Mittwoch, der 23. Dezember 1970

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Die Generaldirektoren der Ölfirmen, geführt von Dr. Mieling,
wollten eine Aussprache wegen der Mineralölpreise. Sie wollten
eine Zusage, ob in späterem Zeitpunkt die Spanne für Dieseltreib-
stoff erhöht werden würde. Mieling erklärte, dass er an dieser
Entwicklung auch schuld sei, weil die Mineralölfirmen durch Wochen
hindurch nur von einer 70-Groschen-Verteuerung, d.h. von 2.50
auf 3.20 gesprochen haben. Diese 70 Groschen aber macht die Er-
höhung der Steuer zuzüglich der Umsatzsteuer aus. Ich erklärte
ihnen, dass die Bundesregierung ausserstande ist, einen höheren
Dieselölpreis derzeit als 3.20 zu akzeptieren. Wenn die Ölfirmen
unter allen Umständen eine andere Politik einschlagen, dann könnte
gegebenenfalls von einer Preisregelung überhaupt Abstand genommen
werden. Da derzeit noch ein Transportausgleich besteht und daher
die östl. Bundesländer einen höheren Preis bezahlen, als sie de facto
zahlen müssten und die westlichen Bundesländer dadurch subventio-
niert werden, bin ich überzeugt, dass es zu keinem diesbezüglichen
Wunsch von Seiten der Bundeskammer kommt, die Preisregelung auch tat-
sächlich aufzuheben. Ich wies weiters darauf hin, dass die Bundes-
kammer einen Antrag an das Handelsministerium gestellt hatte, wonach
in Zukunft perzentuell Spannen für die Tankstellenhalter, Pächter
der Tankstelle 8 %, für Eigentümer der Tankstelle 12 % mindestens
betragen sollte. Meiling und die anderen Herren waren über diesen
Antrag informiert, erklärten aber gleichzeitig, dass dieser An-
trag mit ihnen niemals koordiniert wurde. Ich wies weiters darauf hin
dass infolge des Dieselölüberschusses in den Sommermonaten dann
wird ja Heizöl in nur geringem Masse gekauft, mit grösster Anstren-
gung werden diesen Preis 3.20 halten können. Die gaben zu, dass
die Grossabnehmer – Lastfuhrwerksunternehmer, die eigene Tanks haben
usw. – dass die den Preis sehr stark drücken und sie einen sehr har-
ten Konkurrenzkampf auf diesem Sektor untereinander führen. Sie
wollten die Diskussion in einigen Wochen fortsetzen und erhoffen sich
dass der Handelsminister ihre Interessen entsprechend vertritt. Ich
habe ihnen keine Illusion gelassen und mich nur bereit erklärt,
einige technische Verbesserungen für ihre Heizölabsatz-
organisationen zu untersuchen. Wir wollen ja bekanntlicherweise
die derzeitigen, oft sehr strengen Lagerbestimmungen z.B. dürfen
nur gewisse Anzahl von Kanistern bei den Kleinhändlern lagern und
in einem Zimmer dürfen nur 300 l Heizöl aufbewahrt werden, novel-
lieren.



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Min.Rat Meisl ist es gelungen, die Japaner zu einer Vertrags-
verlängerung um ein weiteres Jahr zu gewinnen, obwohl wir nicht
die gewünschten 20 Positionen aus der Negativliste in eine Libera-
lisierungsliste übertrugen, sondern nur 18 Position. Bekanntlicher-
weise haben wir den Japanern immer gewisse Zugeständnisse gemacht
und unsere Negativliste entsprechend verkleinert, damit sie als
GATT-Mitglieder bereit sind, diese Negativliste auch weiterhin zu
akzeptieren. Der japanische Botschafter hatte angefragt, ob ich
zur Vertragsunterzeichnung kommen würde, dann würde er auch erschei-
nen. Da dies nur eine l0-Minuten-Angelegenheit gewesen ist, hatte
ich zugesagt und es wurde deshalb in aller Form von Meisl und dem
japanischen Verhandlungsmann dieser Vertrag unterfertigt, der Botschaf-
ter und ich tauschten einige höfliche Floskeln aus, obligatorischer
Sekt wurde kredenzt und die ganze Angelegenheit war erledigt. Wir
haben damit wieder ein Jahr Zeit und gleichzeitig aber auch die Mög-
lichkeit, darauf hinzuweisen, dass wir im Rahmen der preisdämpfenden
Massnahmen eine weitere Lockerung der Japanimport durchgeführt wurde.

