicht mehr
so weit auseinander sind, habe ich angenommen, dass er meine Vermittlung
obwohl er das letzten Endes abgestritten hat, doch sehr gerne sehen würde.
Ich erklärte daher der ÖMV, dass ich erwarte, dass sie doch jetzt zu
einem Abschluss kommen oder mich verständigen, dass ein Abschluss nicht
möglich ist, damit ich Vermittlungsverhandlungen aufnehme. Ich kann nur
solange noch mit der Betriebsgenehmigung zuwarten, bis sie innerhalb
von 14 Tagen eine Lösung gefunden haben oder mich zumindestens ver-
ständigen, dass ich eine solche jetzt in Angriff nehmen soll. Die TAL
setzt sich aus so vielen ausländischen Firmen zusammen, 31 % des Anteils
hat in Österreich überhaupt keine inländische Ölfirma, sodass nachdem
80 % der Gesellschafter einer Tarifänderung zustimmen müssen, dies eine
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sehr schwierige Verhandlungssituation ist. Bauer teilte mir
weiters mit, dass sie mit den Italienern bezüglich der Gas-
Pipeline neuerdings jetzt in Verhandlungen eintreten werden.
Er glaubt, dass er doch zu einem wesentlich günstigeren Abschluss
kommt, als die ENI ihm angeboten hat. Ich glaube, dass die einzige
Möglichkeit das Schweizer Modell ist, wo die Schweizer so wie
auch die österr. ÖMV 51 dieser Gesellschaft bekommen könnten.
Betreffend der Preiserhöhungen meinte Bauer, dass sie jetzt
noch nicht auf die Barrikaden gehen wollen, aber dass die west-
lichen Ölgesellschaften bereits Massnahmen erwägen. Ich glaube
nicht, dass die westlichen Ölgesellschaften nicht erkennen, dass
vor den Bundespräsidentenwahlen kaum etwas zu machen ist und
dass sich der Heizölpreis als erster Preis frühestens mit 1. Mai
wird erhöhen lassen. Da ich in der Industriellenvereinigung den
Generaldirektor von Mobil traf, konnte ich feststellen, dass man
dort nicht einmal noch wusste, dass die Verbraucherpreise für Benzin
und Diesel bis jetzt noch immer nicht bei uns eingereicht wurden.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte, klären ob nicht vielleicht doch schon
Schleifer die Preise erhalten hat, ohne dass er mich davon verstän-
digte.
Bei einer Pensionistenversammlung teilte mir Jodlbauer mit, dass
Konstroun den Präs. Sallinger ersucht hat, dass auch meinen Wunsch
Lederer vom Freien Wirtschaftsverband bei den österr.-sowj. Verhand-
lungen anwesend sein soll. Da Sallinger dies ablehnte, meinte Kostroun,
er sollte mit mir sprechen, denn das sei schliesslich der Wunsch
des Handelsministers. Genau dies ist aber nicht der Fall. Lederer
ist eine genauso zwielichtige Gestalt wie Pisec; Pisec, der bisher im-
mer von Mitterer bei diesen Russlandverhandlungen eingeschaltet wurde.
Lederer z.B. erklärt, dass Pisec einige Geschäfte gemacht, die im
Hause bekannt sind und die mehr als dubios vom gesamtwirtschaftlichen
Standpunkt aus sind. U.a. soll nach seiner Auskunft Pisec bei den
grossen Flash-Druckrohrleitungen gegen Gas aus der Sowjetunion be-
teiligt gewesen sein. Ich habe mich sofort mit der VÖEST ins Einver-
nehmen gesetzt und sowohl von Gen.Dir. Koller als auch Abfalter er-
fahren, dass dies nicht der Fall ist. Die VÖEST hat zwar für 15 Mio. S
private Firmen einschalten müssen, aber auch diese privaten Firmen
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haben direkt, da die VÖEST die Verträge mitunterzeichnen musste,
mit den Russen abgeschlossen. Pisec war in keinem einzigen Fall
mit eingeschaltet. Die VÖEST selbst hat 100 Mill. S an die Firma
MAN geliefert, ohne die deutsche Clearingstelle oder eine andere
Institution einzuschalten. Leder selbst hat sehr gute Beziehungen
zu sowjetischen Spitzenvertretern u.a. hat er bei einer Anwesenheit
des sowj. Präsidenten der Handelskammer für diesen 1 Mill. S Waren-
muster gekauft und ihm geliefert, doch würden wir den grössten Fehler
machen, wenn wir einen Exporteur bevorzugen würden. Ich werde deshalb,
wenn Sallinger mich diesbezüglich ansprechen würde, klar und deutlich er-
klären, dass ich kein Interesse daran habe, dass Leder in die Delegation
aufgenommen wird, wie ich aber auch dasselbe negative Interesse daran
habe, das Pisec, von denen die VÖEST sagt, dass es zielführend ist,
an sie nicht einmal anzustreifen, in Hinkunft so stark im Ministerium
bei offiziellen Verhandlungen verankert wird.
