Mittwoch, 17. März 1971
Die Direktoriumssitzung der ÖFVW wird nun schön langsam zu der Routine-
sitzung, wie sie bis jetzt scheinbar immer auch gewesen ist. Ich fürchte,
dass sich schön langsam unsere Reorganisationsmassnahmen in der ÖFVW
nicht durchsetzen werden. Die Ländervertreter spielen doch in dieser
Organisation eine bedeutendere Rolle als ich angenommen hatte. Bei
der Bestellung des Geschäftsführers hat sich nämlich für mich schon
gezeigt, dass sie nicht konsequent sind. Zuerst hatten die Länderver-
treter ja gegen Langer-Hansel die grössten Bedenken und als es dann
so weit war, einen anderen zu bestellen, könnten sie sich auf keinen
einigen das Endergebnis ist, wir verlängerten seinen Dienstvertrag.
Wenn es nun um personelle Änderungen z.B. in den Zweigstellen geht,
im konkreten Fall um den Vertreter in Frankfurt, Herrn Tischler, konnte
ich ein ähnliches Verhalten feststellen. Zum Glück hatte ich mich in
all diesen Fragen nicht sehr stark exponiert, sodass nicht gesagt werden
kann, dass ich in dieser Angelegenheit umgefallen bin. Wenn ich auf
die ursprünglichen Vorschläge immer sofort mit aller Vehemenz einge-
stiegen wäre, dann müsste ich immer entsprechende Rückzieher machen.
Aber nicht nur in der Personalpolitik, auch in Sachfragen gibt es Ent-
scheidungen, die mir vollkommen rätselhaft sind. Die ÖFVW gibt einen
Bildprospekt heraus in der Auflage von 490.000 Stück. Durch Zusammen-
legung mit dem Prospekt "Österreichische Skizentren" der in einer Auf-
lage von 165.000 Stück erscheint, wäre es möglich gewesen um denselben
einen kombinierten Prospekt in der Höhe von 490.000 Stück zu erstellen.
Voraussetzung wäre gewesen, dass die Ländervertreter zugestimmt hätten.
Da aber die Landesgrenzen in diesem Ski-Zentren-Prospekt bei Landkarten
nicht entsprechend berücksichtigt wurden, es ist z.B. unmöglich, das
Gebiet des Vorarlberges dem Vorarlberger allein oder dem Tiroler allein
zuzuordnen, haben sie dagegen remonstriert. Endergebnis, wir drucken
jetzt den Ski-Zentren-Prospekt extra und nur in der Auflage von 165.000
Stück. Der einzige positive Beschluss war, dass wir uns entschlossen
haben, doch einen kleinen Computer zu mieten. Dr. Schuster von der Ge-
schäftsleitung, der für diese Lösung sehr eingetreten ist, hatte weder
den Ländervertreter, Obermagistratsrat Jager, noch den Ministerienver-
treter, Min.Rat Poppinger, davon überzeugen können, dass dies auch
dringendst notwendig ist. Ich befürchtete daher, dass wir hier schärf-
sten Widerstand bekommen würden. Es ist aber doch im Laufe der Wochen ge-
lungen, die Bedenken der beiden Herren zu zerstreuen. Wenn aber diese
Umstellung nicht restlos funktioniert, bin ich überzeugt davon, dass wir
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dann sofort den Vorwurf kriegen werden, dass sie es ja gesagt haben,
dass dies alles daneben gehen wird. Der positivste Beschluss war aber
die zusätzliche Altersversorgung. Heindl ist es geglückt, mit der Städti-
schen ein Arrangement zustande zu bringen, wonach der ÖFVW 1 Mill. S
einmal Abfindung einbezahlt und dafür die Bediensteten, wenn sie maximal
40 Jahre im Dienst waren monatlich 960.– S und die Frauen monatlich
580.– S Zusatzpension bekommen. Wie mir der Betriebsrat versicherte,
und die Geschäftsführung bestätigte, hat, haben alle meine Vorgänger
versprochen, dieses Problem zu lösen, aber doch niemals eine wirkliche
Lösung herbeigeführt. Ich glaube, dass dies in der Belegschaft einen
sehr guten Eindruck machen wird und dass vor allem aber eine gewisse
Beruhigung eintreten wird. Betreffend die Vermietung des AUA-Lokals
in New York glaube ich werden wir keinen positiven Abschluss zustande
bringen. Es haben sich zwar einige Firmen bereiterklärt, Verkaufsausstel-
lungen dort durchzuführen, aber nach Rücksprache mit Minister Frühbauer
muss ich erkennen, dass die Österr. Verkehrswerbung nicht bereit sein
wird, auch nur einen Teil des Lokales auch tatsächlich zu mieten. Ebenso
dürfte die Handelskammer nicht primär daran interessiert sein, über das
Wifi tatsächlich eine grössere Fläche zu übernehmen.