Im Sekretariat der SPÖ Landstrasse hatten wir mit den engsten Sekre-
tariatsmitarbeitern und dem Vorstand der Landstrasser SPÖ eine
kleine Weihnachtsfeier, die Sekretärin, LAbg. Tischler, macht dies
immer sehr nett und diese eine Stunde gibt wenigstens ein bisschen
die Möglichkeit eines persönlichen Kontaktes mit unseren Genossen.
Ich weiss, dass mir alle versichern, ich sollte mich nicht noch
um so viel innerhalb des Bezirkes kümmern, andere Minister, die
gleichzeitig Bezirksobmänner waren, kommen überhaupt niemals zu
Sitzungen. Ich selbst aber das Gefühl, dass ich hier wenig derzeit tue
genauso wie ich auch innerhalb der Gewerkschaft jetzt wirklich ein
Minimum dessen leiste, was ich aber auf Grund meiner Funktion
eigentlich zu leisten hätte. Dies ist wirklich nur möglich, weil ich
auf der einen Seite als Sekretärin in der SPÖ Tischler und als Zen-
tralsekretär in der Lebensmittelarbeitergewerkschaft Blümel habe,
auf die ich mich hundertprozentig verlassen kann. Trotzdem müsste
man eigentlich eine andere Lösung finden, so wie es eigentlich
zweckmässig wäre, Abgeordnete auf Zeit d.h. solange ein Abgeordneter
Minister ist, kann ein anderer Abgeordneter seine Position einnehmen,
so müsste man auch Funktionen auf Zeit abtreten. Ich könnte mir sehr
gut vorstellen als Bezirksobmann oder als Gewerkschaftsobmann für
die Zeit meiner Ministerschaft diese Funktion zurückzulegen. Ich bin


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allerdings auch überzeugt, dass weder Blümel noch Tischler so etwas
wollten und ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass dies auch
keine sehr günstige Lösung wäre. Ich hätte dann zwar mehr Zeit,
um mich dem Ministeramt widmen zu können, würde aber dadurch in
noch viel stärkerem Masse den Kontakt zu unseren Funktionären ver-
lieren. Ein Dilemma, aus dem es scheinbar keinen Ausweg gibt.

Die letzten Stunden im Büro waren ausgesprochen hektisch. Wir hatten
den grossen Fehler gemacht, dass wir vor Monaten zwar schon erklärt
hatten, nach welchen Gesichtspunkten wir die Subventionspolitik
und die letzten Anweisungen über Budgetmitteln haben wollten, dass
aber von den einzelnen Abteilungen dies scheinbar nicht ganz ernst
genommen wurde. Wir müssten deshalb für die Förderungsausgaben, das
sind Subventionen soweit sie dem Fremdenverkehr und der gewerblichen
Wirtschaft zufließen, jetzt entsprechende aktmässige Erledigungen
über den Daumen durchführen. Im Laufe des Jahres hatten die einzelnen
Abteilungen , Poppinger, resp. Thun, entsprechende Ansuchen gesam-
melt und den Bewerbern, so wie dies in den vergangenen Jahren auch
der Fall gewesen ist, mitgeteilt, sie würden, wenn Geld vorhanden
ist, dann entsprechende Subventionen bekommen. Durch das 2. Bugdet-
überschreitungsgesetz haben wir nun Mittel frei und es war nun not-
wendig, innerhalb kürzester Zeit aktenmässig diese Mittel auch zu
verteilen. Der Grundsatz, dass an Subventionen nur gegeben werden da
darf, wenn ein entsprechendes Projekt vorliegt, wurde in den meisten
Fällen auch tatsächlich eingehalten. Die Abteilung Thun aber hat
scheinbar entweder dies missverstanden oder nicht ernst genom-
men und deshalb doch einige Subventionen vorgelegt, wo überhaupt kei-
ne Projekte konkret vorhanden waren. Da ich darauf bestanden habe,
nur konkrete Projekte zu finanzieren, mussten im letzten Moment
dann solche Subventionswerber herbeigeschafft werden. Ich glaube,
wir müssen uns im nächsten Jahr ein besseres System ausdenken.

