Donnerstag, 28. Jänner 1971
Min.Rat Böhm und Min . Schleifer, der Personalreferent und der Personal-
vertreter, wollten bei mir unbedingt durchsetzen, dass wir einen
Juristen aufnehmen, dem sie scheinbar Zusagen gemacht hatten. Heindl
hat bei den Personalbewerbungen herausgefunden, dass eine Frau, die
russische Dolmetschprüfung hat und Englisch sehr gut spricht, ausserdem
noch eine gelernte Juristin ist, die derzeit im Gerichtsjahr steht,
sich ebenfalls beworben hat. Sowohl die Personalabteilung als auch
die Personalvertretung waren aber gegen eine Aufnahme dieser Person.
Ich will nicht unterstellen, dass sie primär für ihren Vertreter
waren, weil er ein CV-ler ist und die weibliche Interessentin uns
nahesteht, dass dies der Grund der Ablehnung war. Offiziell hat
man mir von beiden Seiten gesagt, dass sie bei Frauen dagegen sind, die
erstens entweder krank werden und zweitens heiraten und Kinder kriegen.
Die Sektion I stellt aber immer wieder fest, dass sie dringend Leute
braucht mit Sprachkenntnissen. Was wir aber vor allem wichtigst brau-
chen würden, wären wirtschaftliche, ausgebildete Fachleute. Derzeit
sind bei den Bezahlungsverhältnissen im Ministerium nur keine zu
bekommen. Endgültige Lösung, es werden alle beide aufgenommen.
Zum Leidwesen von Wanke wieder keine Selektion von Personal im Hin-
blick auf die wirtschaftlichen Aufgaben, die insbesondere der Sektion
III erwachsen. Allerdings muss man dem entgegenhalten, dass Wirt-
schaftsfachleute wirklich nicht zu bekommen sind, es liegt kein
einziges Ansuchen bei uns vor. Wanke schlägt vor, man sollte auf
der Hochschule für Welthandel beginnen, schön langsam eine entspre-
chende Werbung für Ministerialdienst im Handelsministerium zu be-
treiben.
Der schwedische Botschafter Petri wollte einen Antrittsbesuch machen
bei dieser Gelegenheit aber erkundigte er sich sehr eingehend, wie
es nun mit dem Kernkraftwerk weitergehen wird, da die schwedische
Firma ASEA, an der der Staat zu 50 % beteiligt ist, sich um diesen
Auftrag sehr bemüht, war der schwedische Botschafter also nicht nur
allein höflichkeitshalber gekommen sondern auch um eine entsprechende
Information zu erhalten. Er wies vor allem darauf hin, dass ASEA
jetzt in Schweden ein zweites Kernkraftwerk errichtet, das genau
derselbe Typ ist, wie er auch im Tullnerfeld errichtet wird.
Kreisky wollte von mir wissen, wie er sich nun bei der Presse-
konferenz, die er für 1/2 11 Uhr einberufen hatte, zu eventuellen
Anfragen betreffend die Interviews von Benya antworten sollte. Er
meinte auch, ich sollte mich mit Häuser in Verbindung setzen. Ich
schlug Häuser vor, dass wir vielleicht versuchen sollten, Kreisky
dafür zu gewinnen, dass er mich zur Pressekonferenz mitnimmt, damit
ich als an beiden Pressekonferenzen Anwesender dann eventuelle unange-
nehme Fragen entsprechend parieren könnte. Ich würde es dann gerne über-
nehmen, eventuell dann die falschen Behauptungen von einzelnen Anfra-
genden sofort entsprechend zurückzuweisen. Häuser meinte,
es wäre in dem Fall viel zielführender, wenn Benya sich an dieser
Pressekonferenz beteiligen würde. Ich muss sagen, dass mir dieser
Vorschlag natürlich wesentlich besser gefiel, ich aber nicht ganz
sicher war, ob dies Benya oder Kreisky akzeptieren würde. Häuser
hatte aber keinerlei Bedenken, er rief sofort Benya an und schlug
ihm, vor, dass ich an dieser Pressekonferenz, wenn er einverstanden
ist, teilnehmen würde, wir aber beide der Meinung sind, dass es viel
zielführender wäre, wenn er sich daran beteiligen würde. Zu meiner
grössten Verwunderung hat Benya sofort akzeptiert. Scheinbar ist
ihm doch der Eindruck, der in der Öffentlichkeit durch die Zeitungs-
meldungen entstanden ist, sehr sehr unangenehm. Häuser hat dann
das Ergebnis unserer Besprechung auch Kreisky mitgeteilt und ihm vorge-
schlagen, dass es doch zielführend wäre, wenn Benya an dieser Presse-
konferenz teilnehmen würde, gegebenenfalls könnte auch ich noch dazu
kommen und er damit eigentlich optisch vor allem eine scheinbare Diffe-
renz wirklich gleich aus der Welt geschaffen wäre. Kreisky akzep-
tierte auch sofort, dass Benya daran teilnehmen sollte, meinte nur,
wenn ich auch noch dazu käme, würde das vielleicht ein zu starkes
Übergewicht und die Bedeutung doch zu stark herausgestrichen werden.