Da in den Nationalsitzungen die Sekretäre und vor allem einmal nicht die
Besucher ins Couloir kommen dürfen, ergibt sich eine vollkommen neue
Arbeitssituation. Ich glaube nicht, dass das Präsidium gegen die Forde-
rung der Journalisten die wieder die alte Situation herbeiführen wird
Widerstand leisten können. Ich habe die Verfügung auch nicht nie richtig
verstanden. Waldbrunner war es seit jeher ein Greuel, dass die Redakteure
und Journalisten in den Couloirs sich frei bewegen konnten. Weikhart machte
eine Bemerkung zu den Umstehenden in den Couloirs, wie ideal es ist,
dass wir jetzt so unter uns sein können. Daraus entnehme ich, dass auch
er für diese Regelung sehr eingenommen ist. Natürlich gibt es Tratschen
in jedem Klub und wahrscheinlich sind die Genossen der Meinung, wenn
die Journalisten keine Möglichkeit haben, herumzuhorchen, dann erfahren
sie auch nichts über Klubinternes. Ich weiss nicht, wie man hier
die Kurve nehmen soll, aber ich glaube, dass wenn wir uns nicht sehr
bald dazu entschliessen, etwas Aktivität in dieser Frage an den Tag zu
legen, dann die ÖVP und die FPÖ bei irgendeiner Gelegenheit es durch-
setzen werden, dass der alte Zustand wieder hergestellt wird.
Direktor Feichtiger und Dr. Kreutler von der ÖMV tauchten im
Klub auf, um die Heizölfrage zu besprechen. Da ich wusste, dass
Lachs und Zöllner im Institut waren, habe ich sie gleich dorthin
mitgenommen und wir versuchten, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Lachs hat wie ich aus Bemerkungen Hofstetters gegenüber Häuser ent-
nehmen konnte, bereits dahingehend informiert, dass ich scheinbar
nicht bereit sei, sein Konzept zu akzeptieren. Sein Konzept besteht
bekanntlicherweise darin, zu versuchen, die ÖMV jetzt bei der Erhöhung
des Heizölpreises sofort mit der Benzinpreisfrage ebenfalls zu binden.
Wenn ich nun eine Vereinbarung mit der ÖMV akzeptieren würde, dann
müsste ich diese auch tatsächlich durchziehen. Ich glaube aber nicht,
dass in der jetzigen Phase der Zeitpunkt bereits eine endgültige
Vereinbarung zustande kommen kann. Ich muss ja auch das Problem bei
der Preisfestsetzung bei Benzin mit den Tankstellen lösen. Der Finanz-
minister selbst will – wie mir Lachs mitteilte – die Dieselpreiserhöhung
überhaupt ausschalten. Ebenso glaube ich, dass wir in der jetzigen
Phase noch nicht erklären dürfen, dass das Ofenheizöl erhöht wird, da wir
ansonsten sofort eine entsprechend höhere Forderung auf dem Kokssektor
erwarten müssen. Mit anderen Worten, das Problem ist zur Entscheidung
noch nicht reif und es liegen auch noch keinerlei konkrete Anträge
weder von der ÖMV noch von den westlichen Ölgesellschaften vor.
Ich verstehe vollkommen, dass Lachs versucht, eine neues Arrangement
für alle diese Fragen zu erzielen, doch glaube ich, hat er dafür
weder die Zustimmung seines Präsidenten noch glaube ich würde die ÖMV
eine solche Lösung jetzt akzeptieren. Wir müssen deshalb schrittweise
vorgehen. Da im Unterausschuss der Paritätischen Kommission sowieso
über diesen Preisantrag keine Einigung erzielt werden kann, ich kann
mir nicht vorstellen, dass die Agrarvertreter dem zustimmen, wird
die ganze Frage sowieso in die Paritätische Kommission hinaufkommen.