Die Weihnachtsgratulation muss auch nächstes Jahr besser organisiert
werden. Ich habe die Briefe, wenn sie an mich gerichtet waren,
teilweise gar nicht gesehen, sondern sie wurden sofort mit dem
Schimmelbrief beantwortet. Als ich nun die Unterschrift unter
diese Briefe setzten wollte, kam ich darauf, dass ganz grosse
Fehler gemacht worden wären, u.a. hätte man Waldbrunner, der mir
auf einem Glückwunschbillet frohe Weihnachten auch noch persön-
lich einige Bemerkungen gemacht hat, mit dem Schimmelbrief geant-


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wortet, ohne dass eine Anrede darauf gestanden wäre. Wir werden
das nächste Jahr deshalb alle Briefe, bevor sie zur Beant-
wortung kommen, kategorisieren und erst dann die entsprechenden
Antwortschreiben von Magnetband herstellen lassen. Wenn man aber
erlebt, dass einzelne Firmen oder Institutionen Glückwunschbillets
ausschicken, die nicht einmal unterschrieben sind, manche geben
überhaupt nur zu einem Glückwunschbillet, das keinen Namen hat,
ihre Visitenkarte dazu, dann kann man sagen, dass dies doch der
grösste Unfug ist, den es überhaupt geben kann. Der Empfänger muss
doch klar und deutlich daraus ersehen, dass der Absender gar nichts
damit zu tun hat, sondern eine Sekretärin ganz einfach nach einer
Postliste die entsprechenden Billets aufgibt. Kreisky selbst hat
auch einen so grossen Fehler in dieser Hinsicht begangen. Wir haben
vereinbart, dass die Regierung als solche überhaupt keinerlei
Aussendungen von Weihnachtsbillets vornimmt. Jedem einzelnen
Minister blieb es natürlich überlassen, ob er selbst etwas aus-
sendet. Kreisky wurde nun von längerer Zeit von einigen Karika-
turisten ganz gut porträtiert und er hat diese Karikaturen auf
eine Postkarte verkleinert mit einem eingedruckten Faksimile
versendet. Die Postlisten wurden aber nicht abgestimmt und so
habe ich z.B. acht dieser Glückwunschpostkarten bekommen. In der
Ministerratsvorbesprechung hatte ich noch darauf hingewiesen,
dass ich scheinbar doch sein liebster Minister sei, denn alle
anderen haben diese Zahl, auch die sonstigen Mitarbeiter bei der
Ministerratsvorbesprechung haben nicht diese 8 Stück erreicht.
In Wirklichkeit war das nur ein Hänseln, schade, dass er nicht
anwesend war, ich werde es ihm aber sicher bei der nächsten Gelegen-
heit unter die Nase schmieren. Wenn solche Mehrfachsendungen bei
den einzelnen Genossen eintreffen, ich habe niemand getroffen,
der nur ein Stück gekommen hat, ausser Oskar Weihs, der als LWM
ein Billet bekommen hat, das nicht an ihn adressiert war, sondern
an seinen ÖVP-Vorgänger Schleinzer. Wenn aber nun solche Billets
in einer grösseren Anzahl an Gegner abgesendet werden, dann hinter-
lässt dies keinen guten Eindruck. Da glaube ich, ist es viel
besser, wenn man mit diesem Unfug ganz radikal aufhört und so
wie Koppe im Antwortschreiben sehr geschickt formuliert hat,
um Verständnis dafür bittet, dass man diesen Unfug nicht mehr
mitmacht. Ich selbst habe mit dieser Methode ich glaube vor zehn
Jahren begonnen, bin allerdings bis jetzt auch noch nicht sehr weit


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fortgeschritten, denn noch immer kriege ich eine entsprechend grosse
Anzahl von Glückwunschkarten. Ich glaube es wäre wirklich zweck-
mässiger, wie ich in den Antwortschreiben immer anführe, diese Beträ-
ge für caritative Zwecke wie ich es selbst auch tue, zur Verfügung zu
stellen.