Koppe, der an der Pressekonferenz dann teilgenommen hat, war über den
Verlauf sehr befriedigt, Eines meinte er allerdings, würde Benya
sofort erkannt haben, dass dort ein wesentlich härterer und für Benya
weniger zusagender Stil der Frage und der Antwort ist, sodass er hofft,
dass wir Benya wieder dafür gewinnen werden, im Institut für Gesell-
schaftspolitik im journalistischen Beirat mitzuwirken.
Skoda, der Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation
Dr. Preiss, die Obmännin des Vereines, Erich Hofstetter, der ÖGB-
Vertreter, und Dr. Reichard hatten in der Zwischenzeit eine Be-
sprechung mit Koppe und Welser, wie wir die Finanzierung der 25
Aufträge, die die Arbeitsausschusses de Konsumentenbeirates dem
Verein für Konsumenteninformation übertragen haben, finanzieren
können. Der Verein hat ausgerechnet, dass ihm diese Aufträge ca.
1,6 Mill. S kosten würden. Ich erklärte sofort, dass wir einen solchen
Betrag kaum aufbringen können. Wenn man bedenkt, dass 1969 200.000 S
1970 von mir bereits der doppelte Betrag von 400.000 S gegeben wurden,
so kann ich auch mit Hilfe von Aufwandskrediten maximal 800.000 S
bis 1 Mill. S zur Verfügung stellen. Ich sagte deshalb den Vereins-
mitgliedern, dass wir für heuer höchstens 800.000 S in Aussicht nehmen
können. Da das Bautenministerium vom Wohnbauförderungen ca. 47 Mill. S
in seinem Forschungsfonds hat, wird versucht werden, auch von dort ent-
sprechende Mittel zu bekommen. Nach Mitteilung von Marhold sind derzeit
dort die grössten Sorgen, wo man zielführende Projekte für das Geld
hernehmen kann.
Bei der Beiratssitzung am Nachmittag hatte ich einleitend auf
die Aussprache hingewiesen, um die Bundeshandelskammer davon zu
überzeugen, dass wir wesentlich höhere Beträge für den Verein für
Konsumenteninformation bereitstellen müssen als wir dies im ver-
gangenen Jahr oder gar unter Mitterer getan haben. Die Vertreter
der Bundeskammer, Dr. Ebert, Dr. Wessely , sind natürlich der Meinung,
dass es zielführend ist, den Verein für Konsumenteninformation stärker
zu dotieren. Sie selbst sind ja auch Mitglieder dieses Vereines
und werden sicher keinerlei Schwierigkeiten machen. Allerdings
ist damit noch nicht gesagt, dass nicht die ÖVP-Parlamentarier
vielleicht sogar Mussil gegen eine solche stärkere Dotierung des
Vereines auftreten werden. Auf alle Fälle wird es dann gut sein,
darauf hinweisen zu können, dass der Beirat im Ministerium bereits
eine solche Erhöhung der Dotierung gutgeheissen hat. Die Konsumenten-
beiratssitzung, die alle Monate stattfindet – als Jour fixe – dient
eigentlich nur als Berichtsstelle für die Arbeiten der Ausschusses.