In der Industriellenvereinigung hielt Treichl einen sehr guten Vor-
trag, vorher meinte Mayer-Gunthof, er müsste mich doch attackieren, aber
da ich nicht antworten könnte, würde er sich in sehr urbanen Formen
bewegen. Er verlangte von der Regierung, dass erstens das Verteiler-
denken einem Leistungsdenken weichen sollte, dass zweitens die Unzu-
reichende AfA, die Absetzung für Anlagen wesentlich verbessert werden
müsste, dass drittens Eigenkapital gebildet werden könnte und dass
viertes die Frage der langfristigen Kapitalbeschaffung geregelt werden
muss. Fünftens meint er, dass der Arbeitskräftemangel behoben werden
sollte, dies sei Aufgabe der Bundesregierung und durch Beistellung
von Schulen für die Gastarbeiter, von Wohnungen für diese usw. müsste
die Regierung Vorsorge treffen. Die Baracken, die die Industrie er-
richten will, kann derzeit nur mit einer 20 %-igen ausserordentlichen AfA
abgesetzt werden und dann beträgt die Abschreibung 20 Jahren, was natür-
lich viel zu lange ist. Er erwähnte dann auch, man könnte nicht nur von
der Industrialisierungswelle und von einer Industrialisierungspolitik
reden, sondern müsste auch etwas dazu beitragen. Ich hatte dann Gelegen-
heit am Abend bei einem Empfang des schwedischen Botschafters für Palme
ihn noch einmal zu treffen und hab mich insbesondere nur gegen die Be-
hauptung, dass wir von der Industriepolitik nur reden und nichts machen,
entschieden gewehrt. Ich erklärte ihm, dass er doch auch berücksichtigen
müsse, dass die Bundesregierung einige Sachen verhindert hat, die die
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Industrie schwer belastet hätten und andererseits doch wirklich
jetzt eine aktive Industriepolitik angeht. Er meinte, dies hätte
er noch nicht so berücksichtigt, sei aber an einem Privatissimum
in dieser Frage sehr interessiert. Treichl selbst hielt einen ganz
interessanten Vortrag. Er meinte zuerst, dass sie die qualitative
Tätigkeit der Kreditinstitute, d.h. das Prüfen, Auswählen und letzten
Endes das Geld für Investitionen zur Verfügung stellen, keinen
Dirigismus erlaubt. Die quantitative Funktion der Geldinstitute
aber, wo die Summe der Geldmenge reguliert wird, Geldschöpfung be-
trieben wird, die könnten gegebenenfalls dirigistische Einwirkungen
wie sie ja auch derzeit durch das Kontrollabkommen durchgeführt
werden, vertragen. Er meint nur, aber dass hier auf diesem Kredit-
sektor der Wettbewerb wesentlich vergrössert werden soll. Er sprach
sich deshalb beim Kreditwesen-Gesetzentwurf ganz entschieden gegen
die derzeit bestehende Niederlassungsfreiheitsbeschränkung, d.h.
die Errichtung von Filialen aus. Er meinte, dass Koren dies in seinem
Entwurf ebenfalls vorgesehen hat, nämlich die Aufhebung der
Reglementierung, dass aber bei Androsch jetzt in der Verhandlung
die Niederlassungsfreiheit wieder nicht aufgenommen werden soll.