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ÜBERLEGUNGEN IN DEN WEIHNACHTSFERIEN!

Ich glaube, dass es dringend notwendig ist, dass wir uns
vorbereiten, wie wir die Preisregelung und administrative
Preiskontrolle umwandeln oder fortsetzen werden, wenn im grossen
Kompetenzgesetz die Preisregelung uns übertragen wird. Ich halte
von der administrativen Preisregelung überhaupt nichts. Es stellt
sich heraus, dass damit maximal für einen gewissen Zeitraum Preis-
wünsche der Unternehmungen zurückgestaut werden können, aber auf
lange Sicht gesehen doch die Wünsche der Unternehmungen, da sie
sie kostenmässig ja leicht begründen können, auch erfüllt werden.
In vielen Fällen wie z.B. bei Überschussprodukten Zucker, Milch,
Getreide kann die Preisregelung überhaupt nur dazu führen, dass
gewisse Letztverbraucherpreise verhältnismässig hoch angesetzt werden
und dadurch eigentlich einen Preisverfall auf diesem Sektor zumin-
destens zeitweise verhindern. Als Testfall für den nicht landwirt-
schaftlichen Sektor können wir Koks und Dieselöl in den nächsten
Wochen betrachten. In beiden Fällen haben wir den Unternehmungen ange-
boten, dass wenn sie mit der Regelung die keine Erfüllung ihrer
Preisanträge gebracht hat, nicht einverstanden sind, dann könnten wir
die Preisregelung überhaupt aufheben. Die Bundeskammer und auch ein-
zelne Firmen haben sich gegen diese Absicht ausgesprochen. Die
Bundeskammer hat hier allerdings nicht von gesamtwirtschaftlichen
Überlegungen her so gehandelt, sondern weil sie als Interessensver-
tretung eben die Interessen der speziellen Sparte wahrnehmen musste.
Ich könnte mir daher sehr gut vorstellen, dass wir ein System mit
der Bundeshandelskammer finden könnten, wonach wir die Preisregelung
die administrative aufgeben, wenn wir eine Möglichkeit bekommen, gegen
Preisexzesse auch tatsächlich dann einschreiten zu können. Unter
Preisexzessen sind nicht nur Wucherpreise sondern gegebenenfalls auch
Preisabsprachen, die das Kartellgesetz nicht erfasst oder Preisempfeh-
lungen zu verstehen, die Letztverbraucherpreise indirekt festsetzt.
Sollte es gelingen die Bundeskammer für diese Idee zu gewinnen, dann
würde die Verantwortung für die Preissteigerungen von der Bundesre-
gierung wegfallen und würde in die Kompetenz der Paritätischen Kommiss-
ion kommen. Dort gibt es für die Bundeskammer die Möglichkeit, wenn
es zu keiner Einigung kommt, dass der Unternehmer dann selbständig
seinen Preis erhöhen darf. Aus diesem Grund wurden bis jetzt aber
immer oder fast immer alle Preisabsprachen der Paritätischen Kommission
auch tatsächlich positiv erledigt. Da die PK auch in den seltensten