Nach den Spielregeln der Paritätischen Kommission könnte der Unteraus-
schuss aus zwei Gründen eine solche Entscheidung nicht selbst treffen.
Erstens wurde die letzte Erhöhung im August 1970 genehmigt, und zweitens
beträgt der Antrag über 30 %.
Mussil wollte eine Aussprache, um zu erfahren, was ich für Absichten
hätte bezüglich Betriebsgründung der Sowjetunion in Österreich. Er
hatte von Gleißner erfahren, dass ich grössten Wert darauf lege, einige
Paradeinvestitionen aus Oststaaten in Österreich zu verzeichnen. Ich
erklärte ihm, dass insbesondere gegenüber der Sowjetunion, wenn es
zu einem EWG-Arrangement kommen sollte, eine solche Betriebsgründung
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von allergrösstem Wert wäre. In diesem Fall könnte Österreich be-
weisen, dass es auch gegenüber den Oststaaten frei zugänglich für
Kapitalinvestitionen ist. Ausser der Versicherungsgesellschaft GARANT
gibt es nämlich keine Neugründung in Österreich. Es ist zwar richtig,
dass angeblich 56 Oststaaten in Österreich Firmen besitzen, doch
ich werde und Mussil wird mich diesbezüglich unterstützen konkretere
Unterlagen und Untersuchungen in dieser Frage mit der Handelskammer
gemeinsam anstellen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte, dieses Ergebnis Gröger mitteilen und
drängen, dass so schnell wie möglich die Untersuchungen durchgeführt
werden.
Weiters wollte er wissen, wie weit wir die Konzentration und die Ver-
einheitlichung der Bürges-Aktionen fortsetzen wollen. Ich habe ihm
nur von unseren Fortschritten mit dem Sparkassen-Verband und vor allem
auch mit den hausinternen Absichten vertraut gemacht. Er stimmt einer
solchen Lösung zu, da er sie bereits vor 10 Jahren angestrebt hat,
aber wie er sich ausdrückte, scheiterte. Bezüglich einer stärkeren Mit-
sprache der Soz. Partei in der Bürges hatte ich eine Besprechung
mit Kostroun, der mir aber nur mitteilte, dass er – Kostroun –
jetzt mit Korinek über die Beiziehung von Mühlbacher, sei es als
Geschäftsführer oder als Konsulent reden wird. Mussil gegenüber er-
wähnte ich diese Information natürlich nicht. Mussil beklagte sich
bei mir, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Entwicklungs- und Erneuerungs-
fonds, dem ERP-Fonds und der Kommunalkredit AG nicht funktioniert.
Ich versprach ihm darüber mit Androsch zu verhandeln.
ANMERKUNG für Wanke: Bitte Gehart ersuchen, unverzüglich den Tatbestand
festzustellen, wo die Zusammenarbeit mangelt und wie dem abgeholfen wer-
den könnte.
Direktor Dr. Schramm müsste entsprechende Auskunft geben können.
Der hauptsächlichste Grund seiner Aussprache war aber die Frage des
Kokspreises. Der Brennstoffhandel hat bei ihm die grössten Bedenken
angemeldet wenn wir den Verbraucherpreis nicht mit den Handelsspannen
gleichzeitig festsetzen. Ich erklärte ihm, dass wir ähnliche der Be-
zinpreisregelung nur den Verbraucherpreis fixieren wollen und die
weitere Entwicklung abwarten möchten. Die Verbraucherpreise werden jetzt
in meinem Ministerium mit ca. 1.80 S pro kg Koks in Aussicht genommen.
Er selbst meinte, das sei unmöglich und als mein Hinweis, dass auch
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die Importe bei Festsetzung aller Spannen unter 2.– S kommen, dann
müsste man halt den Kokspreis mit 1.95 S z.B. festlegen. Dagegen sprach
ich mich ganz entschieden aus, aber wahrscheinlich wird zwischen 1.80
und 2.– in irgendeiner Weise der Preis dann fixiert werden. Mussil
will nun mit den Händlern und seinen Firmen noch einmal sprechen und
mir dann mitteilen, welchen Vorschlag er in dieser Frage machen kann.