Er meint, dass die Konkurrenzverhältnisse der Aktienbanken, der
privaten Bankiers und der Hypothekenanstalten gegen die Sparkassen,
Volksbanken und Raiffeisenkassen doch sich wesentlich verschoben
haben. Die drei letzteren seien vertikal gegliedert und nur in
überregionalem Ausgleich und in der Veranlagung käme eine gewisse
Industriepolitik in Form der Finanzierung von Investitionen zum
Ausdruck. Da diese Institutionen aber keine Ertragssteuer und gröss-
tenteils auch keine Dividenden bezahlen, hätten sie einen entspre-
chenden Konkurrenzvorsprung. Treichl sprach sich auch gegen das
Haben-Zins-Abkommen aus, da er seiner Meinung nach hier eine Ein-
schränkung der Wettbewerbsmöglichkeit sieht. In der BRD hätte
die Freigabe weder zu einem Verfall der Zinspolitik noch zu einer
Hausse geführt. Wenn man behauptet, dass Österreicher zins-unempfind-
lich sind, so stimme das seiner Meinung nach nicht, denn wohl werden
die entsprechenden Spareinlagen immer grösser, aber im Jahre 1969 be-
trug der Zuwachs noch 5 Mia. S gegenüber dem Vorjahr, währenddem 1980
nur mehr 3 Mia. S gegenüber dem Vorjahr mehr gespart wurde. Treichl
meint, dass die Kapitalmarktfunktion von den Kreditinstituten ins-
besondere von den Banken 100 %-ig erfüllt wird. 1960 hätte der Um-
satz der Industrie 116 Mia. S betragen und die Kredit der Institute
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an die Industrie hätten 12 Mia. S ausgemacht. 1970 sei der Umsatz
auf 236 Mia. S gestiegen und der Kredite, die Fremdfinanzierung, sei
eben auf 38 Mia. S angewachsen. für 1980 rechnet er, dass die Umsätze
der Industrie ca. 500 Mia. S betragen und dass dafür ein Fremdfinan-
zierungsanteil von 110 Mia. S notwendig sei. Wenn man jetzt noch dazu
rechnet, dass für die Infrastruktur Aufwendungen für 1971 bis 1980
ca. 7–800 Mia. S notwendig sind, so kann man ermessen, was der
Kapitalmarkt hier leisten müsste. Er rechnet zwar mit einem wesent-
lichen Ansteigen des Bruttonationalproduktes von 1960 163 Mia. S auf
372 Mia. im Jahre 1970, aber für 1980 bei 3,5 % Verbraucherpreisindex-
Steigerung pro ein Bruttonationalprodukt von 850 Mia. S zu laufenden
Preisen. Um diese Finanzierungsaufwendungen insbesondere für die
Industrie erbringen zu können, müsste doch eine Zuführung von Eigen-
mitteln über den Kapitalmarkt für kapitalmarktfähige Industrien ange-
strebt werden. Für nichtkapitalmarktfähige Unternehmungen gäbe es
nur die Gewinnbildung steuerliche Massnahmen. Nach Treichls Meinung
haben insbesondere die institutionellen Investoren die Versicherungen
versagt, während in Amerika die Neuemissionen die Versicherungen 300 %,
in Grossbritannien 200 %, in den Niederlanden 70 % und in Japan ein
Drittel ausmachen, seien in Österreich die Versicherungen nur geringfügig
am Aktienmarkt tätig. Am Anlagenmarkt haben sie einen Anteil von 28 %
und dieser Anteil an Anleihen seien nach Treichls Auffassung befriedi-
gend. Der Vorwurf, dass am Börsenmarkt die Banken keine Kurspflege be-
gehen, gleichzeitig aber auch nicht bereit wären, Aktien abzugeben,
sei ein Widerspruch, wenn sie nämlich – so Treichl – Kurspflege be-
treiben, dann dürften sie auch keine Aktien abgeben, da ansonsten der
Markt weiter perudiert würde. Die CA selbst hat in den letzten
10 Jahren ihren börsengängigen Anteil vervierfacht. Ihre
Beteiligungen dagegen die sie im Portefeuille hält, haben abgenommen.
Treichl meint deshalb, folgendes Forderungsprogramm müsste für den
Börsenmarkt aufgestellt werden.
1. Die Steuerbegünstigung für Aktien wäre denen der Wertpapiere an-
zugleichen.
2. Die Berichterstattung über die Unternehmungen müssten wesentlich
besser werden, die CA wird hier mit gutem Beispiel vorangehen.