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Fällen absolute Letztverbraucherpreise festsetzt, sondern nur
perzentuelle Zuschläge auf schon bestehende Preise, so wird
das Preisniveau auch nicht so erstarrt wie dies bei den amtlich
festgesetzten Letztverbraucherpreisen der Fall ist. Die Gefahr
die ich von diesem neuen System allerdings erwarte, ist, dass dann
die Regierung gegebenenfalls für Einzelpreise zwar nicht verant-
wortlich ist, aber daher trotzdem von der Bevölkerung für diese
Einzelpreise veranwortlich gemacht wird. Da die amtliche Preisregelung
aber dann z.B. für Milch und Brot aufgegeben ist, kann auch auf diesem
Sektor kein konkreter Einfluss mehr getroffen werden, Nur mehr die
Paritätische Kommission hätte es in der Hand, dann gegebenenfalls
übermässige Forderungen der Unternehmungen zurückzuweisen. Trotzdem
glaube ich, dass eine solche Preisbeeinflussung administrativ einfacher
und vor allem aber zielführender ist als die derzeitige amtliche Preis-
festsetzung. Ich könnte mir z.B. sehr gut vorstellen, dass auf dem
Kohlensektor die jetzt zur Anwendung gelangenden vier Handelsstufen
dann zwar in Einzelfällen vielleicht noch existent sind, aber im
grossen und ganzen die Letztverbraucherpreise sich nicht nach diesen
amtlich festgesetzten Handelsstufenverfahren errechnen
würden. Dass bei diesem Agreement mit der Bundeskammer gleichzeitig
auch die Frage des ortsüblichen Preises in Verbindung mit dem
Nettopreissystem gelöst werden könnte und müsste, könnte ein Anreiz
sein für die BHK, auch solch einem Arrangement tatsächlich zuzustimmen
Auch die Frage einer Verstärkung der Preisdisziplin der paritätischen
Kommission könnte bei dieser Gelegenheit in Angriff genommen werden
ohne dass man eine neuerliche Verschärfung des § 3 a Preisregelungs-
gesetz in Erwägung ziehen müsste. Diesbezügliche Überlegungen müssten
zuerst fraktionell durchgeführt werden und dann in der Grundsatzabteil-
lung mit den Interessensvertretungen im einzelnen diskutiert werden.

Ich hatte in Reisseck Gelegenheit, mit Elektroingenieur über die
Schwierigkeiten bei den Kernkraftwerken genau zu diskutieren. Ich
unterhielt mich tagelang über dieses Problem. Wenn nämlich wirklich
die grosse Kompetenzverteilung kommen sollte und die Energiewirtschaft
in mein Ministerium, dass werde ich mich mit diesem Problem sehr
eingehend beschäftigen müssen. Soviel ich bis jetzt feststellen kann,
habe ich leider mit meinen Bedenken und Vermutungen der vergangenen
Jahre recht behalten. Das Kernkraftwerk Tullnerfeld ist derzeit
sehr im Ausbauprogramm Zeitplan im Rückstand. Es sollte bereits jetzt
die Ausschreibung endgültig gemacht habe, resp. schon Zuschläge


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erteilt haben. Die Lücke, die dadurch entstehen kann, dass das
Kraftwerk so spät überhaupt in die Ausschreibung gegangen ist
und bis jetzt noch keinen Zuschlag gegeben hat, müsste sich in
drei Jahren bemerkbar machen. Die Hauptschwierigkeiten bei den
Kernkraftwerken besteht derzeit darin, dass nicht die seinerzeit
versprochenen billigen Strompreise von 13 – 14 Groschen sondern
wahrscheinlich Strompreise von 21 Groschen herauskommen werden.
Diese Preise entsprechen annähernd den Preisen, wie wir sie bei der
Donau-Ausbau auch erzielen können. Darüber hinaus hat sich heraus-
gestellt , dass die Anfälligkeit der Werke doch sehr gross ist,
so wurde ua. das Schweizer Kernkraftwerk Petznau auf mehrere Mona-
te jetzt neuerdings stillgelegt. Die Schwierigkeiten bei den Kern-
kraftwerken ist darin zu suchen, dass selbst kleine Schäden im
Primärkreis dazu führen, dass das Werk doch etliche Monate, manch-
mal sogar Jahre stilliegt, bis die Radioaktivität abgebaut ist.
Wenn uns ein so etwas passiert, dass würden 600 Megawatt, das
sind ca. 10 % unserer Stromproduktion auf Jahre ausfallen. Die
Techniker und die Kommerzialisten der Elektrizitätswirtschaft
konnten mir bis jetzt noch nicht sagen, wie man dann einen solchen
Ausfall auf längere Frist wird aus inländischen Produktionsergän-
zungen ausgleichen können. Die grosse Gefahr liegt also darin,
dass wir dann Strom importieren müssen, wenn die entsprechenden
Übertragungseinrichtungen vorhanden sind . Ich hatte auch dann
noch entsprechende Besprechungen diesbezüglich mit Frühbauer.
Frühbauer selbst erklärte mir, dass im Frühjahr die Bundesregierung
resp. der Energieminister entscheiden müsse, ob andere Kraftwerke
an Stelle des Kernkraftwerkes in die Planung eingebaut werden
sollten. Die seinerzeitige Planung hat vorgesehen, dass die Ver-
brauchsmengen höchstens um 6 % pro Jahr steigen. Derzeit liegen
wir weit über 8 %. Wenn wir annehmen, dass in der Hochkonjunktur ein
besonders hoher Stromverbrauch zu verzeichnen ist, so können wir
in der erwarteten Rezessionsphase aber doch auf längere Sicht g-
esehen gemischt zwischen Konjunktur und Rezession mit einer 7 %
Verbrauchssteigerung rechnen. D.h. dass sich in zehn Jahren die
Erzeugungskapazität verdoppelt haben muss. Wenn nun trotz des
geringen Verbrauchszuwaches von 6 % noch 600 Megawatt ausfallen
sollten, so können wir in eine ganz grosse Versorgungslücke kom-
men. Eine diesbezügliche Entscheidung, ob andere Kraftwerke zum