Ideal wäre, wen er gelänge, eine tatsächliche Übereinstimmung dieser
Angelegenheit zwischen der VÖEST als inländischem Koksproduzenten, der
Gaskoks als dessen Vertriebsgesellschaft und dem Importeure, die
ja die grössere Koksmenge nach Österreich bringen und den Kleinhändlern
und Rutschenhändlern, die ihn verteilen, zu erzielen. Da wir mit
1.4. diese Lösung kreieren müssen, besteht nur mehr sehr wenig Zeit
dafür. Allerdings bedeutet dies auch, dass die Unternehmer jetzt nervös
werden, weil sie nicht wissen, was am 1.4. tatsächlich geschehen wird.
Vielleicht kann man unter dem Zeitdruck dann eine auch für die Konsumenten
akzeptable Lösung durchziehen.
Die Genossenschaftsvertreter des Genossenschaftsverbandes, Dipl.Kfm. Schmied,
Dr. Bäcker und Dr. Rauter sprachen beim Justizminister vor, der den Land-
wirtschaftsminister, den Finanzminister und mich zu dieser Sitzung zu-
zog. Die Genossenschaftsvertreter möchten aus optischen Gründen, wie sie
sich ausdrückten, die Genossenschaftsnovelle unter allen Umständen im
Parlament haben. Sie glauben sogar, dass die ÖVP in dem Fall sich auf-
spalten wird und die Landwirtschaftsvertreter mit den Sozialisten für
diese Genossenschaftsnovelle stimmen würden. Die Genossenschaftsvertreter
der Landwirtschaften, dem Zentral- und Dachverband, hatten ihnen zuge-
sichert, dass anderenfalls sogar einige Abgeordnete den Sitzungssaal
verlassen würden, so dass eine Beschlussfassung auch mit den Stimmen der
Sozialisten allein zustande käme. Alle vier Minister hielten diese Vor-
gangsweise für nicht zielführend, da es mit grösster Wahrscheinlichkeit
anzunehmen ist, dass die ÖVP sich nicht aufspalten wird. Wenn die
Freiheitlichen nicht dieser Novelle zustimmen und da sie in Genossen-
schaftsfragen eher ablehnend sind, ist dies mit Sicherheit anzunehmen,
kann deshalb die Regierung nur in der Minderheit bleiben. Broda wies
auf die Erfahrungen hin, die er z.B. mit der Novelle des Angestelltenge-
setzes gemacht hat, wo sogar der mächtige Gewerkschaftsbund hinter dieser
Forderung steht. Trotzdem haben die Freiheitlichen dem nicht zugestimmt
sondern nur verlangt, dass er jetzt entsprechende Detailuntersuchungen
anstellt. Zu glauben, dass jetzt in der Genossenschaftsfrage die ÖVP
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eine diesbezügliche Aufspaltung ihres Klubs erlauben wird, ist
so lächerlich, dass ich mich nur wundern kann, wie wenig die Genossen-
schafter eine Idee von dem derzeitigen parlamentarischen und politischen
Kräfteverhältnis haben. Wenn es gelingen sollte, eine Lösung in dieser
Frage herbeizuführen, dann müssten wir gleichzeitig auch die Gewerbe-
ordnung in dieser Frage novellieren. Da die Gewerbeordnung als Ganzes
nicht in absehbarer Zeit fertiggestellt werden soll, werde ich Jagoda
ersuchen, einen Entwurf auszuarbeiten, wonach der Artikel des Kund-
machungspatentes aus der Gewerbeordnung herausgestrichen wird, der
sich mit der Ausnahme der Genossenschaften aus der Gewerbeordnung
festlegt. Die Genossenschaften wehrten sich dann nur gegen ein Junktim
das wir ihnen zusicherten, Wir werden dies nicht als Junktim auffassen,
aber wir werden es gleichzeitig zumindestens in der Regierung verabschie-
den. Der Finanzminister erklärte, dass jedwede steuerliche Begünstigung
dann ebenfalls entfallen muss. Zuerst erklärte die Genossenschaftsseite,
sie hätte keiner steuerliche Begünstigung, hat dann aber natürlich zu-
geben müssen, dass sie in der Körperschaftssteuer insoferne bevorzugt
sind, als die Rückvergütung nicht als Gewinnausschüttung betrachtet wird.
Androsch wird dieses Problem mit den Genossenschaften gemeinsam unter-
suchen. Die pressure groups der Genossenschaften haben sich sehr un-
günstig in meinen Augen benommen.
Tagesprogramm, 17.3.1971