Die Arbeitsausschüsse haben ein umfangreiches Programm in Angriff
genommen, wobei sie allerdings die Hauptarbeit in der Auftrags-
vergabe an den Verein für Konsumenteninformation sehen. Ich glaube,
dass wir in Zukunft hier bremsen müssen, da wir finanziell ausser-
stande sind, die ganze Untersuchungen tatsächlich auch vom Verein
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allein durchführen zu lassen. Der Sekretär des Beirates, Welser ,
bemüht sich sehr und ist auch aktiv. Es wird nur mit der Anstellung
von ihm grössere Schwierigkeiten geben. Markowitsch, der Sektions-
chef und Personalleiter im BKA hat mich angerufen und im Auftrag
des Bundeskanzlers mir mitgeteilt, dass es unmöglich ist, die Gehalts-
forderungen von ihm zu erfüllen. Schipper und Heindl werden nun versuchen
eine Lösung herbeizuführen. Ich glaube, dass wir wirklich hier auf
äussersten Widerstand stossen werden, da Markowitsch teilweise mit Recht
behauptet, dass er 270.000 öffentlich Bedienstete vor sich hat, die
er entsprechend berücksichtigen muss. Er glaubt auch, dass wir sonst mit
einer parlamentarischen Anfrage, wenn wir uns nicht einigermassen im
Rahmen des öffentlichen Schemas bewegen, hart angegriffen werden.
Ich glaube Heindl wird sich in der Personalpolitik und dem Aufwand,
den wir für die Experten und für unsere eigenen Leute im Budget nicht
unterbringen können, doch noch einmal ein anderes Konzept durchdenken müs-
sen.
Präsident Habig von der Zuckerindustrie wollte eine Aussprache und
ich habe sie ihm sofort gewährt. Ich war mir vollkommen klar, dass
er wegen der Zuckerpreisangelegenheiten mit mir sprechen wollte.
Er kam auch, um mir sein Leid zu klagen betreffend der Angriffe
von der Arbeiterkammer. Die AK hat über die Facts hart die Zucker-
preisanträge attackiert. Die Express aber hat diese Grundlage für
einen Reisser verwendet. Ganz gross wurde die Headline Preisskandal
der Zuckerindustrie aufgemacht. Habig ersuchte mich, ob ich nicht
dahingehend Einfluss nehmen könnte, dass dieses ganze Problem wieder
auf ein normales Mass zurückgeschraubt werden könnte. Er schlug vor,
dass ich gegebenenfalls eine gegenteilige Darstellung, die von der
Handelskammer heute herauskommen wird, dem Express nahelegen könnte,
ebenfalls zu übernehmen. Ich hab hier keinerlei Zusage gemacht und
nur erklärt, dass mit Express gesprochen wird. Da ja auch die Behörde
von ihm in dem Artikel hart angegriffen wurde. Koppe der von mir nach-
her informiert wurde, teilte mir mit, dass bereits der Herausgeber
Dichand mit Fielhauer über diesen Fall gesprochen hat. Dichand selbst
hat diese Angelegenheit als zu reisserisch empfunden und steht auf dem
Standpunkt, es müsste hier eine seriösere Konsumentenpolitik vom
Express gemacht werden. Dies liegt auch auf meiner Linie und es wird
deshalb leicht sein, mit Koppe über die Express-Redakteure diese neue
Linie auch wirklich zu verfolgen. Materiell hat Habig vorgeschlagen,
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dass er jederzeit bereit ist, den Antrag Wochen ja sogar Monate
lange ruhen zu lassen. Er selbst hat scheinbar auch das Gefühl, dass
vor der Präsidentenwahl auf gar keinen Fall mit einer Erledigung zu
rechnen ist. Ich selbst habe ihm sogar schon seinerzeit in Hohenau
bei meinem Besuch mitgeteilt, dass der jetzige Zeitpunkt für eine
Zuckerpreiserhöhung vollkommen unmöglich ist. Auch jetzt glaube
ich noch nicht, dass der Zeitpunkt gekommen ist und wenn die Zucker-
industrie sehr stark darauf drängt, so könnte ich mir vorstellen,
dass höchstens von der nächsten Kampagne eine Regelung in Angriff
genommen werden könnte. Habig war mit einer so langen Verzögerung
nicht einverstanden, ist aber einmal bereit zu akzeptieren, dass
derzeit überhaupt keinerlei konkrete Arbeiten an ihrem Antrag vor-
genommen werden. Formell meint er, gibt es noch eine sehr gute
Lösung, er wird den vorliegenden Zuckerpreisnachweis, den er
jedes Jahr der Behörde u. zw. dem Innenministerium geben muss,
nicht vorlegen, obwohl er ihn natürlich schon hat. Dadurch hat
die Behörde die Möglichkeit zu sagen, dass keine Untersuchung
und Überprüfung des vorgelegten Zuckerpreiserhöhungsantrages er-
folgen kann. Ich versprach Habig noch die Angelegenheit der
Bundesregierung zur Kenntnis zu bringen.
Tagesprogramm, 28.1.1971