Beispiel Dampfkraftwerke gebaut werden, müsste allerdings unver-


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züglich getroffen werden, denn die Techniker erklärten mir wieder,
dass die Turbinen – die Dampfturbinen insbesondere – im Inland
nicht erzeugt werden können und deshalb im Ausland bestellt werden
müssen. Die notwendige Lieferzeit aber beträgt derzeit mindestens
5 – 6 Jahre. Die ausländischen Produktionsfirmen – sei es in der
Schweiz oder in Deutschland – sind nämlich nicht daran interessiert,
so kleine Dampfturbineneinheiten wie wir sie in Österreich doch
immer brauchen zu erzeugen. Sie haben in der übrigen Welt grössere
Chancen grössere Einheiten zu verkaufen, Wenn man jetzt
das 1975 oder früher Turbinen haben will, müsste man sie unverzüg-
lich nicht nur bestellen sondern sofort ein Drittel anzah-
len, damit man in die Produktionsliste aufgenommen wird. Früh-
bauer
selbst erklärte mir weiters, dass er auch für den Ausbau der
Wasserkräfte eintreten wird. Er hat Vorbesprechungen mit der Donau
geführt und feststellen müssen, dass ausser den derzeit im Bau be-
findlichen Donaukraftwerk Wilhering-Ottensheim ein nächstes Kraft-
werk weder in der General- noch in der Detailplanung fertig ist.
Seiner Meinung nach hat die Donau Kraftwerks AG nur grosse Töne
gespuckt, aber wirkliche Detailarbeit bis jetzt überhaupt noch
nicht geleistet.

Im Kurs mit den volkswirtschaftlichen Referenten des Gewerkschafts-
bundes und der Arbeiterkammer hat auch Sekt.chef Jagoda vor Monaten
zugesagt, ein Referat über Gewerberecht und insbesondere Wett-
bewerb- und Gewerberechtsreform zu halten. Ich hatte mir zwar vorge-
nommen, den Kurs nicht mehr zu besuchen, da ich befürchte, dass
ansonsten teilweise eine zu enge Verbindung zwischen ÖGB, AK und
mir dadurch herausgestrichen wird, wollte aber den Vortrag von Jagoda
unbedingt hören. Ich hatte Gelegenheit, ihn das erste Mal als Referen-
ten kennenzulernen. Ich brauche keinerlei Urteil abgeben. Es genügt
wenn ich festhalten, dass anschliessend viele zu mir gekommen sind
und erklärt haben, sie gratulieren mir, dass ich einen so guten
Sektionschef gefunden hatte.

Ich hatte bereits während der Urlaubszeit feststellen können, dass
Gasperschitz, der Obmann der Beamtengewerkschaft der ÖVP angehörig,
der zweite Mann ist Seidl von der SPÖ, dass also Gasperschitz sehr
hart mich attackiert hat, weil ich entgegen dem Prinzip
und ohne auf die bewährten Kräfte des Ministeriums zu greifen, Jagoda
als Sektionschef von der Gemeinde in den Bund transferiert hatte.