3. Die Richtlinien der Versicherungen müssten den Ankauf von Aktien
wesentlich erleichtern.
Betreffend das Kreditwesengesetz hat Treichl folgende Forderung er-
stellt.
1. die Funktion der Kreditinstitute müsste im Kreditwesengesetz voll
gewährleistet werden.
2. Der Mittelzufluss dürfte nicht kanalisiert werden, d.h.
es müssten im freien Wettbewerb die Kreditinstitute die Mög-
lichkeit haben, sich Spareinlagen und sonstige Mittel zu
beschaffen.
3. Das Kreditwesensgesetz könnte kein konjunkturpolitisches In-
strument sein, es müsste fest Grundsätze beinhalten, die unter
allen Umständen gewahrt sein sollten.
4. Um Strukturbereinigungen zu ermöglichen, müsste der freie
Wettbewerb den Kreditinstituten gewährleistet sein.
5. Die Liquidität der Kreditinstitute müsste im Interesse der Kredit-
nehmer und Gläubiger in Eigenverantwortung der Institute gestal-
tet werden können und dürfte nicht einem Eingriff durch den
Staat unterliegen.
6. Es dürften im Kreditwesensgesetz nur generelle Regelungen vorge-
schrieben sein, die keinen Eingriff in die Veranlagung und die
Verantwortung für die Veranlagung ausschliesslich den Vorständen
und Aufsichtsräten überträgt. Ein dirigistischer Eingriff
oder dirigistische Massnahmen dürften nur für das global Kreditvolumen vorgesehen werden.
Trotzdem Treichl hier in diesem Referat eine sehr selbständige und
auch von der Industrie weitgehend unabhängige Kreditpolitik vertre-
ten hat, hat er durch seine freiheitlichen globalen Aussagen grossen
Beifall erhalten. Ich bin allerdings überzeugt, dass jeder einzelne
Unternehmer soweit es sich um seine Finanzierung handelt, ganz
gerne irgendwelche Unterstützungen vom Staat wünscht, damit er
aus den Klauen der Kreditinstitute ein bisschen befreit wird.
Derzeit ist es doch zweifelsohne so, dass die Kreditinstitute
soweit sie irgendwelche Konzernverpflichtungen an ihren Unterneh-
mungen haben, diese Unternehmungen bevorzugen und vor allem soweit
sie Kreditpolitik für das einzelne Unternehmen, sei es ein Konzern,
oder nur ein Kommittent ist, doch nicht immer nur Gesamt- und
volkswirtschaftliche Gesichtspunkte diese Politik bestimmen.
Beim Abendessen in der schwedischen Botschaft für Palme fragte mich
Kirchschläger, ob ich Wert darauf lege, dass er beim Kurzaufenthalt
vom amerikanischen Handelsminister dabei ist. Ottahal dürfte den
Aussenamt mitgeteilt haben, dass ich beabsichtige, Stans abzuholen
und auch ein Essen für ihn zu geben. Kirchschläger fasste dies so
auf, als ob ich ihn ausschalten wollte. Ich klärte dieses Missver-
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ständnis auf. In Hinkunft wird man hier noch vorsichtiger die Beamten
verhandeln lassen müssen. Vor allem müssen wir verhindern, bei den
Beamten den Eindruck zu erwecken, sie können uns gegenseitig ausspielen.
Bei dieser Gelegenheit teilte mir Kirchschläger auch mit, dass er
verständigt wurde, dass die Sekt.Chefs bei uns nicht mitfahren können
und deshalb auch zu überlegen ist, ob Marquet an dieser Russland-
verhandlung teilnehmen soll. Kirchschläger meinte nun, er hätte den
Sachbearbeiter für Russland, Dr. Fischer , nicht greifbar und der Bei-
geordnete sei ein CV-er, den er auf gar keinen Fall an dieser Reise
teilnehmen lassen will. Ich stellte selbstverständlich Kirchschläger
anheim, ob er Marquet schickt oder nicht. Ich glaube, dass wir uns
nicht auf eine Diskussion einlassen sollten, dass wenn ein Sekt.Chef
von einem Ministerium fährt, dann auch die Sektionschefs von anderen
Ministerien fahren müssten.
Tagesprogramm, 16.4.1971
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)