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Der ÖVP-Pressedienst allerdings hat diese Angriffe von Gasperschitz
zumindestens habe ich diesen Eindruck nicht übernommen. Die ÖAAB-
Zeitschrift im Handelsministerium bei uns hat allerdings ebenfalls
die Berufung Jagodas hart kritisiert. Ich habe zwar auf die diesbe-
züglichen Angriffe bereits im Parlament geantwortet, ich glaube aber
dass es sinnvoll ist, hier einmal noch entsprechende Berichtigungen
resp. Darstellungen wie es tatsächlich zur Berufung von Jagoda gekommen
ist, der Öffentlichkeit neuerdings mitzuteilen. Mayerhofer von der
Arbeiterkammer erzählte mir folgende Story: Vorausschicken muss ich, das
ich Mayerhofer als ÖAAB-Kollegen in die AK gebracht habe und ihn als
sehr guten und verlässlichen Arbeiter kenne. Er war auch eine Zeit
lang in der Handelskammer, weil er dort mehr bezahlt bekommen hat
als wir ihm in der Arbeiterkammer zahlen konnten. Nach einigen Monaten
allerdings konnte ich feststellen, dass er mit dieser Tätigkeit sehr
unglücklich ist und ich ihn daher wieder in die Arbeiterkammer zurück-
holte. Er ist mir heute deshalb sehr dankbar dafür, weil er bei
uns ein wesentlich freieres Leben führt und gleichzeitig aber wesentlich
besser behandelt wird, als dies den Handelskammerangestellten derzeit
widerfährt. Mayerhofer erzählte mir nun, dass der ÖAAB aber insbesondere
die CV-ler im Ministerium nachdem ich die Job-Describtion abgegeben
hatte, durch Monate hindurch sich vergeblich den Kopf zerbrachen,
auf wen diese abgezielt und abgestellt sei. Ihrer Meinung nach käme
Jagoda für diesen Posten nicht in Frage, da er bei der Gemeinde
wesentlich mehr verdient und bessere Aufstiegsmöglichkeiten hat. Sie
suchten deshalb eine andere Person und waren deshalb nicht imstande,
sich auf Jagoda einzuschiessen. Dann waren sie über die endgültige
Bestellung sehr überrascht. Ich glaube aber, dass es zweckmässig ist,
in irgendeiner Form – Koppe wird sich das noch überlegen müssen –
die Entwicklung und endgültige Bestellung in der Öffentlichkeit indi-
rekt noch entsprechend herauszustreichen.

Mit Walter Fremuth sprach ich über das Kompetenzgesetz insbesondere
kritisiert er sehr stark den ersten Teil. Der Entwurf von Löbenstein
würde dazu führen, dass die Minister überhaupt keine Chance mehr
hätten, sich mit Hilfe von Ministerbüros gegenüber den Sektionen
durchzusetzen. Löbenstein will die Beamten in irgendeiner Weise
ganz stark gegen den Minister abschirmen und stark machen, sodass
der Minister es sehr schwer hat, seine Ideen dann durchzusetzen.



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U.a. z.B. soll den Beamten nur gesetzmässige Weisungen gegeben
werden können, das würde gegenüber dem jetzigen Zustand verlangen,
dass der Minister jederzeit dem Beamten nachweisen müsste, dass
seine Weisung nicht gesetzwidrig ist. Ich glaube, dass Löben-
stein
eben die Beamtenhierarchie vor den wechselnden Ministern
schützen will und insbesondere die Sektionen und den Sektionsaufbau
für alle ewigen Zeiten noch stärker verankern will als es derzeit
der Fall ist. Hier werden wir sehr auf der Hut sein müssen.

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Tagesprogramm, 23.12.1970


Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    GND ID: 115563237


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Bezirkssekretärin SPÖ-Landstraße


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 114650888


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
            GND ID: 130620351


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: ÖAAB-Vertreter in der Paritätischen Kommission [1972 von Altenburger entsandt; unklar; Schreibung?]


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Wr. SPÖ-BR-Abg. bis 1978


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                        GND ID: 118566512


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Verkehrsminister, LH-Stv. Ktn.
                            GND ID: 12053536X


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Ministerialrat Handelsministerium


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: GD Shell


                                  Einträge mit Erwähnung: